133 V 1
1. Auszug aus dem Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts i.S. Bundesamt für Sozialversicherungen gegen M. und Versicherungsgericht des Kantons Aargau (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) I 910/05 vom 28. Juni 2006
Regeste (de):
- Art. 21 Abs. 5 ATSG; Art. 13 Abs. 1
SR 833.1 Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über die Militärversicherung (MVG)
MVG Art. 13 )
SR 833.1 Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über die Militärversicherung (MVG)
MVG Art. 43 Anpassung an die Lohn- und Preisentwicklung - 1 Der Bundesrat passt durch Verordnung die folgenden Renten dem vom Bundesamt für Statistik ermittelten Nominallohnindex vollständig an:
1 Der Bundesrat passt durch Verordnung die folgenden Renten dem vom Bundesamt für Statistik ermittelten Nominallohnindex vollständig an: a die auf unbestimmte Zeit festgesetzten Renten der Versicherten, die das Referenzalter nach Artikel 21 Absatz 1 AHVG102 noch nicht erreicht haben; b die Renten der Ehegatten und Waisen der Verstorbenen, die im Zeitpunkt der Anpassung das Referenzalter nach Artikel 21 Absatz 1 AHVG noch nicht erreicht hätten.103 2 Alle übrigen auf unbestimmte Zeit festgesetzten Renten sind dem Stand des Landesindexes der Konsumentenpreise vollständig anzupassen. 3 Die Anpassung der Leistungen erfolgt durch Erhöhung oder Herabsetzung des der Rente zugrunde liegenden Jahresverdienstes. Sie erfolgt jeweils auf den gleichen Zeitpunkt wie die AHV/IV-Rentenanpassung. 4 Der Bundesrat erlässt durch Verordnung die näheren Bestimmungen, insbesondere über das zu berücksichtigende Spruchjahr und über die Anpassung von Zeitrenten und Neurenten. - Art. 21 Abs. 5 ATSG hat an der bisherigen Rechtsprechung (BGE 116 V 323), wonach Untersuchungshaft von gewisser Dauer in gleicher Weise Anlass zur Rentensistierung gibt wie jede andere Form des von einer Strafbehörde angeordneten Freiheitsentzugs, nichts geändert (E. 2-4.4).
Regeste (fr):
- Art. 21 al. 5 LPGA; art. 13 al. 1 LAM (dans sa teneur en vigueur du 1er janvier 1994 au 31 décembre 2002); art. 43 LAM (dans sa teneur en vigueur jusqu'au 31 décembre 1993): Suspension du droit à la rente AI en cas de détention préventive.
- L'art. 21 al. 5 LPGA n'a rien changé à la jurisprudence valable jusqu'ici (ATF 116 V 323), selon laquelle une détention préventive d'une certaine durée donne lieu à une suspension de la rente, de la même manière que tout autre forme de privation de liberté ordonnée par une autorité pénale (consid. 2-4.4).
Regesto (it):
- Art. 21 cpv. 5 LPGA; art. 13 cpv. 1 LAM (nella versione in vigore dal 1° gennaio 1994 al 31 dicembre 2002); art. 43 LAM (nella versione in vigore fino al 31 dicembre 1993): Sospensione del diritto alla rendita in caso di detenzione preventiva.
- L'art. 21 cpv. 5 LPGA non ha portato nessun cambiamento alla giurisprudenza sin qui valida (DTF 116 V 323) per la quale una detenzione preventiva di una certa durata origina una sospensione della rendita al pari di ogni altra forma di privazione della libertà ordinata da un'autorità penale (consid. 2-4.4).
Sachverhalt ab Seite 2
BGE 133 V 1 S. 2
A. M., geboren am 6. November 1983, welche wegen den Folgen einer schon früh einsetzenden psychischen Fehlentwicklung mit Wirkung ab 1. Dezember 2001 in den Genuss einer ganzen Invalidenrente gelangt war, wurde am 4. Dezember 2004 in Untersuchungshaft gesetzt. Auf entsprechende Mitteilung ihres Beistandes vom 21. März 2005 verfügte die IV-Stelle des Kantons Aargau am 31. März 2005 die Sistierung der Invalidenrente ab 1. Januar 2005 und am 13. April 2005 die Rückforderung der von Januar bis März 2005 bereits bezogenen Rentenleistungen im Betrag von Fr. 4'299.-. Die gegen die Sistierung erhobene Einsprache wies die IV-Stelle mit Entscheid vom 29. April 2005 ab.
B. Die hiegegen eingereichte Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons Aargau unter Aufhebung des Einspracheentscheides vom 29. April 2005 und mit der Feststellung gut, dass der Versicherten auch während der Untersuchungshaft ein Anspruch auf Invalidenrente zustehe (Entscheid vom 21. Oktober 2005).
C. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt die Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides. Während die IV-Stelle auf Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, lässt M., verbeiständet durch R. von der Amtsvormundschaft des Bezirks X., vertreten durch Advokat Dr.
BGE 133 V 1 S. 3
Roulet, den Antrag auf Abweisung stellen; für den Unterliegensfall wird um unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung nachgesucht.
D. Am 28. Juni 2006 hat das Eidgenössische Versicherungsgericht eine parteiöffentliche Beratung durchgeführt.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Art. 21 Abs. 5 ATSG, in Kraft seit 1. Januar 2003 und auf die hier als Sistierungsgrund in Betracht fallende Untersuchungshaft ab 4. Dezember 2004 intertemporalrechtlich anwendbar, lautet: "Befindet sich die versicherte Person im Straf- oder Massnahmevollzug, so kann während dieser Zeit die Auszahlung von Geldleistungen mit Erwerbsersatzcharakter ganz oder teilweise eingestellt werden; ausgenommen sind die Geldleistungen für Angehörige im Sinne von Absatz 3." Die Verfahrensbeteiligten sind sich uneins über die materiellrechtliche Bedeutung dieser Bestimmung. Es stellt sich die Frage, ob die Untersuchungshaft seit 4. Dezember 2004, welche gemäss Urteil des Strafgerichts Y. vom 27. April 2005 an die ausgesprochene Strafe von sieben Monaten und 16 Tagen Gefängnis angerechnet wurde, unter den gesetzlichen Sistierungsgrund des "Straf- oder Massnahmenvollzugs" fällt. Während IV-Stelle und beschwerdeführendes BSV dies bejahen, ziehen kantonales Gericht und Beschwerdegegnerin insbesondere aus dem Gesetzeswortlaut den Schluss (e contrario), Untersuchungshaft berühre - da keinen Straf- oder Massnahmevollzug darstellend - im Gegensatz zu diesem den laufenden IV-Rentenanspruch nicht.
3.
3.1 Bis zum Inkrafttreten des ATSG verhielt es sich mit dem Rentenanspruch während strafrechtlich motivierten Inhaftierungen im Allgemeinen wie folgt: Während die ältere Rechtsprechung von einem Revisionsgrund analog alt Art. 41
SR 833.1 Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über die Militärversicherung (MVG) MVG Art. 43 Anpassung an die Lohn- und Preisentwicklung - 1 Der Bundesrat passt durch Verordnung die folgenden Renten dem vom Bundesamt für Statistik ermittelten Nominallohnindex vollständig an: |
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1 | Der Bundesrat passt durch Verordnung die folgenden Renten dem vom Bundesamt für Statistik ermittelten Nominallohnindex vollständig an: |
a | die auf unbestimmte Zeit festgesetzten Renten der Versicherten, die das Referenzalter nach Artikel 21 Absatz 1 AHVG102 noch nicht erreicht haben; |
b | die Renten der Ehegatten und Waisen der Verstorbenen, die im Zeitpunkt der Anpassung das Referenzalter nach Artikel 21 Absatz 1 AHVG noch nicht erreicht hätten.103 |
2 | Alle übrigen auf unbestimmte Zeit festgesetzten Renten sind dem Stand des Landesindexes der Konsumentenpreise vollständig anzupassen. |
3 | Die Anpassung der Leistungen erfolgt durch Erhöhung oder Herabsetzung des der Rente zugrunde liegenden Jahresverdienstes. Sie erfolgt jeweils auf den gleichen Zeitpunkt wie die AHV/IV-Rentenanpassung. |
4 | Der Bundesrat erlässt durch Verordnung die näheren Bestimmungen, insbesondere über das zu berücksichtigende Spruchjahr und über die Anpassung von Zeitrenten und Neurenten. |
BGE 133 V 1 S. 4
S. 93; nicht veröffentlichtes Urteil vom 2. Februar 1988, I 373/86; vgl. auch BGE 129 V 216 E. 1.1). Der Strafverbüssung gleichgestellt hat die Rechtsprechung die Untersuchungshaft von gewisser Dauer ("d'une certaine durée"). Stellt sich die Untersuchungshaft im Nachhinein als ungerechtfertigt heraus, sind die sistierten Rentenbetreffnisse nicht nachzuzahlen; vielmehr stellen sie Teil des Schadens dar, welchen der zu Unrecht Verhaftete allenfalls auf dem Weg der Staatshaftung geltend machen kann (BGE 116 V 323). Ob der Rentenanspruch zu sistieren ist, beurteilt sich nach der Vollzugsart, und nicht etwa danach, wer für die Kosten des Unterhalts aufkommt (BGE 116 V 20).
3.2 Das Militärversicherungsgesetz war bis zum Inkrafttreten des ATSG der einzige sozialversicherungsrechtliche Erlass, welcher das rechtliche Schicksal der Geldleistungen bei Freiheitsentzug ordnete. Nach alt Art. 13 Abs. 1
SR 833.1 Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über die Militärversicherung (MVG) MVG Art. 13 ) |
SR 833.1 Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über die Militärversicherung (MVG) MVG Art. 43 Anpassung an die Lohn- und Preisentwicklung - 1 Der Bundesrat passt durch Verordnung die folgenden Renten dem vom Bundesamt für Statistik ermittelten Nominallohnindex vollständig an: |
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1 | Der Bundesrat passt durch Verordnung die folgenden Renten dem vom Bundesamt für Statistik ermittelten Nominallohnindex vollständig an: |
a | die auf unbestimmte Zeit festgesetzten Renten der Versicherten, die das Referenzalter nach Artikel 21 Absatz 1 AHVG102 noch nicht erreicht haben; |
b | die Renten der Ehegatten und Waisen der Verstorbenen, die im Zeitpunkt der Anpassung das Referenzalter nach Artikel 21 Absatz 1 AHVG noch nicht erreicht hätten.103 |
2 | Alle übrigen auf unbestimmte Zeit festgesetzten Renten sind dem Stand des Landesindexes der Konsumentenpreise vollständig anzupassen. |
3 | Die Anpassung der Leistungen erfolgt durch Erhöhung oder Herabsetzung des der Rente zugrunde liegenden Jahresverdienstes. Sie erfolgt jeweils auf den gleichen Zeitpunkt wie die AHV/IV-Rentenanpassung. |
4 | Der Bundesrat erlässt durch Verordnung die näheren Bestimmungen, insbesondere über das zu berücksichtigende Spruchjahr und über die Anpassung von Zeitrenten und Neurenten. |
SR 833.1 Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über die Militärversicherung (MVG) MVG Art. 43 Anpassung an die Lohn- und Preisentwicklung - 1 Der Bundesrat passt durch Verordnung die folgenden Renten dem vom Bundesamt für Statistik ermittelten Nominallohnindex vollständig an: |
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1 | Der Bundesrat passt durch Verordnung die folgenden Renten dem vom Bundesamt für Statistik ermittelten Nominallohnindex vollständig an: |
a | die auf unbestimmte Zeit festgesetzten Renten der Versicherten, die das Referenzalter nach Artikel 21 Absatz 1 AHVG102 noch nicht erreicht haben; |
b | die Renten der Ehegatten und Waisen der Verstorbenen, die im Zeitpunkt der Anpassung das Referenzalter nach Artikel 21 Absatz 1 AHVG noch nicht erreicht hätten.103 |
2 | Alle übrigen auf unbestimmte Zeit festgesetzten Renten sind dem Stand des Landesindexes der Konsumentenpreise vollständig anzupassen. |
3 | Die Anpassung der Leistungen erfolgt durch Erhöhung oder Herabsetzung des der Rente zugrunde liegenden Jahresverdienstes. Sie erfolgt jeweils auf den gleichen Zeitpunkt wie die AHV/IV-Rentenanpassung. |
4 | Der Bundesrat erlässt durch Verordnung die näheren Bestimmungen, insbesondere über das zu berücksichtigende Spruchjahr und über die Anpassung von Zeitrenten und Neurenten. |
SR 833.1 Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über die Militärversicherung (MVG) MVG Art. 13 ) |
3.2.1 Weil nun alt Art. 13
SR 833.1 Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über die Militärversicherung (MVG) MVG Art. 13 ) |
SR 833.1 Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über die Militärversicherung (MVG) MVG Art. 13 ) |
BGE 133 V 1 S. 5
Beschwerdegegnerin sich diese Sichtweise zu eigen machen, präzisiert das BSV seine im IV-Rundschreiben Nr. 225 vom 19. September 2005 dargelegte Haltung unter Hinweis auf einen Passus in der Vertieften bundesrätlichen Stellungnahme vom 17. August 1994 zum Bericht der Kommission des Ständerates vom 27. September 1990, der lautet (BBl 1994 V 937): "Die Frage nach dem Schicksal von Geldleistungen stellt sich bei Freiheitsentzug immer wieder und verdient von daher eine Regelung in einem Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts. Der von uns vorgeschlagene Wortlaut hat seine Grundlage in Einklang mit der Rechtsprechung (BGE 113 V 273, BGE 114 V 143) in Art. 13
SR 833.1 Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über die Militärversicherung (MVG) MVG Art. 13 ) |
3.2.2 Soweit das BSV in diesem Passus, welchem die Kommission des Nationalrates im Bericht vom 26. März 1999 inhaltlich zugestimmt hat (BBl 1999 S. 4567), eine klare Meinungsäusserung der gesetzgebenden Organe erblickt, die im Gesetzestext zum Ausdruck gekommen und daher für die rechtsanwendenden Stellen praxisgemäss weitgehend verbindlich wäre, kann ihm von vornherein nicht beigepflichtet werden. Offensichtlich werden in der erwähnten Textstelle durch den Bundesrat zwei Dinge vermischt: Dass Art. 27 Abs. 5
SR 833.1 Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über die Militärversicherung (MVG) MVG Art. 13 ) |
SR 833.1 Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über die Militärversicherung (MVG) MVG Art. 13 ) |
SR 833.1 Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über die Militärversicherung (MVG) MVG Art. 13 ) |
SR 833.1 Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über die Militärversicherung (MVG) MVG Art. 13 ) |
4.
4.1 (Auslegung des Gesetzes; vgl. BGE 131 I 396 E. 3.2; BGE 131 II 368 E. 4.2 und 703 E. 4.1; BGE 131 V 93 E. 4.1, BGE 131 V 176 E. 3.1, 292 E. 5.2 und 439 E. 6.1; BGE 130 II 211 E. 5.1; BGE 128 I 292 E. 2.4; BGE 124 II 376 E. 5 und 377 E. 6, mit Hinweisen)
BGE 133 V 1 S. 6
4.2
4.2.1 Vom Wortlaut her (vgl. auch die französische ["Si l'assuré subit une mesure ou une peine privative de liberté, ... ."] und die italienische Fassung ["Se l'assicurato subisce una pena o una mesura, ... ."]; zur Gleichwertigkeit der drei Amtssprachen: Art. 14 Abs. 1
SR 170.512 Bundesgesetz vom 18. Juni 2004 über die Sammlungen des Bundesrechts und das Bundesblatt (Publikationsgesetz, PublG) - Publikationsgesetz PublG Art. 14 - 1 Die Veröffentlichung erfolgt gleichzeitig in den Amtssprachen Deutsch, Französisch und Italienisch. Bei Erlassen sind die drei Fassungen in gleicher Weise verbindlich. |
|
1 | Die Veröffentlichung erfolgt gleichzeitig in den Amtssprachen Deutsch, Französisch und Italienisch. Bei Erlassen sind die drei Fassungen in gleicher Weise verbindlich. |
2 | Der Bundesrat kann bestimmen, dass durch Verweis veröffentlichte Texte nach Artikel 13a Absatz 1 Buchstabe a und weitere Texte nach Artikel 13a Absatz 2 nicht in allen drei Amtssprachen oder in keiner Amtssprache veröffentlicht werden, wenn:30 |
a | die in diesen Texten enthaltenen Bestimmungen die Betroffenen nicht unmittelbar verpflichten; oder |
b | die Betroffenen diese Texte ausschliesslich in der Originalsprache benützen. |
3 | Die Bundeskanzlei kann bestimmen, dass Beschlüsse und Mitteilungen der Bundesverwaltung sowie von Organisationen und Personen des öffentlichen oder des privaten Rechts nach Artikel 13 Absatz 2 nur in der Amtssprache des betroffenen Sprachgebietes veröffentlicht werden, sofern sie von ausschliesslich lokaler Bedeutung sind. |
4 | Für die Übersetzung der Unterlagen zu Vernehmlassungen gilt die Gesetzgebung über das Vernehmlassungsverfahren31.32 |
5 | Die Veröffentlichung von Texten in Rätoromanisch richtet sich nach Artikel 11 des Sprachengesetzes vom 5. Oktober 200733.34 |
6 | Auf der Publikationsplattform veröffentlichte Texte von besonderer Tragweite oder internationalem Interesse können in weiteren Sprachen, insbesondere in Englisch, veröffentlicht werden.35 |
4.2.2 Wie dargelegt (E. 3.2.2), ergibt sich aus den Materialien lediglich, dass der Gesetzgeber an alt Art. 13
SR 833.1 Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über die Militärversicherung (MVG) MVG Art. 13 ) |
4.2.3 Das systematische Auslegungselement zeigt lediglich, dass in der Militärversicherung eine - zwar nicht von der Rechtsprechung, aber doch von der Doktrin bestätigte (vgl. E. 3.2 hievor) - abweichende Regelung bestand, deren Wortlaut (von redaktionellen Unterschieden abgesehen) in das ATSG Eingang fand. Wenn der Gesetzgeber ferner die Sistierung als Rechtsfolge bei Strafverbüssung und Massnahmevollzug in Art. 21 Abs. 5 ATSG, soweit es um Leistungen mit Erwerbsersatzcharakter geht, verallgemeinert hat, steht damit lediglich ausser Frage, wieder auf die ursprüngliche revisionsrechtliche Betrachtungsweise nach der alten IVG-Rechtsprechung zurückzukommen. Ob aber auch die Rente der in Untersuchungshaft befindlichen versicherten Person zu sistieren sei, wird damit nicht präjudiziert.
4.2.4
4.2.4.1 Unter einem teleologischen Blickwinkel (Sinn und Zweck) - verbunden mit der Forderung nach rechtsgleicher Behandlung
BGE 133 V 1 S. 7
(Art. 8 Abs. 1
SR 833.1 Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über die Militärversicherung (MVG) MVG Art. 13 ) |
SR 833.1 Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über die Militärversicherung (MVG) MVG Art. 13 ) |
SR 833.1 Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über die Militärversicherung (MVG) MVG Art. 13 ) |
SR 833.1 Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über die Militärversicherung (MVG) MVG Art. 13 ) |
SR 833.1 Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über die Militärversicherung (MVG) MVG Art. 13 ) |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 69 - 1 Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden. |
|
1 | Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden. |
2 | Das Gericht kann anordnen, dass die eingezogenen Gegenstände unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 51 - Das Gericht rechnet die Untersuchungshaft, die der Täter während dieses oder eines anderen Verfahrens ausgestanden hat, auf die Strafe an. Ein Tag Haft entspricht einem Tagessatz Geldstrafe.41 |
BGE 133 V 1 S. 8
ein Teil der Freiheitsstrafe, während welcher die Rente zu sistieren ist. Würde die Rente während der Untersuchungshaft nicht sistiert, würde sie im Ergebnis entgegen Art. 21 Abs. 5 ATSG auch während eines Teils der Freiheitsstrafe ausbezahlt.
4.2.4.2 Nach dem Gesagten ist der Rentenanspruch einer Person, die sich in Untersuchungshaft befindet, grundsätzlich zu sistieren, da auch eine gesundheitlich unbeeinträchtigte Person während dieser Zeit in der Regel einen Erwerbsausfall zu gewärtigen hat. Dies kann jedoch, wie das Eidgenössische Versicherungsgericht bereits in seiner bisherigen Rechtsprechung erkannt hat (vgl. u.a. BGE 116 V 326 mit Hinweis), aus Praktikabilitätsgründen lediglich für Untersuchungshaft gelten, welche eine gewisse Zeit angedauert hat ("d'une certaine durée"). Diese "gewisse Dauer" der Untersuchungshaft, während der die Rente noch auszurichten ist, dürfte - in Anlehnung an die gemäss Art. 88a Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 51 - Das Gericht rechnet die Untersuchungshaft, die der Täter während dieses oder eines anderen Verfahrens ausgestanden hat, auf die Strafe an. Ein Tag Haft entspricht einem Tagessatz Geldstrafe.41 |
SR 833.1 Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über die Militärversicherung (MVG) MVG Art. 13 ) |
SR 833.1 Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über die Militärversicherung (MVG) MVG Art. 13 ) |
4.3 Die teleologische und die Rechtsgleichheit miteinbeziehende Betrachtungsweise zeigt somit den Rechtssinn des Art. 21 Abs. 5 ATSG auf, weshalb vom Wortlaut der Norm abzuweichen ist. Der Umstand, dass die Bestimmung als Grund für eine Rentensistierung lediglich den Straf- oder Massnahmevollzug nennt, kann bei diesem Auslegungsergebnis kein qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers im Sinne einer bewusst negativen Antwort darstellen. Vielmehr ist eine auf dem Auslegungsweg ermittelte stillschweigende Anordnung desselben (BGE 125 V 11 E. 3) anzunehmen. Eine ausfüllungsbedürftige Gesetzeslücke (BGE 130 V 233 E. 2.3; BGE 127 V 41 E. 4b/cc; vgl. BGE 131 II 567 E. 3.5; BGE 130 III 245 E. 3.3), sei dies im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit (echte Lücke) oder einer sachlich unbefriedigenden Antwort (unechte oder Wertungslücke), scheidet in dieser Interpretationslage ebenfalls aus.
BGE 133 V 1 S. 9
4.4 Die Beschwerdegegnerin befand sich laut Urteil des Strafgerichts Y. vom 27. April 2005 seit 4. Dezember 2004 - und damit seit beinahe fünf Monaten - in Untersuchungshaft. Diese Zeitspanne entspricht ohne weiteres der nach dem Gesagten einen Rentensistierungsgrund darstellenden Untersuchungshaft von gewisser Dauer, weshalb die IV-Stelle den Rentenanspruch der Beschwerdegegnerin zu Recht ab 1. Januar 2005 eingestellt hat.