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BGE-134-III-147


Urteilskopf

134 III 147

27. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. E. gegen F. AG und F. AG gegen E. (Beschwerden in Zivilsachen) 5A_160/2007 / 5A_161/2007 vom 6. Dezember 2007

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Sachverhalt ab Seite 148

BGE 134 III 147 S. 148

E., Inhaber eines als Einzelfirma betriebenen Baugeschäfts, verrichtete im Sommer 2002 Bauarbeiten auf dem Grundstück Gbbl. Nr. x in S. (Kanton Bern), das damals im Eigentum der G. AG stand, er jedoch zu erwerben gedachte. Die G. AG verkaufte das Grundstück am 10. September 2003 der F. AG. Nachdem E. die vorläufige Vormerkung eines Bauhandwerkerpfandrechts erwirkt hatte, reichte er mit Eingabe vom 18. Oktober 2004 beim Gerichtskreis K. gegen die F. AG Klage ein und verlangte, das Bauhandwerkerpfandrecht sei für einen Betrag von Fr. 1'046'884.95 zuzüglich Zins zu 5 % seit 17. Dezember 2002 definitiv einzutragen. Anlässlich der Hauptverhandlung vom 27. Juni 2005 stellte er das Eventualbegehren, die F. AG zu verpflichten, ihm gestützt auf die Art. 671 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 671 - 1 Verwendet jemand zu einem Bau auf seinem Boden fremdes Material oder eigenes Material auf fremdem Boden, so wird es Bestandteil des Grundstückes.
. ZGB einen gerichtlich zu bestimmenden Betrag zu zahlen. Der Präsident 1 des Gerichtskreises K. wies am 27. Juni 2005 das Begehren um Eintragung eines definitiven Bauhandwerkerpfandrechts ab, verpflichtete aber die F. AG, E. gestützt auf Art. 672 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 672 - 1 Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so hat der Grundeigentümer für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten.
ZGB einen Betrag von Fr. 460'000.- zu zahlen. Beide Parteien appellierten, worauf das Obergericht (Appellationshof, 1. Zivilkammer) des Kantons Bern am 24. Januar 2007 das Begehren um Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts ebenfalls abwies und die F. AG zur Bezahlung eines Betrags von Fr. 381'100.- verpflichtete. Gegen das obergerichtliche Urteil haben sowohl E. (5A_160/2007) als auch die F. AG (5A_161/2007) Beschwerde in Zivilsachen
BGE 134 III 147 S. 149

erhoben. E. beantragt, es sei zu seinen Gunsten ein Bauhandwerkerpfandrecht für den Betrag von Fr. 460'000.-, allenfalls für einen gerichtlich zu bestimmenden höheren Betrag, nebst Zins definitiv einzutragen und die F. AG gestützt auf Art. 672 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 672 - 1 Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so hat der Grundeigentümer für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten.
ZGB zur Bezahlung des entsprechenden Betrags an ihn zu verpflichten. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde von E. teilweise gut.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:

4. (...) Das Urteil des Obergerichts ist auch insofern zu überprüfen, als der Beschwerdeführer die Verneinung des von ihm in Analogie zu Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 837 - 1 Der Anspruch auf Errichtung eines gesetzlichen Grundpfandrechtes besteht:
ZGB (Bauhandwerkerpfandrecht) geltend gemachten Anspruchs auf Pfandsicherung anficht.
4.1 Das Bundesgericht liess in BGE 95 II 221 ff. offen, ob sich die vom Beschwerdeführer angerufene Bestimmung generell auf Ersatzforderungen aus Art. 672
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ZGB Art. 672 - 1 Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so hat der Grundeigentümer für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten.
ZGB übertragen lasse. Dem Urteil lagen Leistungen aus einem - vom Grundeigentümer nicht genehmigten - Werkvertrag (Ausbau von Zufahrt und Parkplatz) zugrunde, den der Bauunternehmer mit dem Geranten des auf dem Grundstück stehenden Hotels abgeschlossen hatte. Namentlich unter Hinweis auf den guten Glauben des Bauunternehmers hielt das Bundesgericht dafür, die Pfandbelastung sei für die Entschädigung, die dem Bauunternehmer gestützt auf Art. 672 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 672 - 1 Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so hat der Grundeigentümer für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten.
ZGB zustehe, zuzulassen (BGE 95 II 221 E. 3 S. 229 f.). Dass in (analoger) Anwendung von Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 837 - 1 Der Anspruch auf Errichtung eines gesetzlichen Grundpfandrechtes besteht:
ZGB dem aus Art. 672
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ZGB Art. 672 - 1 Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so hat der Grundeigentümer für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten.
ZGB Anspruchsberechtigten ein gesetzliches Pfandrecht eingeräumt werden soll, wird in der Literatur überwiegend ablehnend vermerkt (DIETER ZOBL, Das Bauhandwerkerpfandrecht de lege lata und de lege ferenda, in: ZSR 101/1982 II S. 118; JEAN-CLAUDE DE HALLER, L'hypothèque légale de l'entrepreneur, in: ZSR 101/1982 II S. 224; JACQUES-MICHEL GROSSEN, Quelques problèmes actuels concernant l'hypothèque légale des artisans et des entrepreneurs, in: ZBGR 54/1973 S. 71; den eingangs angeführten Entscheid des Bundesgerichts billigend: JOSEF HOFSTETTER, in: Basler Kommentar, N. 9 zu Art. 839
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ZGB Art. 839 - 1 Das Pfandrecht der Handwerker und Unternehmer kann von dem Zeitpunkte an, da sie sich zur Arbeitsleistung verpflichtet haben, in das Grundbuch eingetragen werden.
/840
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 840 - Gelangen mehrere gesetzliche Pfandrechte der Handwerker und Unternehmer zur Eintragung, so haben sie, auch wenn sie von verschiedenem Datum sind, untereinander den gleichen Anspruch auf Befriedigung aus dem Pfande.
ZGB). Seinerseits lehnte das Obergericht des Kantons Zürich eine analoge Anwendung von Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3
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ZGB Art. 837 - 1 Der Anspruch auf Errichtung eines gesetzlichen Grundpfandrechtes besteht:
ZGB auf Ersatzforderungen aus Art. 672
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ZGB Art. 672 - 1 Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so hat der Grundeigentümer für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten.
ZGB in einem Urteil vom 21. Oktober 1977 ab (ZR 77/1978 Nr. 133 S. 302 ff.).
4.2 Wie bei den Fällen, da ein Bauhandwerker Arbeiten in Erfüllung eines mit einem Mieter geschlossenen Werkvertrags ausgeführt hat,
BGE 134 III 147 S. 150

fehlt im vorliegenden Fall ein (auf die Errichtung des strittigen Bauwerks gerichteter) Vertrag zwischen dem Unternehmer (Beschwerdeführer) und der Grundeigentümerin. Für den sogenannten Mieterbau hat das Bundesgericht die Zulässigkeit eines Bauhandwerkerpfandrechts verschiedentlich bejaht. Neben einer objektiven Wertvermehrung durch die fraglichen Arbeiten verlangte es dabei vor allem, dass der Grundeigentümer (Vermieter) seine Zustimmung zu den Arbeiten erteilt habe (BGE 126 III 505 E. 4a S. 507; BGE 116 II 677 E. 4c S. 683). Es geht mit anderen Worten hauptsächlich darum, dass der Grundeigentümer sich das gesetzliche Pfandrecht nicht soll gefallen lassen müssen, wenn die Bauarbeiten gegen seinen Willen ausgeführt wurden.
4.3 In Würdigung der Aussagen der am ursprünglichen Bauprojekt unmittelbar Beteiligten, namentlich auch A.s, des einzigen Verwaltungsrats der G. AG, die im Zeitpunkt der Errichtung des strittigen Einbaus Eigentümerin des Grundstücks war, wie auch des beigezogenen Notars gelangte das Obergericht zum Schluss, jene sei mit dem Bauen einverstanden gewesen. Von einem blossen Dulden, wie von der Beschwerdegegnerin geltend gemacht, kann aufgrund der Feststellungen im angefochtenen Entscheid nicht gesprochen werden. Ausserdem ist die Vorinstanz davon ausgegangen, es sei bis zum Baustopp Mitte Oktober 2002 auf beiden Seiten darauf vertraut worden, dass die Übertragung des Grundstücks auf den Beschwerdeführer zustande kommen werde. Unter den dargelegten Umständen rechtfertigt es sich, in analoger Anwendung von Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3
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ZGB Art. 837 - 1 Der Anspruch auf Errichtung eines gesetzlichen Grundpfandrechtes besteht:
ZGB dem Beschwerdeführer für seine Ersatzforderung nach Art. 672 Abs. 1
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ZGB Art. 672 - 1 Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so hat der Grundeigentümer für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten.
ZGB die verlangte grundpfandrechtliche Sicherung zu gewähren. Der Anspruch auf Errichtung eines gesetzlichen Grundpfandes ist realobligatorischer Natur und richtet sich somit gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks (BGE 92 II 227 E. 1 S. 229 f.; ZOBL, a.a.O., S. 77 f.; HANS MICHAEL RIEMER, Die beschränkten dinglichen Rechte, 2. Aufl., Bern 2000, § 18 N. 46 ff.; HOFSTETTER, a.a.O., N. 11 zu Art. 837
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ZGB Art. 837 - 1 Der Anspruch auf Errichtung eines gesetzlichen Grundpfandrechtes besteht:
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ZGB Art. 838 - Die Eintragung des Pfandrechtes des Verkäufers, der Miterben oder Gemeinder muss spätestens drei Monate nach der Übertragung des Eigentums erfolgen.
und N. 22 zu Art. 839
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ZGB Art. 839 - 1 Das Pfandrecht der Handwerker und Unternehmer kann von dem Zeitpunkte an, da sie sich zur Arbeitsleistung verpflichtet haben, in das Grundbuch eingetragen werden.
/840
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ZGB Art. 840 - Gelangen mehrere gesetzliche Pfandrechte der Handwerker und Unternehmer zur Eintragung, so haben sie, auch wenn sie von verschiedenem Datum sind, untereinander den gleichen Anspruch auf Befriedigung aus dem Pfande.
ZGB). Hier besteht er somit ohne weiteres gegenüber der Beschwerdegegnerin, die das fragliche Grundstück nachträglich von der G. AG erworben hat. Auch hinsichtlich der Verweigerung des Grundpfandrechts ist die Beschwerde im Verfahren 5A_160/2007 mithin gutzuheissen.
134 III 147 06. Dezember 2007 17. Mai 2008 Bundesgericht 134 III 147 BGE - Zivilrecht

Gegenstand Entschädigung für Bau auf fremdem Boden (Art. 672 Abs. 1 ZGB); gesetzliches Grundpfandrecht. Zur Sicherung der Entschädigung

Gesetzesregister
ZGB 671
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ZGB Art. 671 - 1 Verwendet jemand zu einem Bau auf seinem Boden fremdes Material oder eigenes Material auf fremdem Boden, so wird es Bestandteil des Grundstückes.
ZGB 672
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ZGB Art. 672 - 1 Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so hat der Grundeigentümer für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten.
ZGB 837
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ZGB Art. 837 - 1 Der Anspruch auf Errichtung eines gesetzlichen Grundpfandrechtes besteht:
ZGB 838
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ZGB Art. 838 - Die Eintragung des Pfandrechtes des Verkäufers, der Miterben oder Gemeinder muss spätestens drei Monate nach der Übertragung des Eigentums erfolgen.
ZGB 839
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ZGB Art. 839 - 1 Das Pfandrecht der Handwerker und Unternehmer kann von dem Zeitpunkte an, da sie sich zur Arbeitsleistung verpflichtet haben, in das Grundbuch eingetragen werden.
ZGB 840
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ZGB Art. 840 - Gelangen mehrere gesetzliche Pfandrechte der Handwerker und Unternehmer zur Eintragung, so haben sie, auch wenn sie von verschiedenem Datum sind, untereinander den gleichen Anspruch auf Befriedigung aus dem Pfande.
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