133 II 384
34. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Motorfahrzeugkontrolle, Departement des Innern und Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 1C_79/2007 vom 6. September 2007
Regeste (de):
- Art. 16d Abs. 1 lit. a
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 16d - 1 Der Lernfahr- oder Führerausweis wird einer Person auf unbestimmte Zeit entzogen, wenn:
- Abklärung der kognitiven bzw. psychophysischen Fahreignung hinsichtlich der Ausweiskategorien B und D1 nach Erteilung der entsprechenden Bewilligungen; verkehrspsychologisches Gutachten, das die Fahreignung für die Kategorie B knapp bejaht und für die Kategorie D1 verneint.
- Gesetzliche Grundlagen für den Sicherungsentzug des Führerausweises der Kategorie D1 gestützt auf ein solches verkehrspsychologisches Gutachten (E. 3); Handhabung im konkreten Fall (E. 4). Notwendigkeit weiterer Abklärungen zur Fahreignung bezüglich der Kategorie B (E. 5).
Regeste (fr):
- Art. 16d al. 1 let. a LCR; retrait de sécurité du permis de conduire.
- Détermination de l'aptitude cognitive et psychophysique à la conduite pour les catégories B et D1 après délivrance des autorisations correspondantes. Expertise psychologique qui admet de justesse l'aptitude à conduire pour la catégorie B, et la nie pour la catégorie D1.
- Bases légales permettant un retrait de sécurité du permis pour la catégorie D1, fondé sur une telle expertise (consid. 3). Application au cas particulier (consid. 4). Nécessité d'obtenir des indications complémentaires sur l'aptitude à conduire pour la catégorie B (consid. 5).
Regesto (it):
- Art. 16d cpv. 1 lett. a LCStr; revoca a scopo di sicurezza della licenza di condurre.
- Determinazione dell'idoneità cognitiva e psicofisica alla guida riguardo alle categorie B e D1 dopo il rilascio delle relative autorizzazioni. Perizia di psicologia del traffico che ammette di misura l'idoneità alla guida per la categoria B e che la nega per la categoria D1.
- Basi legali per la revoca a scopo di sicurezza della licenza di condurre per la categoria D1 fondata su una tale perizia (consid. 3). Applicazione nel caso concreto (consid. 4). Necessità di ulteriori chiarimenti sull'idoneità alla guida riguardo alla categoria B (consid. 5).
Sachverhalt ab Seite 385
BGE 133 II 384 S. 385
X., Jahrgang 1960, erwarb 1978 den Führerausweis der Kategorie B und 1991 denjenigen der Kategorie D1. Er war in der Folge als selbstständiger Taxiunternehmer tätig. Die Motorfahrzeugkontrolle des Kantons Solothurn (MFK) eröffnete im Jahr 2002 ein Administrativverfahren gegen X. und erhielt in diesem Rahmen Kenntnis von einem Gutachten der psychiatrischen Dienste des Kantons Solothurn über diesen vom 13. Januar 1998; damals war bei ihm die Diagnose eines Verdachts auf eine schizophrene Erkrankung gestellt worden. Am 21. März 2003 forderte die MFK X. zu einer verkehrsmedizinischen und -psychologischen Untersuchung auf. Dieser unterzog sich der verkehrsmedizinischen Untersuchung; das Gutachten wurde am 30. Juni 2004 erstattet. Er wehrte sich aber gegen eine verkehrspsychologische Begutachtung. Diese Frage zog er erfolglos bis vor Bundesgericht. Da sich X. auch danach der verkehrspsychologischen Untersuchung nicht stellte, wurde ihm am 23. Mai 2005 der Führerausweis vorsorglich entzogen. Die in dieser Sache erhobenen Beschwerden blieben wiederum erfolglos. Daraufhin absolvierte X. eine verkehrspsychologische Untersuchung; das gestützt darauf abgefasste Gutachten stammt vom 4. Oktober 2005. Die psychologische Expertin kam zum Schluss, die kognitive Fahreignung für die Kategorie D1 sei nicht und jene für die Kategorie B knapp gegeben. Bezüglich der Kategorie B sei eine weitere verkehrsmedizinische Beurteilung angezeigt. Eine solche wurde in der Folge im Sinne eines Aktengutachtens durchgeführt. Dabei kam eine andere Expertin am 24. Oktober 2005 zur Einschätzung, dass die Fahreignung für die Kategorien B und D1 aus psychiatrischer Sicht nicht befürwortet werden könne; eine weitere medizinische Untersuchung wurde allerdings vorbehalten. Daraufhin verfügte das Departement des Innern des Kantons Solothurn am 30. November 2005 einen Entzug des Führerausweises für alle Kategorien auf unbestimmte Zeit. Das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn hiess am 29. März 2006 die Beschwerde von X. gegen den auf unbestimmte Zeit ausgesprochenen Führerausweisentzug teilweise gut. In der Sache wurde die Beschwerde mit Bezug auf Kategorie D1 abgewiesen. Mit Blick auf Kategorie B wurde hingegen die Verwaltungsbehörde zu weiterer Abklärung des Sachverhalts verpflichtet. Dieses Urteil hob das Bundesgericht auf Beschwerde von X. am 27. Juni 2006 wegen eines Verfahrensmangels auf.
BGE 133 II 384 S. 386
Das Verwaltungsgericht führte ein neues Verfahren durch und fällte am 28. Februar 2007 das Urteil in der Beschwerdesache. Dabei hiess es die Beschwerde wiederum teilweise gut: Es bestätigte den Ausweisentzug bezüglich der Kategorie D1 und verlangte im Hinblick auf Kategorie B ein zusätzliches psychiatrisches Gutachten. Mit Eingabe vom 27. April 2007 erhebt X. beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Das Verwaltungsgericht hat den umstrittenen Sicherungsentzug hinsichtlich der Führerausweis-Kategorien B und D1 separat überprüft. Für beide Teilbereiche hatte die Verwaltungsbehörde die Fahreignung aus medizinischen Gründen im Sinne von Art. 16d Abs. 1 lit. a

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 16d - 1 Der Lernfahr- oder Führerausweis wird einer Person auf unbestimmte Zeit entzogen, wenn: |
BGE 133 II 384 S. 387
seine Hirnleistungsfähigkeit unter Beweis stelle. Unter den gegebenen Umständen bestehe weder psychiatrischer Abklärungsbedarf, noch würden die gesetzlichen Grundlagen einen Sicherungsentzug erlauben.
3. Entsprechend dem Aufbau des angefochtenen Entscheids ist vorweg dem definitiven Sicherungsentzug bezüglich der Kategorie D1 nachzugehen.
3.1 Eine Grundvoraussetzung für die Erteilung des Führerausweises ist die sog. Fahreignung. Mit diesem Begriff umschreiben alle betroffenen wissenschaftlichen Disziplinen (insbesondere Medizin, Psychologie und Jurisprudenz) die körperlichen und geistigen Voraussetzungen des Individuums, ein Fahrzeug im Strassenverkehr sicher lenken zu können. Die Fahreignung muss grundsätzlich dauernd vorliegen (vgl. die bundesrätliche Botschaft vom 31. März 1999 zur Änderung des Strassenverkehrsgesetzes, in deren Rahmen Art. 16d

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 16d - 1 Der Lernfahr- oder Führerausweis wird einer Person auf unbestimmte Zeit entzogen, wenn: |

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 16 - 1 Ausweise und Bewilligungen sind zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen; sie können entzogen werden, wenn die mit der Erteilung im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen missachtet werden. |

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 16d - 1 Der Lernfahr- oder Führerausweis wird einer Person auf unbestimmte Zeit entzogen, wenn: |

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 16 - 1 Ausweise und Bewilligungen sind zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen; sie können entzogen werden, wenn die mit der Erteilung im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen missachtet werden. |

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 16d - 1 Der Lernfahr- oder Führerausweis wird einer Person auf unbestimmte Zeit entzogen, wenn: |

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 16d - 1 Der Lernfahr- oder Führerausweis wird einer Person auf unbestimmte Zeit entzogen, wenn: |
BGE 133 II 384 S. 388
schwerwiegenden Eingriff in den Persönlichkeitsbereich des Betroffenen bedeutet, auf einer sorgfältigen Abklärung aller wesentlichen Gesichtspunkte beruht (Urteil 6A.44/2006 vom 4. September 2006, E. 2.2).
3.2 Das formelle Gesetz setzt eine Unterscheidung der Führerausweise nach Fahrzeugkategorien voraus (vgl. Art. 14 Abs. 1

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 14 - 1 Motorfahrzeugführer müssen über Fahreignung und Fahrkompetenz verfügen. |

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 25 - 1 Der Bundesrat kann die nachstehenden Fahrzeugarten und deren Anhänger sowie ihre Führer ganz oder teilweise von den Bestimmungen dieses Titels ausnehmen und nötigenfalls ergänzende Vorschriften für sie aufstellen: |

SR 741.51 Verordnung vom 27. Oktober 1976 über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (Verkehrszulassungsverordnung, VZV) - Verkehrszulassungsverordnung VZV Art. 3 Ausweiskategorien - 1 Der Führerausweis wird für folgende Kategorien erteilt: |
3.3 Vorliegend geht es um die höhere Führerausweiskategorie D1. Die entsprechende Bewilligung war dem Beschwerdeführer am 14. Oktober 1991 erteilt worden. Nach Art. 3

SR 741.51 Verordnung vom 27. Oktober 1976 über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (Verkehrszulassungsverordnung, VZV) - Verkehrszulassungsverordnung VZV Art. 3 Ausweiskategorien - 1 Der Führerausweis wird für folgende Kategorien erteilt: |

SR 741.51 Verordnung vom 27. Oktober 1976 über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (Verkehrszulassungsverordnung, VZV) - Verkehrszulassungsverordnung VZV Art. 3 Ausweiskategorien - 1 Der Führerausweis wird für folgende Kategorien erteilt: |

SR 741.51 Verordnung vom 27. Oktober 1976 über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (Verkehrszulassungsverordnung, VZV) - Verkehrszulassungsverordnung VZV Art. 3 Ausweiskategorien - 1 Der Führerausweis wird für folgende Kategorien erteilt: |

SR 741.51 Verordnung vom 27. Oktober 1976 über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (Verkehrszulassungsverordnung, VZV) - Verkehrszulassungsverordnung VZV Art. 25 Bewilligung - 1 Wer mit Fahrzeugen der Kategorie B oder C, der Unterkategorie B1 oder C1 oder der Spezialkategorie F berufsmässig Personen transportieren will (Art. 3 Abs. 1bis ARV 2140), benötigt eine Bewilligung zum berufsmässigen Personentransport. Berufsmässige Personentransporte mit Elektro-Rikschas bedürfen auch dann keiner Bewilligung, wenn die Elektro-Rikschas mit einem Führerausweis der Kategorie B oder F geführt werden.141 |

SR 741.51 Verordnung vom 27. Oktober 1976 über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (Verkehrszulassungsverordnung, VZV) - Verkehrszulassungsverordnung VZV Art. 25 Bewilligung - 1 Wer mit Fahrzeugen der Kategorie B oder C, der Unterkategorie B1 oder C1 oder der Spezialkategorie F berufsmässig Personen transportieren will (Art. 3 Abs. 1bis ARV 2140), benötigt eine Bewilligung zum berufsmässigen Personentransport. Berufsmässige Personentransporte mit Elektro-Rikschas bedürfen auch dann keiner Bewilligung, wenn die Elektro-Rikschas mit einem Führerausweis der Kategorie B oder F geführt werden.141 |

SR 741.51 Verordnung vom 27. Oktober 1976 über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (Verkehrszulassungsverordnung, VZV) - Verkehrszulassungsverordnung VZV Art. 25 Bewilligung - 1 Wer mit Fahrzeugen der Kategorie B oder C, der Unterkategorie B1 oder C1 oder der Spezialkategorie F berufsmässig Personen transportieren will (Art. 3 Abs. 1bis ARV 2140), benötigt eine Bewilligung zum berufsmässigen Personentransport. Berufsmässige Personentransporte mit Elektro-Rikschas bedürfen auch dann keiner Bewilligung, wenn die Elektro-Rikschas mit einem Führerausweis der Kategorie B oder F geführt werden.141 |
3.4 Im Hinblick auf die medizinischen Mindestanforderungen enthalten Art. 7

SR 741.51 Verordnung vom 27. Oktober 1976 über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (Verkehrszulassungsverordnung, VZV) - Verkehrszulassungsverordnung VZV Art. 25 Bewilligung - 1 Wer mit Fahrzeugen der Kategorie B oder C, der Unterkategorie B1 oder C1 oder der Spezialkategorie F berufsmässig Personen transportieren will (Art. 3 Abs. 1bis ARV 2140), benötigt eine Bewilligung zum berufsmässigen Personentransport. Berufsmässige Personentransporte mit Elektro-Rikschas bedürfen auch dann keiner Bewilligung, wenn die Elektro-Rikschas mit einem Führerausweis der Kategorie B oder F geführt werden.141 |
3.5 Psychologische Aspekte der Fahreignung sind - ausserhalb der Frage der charakterlichen Eignung im Sinne von Art. 16d Abs. 1 lit. c

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 16d - 1 Der Lernfahr- oder Führerausweis wird einer Person auf unbestimmte Zeit entzogen, wenn: |
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nicht direkt näher geregelt. Allerdings setzt der hier angewendete Art. 16d Abs. 1 lit. a

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 16d - 1 Der Lernfahr- oder Führerausweis wird einer Person auf unbestimmte Zeit entzogen, wenn: |
3.6 Mit welchen Massstäben die Fahreignung aus psychophysischer Sicht zu beurteilen ist, kann nur indirekt aus den Bestimmungen der VZV zum Bestehen der praktischen Führerprüfung geschlossen werden. In dieser Hinsicht gilt allgemein, dass das Motorfahrzeug der entsprechenden Kategorie unter Einhaltung der Verkehrsregeln auch in schwierigen Verkehrssituationen vorausschauend und mit Rücksicht auf die übrigen Verkehrsteilnehmer zu führen ist (Art. 22 Abs. 1 i.V.m. Anhang 12 Ziff. II VZV). Höhere Anforderungen werden an den Lenker beim berufsmässigen Personentransport gestellt: Dieser muss fähig sein, Personen in einem Motorfahrzeug der entsprechenden Kategorie auch in schwierigen Verkehrssituationen ohne Gefährdung zu transportieren; vorausgesetzt wird eine flüssige, routinierte Fahrweise mit ausgeprägtem Verkehrssinn. Die kategorienspezifischen Mindestanforderungen müssen dabei klar übertroffen werden (Art. 25 Abs. 3 lit. b i.V.m. Anhang 12 Ziff. III lit. G VZV).
BGE 133 II 384 S. 390
3.7 Es ist denkbar, dass selbst ein an sich gesunder Mensch der erhöhten Lenkverantwortung für den berufsmässigen Personentransport psychophysisch nicht gewachsen ist. Bei diesen Lenkerkategorien ist eine Abklärung der Frage, ob die entsprechenden Hirnleistungsreserven vorhanden sind, nicht nur im Zulassungsverfahren möglich (vgl. Art. 11b Abs. 1 lit. b

SR 741.51 Verordnung vom 27. Oktober 1976 über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (Verkehrszulassungsverordnung, VZV) - Verkehrszulassungsverordnung VZV Art. 11b Prüfung des Gesuchs - 1 Die kantonale Behörde prüft, ob die Voraussetzungen für den Erwerb eines Lernfahr- oder Führerausweises oder einer Bewilligung zum berufsmässigen Personentransport erfüllt sind. |

SR 741.51 Verordnung vom 27. Oktober 1976 über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (Verkehrszulassungsverordnung, VZV) - Verkehrszulassungsverordnung VZV Art. 27 Verkehrsmedizinische Kontrolluntersuchungen - 1 Die Pflicht, sich einer verkehrsmedizinischen Kontrolluntersuchung zu unterziehen, besteht für: |

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 16d - 1 Der Lernfahr- oder Führerausweis wird einer Person auf unbestimmte Zeit entzogen, wenn: |
3.8 Zusammengefasst bestehen genügende gesetzliche Grundlagen, um einen Sicherungsentzug für die Kategorie D1 - wie hier - gestützt auf eine verkehrspsychologische Beurteilung der Hirnleistungsfähigkeit anzuordnen.
4. Der vom Verwaltungsgericht bejahte konkrete Sicherungsentzug bezüglich der Kategorie D1 ist wie folgt zu beurteilen.
4.1 Der gesamte verkehrsmedizinische und -psychologische Begutachtungsprozess erfolgte hier am Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich. Dieses Institut bietet an sich Gewähr für eine unabhängige, unparteiliche und unvoreingenommene Begutachtung. Nach der Rechtsprechung gelten für Sachverständige grundsätzlich die gleichen Ausstands- und Ablehnungsgründe, wie sie für Richter vorgesehen sind. Das Misstrauen in deren Unparteilichkeit muss in objektiver Weise als begründet erscheinen (BGE 132 V 93 E. 7.1 S. 109 f. mit Hinweis). Der Beschwerdeführer meint, das verkehrspsychologische Gutachten sei Ausdruck der an der Universität Zürich herrschenden Geringschätzung seiner Fähigkeiten. Es ist jedoch objektiv nicht ersichtlich, dass die Verfasserinnen der verkehrsmedizinischen und -psychologischen Gutachten ihm gegenüber eine Abweisungshaltung oder Anzeichen von Geringschätzung zu erkennen gegeben hätten. Die Befangenheitsrüge geht fehl.
4.2
4.2.1 Das Verwaltungsgericht hat beim Beschwerdeführer, gestützt auf das verkehrspsychologische Gutachten, eine verkehrsrelevante Verlangsamung der Wahrnehmungs-,
BGE 133 II 384 S. 391
Informationsverarbeitungs- und Reaktionsfähigkeit festgestellt. Gemäss dem Gutachten sei dessen Fähigkeit zur Kontrolle und Steuerung von Handlungsimpulsen unter hohem Zeitdruck leicht beeinträchtigt. Deshalb müsse davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer nicht über ausreichende Leistungsreserven verfüge, um im Strassenverkehr mit einem Motorfahrzeug mit erhöhter Lenkverantwortung, wie bei der Kategorie D1, angemessen schnell und richtig reagieren zu können. Erschwerend komme hinzu, dass dem Beschwerdeführer das Problembewusstsein fehle. Zu diesem Befund gelangte die Gutachterin nach einer persönlichen Untersuchung mittels eingehender verkehrspsychologischer Leistungstests, einem explorativen Interview des Beschwerdeführers anlässlich dieser Untersuchung sowie dem Studium der Vorakten.
4.2.2 Nach Art. 97 Abs. 1

SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts - 1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann. |
|
1 | Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann. |
2 | Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden.87 |
4.2.3 Wie jedes Beweismittel unterliegen auch Gutachten der freien richterlichen Beweiswürdigung. In Sachfragen weicht der Richter aber nur aus triftigen Gründen von einer gerichtlichen Expertise ab. Die Beweiswürdigung und die Beantwortung der sich stellenden Rechtsfragen ist Aufgabe des Richters. Dieser hat zu prüfen, ob sich auf Grund der übrigen Beweismittel und der Vorbringen der Parteien ernsthafte Einwände gegen die Schlüssigkeit der gutachterlichen Darlegungen aufdrängen. Erscheint ihm die Schlüssigkeit eines Gutachtens in wesentlichen Punkten zweifelhaft, hat er nötigenfalls ergänzende Beweise zur Klärung dieser Zweifel zu erheben. Das Abstellen auf eine nicht schlüssige Expertise bzw. der Verzicht auf die gebotenen zusätzlichen Beweiserhebungen kann gegen das Verbot willkürlicher Beweiswürdigung (Art. 9

SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden. |
4.2.4 Das Verwaltungsgericht hat eingehend begründet, weshalb es das verkehrspsychologische Gutachten für schlüssig erachtet. Der
BGE 133 II 384 S. 392
Beschwerdeführer vermag mit seinen Vorbringen keine willkürliche Beweiswürdigung darzutun. So kann er nicht in Abrede stellen, dass er in einzelnen, verkehrspsychologischen Leistungstests schlecht abgeschnitten hat. Wie das Verwaltungsgericht festgehalten hat, überzeugt es nicht, wenn er diese Teilresultate mit der Fahrabstinenz seit dem vorsorglichen Führerausweisentzug zu erklären versucht. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer rechtswissenschaftliche Prüfungen besteht, ist entgegen seiner Auffassung nicht unvereinbar mit dem Befund einer leichten Beeinträchtigung der verkehrsrelevanten psychophysischen Leistungsfähigkeit. Zwar schätzt sich der Beschwerdeführer selbst als Topautofahrer ein. Er hat aber diese Behauptung an der Parteiverhandlung vor dem Verwaltungsgericht indirekt relativiert, indem er dort einräumte, er fahre mit dem Taxi immer zu langsam. Seine Kundschaft habe ihn oft zu schnellerer Fahrweise aufgefordert. Er könne indessen nicht wie ein Schnellzug durch die Schweiz fahren. Diese Ausführungen zeigen, dass der Beschwerdeführer von den Ergebnissen der verkehrspsychologischen Begutachtung nicht völlig überrascht sein konnte.
4.3
4.3.1 Zur Hauptsache wendet sich der Beschwerdeführer dagegen, dass das Verwaltungsgericht - entsprechend der Schlussfolgerung der verkehrspsychologischen Gutachterin - die Fahreignung für die Kategorie D1 verneint hat. Er meint, der Bewilligungsentzug bezüglich der Kategorie D1 wäre selbst dann unverhältnismässig und rechtsverletzend, wenn eine leichte psychophysische Beeinträchtigung bestehen sollte; die langjährige tadellose Fahrpraxis sei zu wenig gewichtet worden.
4.3.2 Es kann hier offenbleiben, ob der automobilistische Leumund des Beschwerdeführers ungetrübt ist; das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Sicherungsentzug nicht mit Verkehrsregelverletzungen begründet. Die Langjährigkeit der Fahrpraxis bildet jedenfalls keinen stichhaltigen Einwand gegen das Abstellen auf die aktuelle psychophysische Leistungsfähigkeit.
4.3.3 Der Beschwerdeführer absolvierte bei der verkehrspsychologischen Untersuchung nur eine einzige Testserie für beide Ausweiskategorien zusammen. Das Gutachten enthält entsprechend nur einen psychophysischen Befund und zieht daraus differenzierte Schlussfolgerungen für die Kategorien B und D1. Mit Blick auf Kategorie D1 ist daran zu erinnern, dass hier überdurchschnittliche
BGE 133 II 384 S. 393
psychophysische Fähigkeiten, so unter anderem ein ausgeprägter Verkehrssinn verlangt sind (vgl. E. 3.6 hiervor). Es ist gerichtsnotorisch, dass Personentransporte gerade im Taxigewerbe regelmässig unter einem erheblichen Zeitdruck ausgeführt werden müssen. Die beim Beschwerdeführer festgestellten Beeinträchtigungen der psychophysischen Leistungsfähigkeit unter hohem Zeitdruck fallen für die fragliche Ausweiskategorie stark ins Gewicht. Zu Recht legt das Verwaltungsgericht bei der Kategorie D1 einen strengen Massstab an die Fahreignung an.
4.3.4 Die Gutachterin hat auf die Frage nach allfälligen Behandlungsmöglichkeiten oder Auflagen bezüglich der Kategorie D1 keine mildere Massnahme befürwortet. Der Beschwerdeführer führt keine konkreten Auflagen oder Einschränkungen an, die zu prüfen wären, um einen gänzlichen Sicherungsentzug zu vermeiden; solche sind auch nicht ersichtlich. Unter den gegebenen Umständen ist es daher nicht zu beanstanden, dass der angefochtene Entscheid nicht näher auf mildere Massnahmen eingeht. Diesfalls kann der Ausweis der Kategorie D1 dem Beschwerdeführer nicht einzig deswegen belassen werden, um ihn davor zu bewahren, dass er das Taxigewerbe nicht mehr ausüben kann (vgl. BGE 103 Ib 29 E. 1a S. 32). Der Beschwerdeführer führt keinen konkreten Fall an, bei dem ein Taxifahrer mit festgestellter vergleichbarer psychophysischer Beeinträchtigung die fragliche Spezialbewilligung hätte behalten dürfen. Seine Kritik, dass ein Grossteil der Taxichauffeure dem bei ihm zur Anwendung gebrachten Massstab nicht genügen würde, ist spekulativ und vermag die Richtigkeit der Beurteilung des Verwaltungsgerichts nicht in Frage zu stellen.
4.3.5 Obwohl der Sicherungsentzug der Kategorie D1 den Beschwerdeführer hart trifft, erweist sich dieser Punkt des angefochtenen Entscheids im Lichte der bundesrechtlichen Strassenverkehrsgesetzgebung als rechtmässig.
5. Was den Ausweis der Kategorie B betrifft, bleibt zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht zu Recht ein Zusatzgutachten verlangt hat.
5.1
5.1.1 Diesbezüglich wird im angefochtenen Entscheid erwogen, es sei nicht rechtsgenüglich abgeklärt, ob der Beschwerdeführer an einer schizophrenen Erkrankung leide und wie sich diese gegebenenfalls auf die Fahreignung auswirke. Es sei lediglich im psychiatrischen Gutachten vom 13. Januar 1998 eine Verdachtsdiagnose auf
BGE 133 II 384 S. 394
Schizophrenie geäussert worden. Jenes Gutachten sei von den Behörden nicht im Rahmen einer verkehrsmedizinischen Abklärung eingeholt worden; im Übrigen habe es aufgrund seines Alters an Beweiswert eingebüsst. Eine Behandlung wegen Schizophrenie sei nie durchgeführt worden. Eine Neubegutachtung im psychiatrischen Sinne habe im Rahmen der medizinischen Gutachten vom 30. Juni 2004 und 24. Oktober 2005 nicht stattgefunden.
5.1.2 Auch gegen die soeben genannten Feststellungen erhebt der Beschwerdeführer Sachverhaltsrügen im Sinne von Art. 97 Abs. 1

SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts - 1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann. |
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1 | Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann. |
2 | Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden.87 |
5.2
5.2.1 Das Verwaltungsgericht ging unter Hinweis auf VOLKER DITTMANN (Schizophrenien und Wahnerkrankungen, in: Handbuch der verkehrsmedizinischen Begutachtung, Bern 2005, S. 50 f.) davon aus, dass das Vorliegen einer Schizophrenie-Erkrankung die Fahreignung nur in der Regel und nicht zwingend ausschliesse. Daher
BGE 133 II 384 S. 395
forderte das Verwaltungsgericht vom Zusatzgutachten mindestens Aussagen zum Vorliegen einer psychiatrischen Erkrankung beim Beschwerdeführer, insbesondere einer nicht behandelten Schizophrenie, und deren Auswirkungen auf die Fahreignung. Darüber hinaus soll sich das Gutachten dazu äussern, unter welchen Umständen und innert welcher Frist eine Wiedererteilung des Führerausweises für die Kategorie B in Frage komme. Weiter hat das Verwaltungsgericht angemerkt, dass der provisorische Führerausweisentzug für die Kategorie B bis auf Weiteres seine Geltung behalte.
5.2.2 Bei der gegebenen Sachlage (vgl. E. 5.1 hiervor) besteht ein hinreichender Anlass für das vom Verwaltungsgericht verlangte zusätzliche Gutachten. Dessen Einholung ist verhältnismässig, zumal die Verpflichtung, sich für eine psychiatrische Begutachtung zur Verfügung zu halten, grundsätzlich keinen schweren Eingriff in die persönliche Freiheit darstellt (vgl. BGE 124 I 40 E. 3c S. 43 und E. 5a S. 47). Der vom Verwaltungsgericht abgesteckte Untersuchungsgegenstand ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
Aufgrund der bisherigen Prozessgeschichte und der vom Beschwerdeführer nach wie vor klar geäusserten Ablehnung psychiatrischer Untersuchungen ist es vertretbar, wenn das Verwaltungsgericht eine Aufhebung des provisorischen Führerausweisentzugs während des Instruktionsverfahrens ablehnt. Da das Verfahren allerdings bereits längere Zeit in Anspruch genommen hat, hat die Verwaltungsbehörde sicherzustellen, dass das Zusatzgutachten beförderlich erstattet werden kann.
5.3 Damit erweist sich der angefochtene Entscheid auch im Hinblick auf die Kategorie B als rechtmässig.