Urteilskopf

130 II 313

30. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. Munizipalgemeinde Lalden und WWF Schweiz gegen Staatsrat des Kantons Wallis, Gemeinde Baltschieder, Gemeinde Visp und Kantonsgericht Wallis (Verwaltungsgerichts- beschwerde und staatsrechtliche Beschwerde) 1A.171/2003 / 1A.197/2003 / 1P.489/2003 vom 8. Juni 2004

Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 314

BGE 130 II 313 S. 314

Der Staatsrat des Kantons Wallis genehmigte in einem koordinierten Entscheid vom 18. Dezember 2002 das Projekt einer provisorischen Entlastungsstrasse als Nordumfahrung von Visp und wies die gegen das Projekt erhobenen Einsprachen überwiegend ab. Gleichzeitig erteilte er die Bewilligung für die Rodung von 4'232 m2 Wald und von 799 m2 Ufervegetation sowie eine Bewilligung für technische Eingriffe in ein Fischgewässer und eine Ausnahmebewilligung für die Überdeckung des Laldnerkanals. Das Projekt soll provisorisch, bis zur Inbetriebnahme der Nationalstrasse A9, Südumfahrung Visp, die Kantonsstrasse zwischen Visp und Brig entlasten. Dort staut sich der Feierabendverkehr regelmässig und in erheblichem Ausmass. Bei Überlastung soll der nach Westen strebende Leichtverkehr (bis 3.5 t) die Kantonsstrasse über die "blaue Brücke" bei Brigerbad oder über die Laldnerbrücke bei Eyholz verlassen und auf die Nordseite des Rotten ausweichen können. Gegen den Entscheid des Staatsrates erhoben unter anderen die Munizipal- und Bürgergemeinde Lalden sowie der WWF Schweiz Beschwerde an das Kantonsgericht. Dieses wies die Beschwerden mit separaten Urteilen je vom 17. Juli 2003 ab. Gegen diese Urteile erhoben die Munizipalgemeinde Lalden am 22. August 2003 Verwaltungsgerichtsbeschwerde und
BGE 130 II 313 S. 315

staatsrecht liche Beschwerde und der WWF Schweiz am 12. September 2003 Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:

3.

3.1 Östlich der Baltschiederbrücke soll die Strasse auf einer Strecke von ungefähr 800 m, bis zur Querung des Laldnerkanals, durch eine flussseitige Aufschüttung des Dammes entlang dem Rotten verbreitert werden. Dies bedingt gemäss den Projektunterlagen die Rodung von am Flussufer stockenden 1'846 m2 Wald und 658 m2 Ufervegetation. Die Vegetation ist gemäss dem für das Projekt erarbeiteten Umweltverträglichkeitsbericht vom 24. September 2002 (im Folgenden: UVB) als sehr wertvoll zu taxieren. Es handelt sich hauptsächlich um einen seit der letzten Rottenkorrektion entstandenen Purpurweidengürtel, eine im Oberwallis seltene flussbegleitende Laubwaldgesellschaft. Dieser Abschnitt ist gemäss dem UVB auch faunistisch sehr wertvoll, da er als trockener und heisser Standort stark gefährdeten Tierarten Lebens-, namentlich auch Vermehrungsraum, bietet. Soweit die Rodungsflächen als Wald bezeichnet werden, handelt es sich meist um Schwarzpappel, Birke, Esche, Grau-Erle und verschiedene Weiden.
3.2 Während die Beschwerdeführer in erster Linie bestreiten, dass die Voraussetzungen für eine Rodung von Wald erfüllt sind, bezweifelt das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) in seiner Vernehmlassung auch, dass die Voraussetzungen für die Rodung bzw. Entfernung der Ufervegetation gegeben seien. Die kantonalen Instanzen haben mit den Verfassern des UVB offenbar angenommen, dass die vom Projekt betroffene Vegetation am Rottenufer entweder als Wald oder als Ufervegetation im Sinne von Art. 21
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 21
1    Die Ufervegetation (Schilf- und Binsenbestände, Auenvegetationen sowie andere natürliche Pflanzengesellschaften im Uferbereich) darf weder gerodet noch überschüttet noch auf andere Weise zum Absterben gebracht werden.
2    Soweit es die Verhältnisse erlauben, sorgen die Kantone dafür, dass dort, wo sie fehlt, Ufervegetation angelegt wird oder zumindest die Voraussetzungen für deren Gedeihen geschaffen werden.66
des Bundesgesetzes vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG; SR 451) zu qualifizieren sei. Indessen gilt Wald, der die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt, gleichzeitig auch als Ufervegetation im Sinne von Art. 21
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 21
1    Die Ufervegetation (Schilf- und Binsenbestände, Auenvegetationen sowie andere natürliche Pflanzengesellschaften im Uferbereich) darf weder gerodet noch überschüttet noch auf andere Weise zum Absterben gebracht werden.
2    Soweit es die Verhältnisse erlauben, sorgen die Kantone dafür, dass dort, wo sie fehlt, Ufervegetation angelegt wird oder zumindest die Voraussetzungen für deren Gedeihen geschaffen werden.66
NHG. Das hat zur Folge, dass für seine Entfernung sowohl eine Rodungsbewilligung nach Waldgesetz als auch eine naturschutzrechtliche Bewilligung nach Art. 22 Abs. 2
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 22
1    Die zuständige kantonale Behörde kann für das Sammeln und Ausgraben geschützter Pflanzen und das Fangen von Tieren zu wissenschaftlichen sowie zu Lehr- und Heilzwecken in bestimmten Gebieten Ausnahmen gestatten.
2    Sie kann die Beseitigung der Ufervegetation in den durch die Wasserbaupolizei- oder Gewässerschutzgesetzgebung erlaubten Fällen für standortgebundene Vorhaben bewilligen.67
3    Begründet ein anderer Erlass die Zuständigkeit einer Bundesbehörde zum Entscheid über ein Vorhaben, so erteilt diese Behörde die Ausnahmebewilligung. ...68.69
NHG erforderlich sind, und dass - wenn die Rodungsbewilligung erteilt werden kann - Massnahmen gemäss Art. 18 Abs. 1ter
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 18
1    Dem Aussterben einheimischer Tier- und Pflanzenarten ist durch die Erhaltung genügend grosser Lebensräume (Biotope) und andere geeignete Massnahmen entgegenzuwirken. Bei diesen Massnahmen ist schutzwürdigen land- und forstwirtschaftlichen Interessen Rechnung zu tragen.
1bis    Besonders zu schützen sind Uferbereiche, Riedgebiete und Moore, seltene Waldgesellschaften, Hecken, Feldgehölze, Trockenrasen und weitere Standorte, die eine ausgleichende Funktion im Naturhaushalt erfüllen oder besonders günstige Voraussetzungen für Lebensgemeinschaften aufweisen.55
1ter    Lässt sich eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Lebensräume durch technische Eingriffe unter Abwägung aller Interessen nicht vermeiden, so hat der Verursacher für besondere Massnahmen zu deren bestmöglichem Schutz, für Wiederherstellung oder ansonst für angemessenen Ersatz zu sorgen.56
2    Bei der Schädlingsbekämpfung, insbesondere mit Giftstoffen, ist darauf zu achten, dass schützenswerte Tier- und Pflanzenarten nicht gefährdet werden.
3    Der Bund kann die Wiederansiedlung von Arten, die in freier Wildbahn in der Schweiz ausgestorben oder in ihrem Bestand bedroht sind, an geeigneten Standorten fördern.
4    Die Bundesgesetzgebung über Jagd und Vogelschutz sowie über die Fischerei bleibt vorbehalten.
NHG zu treffen sind (BGE 115 Ib 224 E. 5c/ca S. 228).
BGE 130 II 313 S. 316

Die als Wald bezeichnete Bestockung entlang dem Rottenufer besteht aus Bäumen, wie sie häufig entlang Gewässern anzutreffen sind. Dies gilt namentlich für die Grau-Erlen und Weiden. Dieser Umstand sowie die Entstehung und die Lebensbedingungen dieser nach der letzten Rottenkorrektion entstandenen Bestockung legen die Vermutung nahe, dass auch der Wald als Ufervegetation im Sinne von Art. 21
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 21
1    Die Ufervegetation (Schilf- und Binsenbestände, Auenvegetationen sowie andere natürliche Pflanzengesellschaften im Uferbereich) darf weder gerodet noch überschüttet noch auf andere Weise zum Absterben gebracht werden.
2    Soweit es die Verhältnisse erlauben, sorgen die Kantone dafür, dass dort, wo sie fehlt, Ufervegetation angelegt wird oder zumindest die Voraussetzungen für deren Gedeihen geschaffen werden.66
NHG anzusehen ist. Wie es sich damit verhält, kann indessen offen bleiben, da neben der Rodung von Wald so oder so auch klarerweise als Ufervegetation zu klassierende Vegetation entfernt werden soll.

3.3 Bis Oktober 1991 hatte Art. 22 Abs. 2
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 22
1    Die zuständige kantonale Behörde kann für das Sammeln und Ausgraben geschützter Pflanzen und das Fangen von Tieren zu wissenschaftlichen sowie zu Lehr- und Heilzwecken in bestimmten Gebieten Ausnahmen gestatten.
2    Sie kann die Beseitigung der Ufervegetation in den durch die Wasserbaupolizei- oder Gewässerschutzgesetzgebung erlaubten Fällen für standortgebundene Vorhaben bewilligen.67
3    Begründet ein anderer Erlass die Zuständigkeit einer Bundesbehörde zum Entscheid über ein Vorhaben, so erteilt diese Behörde die Ausnahmebewilligung. ...68.69
NHG folgenden Wortlaut (AS 1966 S. 1637): "Sie (die zuständige kantonale Behörde) kann die Beseitigung der Ufervegetation bewilligen, wenn es das öffentliche Interesse erfordert. (...)" Diese Bestimmung wurde durch Art. 75 Ziff. 2
SR 814.20 Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG) - Gewässerschutzgesetz
GSchG Art. 75 Änderungen von Bundesgesetzen - ...95
des Gewässerschutzgesetzes vom 24. Januar 1991 (GSchG; SR 814.20; AS 1992 S. 1860, 1883) neu wie folgt gefasst: "Sie kann die Beseitigung der Ufervegetation in den durch die Wasserbaupolizei- oder Gewässerschutzgesetzgebung erlaubten Fällen für standortgebundene Vorhaben bewilligen."
3.3.1 Nach dem Wortlaut ist die Beseitigung von Ufervegetation damit nur noch bewilligungsfähig, wenn sie für ein Vorhaben erfolgt, welches entweder durch das Bundesgesetz vom 22. Juni 1877 über die Wasserbaupolizei (WBPG; SR 721.10), das Bundesgesetz vom 21. Juni 1991 über den Wasserbau (WBG; SR 721.100) und das Bundesgesetz vom 22. Dezember 1916 über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte (WRG; SR 721.80) oder durch das Gewässerschutzgesetz erlaubt und zudem standortgebunden ist. Während die Standortgebundenheit nach den im Raumplanungsrecht und Waldrecht entwickelten Kriterien beurteilt werden kann, was hier hinsichtlich der Auslegung weiter keine Fragen aufwirft, ist näher zu prüfen, was mit "durch die Wasserbaupolizei- oder Gewässerschutzgesetzgebung erlaubten Fällen" gemeint ist. Der Ausdruck "erlaubt" ist nach dem Wortlaut so zu verstehen, dass es sich um in diesen Erlassen vorgesehene bzw. zugelassene Eingriffe handeln muss. Nicht ganz ausgeschlossen erscheint indessen auch, ihn so aufzufassen, dass es sich um Projekte handeln muss, die der erwähnten Gesetzgebung nicht widersprechen bzw. davon nicht ausdrücklich untersagt sind.
BGE 130 II 313 S. 317

Die Materialien erhellen die Frage kaum. In der Botschaft des Bundesrates vom 29. April 1987 (BBl 1987 II 1061 ff.) wird zur Anpassung des NHG auf die häufigen Zerstörungen von Ufervegetation hingewiesen und festgehalten, dass dieser Zustand verbessert werden solle. In der deutsch- und italienischsprachigen Botschaft bezieht sich dieser Hinweis auf den gleichzeitig revidierten Art. 21 Abs. 2
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 21
1    Die Ufervegetation (Schilf- und Binsenbestände, Auenvegetationen sowie andere natürliche Pflanzengesellschaften im Uferbereich) darf weder gerodet noch überschüttet noch auf andere Weise zum Absterben gebracht werden.
2    Soweit es die Verhältnisse erlauben, sorgen die Kantone dafür, dass dort, wo sie fehlt, Ufervegetation angelegt wird oder zumindest die Voraussetzungen für deren Gedeihen geschaffen werden.66
NHG; zur hier interessierenden Bestimmung wird nichts ausgeführt (a.a.O., S. 1167; italienisch: FF 1987 II 972). In der französischsprachigen Botschaft finden sich inhaltlich die gleichen Erläuterungen; sie beziehen sich dort indessen generell auf das NHG, ohne Bezug auf bestimmte Artikel bzw. Teile davon (FF 1987 II 1190). Das rechtfertigt den Schluss, dass die Teilrevision ganz generell den Schutz der Ufervegetation verstärken sollte. Die Räte stimmten der Änderung diskussionslos zu (AB 1988 S 664-666, AB 1989 N 1088-1090). Im Schrifttum war zur Revisionsvorlage ausgeführt worden, es sei vorgesehen, den relativ offenen Begriff des öffentlichen Interesses durch eine engere und präzisere Umschreibung zu ersetzen (HANS-PETER JENNI, Rechtsfragen zum Schutzobjekt Biotope und insbesondere Ufervegetation gemäss NHG und angrenzenden Gesetzen, Schriftenreihe Umwelt Nr. 126, BUWAL [Hrsg.], Bern 1990, S. 17).
3.3.2 In der französischen Fassung lautet Art. 22 Abs. 2
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 22
1    Die zuständige kantonale Behörde kann für das Sammeln und Ausgraben geschützter Pflanzen und das Fangen von Tieren zu wissenschaftlichen sowie zu Lehr- und Heilzwecken in bestimmten Gebieten Ausnahmen gestatten.
2    Sie kann die Beseitigung der Ufervegetation in den durch die Wasserbaupolizei- oder Gewässerschutzgesetzgebung erlaubten Fällen für standortgebundene Vorhaben bewilligen.67
3    Begründet ein anderer Erlass die Zuständigkeit einer Bundesbehörde zum Entscheid über ein Vorhaben, so erteilt diese Behörde die Ausnahmebewilligung. ...68.69
NHG wie folgt: "Elle peut autoriser la suppression de la végétation existant sur des rives dans le cas de projets qui ne peuvent être réalisés ailleurs et qui ne contreviennent pas à la législation en matière de police des eaux et de protection des eaux." Dieser Wortlaut spricht bei erster Betrachtung für die zweite der zuvor erwähnten Auslegungsvarianten. Indessen entspricht er nicht dem im bundesrätlichen Gesetzesentwurf (FF 1987 II 1228) enthaltenen Text, der wie folgt lautete: "Elle peut autoriser la suppression de la végétation existant sur des rives dans les cas admis par les législations sur la police ou la protection des eaux pour les projets imposés par leur destination." Diese Fassung, die für die striktere Auslegung des deutschen Textes spricht, wurde wie erwähnt vom Parlament kommentarlos genehmigt. Die nachträglich vorgenommenen Änderungen erfolgten offenbar aus sprachlichen Gründen und erst, nachdem die Redaktionskommission den Text verabschiedet hatte (vgl. die Erklärung von Nationalrat Rebeaud, Berichterstatter, vor der
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Schlussabstimmung über die Vorlage, AB 1991 N 192). Der französische Gesetzestext gibt nach dem Gesagten den vom Parlament genehmigten Sinn nur unzureichend wieder. Dies bestätigt der italienische Gesetzestext: Er entspricht der ursprünglichen französischsprachigen Fassung der Botschaft: "Essa può autorizzare, per progetti che non possono essere realizzati altrove, la rimozione della vegetazione ripuale nei casi ammessi dalla legislazione sulla polizia delle opere idrauliche o da quella sulla protezione delle acque."
3.4 In der Lehre (HANS-PETER JENNI, Kommentar NHG, Zürich 1997, N. 13 zu Art. 22
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 22
1    Die zuständige kantonale Behörde kann für das Sammeln und Ausgraben geschützter Pflanzen und das Fangen von Tieren zu wissenschaftlichen sowie zu Lehr- und Heilzwecken in bestimmten Gebieten Ausnahmen gestatten.
2    Sie kann die Beseitigung der Ufervegetation in den durch die Wasserbaupolizei- oder Gewässerschutzgesetzgebung erlaubten Fällen für standortgebundene Vorhaben bewilligen.67
3    Begründet ein anderer Erlass die Zuständigkeit einer Bundesbehörde zum Entscheid über ein Vorhaben, so erteilt diese Behörde die Ausnahmebewilligung. ...68.69
NHG; HERIBERT RAUSCH/ARNOLD MARTI/ALAIN GRIFFEL, Umweltrecht: Ein Lehrbuch, Zürich 2004, S. 203 Rz. 6) wie auch vom BUWAL wird die Auffassung vertreten, Art. 22 Abs. 2
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 22
1    Die zuständige kantonale Behörde kann für das Sammeln und Ausgraben geschützter Pflanzen und das Fangen von Tieren zu wissenschaftlichen sowie zu Lehr- und Heilzwecken in bestimmten Gebieten Ausnahmen gestatten.
2    Sie kann die Beseitigung der Ufervegetation in den durch die Wasserbaupolizei- oder Gewässerschutzgesetzgebung erlaubten Fällen für standortgebundene Vorhaben bewilligen.67
3    Begründet ein anderer Erlass die Zuständigkeit einer Bundesbehörde zum Entscheid über ein Vorhaben, so erteilt diese Behörde die Ausnahmebewilligung. ...68.69
NHG lasse nur noch Ausnahmebewilligungen für Eingriffe zu, die nach Wasserbau- und Gewässerschutzrecht zugelassen bzw. vorgesehen seien. Auch das Waadtländer Verwaltungsgericht vertritt grundsätzlich diese Auffassung (vgl. Entscheid vom 14. Februar 2000, RDAF 2000 I S. 234, E. 5b S. 241 ff., allerdings mit einer unten, in E. 3.6 behandelten Einschränkung). URSULA BRUNNER (Bauen im Uferbereich - schützen die Schutznormen?, URP 1996 S. 744 ff., insbes. S. 757 f.) versteht die Bestimmung dahingehend, dass eine Ausnahmebewilligung für ausschliesslich landseitig an Seen geplante Bauvorhaben nicht mehr möglich sei. Für diese Auslegung spricht nicht nur der Wortlaut und die Entstehungsgeschichte, sondern auch der Gesetzeszweck: Es ist nicht einzusehen, welchen Sinn es haben sollte, in einer auf die Verstärkung des Schutzes der Ufervegetation gerichteten Revision auf die Voraussetzung des öffentlichen Interesses zu verzichten, wenn nicht an deren Stelle eine Regelung tritt, welche den erwünschten Schutz mindestens ebenso gut gewährleistet wie die bisherige. Die Auslegung, nach welcher ein Vorhaben von der Wasserbaupolizei- und der Gewässerschutzgesetzgebung nicht geradezu verboten sein darf, würde diesen Schutz auch in Verbindung mit dem Kriterium der Standortgebundenheit nicht sicherstellen. Dies kann nicht die Absicht der Revision gewesen sein. Durch die Beschränkung auf Eingriffe, die durch die fraglichen Gesetze ausdrücklich zugelassen werden, wird demgegenüber die Zahl der möglichen Eingriffe wie auch der Entscheidungsspielraum der zuständigen Behörde begrenzt, die neben den Minimalbestimmungen von Art. 18
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 18
1    Dem Aussterben einheimischer Tier- und Pflanzenarten ist durch die Erhaltung genügend grosser Lebensräume (Biotope) und andere geeignete Massnahmen entgegenzuwirken. Bei diesen Massnahmen ist schutzwürdigen land- und forstwirtschaftlichen Interessen Rechnung zu tragen.
1bis    Besonders zu schützen sind Uferbereiche, Riedgebiete und Moore, seltene Waldgesellschaften, Hecken, Feldgehölze, Trockenrasen und weitere Standorte, die eine ausgleichende Funktion im Naturhaushalt erfüllen oder besonders günstige Voraussetzungen für Lebensgemeinschaften aufweisen.55
1ter    Lässt sich eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Lebensräume durch technische Eingriffe unter Abwägung aller Interessen nicht vermeiden, so hat der Verursacher für besondere Massnahmen zu deren bestmöglichem Schutz, für Wiederherstellung oder ansonst für angemessenen Ersatz zu sorgen.56
2    Bei der Schädlingsbekämpfung, insbesondere mit Giftstoffen, ist darauf zu achten, dass schützenswerte Tier- und Pflanzenarten nicht gefährdet werden.
3    Der Bund kann die Wiederansiedlung von Arten, die in freier Wildbahn in der Schweiz ausgestorben oder in ihrem Bestand bedroht sind, an geeigneten Standorten fördern.
4    Die Bundesgesetzgebung über Jagd und Vogelschutz sowie über die Fischerei bleibt vorbehalten.
und 21
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 21
1    Die Ufervegetation (Schilf- und Binsenbestände, Auenvegetationen sowie andere natürliche Pflanzengesellschaften im Uferbereich) darf weder gerodet noch überschüttet noch auf andere Weise zum Absterben gebracht werden.
2    Soweit es die Verhältnisse erlauben, sorgen die Kantone dafür, dass dort, wo sie fehlt, Ufervegetation angelegt wird oder zumindest die Voraussetzungen für deren Gedeihen geschaffen werden.66
NHG auch die - u.U. strengeren - Voraussetzungen nach den anwendbaren
BGE 130 II 313 S. 319

Spezialgesetzen berücksichtigen muss (JENNI, Rechtsfragen zum Schutzobjekt Biotope, a.a.O., S. 28 f.).
3.5 Bei den von der Wasserbaupolizei- und der Gewässerschutzgesetzgebung ausdrücklich vorgesehenen Fällen handelt es sich um Massnahmen des Hochwasserschutzes, wo es um den Schutz von Menschen oder erheblichen Sachwerten geht (vgl. die Art. 1
SR 721.100 Bundesgesetz vom 21. Juni 1991 über den Wasserbau
WBG Art. 1
1    Dieses Gesetz bezweckt den Schutz von Menschen und erheblichen Sachwerten vor schädlichen Auswirkungen des Wassers, insbesondere vor Überschwemmungen, Erosionen und Feststoffablagerungen (Hochwasserschutz).
2    Es gilt für alle oberirdischen Gewässer.
, 3
SR 721.100 Bundesgesetz vom 21. Juni 1991 über den Wasserbau
WBG Art. 3 Massnahmen
1    Die Kantone gewährleisten den Hochwasserschutz in erster Linie durch den Unterhalt der Gewässer und durch raumplanerische Massnahmen.
2    Reicht dies nicht aus, so müssen Massnahmen wie Verbauungen, Eindämmungen, Korrektionen, Geschiebe- und Hochwasserrückhalteanlagen sowie alle weiteren Vorkehrungen, die Bodenbewegungen verhindern, getroffen werden.
3    Diese Massnahmen sind mit jenen aus anderen Bereichen gesamthaft und in ihrem Zusammenwirken zu beurteilen.
und 4
SR 721.100 Bundesgesetz vom 21. Juni 1991 über den Wasserbau
WBG Art. 4 Anforderungen
1    Gewässer, Ufer und Werke des Hochwasserschutzes müssen so unterhalten werden, dass der vorhandene Hochwasserschutz, insbesondere die Abflusskapazität, erhalten bleibt.
2    Bei Eingriffen in das Gewässer muss dessen natürlicher Verlauf möglichst beibehalten oder wiederhergestellt werden. Gewässer und Gewässerraum müssen so gestaltet werden, dass:3
a  sie einer vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt als Lebensraum dienen können;
b  die Wechselwirkungen zwischen ober- und unterirdischen Gewässern weitgehend erhalten bleiben;
c  eine standortgerechte Ufervegetation gedeihen kann.
3    In überbauten Gebieten kann die Behörde Ausnahmen von Absatz 2 bewilligen.
4    Für die Schaffung künstlicher Fliessgewässer und die Wiederinstandstellung bestehender Verbauungen nach Schadenereignissen gilt Absatz 2 sinngemäss.
WBG), sowie um Massnahmen im Zusammenhang mit der Nutzung der Wasserkraft (vgl. insbesondere Art. 2 ff
SR 721.80 Bundesgesetz vom 22. Dezember 1916 über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte (Wasserrechtsgesetz, WRG) - Wasserrechtsgesetz
WRG Art. 2
1    Das kantonale Recht bestimmt, welchem Gemeinwesen (Kanton, Bezirk, Gemeinde oder Körperschaft) die Verfügung über die Wasserkraft der öffentlichen Gewässer zusteht.
2    Wo das gegenwärtige kantonale Recht die Verfügung über die Wasserkraft öffentlicher Gewässer den Uferanstössern zuspricht, bleibt es bis zu seiner Aufhebung durch die Kantone in Kraft.
. WRG und Art. 29 ff
SR 814.20 Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG) - Gewässerschutzgesetz
GSchG Art. 29 Bewilligung - Eine Bewilligung braucht, wer über den Gemeingebrauch hinaus:
a  einem Fliessgewässer mit ständiger Wasserführung Wasser entnimmt;
b  aus Seen oder Grundwasservorkommen, welche die Wasserführung eines Fliessgewässers mit ständiger Wasserführung wesentlich beeinflussen, Wasser entnimmt.
. GSchG). Das Gewässerschutzgesetz erlaubt unter näher geregelten Voraussetzungen die Entnahme von Wasser über den Gemeingebrauch hinaus (Art. 29 ff.), die Verbauung und Korrektion von Fliessgewässern (Art. 37), das ausnahmsweise Überdecken und Eindolen von Fliessgewässern (Art. 38), ausnahmsweise die Schüttung von Feststoffen in Seen (Art. 39), die Spülung und Entleerung von Stauräumen (Art. 40), die Entnahme und Einleitung von Wasser oder Abwasser (Art. 42) sowie die Ausbeutung von Kies, Sand und anderem Material (Art. 44). Im vorliegenden Fall wird der Uferbereich eines Fliessgewässers für den Bau einer Strasse beansprucht. Dies fällt klarerweise nicht unter die durch die Wasserbaupolizei- oder Gewässerschutzgesetzgebung erlaubten Fälle.
3.6 Das Waadtländer Verwaltungsgericht vertritt allerdings in einem Entscheid vom 14. Februar 2000 (RDAF 2000 I S. 234, E. 5b S. 241 ff.) die Auffassung, dass die Ufervegetation nicht stärker geschützt sein könne als das Gewässer selbst: Dürfe ein Vorhaben beispielsweise durch Aufschüttung eines Sees realisiert werden, so müsse es auch zulässig sein, stattdessen Ufervegetation zu beseitigen. Dies setze voraus, dass die Voraussetzungen von Art 39 Abs. 2 lit. a
SR 814.20 Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG) - Gewässerschutzgesetz
GSchG Art. 39 Einbringen fester Stoffe in Seen
1    Es ist untersagt, feste Stoffe in Seen einzubringen, auch wenn sie Wasser nicht verunreinigen können.
2    Die kantonale Behörde kann Schüttungen bewilligen:
a  für standortgebundene Bauten in überbauten Gebieten, wenn überwiegende öffentliche Interessen eine Schüttung erfordern und sich der angestrebte Zweck anders nicht erreichen lässt;
b  wenn dadurch eine Flachwasserzone verbessert werden kann.
3    Die Schüttungen sind so natürlich wie möglich zu gestalten, und zerstörte Ufervegetation ist zu ersetzen.
GSchG erfüllt seien, d.h. es müsse sich um eine standortgebundene Baute in einem überbauten Gebiet handeln, die vom überwiegenden öffentlichen Interesse gefordert werde; zudem dürfe sich der angestrebte Zweck nicht anders erreichen lassen. Unter diesen - sehr restriktiven - Voraussetzungen könnten auch andere im öffentlichen Interesse liegende Projekte, wie z.B. Uferwege, ausnahmsweise bewilligt werden, wenn sie zwar keinen Eingriff in ein Gewässer bewirken, aber Ufervegetation in Anspruch nehmen. Überträgt man diese Argumentation auf den vorliegenden Fall, in dem es um das Ufer eines Flusses und nicht eines Sees geht, könnte die Rodung der Ufervegetation für den Strassenbau bewilligt
BGE 130 II 313 S. 320

werden, wenn hierfür auch das Fliessgewässer (hier: der Rotten) selbst in Anspruch genommen werden könnte, beispielsweise durch dessen Verbauung und Korrektur (Art. 37
SR 814.20 Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG) - Gewässerschutzgesetz
GSchG Art. 37 Verbauung und Korrektion von Fliessgewässern
1    Fliessgewässer dürfen nur verbaut oder korrigiert werden, wenn:
a  der Schutz von Menschen oder erheblichen Sachwerten es erfordert (Art. 3 Abs. 2 des BG vom 21. Juni 199131 über den Wasserbau);
b  es für die Schiffbarmachung oder für eine im öffentlichen Interesse liegende Nutzung der Wasserkraft nötig ist;
bbis  es für die Errichtung einer Deponie nötig ist, die nur am vorgesehenen Standort errichtet werden kann und auf der ausschliesslich unverschmutztes Aushub-, Abraum- und Ausbruchmaterial abgelagert wird;
c  dadurch der Zustand eines bereits verbauten oder korrigierten Gewässers im Sinn dieses Gesetzes verbessert werden kann.
2    Dabei muss der natürliche Verlauf des Gewässers möglichst beibehalten oder wiederhergestellt werden. Gewässer und Gewässerraum müssen so gestaltet werden, dass:33
a  sie einer vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt als Lebensraum dienen können;
b  die Wechselwirkungen zwischen ober- und unterirdischem Gewässer weitgehend erhalten bleiben;
c  eine standortgerechte Ufervegetation gedeihen kann.
3    In überbauten Gebieten kann die Behörde Ausnahmen von Absatz 2 bewilligen.
4    Für die Schaffung künstlicher Fliessgewässer gilt Absatz 2 sinngemäss.
GSchG) oder dessen Überdeckung und Eindolung (Art. 38
SR 814.20 Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG) - Gewässerschutzgesetz
GSchG Art. 38 Überdecken oder Eindolen von Fliessgewässern
1    Fliessgewässer dürfen nicht überdeckt oder eingedolt werden.
2    Die Behörde kann Ausnahmen bewilligen für:
a  Hochwasserentlastungs- und Bewässerungskanäle;
b  Verkehrsübergänge;
c  Übergänge land- und forstwirtschaftlicher Güterwege;
d  kleine Entwässerungsgräben mit zeitweiser Wasserführung;
e  den Ersatz bestehender Eindolungen und Überdeckungen, sofern eine offene Wasserführung nicht möglich ist oder für die landwirtschaftliche Nutzung erhebliche Nachteile mit sich bringt.
GSchG). Im vorliegenden Fall kann jedoch offen bleiben, ob der Argumentation des Waadtländer Verwaltungsgerichts grundsätzlich zu folgen ist und wenn ja, welche Norm im vorliegenden Fall heranzuziehen wäre, da weder die Voraussetzungen für eine Schüttung (Art. 39
SR 814.20 Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG) - Gewässerschutzgesetz
GSchG Art. 39 Einbringen fester Stoffe in Seen
1    Es ist untersagt, feste Stoffe in Seen einzubringen, auch wenn sie Wasser nicht verunreinigen können.
2    Die kantonale Behörde kann Schüttungen bewilligen:
a  für standortgebundene Bauten in überbauten Gebieten, wenn überwiegende öffentliche Interessen eine Schüttung erfordern und sich der angestrebte Zweck anders nicht erreichen lässt;
b  wenn dadurch eine Flachwasserzone verbessert werden kann.
3    Die Schüttungen sind so natürlich wie möglich zu gestalten, und zerstörte Ufervegetation ist zu ersetzen.
GSchG) noch für Eingriffe in ein Fliessgewässer gemäss Art. 37 f
SR 814.20 Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG) - Gewässerschutzgesetz
GSchG Art. 37 Verbauung und Korrektion von Fliessgewässern
1    Fliessgewässer dürfen nur verbaut oder korrigiert werden, wenn:
a  der Schutz von Menschen oder erheblichen Sachwerten es erfordert (Art. 3 Abs. 2 des BG vom 21. Juni 199131 über den Wasserbau);
b  es für die Schiffbarmachung oder für eine im öffentlichen Interesse liegende Nutzung der Wasserkraft nötig ist;
bbis  es für die Errichtung einer Deponie nötig ist, die nur am vorgesehenen Standort errichtet werden kann und auf der ausschliesslich unverschmutztes Aushub-, Abraum- und Ausbruchmaterial abgelagert wird;
c  dadurch der Zustand eines bereits verbauten oder korrigierten Gewässers im Sinn dieses Gesetzes verbessert werden kann.
2    Dabei muss der natürliche Verlauf des Gewässers möglichst beibehalten oder wiederhergestellt werden. Gewässer und Gewässerraum müssen so gestaltet werden, dass:33
a  sie einer vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt als Lebensraum dienen können;
b  die Wechselwirkungen zwischen ober- und unterirdischem Gewässer weitgehend erhalten bleiben;
c  eine standortgerechte Ufervegetation gedeihen kann.
3    In überbauten Gebieten kann die Behörde Ausnahmen von Absatz 2 bewilligen.
4    Für die Schaffung künstlicher Fliessgewässer gilt Absatz 2 sinngemäss.
. GSchG vorliegen: Eine Schüttung kann nur in einem überbauten Gebiet bewilligt werden (Art. 39 Abs. 2 lit. a
SR 814.20 Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG) - Gewässerschutzgesetz
GSchG Art. 39 Einbringen fester Stoffe in Seen
1    Es ist untersagt, feste Stoffe in Seen einzubringen, auch wenn sie Wasser nicht verunreinigen können.
2    Die kantonale Behörde kann Schüttungen bewilligen:
a  für standortgebundene Bauten in überbauten Gebieten, wenn überwiegende öffentliche Interessen eine Schüttung erfordern und sich der angestrebte Zweck anders nicht erreichen lässt;
b  wenn dadurch eine Flachwasserzone verbessert werden kann.
3    Die Schüttungen sind so natürlich wie möglich zu gestalten, und zerstörte Ufervegetation ist zu ersetzen.
GSchG), d.h. in Fällen, in denen das Vorhaben nicht auch landseitig realisiert werden könnte (Botschaft zum Gewässerschutzgesetz, BBl 1987 II 1144 f. zu Art. 39
SR 814.20 Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG) - Gewässerschutzgesetz
GSchG Art. 39 Einbringen fester Stoffe in Seen
1    Es ist untersagt, feste Stoffe in Seen einzubringen, auch wenn sie Wasser nicht verunreinigen können.
2    Die kantonale Behörde kann Schüttungen bewilligen:
a  für standortgebundene Bauten in überbauten Gebieten, wenn überwiegende öffentliche Interessen eine Schüttung erfordern und sich der angestrebte Zweck anders nicht erreichen lässt;
b  wenn dadurch eine Flachwasserzone verbessert werden kann.
3    Die Schüttungen sind so natürlich wie möglich zu gestalten, und zerstörte Ufervegetation ist zu ersetzen.
). Das Gebiet zwischen dem Lonza-Areal und der Baltschiederbrücke nördlich des Rotten ist jedoch nicht überbaut. Art. 38 Abs. 2 lit. b
SR 814.20 Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG) - Gewässerschutzgesetz
GSchG Art. 38 Überdecken oder Eindolen von Fliessgewässern
1    Fliessgewässer dürfen nicht überdeckt oder eingedolt werden.
2    Die Behörde kann Ausnahmen bewilligen für:
a  Hochwasserentlastungs- und Bewässerungskanäle;
b  Verkehrsübergänge;
c  Übergänge land- und forstwirtschaftlicher Güterwege;
d  kleine Entwässerungsgräben mit zeitweiser Wasserführung;
e  den Ersatz bestehender Eindolungen und Überdeckungen, sofern eine offene Wasserführung nicht möglich ist oder für die landwirtschaftliche Nutzung erhebliche Nachteile mit sich bringt.
GSchG lässt die Überdeckung eines Fliessgewässers für Verkehrsübergänge zu, d.h. um die Überquerung eines Gewässers durch Verkehrsanlagen zu ermöglichen. Dagegen wäre es nicht zulässig, ein Gewässer neu einzudolen oder zu überdecken, um darüber eine Strasse zu errichten. Auch die Voraussetzungen von Art. 37 Abs. 1
SR 814.20 Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG) - Gewässerschutzgesetz
GSchG Art. 37 Verbauung und Korrektion von Fliessgewässern
1    Fliessgewässer dürfen nur verbaut oder korrigiert werden, wenn:
a  der Schutz von Menschen oder erheblichen Sachwerten es erfordert (Art. 3 Abs. 2 des BG vom 21. Juni 199131 über den Wasserbau);
b  es für die Schiffbarmachung oder für eine im öffentlichen Interesse liegende Nutzung der Wasserkraft nötig ist;
bbis  es für die Errichtung einer Deponie nötig ist, die nur am vorgesehenen Standort errichtet werden kann und auf der ausschliesslich unverschmutztes Aushub-, Abraum- und Ausbruchmaterial abgelagert wird;
c  dadurch der Zustand eines bereits verbauten oder korrigierten Gewässers im Sinn dieses Gesetzes verbessert werden kann.
2    Dabei muss der natürliche Verlauf des Gewässers möglichst beibehalten oder wiederhergestellt werden. Gewässer und Gewässerraum müssen so gestaltet werden, dass:33
a  sie einer vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt als Lebensraum dienen können;
b  die Wechselwirkungen zwischen ober- und unterirdischem Gewässer weitgehend erhalten bleiben;
c  eine standortgerechte Ufervegetation gedeihen kann.
3    In überbauten Gebieten kann die Behörde Ausnahmen von Absatz 2 bewilligen.
4    Für die Schaffung künstlicher Fliessgewässer gilt Absatz 2 sinngemäss.
GSchG liegen offensichtlich nicht vor.
3.7 Nach dem Gesagten kann keine Ausnahmebewilligung für die Beseitigung von Ufervegetation nach Art. 22 Abs. 2
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 22
1    Die zuständige kantonale Behörde kann für das Sammeln und Ausgraben geschützter Pflanzen und das Fangen von Tieren zu wissenschaftlichen sowie zu Lehr- und Heilzwecken in bestimmten Gebieten Ausnahmen gestatten.
2    Sie kann die Beseitigung der Ufervegetation in den durch die Wasserbaupolizei- oder Gewässerschutzgesetzgebung erlaubten Fällen für standortgebundene Vorhaben bewilligen.67
3    Begründet ein anderer Erlass die Zuständigkeit einer Bundesbehörde zum Entscheid über ein Vorhaben, so erteilt diese Behörde die Ausnahmebewilligung. ...68.69
NHG für das angefochtene Strassenbauprojekt erteilt werden.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 130 II 313
Datum : 08. Juni 2004
Publiziert : 31. Dezember 2004
Quelle : Bundesgericht
Status : 130 II 313
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Beseitigung von Ufervegetation (Art. 22 Abs. 2 NHG). Ausnahmebewilligungen für die Beseitigung von Ufervegetation sind nach


Gesetzesregister
GSchG: 29 
SR 814.20 Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG) - Gewässerschutzgesetz
GSchG Art. 29 Bewilligung - Eine Bewilligung braucht, wer über den Gemeingebrauch hinaus:
a  einem Fliessgewässer mit ständiger Wasserführung Wasser entnimmt;
b  aus Seen oder Grundwasservorkommen, welche die Wasserführung eines Fliessgewässers mit ständiger Wasserführung wesentlich beeinflussen, Wasser entnimmt.
37 
SR 814.20 Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG) - Gewässerschutzgesetz
GSchG Art. 37 Verbauung und Korrektion von Fliessgewässern
1    Fliessgewässer dürfen nur verbaut oder korrigiert werden, wenn:
a  der Schutz von Menschen oder erheblichen Sachwerten es erfordert (Art. 3 Abs. 2 des BG vom 21. Juni 199131 über den Wasserbau);
b  es für die Schiffbarmachung oder für eine im öffentlichen Interesse liegende Nutzung der Wasserkraft nötig ist;
bbis  es für die Errichtung einer Deponie nötig ist, die nur am vorgesehenen Standort errichtet werden kann und auf der ausschliesslich unverschmutztes Aushub-, Abraum- und Ausbruchmaterial abgelagert wird;
c  dadurch der Zustand eines bereits verbauten oder korrigierten Gewässers im Sinn dieses Gesetzes verbessert werden kann.
2    Dabei muss der natürliche Verlauf des Gewässers möglichst beibehalten oder wiederhergestellt werden. Gewässer und Gewässerraum müssen so gestaltet werden, dass:33
a  sie einer vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt als Lebensraum dienen können;
b  die Wechselwirkungen zwischen ober- und unterirdischem Gewässer weitgehend erhalten bleiben;
c  eine standortgerechte Ufervegetation gedeihen kann.
3    In überbauten Gebieten kann die Behörde Ausnahmen von Absatz 2 bewilligen.
4    Für die Schaffung künstlicher Fliessgewässer gilt Absatz 2 sinngemäss.
38 
SR 814.20 Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG) - Gewässerschutzgesetz
GSchG Art. 38 Überdecken oder Eindolen von Fliessgewässern
1    Fliessgewässer dürfen nicht überdeckt oder eingedolt werden.
2    Die Behörde kann Ausnahmen bewilligen für:
a  Hochwasserentlastungs- und Bewässerungskanäle;
b  Verkehrsübergänge;
c  Übergänge land- und forstwirtschaftlicher Güterwege;
d  kleine Entwässerungsgräben mit zeitweiser Wasserführung;
e  den Ersatz bestehender Eindolungen und Überdeckungen, sofern eine offene Wasserführung nicht möglich ist oder für die landwirtschaftliche Nutzung erhebliche Nachteile mit sich bringt.
39 
SR 814.20 Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG) - Gewässerschutzgesetz
GSchG Art. 39 Einbringen fester Stoffe in Seen
1    Es ist untersagt, feste Stoffe in Seen einzubringen, auch wenn sie Wasser nicht verunreinigen können.
2    Die kantonale Behörde kann Schüttungen bewilligen:
a  für standortgebundene Bauten in überbauten Gebieten, wenn überwiegende öffentliche Interessen eine Schüttung erfordern und sich der angestrebte Zweck anders nicht erreichen lässt;
b  wenn dadurch eine Flachwasserzone verbessert werden kann.
3    Die Schüttungen sind so natürlich wie möglich zu gestalten, und zerstörte Ufervegetation ist zu ersetzen.
75
SR 814.20 Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG) - Gewässerschutzgesetz
GSchG Art. 75 Änderungen von Bundesgesetzen - ...95
NHG: 18 
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 18
1    Dem Aussterben einheimischer Tier- und Pflanzenarten ist durch die Erhaltung genügend grosser Lebensräume (Biotope) und andere geeignete Massnahmen entgegenzuwirken. Bei diesen Massnahmen ist schutzwürdigen land- und forstwirtschaftlichen Interessen Rechnung zu tragen.
1bis    Besonders zu schützen sind Uferbereiche, Riedgebiete und Moore, seltene Waldgesellschaften, Hecken, Feldgehölze, Trockenrasen und weitere Standorte, die eine ausgleichende Funktion im Naturhaushalt erfüllen oder besonders günstige Voraussetzungen für Lebensgemeinschaften aufweisen.55
1ter    Lässt sich eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Lebensräume durch technische Eingriffe unter Abwägung aller Interessen nicht vermeiden, so hat der Verursacher für besondere Massnahmen zu deren bestmöglichem Schutz, für Wiederherstellung oder ansonst für angemessenen Ersatz zu sorgen.56
2    Bei der Schädlingsbekämpfung, insbesondere mit Giftstoffen, ist darauf zu achten, dass schützenswerte Tier- und Pflanzenarten nicht gefährdet werden.
3    Der Bund kann die Wiederansiedlung von Arten, die in freier Wildbahn in der Schweiz ausgestorben oder in ihrem Bestand bedroht sind, an geeigneten Standorten fördern.
4    Die Bundesgesetzgebung über Jagd und Vogelschutz sowie über die Fischerei bleibt vorbehalten.
21 
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 21
1    Die Ufervegetation (Schilf- und Binsenbestände, Auenvegetationen sowie andere natürliche Pflanzengesellschaften im Uferbereich) darf weder gerodet noch überschüttet noch auf andere Weise zum Absterben gebracht werden.
2    Soweit es die Verhältnisse erlauben, sorgen die Kantone dafür, dass dort, wo sie fehlt, Ufervegetation angelegt wird oder zumindest die Voraussetzungen für deren Gedeihen geschaffen werden.66
22
SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG)
NHG Art. 22
1    Die zuständige kantonale Behörde kann für das Sammeln und Ausgraben geschützter Pflanzen und das Fangen von Tieren zu wissenschaftlichen sowie zu Lehr- und Heilzwecken in bestimmten Gebieten Ausnahmen gestatten.
2    Sie kann die Beseitigung der Ufervegetation in den durch die Wasserbaupolizei- oder Gewässerschutzgesetzgebung erlaubten Fällen für standortgebundene Vorhaben bewilligen.67
3    Begründet ein anderer Erlass die Zuständigkeit einer Bundesbehörde zum Entscheid über ein Vorhaben, so erteilt diese Behörde die Ausnahmebewilligung. ...68.69
SR 721.100: 1  3  4
WRG: 2
SR 721.80 Bundesgesetz vom 22. Dezember 1916 über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte (Wasserrechtsgesetz, WRG) - Wasserrechtsgesetz
WRG Art. 2
1    Das kantonale Recht bestimmt, welchem Gemeinwesen (Kanton, Bezirk, Gemeinde oder Körperschaft) die Verfügung über die Wasserkraft der öffentlichen Gewässer zusteht.
2    Wo das gegenwärtige kantonale Recht die Verfügung über die Wasserkraft öffentlicher Gewässer den Uferanstössern zuspricht, bleibt es bis zu seiner Aufhebung durch die Kantone in Kraft.
BGE Register
115-IB-224 • 130-II-313
Weitere Urteile ab 2000
1A.171/2003 • 1A.197/2003 • 1P.489/2003
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
ufervegetation • wald • rodung • standortgebundenheit • wallis • wiese • wasser • parlament • rodungsbewilligung • bundesamt für umwelt • bundesgesetz über den schutz der gewässer • frage • kantonsstrasse • kantonsgericht • biotop • gemeinde • fluss • zahl • naturschutzrechtliche bewilligung • bundesgesetz über den natur- und heimatschutz
... Alle anzeigen
BBl
1987/II/1061 • 1987/II/1144 • 1987/II/1190 • 1987/II/1228 • 1987/II/972
AB
1988 S 664 • 1989 N 1088 • 1991 N 192
RDAF
2000 I 234
URP
1996 S.744