Urteilskopf

132 I 92

11. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Bezirksrichterin A., Y. und Obergericht des Kantons Zürich (Staatsrechtliche Beschwerde) 1P.83/2006 vom 27. März 2006

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Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 92

BGE 132 I 92 S. 92

Die Ehe von X. und Y. wurde am 6. Juli 1989 geschieden. Mit Klage vom 3. Januar 2005 hat X. die Abänderung des Scheidungsur teils verlangt. Die für den Zivilprozess zuständige Einzelrichterin am Bezirksgericht Zürich ordnete auf Gesuch des Klägers die Durchführung des schriftlichen Verfahrens für Klagebegründung und
BGE 132 I 92 S. 93

Klageantwort an. Nach Eingang der Klageantwort beantragte der Kläger am 27. Oktober 2005 die Anordnung vorsorglicher Massnahmen. Das Begehren enthielt lediglich eine Kurzbegründung, die der Kläger mit Eingabe vom 24. November 2005 ergänzte. Im Rahmen dieser Eingabe lehnte der Kläger unter anderem die Richterin als befangen ab. Die Einzelrichterin am Bezirksgericht unterbreitete den Entscheid über das gegen sie gerichtete Ausstandsbegehren am 9. Dezember 2005 der Verwaltungskommission des Zürcher Obergerichts. Diese wies das Ausstandsbegehren mit Beschluss vom 6. Januar 2006 ab. Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 8. Februar 2006 beantragt X., der Beschluss des Obergerichts sei aufzuheben. Er rügt eine Verletzung von Art. 8
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 8 Rechtsgleichheit - 1 Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
1    Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
2    Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung.
3    Mann und Frau sind gleichberechtigt. Das Gesetz sorgt für ihre rechtliche und tatsächliche Gleichstellung, vor allem in Familie, Ausbildung und Arbeit. Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit.
4    Das Gesetz sieht Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen der Behinderten vor.
, 9
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden.
, 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
und Art. 30 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
1    Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
2    Jede Person, gegen die eine Zivilklage erhoben wird, hat Anspruch darauf, dass die Sache vom Gericht des Wohnsitzes beurteilt wird. Das Gesetz kann einen anderen Gerichtsstand vorsehen.
3    Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
BV bzw. Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK. Das Bundesgericht überweist die Eingabe dem Kassationsgericht des Kantons Zürich zur Behandlung.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1.

1.3 Zu prüfen bleibt, ob es sich beim angefochtenen Beschluss um einen kantonal letztinstanzlichen Entscheid handelt (Art. 86
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
OG). Der Beschwerdeführer behauptet dies. Er befasst sich aber in keiner Weise mit der allfälligen Zulässigkeit einer Nichtigkeitsbeschwerde an das Kassationsgericht. Die übrigen Verfahrensbeteiligten haben auf eine Stellungnahme verzichtet.
1.4 Das Kassationsgericht tritt nach seiner Praxis auf Nichtigkeitsbeschwerden gegen Entscheide der obergerichtlichen Verwaltungskommission über den Ausstand von Bezirksrichtern in Zivilpro zessen ein (Entscheid des Kassationsgerichts vom 17. April 2000, publ. in: ZR 100/2001 S. 9, E. II.1c S. 10; Beschluss des Kassationsgerichts vom 24. August 2005 [Proz.-Nr. AA050098], E. 3, vgl. Entscheidsammlung auf http://entscheide.gerichte-zh.ch, je mit Hinweisen; zustimmend ROBERT HAUSER/ERHARD SCHWERI, Kommentar zum zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetz, Zürich 2002, Rz. 7 zu § 101 GVG/ZH mit weiteren Hinweisen; vgl. auch RICHARD FRANK/HANS STRÄULI/GEORG MESSMER, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 3. Aufl., Zürich 1997, Rz. 6a zu § 282 ZPO/ZH). Gemäss der angeführten Lehre und Praxis geht es beim Entscheid über den Ausstand, trotz der entsprechenden Wortwahl in § 101 des
BGE 132 I 92 S. 94

Gerichtsverfassungsgesetzes des Kantons Zürich vom 13. Juni 1976 (GVG/ZH; LS 211.1), nicht um einen Entscheid einer Aufsichtsbehörde im Sinne von § 284 Ziff. 2 der Zürcher Zivilprozessordnung vom 13. Juni 1976 (ZPO/ZH; LS 271). Vielmehr handelt es sich dabei um einen prozessleitenden Entscheid im Sinne von § 282 ZPO/ZH, der selbständig mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten werden kann. Im Übrigen bestimmt § 285 Abs. 2 ZPO/ZH, im Verhältnis zum Weiterzug an das Bundesgericht, dass die Nichtigkeitsbeschwerde stets zulässig ist, wenn eine Verletzung von Art. 8
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 8 Rechtsgleichheit - 1 Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
1    Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
2    Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung.
3    Mann und Frau sind gleichberechtigt. Das Gesetz sorgt für ihre rechtliche und tatsächliche Gleichstellung, vor allem in Familie, Ausbildung und Arbeit. Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit.
4    Das Gesetz sieht Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen der Behinderten vor.
, 9
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden.
, 29
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
oder 30 BV bzw. Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK geltend gemacht wird. Die Ablehnungsbegehren wurden hier im Rahmen des Gesuchs um vorsorgliche Massnahmen in einem Zivilprozess gestellt. Nach § 284 Ziff. 7 ZPO/ZH in der Fassung vom 27. Januar 2003 sind Nichtigkeitsbeschwerden gegen Rekursentscheide betreffend vorsorgliche Massnahmen ausgeschlossen. Diese Ausschlussbestimmung ist vorliegend offensichtlich nicht betroffen, handelt es sich doch beim angefochtenen Beschluss nicht um einen Rekursentscheid über vorsorgliche Massnahmen. Im Übrigen sind die Ablehnungsbegehren nicht nur im Hinblick auf den - ausstehenden - Entscheid über die vorsorglichen Massnahmen, sondern für den gesamten hängigen Zivilprozess vor Bezirksgericht gestellt worden.
1.5 Das Bundesgericht verzichtet in konstanter Praxis auf das Erfordernis der Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges, wenn an der Zulässigkeit eines Rechtsmittels ernsthafte Zweifel bestehen (BGE 125 I 394 E. 3 S. 396, BGE 125 I 412 E. 1c S. 416, je mit Hinweisen). Solche Zweifel sind hier angesichts der dargelegten kantonalen Verfahrensbestimmungen und der Praxis des Kassationsgerichts an sich nicht angebracht (E. 1.4).
1.5.1 Bei FRANK/STRÄULI/MESSMER, a.a.O., Rz. 3 zu § 284 ZPO/ZH, wird unter Hinweis auf BGE 69 I 15 die Meinung vertreten, Rekusationsentscheide seien ohne Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechtbar. Diese Auffassung ist seit der OG-Revision vom 4. Oktober 1991 überholt; Beschwerden wegen Verletzung der Garantie des verfassungsmässigen Richters (Art. 58
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 58 Armee - 1 Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.
1    Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.
2    Die Armee dient der Kriegsverhinderung und trägt bei zur Erhaltung des Friedens; sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung. Sie unterstützt die zivilen Behörden bei der Abwehr schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit und bei der Bewältigung anderer ausserordentlicher Lagen. Das Gesetz kann weitere Aufgaben vorsehen.
3    Der Einsatz der Armee ist Sache des Bundes.18
aBV bzw. Art. 30 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
1    Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
2    Jede Person, gegen die eine Zivilklage erhoben wird, hat Anspruch darauf, dass die Sache vom Gericht des Wohnsitzes beurteilt wird. Das Gesetz kann einen anderen Gerichtsstand vorsehen.
3    Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
BV) fallen seit dieser am 15. Februar 1992 in Kraft getretenen Gesetzesrevision nicht mehr unter die Ausnahmen vom Erfordernis eines letztinstanzlichen kantonalen Entscheides. Ergänzend ist Art. 87
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
1    Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
2    Jede Person, gegen die eine Zivilklage erhoben wird, hat Anspruch darauf, dass die Sache vom Gericht des Wohnsitzes beurteilt wird. Das Gesetz kann einen anderen Gerichtsstand vorsehen.
3    Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
OG in der Revision vom 8. Oktober 1999 dahingehend geändert worden, dass gegen
BGE 132 I 92 S. 95

selbstständige Vor- und Zwischenentscheide über Ausstandsbegehren die staatsrechtliche Beschwerde zulässig ist (Abs. 1). Dafür können diese Entscheide später nicht mehr angefochten werden (vgl. BGE 126 I 203 E. 1b S. 206). Die Rechtslage auf Bundesebene im Hinblick auf den Grundsatz der relativen Subsidiarität der staatsrechtlichen Beschwerde unterliegt damit keinem Zweifel.

1.5.2 Dessen ungeachtet ist das Bundesgericht in einem Entscheid vom 26. Juni 1996, ohne nähere Begründung, auf eine staatsrechtliche Beschwerde eingetreten, die direkt gegen den Entscheid der Verwaltungskommission über den Ausstand eines Bezirksrichters in einem Scheidungsverfahren eingereicht worden war (Urteil 1P.208/ 1996, publ. in: ZBl 98/1997 S. 515 bzw. Pra 86/1997 Nr. 3 S. 9). Ebenso hat das Bundesgericht im unveröffentlichten Urteil 1P.428/ 2001 vom 14. Dezember 2001 eine vergleichbare Beschwerde materiell behandelt; dort ging es um den Ausstand von Bezirksrichtern in einem Zivilprozess betreffend Persönlichkeitsverletzung. Am 6. Januar 2005 ist das Bundesgericht, wiederum ohne vertiefte Begründung, auf eine staatsrechtliche Beschwerde gegen den Ausstandsentscheid der Verwaltungskommission in einem Zivilprozess eingetreten (Urteil 1P.512/2004, erwähnt in: ZBl 106/2005 S. 327); der umstrittene Ausstand betraf eine Bezirksrichterin, die eine Klage betreffend Feststellung neuen Vermögens im Sinne von Art. 265a Abs. 4
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 265a - 1 Erhebt der Schuldner Rechtsvorschlag mit der Begründung, er sei nicht zu neuem Vermögen gekommen, so legt das Betreibungsamt den Rechtsvorschlag dem Richter des Betreibungsortes vor. Dieser hört
1    Erhebt der Schuldner Rechtsvorschlag mit der Begründung, er sei nicht zu neuem Vermögen gekommen, so legt das Betreibungsamt den Rechtsvorschlag dem Richter des Betreibungsortes vor. Dieser hört
2    Der Richter bewilligt den Rechtsvorschlag, wenn der Schuldner seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse darlegt und glaubhaft macht, dass er nicht zu neuem Vermögen gekommen ist.
3    Bewilligt der Richter den Rechtsvorschlag nicht, so stellt er den Umfang des neuen Vermögens fest (Art. 265 Abs. 2). Vermögenswerte Dritter, über die der Schuldner wirtschaftlich verfügt, kann der Richter pfändbar erklären, wenn das Recht des Dritten auf einer Handlung beruht, die der Schuldner in der dem Dritten erkennbaren Absicht vorgenommen hat, die Bildung neuen Vermögens zu vereiteln.
4    Der Schuldner und der Gläubiger können innert 20 Tagen nach der Eröffnung des Entscheides über den Rechtsvorschlag beim Richter des Betreibungsortes Klage auf Bestreitung oder Feststellung des neuen Vermögens einreichen.464
SchKG zu beurteilen hatte.

1.5.3 Eine bundesgerichtliche Praxis ist zu ändern, wenn sich erweist, dass das Recht bisher unrichtig angewendet worden ist oder eine andere Rechtsanwendung dem Sinne des Gesetzes oder veränderten Verhältnissen besser entspricht (BGE 126 I 122 E. 5 S. 129 mit Hinweisen). Vertrauensschutz kann demgegenüber nicht geltend gemacht werden, ausser es seien Rechtsmittelfristen oder Formvorschriften für die Einlegung eines Rechtsmittels betroffen; vielmehr ist die neue Praxis - ohne Vorankündigung - sofort anwendbar, wenn die Zulässigkeit des Rechtsmittels als solche zur Diskussion steht (BGE 122 I 57 E. 3c/bb S. 60). So ist das Bundesgericht in einem Waadtländer Fall auf eine staatsrechtliche Beschwerde wegen fehlender Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs nicht eingetreten, obwohl es in der früheren Rechtsprechung noch an der Zulässigkeit desselben kantonalen Rechtsmittels gezweifelt hatte. Dabei war massgebend, dass das zuständige kantonale Gericht eine Praxisänderung vollzogen und veröffentlicht hatte, wonach das fragliche kantonale Rechtsmittel nun gegeben war (BGE 126 I 257 E. 1b
BGE 132 I 92 S. 96

S. 259). Hier ist nach der angeführten Lehre und Rechtsprechung davon auszugehen, dass das Kassationsgericht die Nichtigkeitsbeschwerde in langjähriger, auch in neuerer Zeit bestätigter Praxis in Fällen zugelassen hat, die mit der vorliegenden Konstellation vergleichbar sind (E. 1.4). Umso mehr muss eine entsprechende Anpassung der Eintretenspraxis des Bundesgerichts sofort wirksam werden.
1.6 Immerhin enthält der angefochtene Beschluss keine Rechts mittelbelehrung. So verhielt es sich auch bei den in E. 1.5.2 genannten Fällen. Nach § 188 GVG/ZH muss auf die Möglichkeit einer kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde nur bei einem Endentscheid hingewiesen werden. Es ist in der Lehre umstritten, ob es nach § 188 GVG/ZH in einem prozessleitenden Zwischenentscheid geboten ist, die Möglichkeit einer kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde anzugeben (befürwortend HAUSER/SCHWERI, a.a.O., Rz. 2 zu § 188 GVG/ZH; ablehnend FRANK/STRÄULI/MESSMER, Ergänzungsband zum Kommentar ZPO, Zürich 2000, Rz. 1 zu § 188 GVG/ZH). Der Kontroverse zum richtigen Verständnis von § 188 GVG/ZH kann hier jedoch keine entscheidende Bedeutung zukommen. Der angefochtene Beschluss wurde am 6. Januar 2006 gefällt. Seit 1. Januar 2006 steht die neue Zürcher Kantonsverfassung vom 27. Februar 2005 in Kraft (KV/ZH; LS 101). In Art. 18 Abs. 2
SR 131.211 Verfassung des Kantons Zürich, vom 27. Februar 2005
KV/ZH Art. 18 - 1 Jede Person hat vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf rasche und wohlfeile Erledigung des Verfahrens.
1    Jede Person hat vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf rasche und wohlfeile Erledigung des Verfahrens.
2    Parteien haben Anspruch auf einen begründeten Entscheid mit Rechtsmittelbelehrung.
KV/ZH ist unter anderem ein Anspruch auf Rechtsmittelbelehrung verankert; dieses Grundrecht ist nicht der Übergangsbestimmung von Art. 138
SR 131.211 Verfassung des Kantons Zürich, vom 27. Februar 2005
KV/ZH Art. 138 - 1 Die Behörden treffen innert fünf Jahren nach Inkrafttreten dieser Verfassung die Vorkehrungen, um:
1    Die Behörden treffen innert fünf Jahren nach Inkrafttreten dieser Verfassung die Vorkehrungen, um:
a  die Grundrechte gemäss den Artikel 11 Absatz 4, 14 und 17 zu gewährleisten;
b  das Rechtspflegeverfahren an die Vorgaben gemäss den Artikel 76, 77 und 79 Absatz 2 anzupassen.
2    Die in den genannten Verfassungsbestimmungen enthaltenen Rechte können erst nach Ablauf dieser Frist unmittelbar geltend gemacht werden.
KV/ZH unterstellt. Der in Art. 18 Abs. 2
SR 131.211 Verfassung des Kantons Zürich, vom 27. Februar 2005
KV/ZH Art. 18 - 1 Jede Person hat vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf rasche und wohlfeile Erledigung des Verfahrens.
1    Jede Person hat vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf rasche und wohlfeile Erledigung des Verfahrens.
2    Parteien haben Anspruch auf einen begründeten Entscheid mit Rechtsmittelbelehrung.
KV/ZH verankerte Anspruch hat zur Folge, dass dem Beschwerdeführer aus der Unterlassung der Rechtsmittelbelehrung kein Nachteil erwachsen darf (vgl. Art. 107 Abs. 3
SR 131.211 Verfassung des Kantons Zürich, vom 27. Februar 2005
KV/ZH Art. 18 - 1 Jede Person hat vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf rasche und wohlfeile Erledigung des Verfahrens.
1    Jede Person hat vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf rasche und wohlfeile Erledigung des Verfahrens.
2    Parteien haben Anspruch auf einen begründeten Entscheid mit Rechtsmittelbelehrung.
OG; diese Bestimmung gilt analog auch für die staatsrechtliche Beschwerde [BGE 124 I 255 E. 1a/aa S. 258 mit Hinweisen]). Die Beschwerde ist daher dem Kassationsgericht zur Behandlung zu überweisen (vgl. BGE 125 I 313 E. 5 S. 320). Da der vom Kassationsgericht zu treffende Entscheid an das Bundesgericht weitergezogen werden kann, ist ein Meinungsaustausch über die Zuständigkeitsfrage nicht erforderlich (vgl. BGE 123 II 145 E. 3 S. 152).
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 132 I 92
Date : 27. März 2006
Published : 31. Dezember 2006
Source : Bundesgericht
Status : 132 I 92
Subject area : BGE - Verfassungsrecht
Subject : Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde, Erschöpfung der kantonalen Rechtsmittel; Nichtigkeitsbeschwerde im Zürcher


Legislation register
BV: 8  9  29  30  58
EMRK: 6
KV ZH: 18  138
OG: 86  87  107
SchKG: 265a
BGE-register
122-I-57 • 123-II-145 • 124-I-255 • 125-I-313 • 125-I-394 • 125-I-412 • 126-I-122 • 126-I-203 • 126-I-257 • 132-I-92 • 69-I-15
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1P.512/2004 • 1P.83/2006
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Pra
86 Nr. 3
ZR
2001 100 S.9