BGE-129-III-60
Urteilskopf
129 III 60
10. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung i.S. X. gegen Y. (Nichtigkeitsbeschwerde) 5C.148/2002 vom 25. Oktober 2002
Regeste (de):
- Art. 137
und Art. 172 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 172 - 1 Erfüllt ein Ehegatte seine Pflichten gegenüber der Familie nicht oder sind die Ehegatten in einer für die eheliche Gemeinschaft wichtigen Angelegenheit uneinig, so können sie gemeinsam oder einzeln das Gericht um Vermittlung anrufen.
- Für die Zeit vor Rechtshängigkeit der Scheidung trifft das Eheschutzgericht sämtliche Massnahmen zur Regelung des Getrenntlebens, für die Zeit danach ist hierfür das Scheidungsgericht zuständig. Zuständigkeitsabgrenzung, wenn während des Eheschutzverfahrens die Scheidung rechtshängig gemacht wird (E. 1-4.2).
Regeste (fr):
- Art. 137 et art. 172 ss CC; mesures visant à organiser la vie séparée.
- Avant que l'action en divorce soit pendante, le juge des mesures protectrices de l'union conjugale prend toutes les mesures pour l'organisation de la vie séparée; après, le juge du divorce est compétent pour le faire. Délimitation des compétences lorsque le procès en divorce est introduit pendant la procédure de mesures protectrices de l'union conjugale (consid. 1-4.2).
Regesto (it):
- Art. 137 e art. 172 segg. CC; misure relative all'organizzazione della vita separata.
- Il tribunale delle misure a protezione dell'unione coniugale emana tutti i provvedimenti inerenti all'organizzazione della vita separata dei coniugi per il periodo antecedente la litispendenza della causa di divorzio, per quello successivo è competente il tribunale del divorzio. Delimitazione delle competenze, qualora l'azione di divorzio venga introdotta durante la procedura concernente le misure a protezione dell'unione coniugale (consid. 1-4.2).
Sachverhalt ab Seite 60
BGE 129 III 60 S. 60
Die Parteien sind verheiratet und haben einen Sohn (Jahrgang 1996). Nach ihrer Trennung lebte das Kind abwechselnd bei seinem Vater und bei seiner Mutter, weil es nach dem Besuch beim einen Elternteil jeweilen nicht mehr zum anderen zurückgebracht wurde. Im Oktober/November 2001 ersuchte die Ehefrau um Eheschutz mit dem Antrag, ihr das Getrenntleben zu bewilligen und dessen Folgen zu regeln. Mit dringlicher Anordnung vom 18. März 2002 stellte
BGE 129 III 60 S. 61
das Amtsgericht Luzern-Stadt den Sohn der Parteien unter die elterliche Obhut der Kindsmutter und regelte das Besuchsrecht des Kindsvaters. Mit Eingaben vom 21. März 2002 erhob der Ehemann beim Bezirksgericht March Klage auf Scheidung und stellte ein Gesuch um vorsorgliche Massnahmen während des Scheidungsverfahrens. Am 10. April 2002 erklärte das Amtsgericht Luzern-Stadt das Eheschutzverfahren zufolge Gegenstandslosigkeit für erledigt. Den Rekurs der Ehefrau hiess das Obergericht des Kantons Luzern gut und hob den Erledigungsentscheid auf. Auf das Begehren der Ehefrau, die dringliche Anordnung vom 18. März 2002 zu vollstrecken, trat das Obergericht nicht ein. Der Ehemann hat gegen den obergerichtlichen Rekursentscheid Nichtigkeitsbeschwerde eingelegt, die das Bundesgericht abweist, soweit darauf eingetreten werden kann.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. Den Nichtigkeitsgrund gemäss Art. 68 Abs. 1 lit. e

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 172 - 1 Erfüllt ein Ehegatte seine Pflichten gegenüber der Familie nicht oder sind die Ehegatten in einer für die eheliche Gemeinschaft wichtigen Angelegenheit uneinig, so können sie gemeinsam oder einzeln das Gericht um Vermittlung anrufen. |
2. Sobald das gemeinsame Scheidungsbegehren oder die Klage eines Ehegatten auf Scheidung beim zuständigen Gericht (Art. 135

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 172 - 1 Erfüllt ein Ehegatte seine Pflichten gegenüber der Familie nicht oder sind die Ehegatten in einer für die eheliche Gemeinschaft wichtigen Angelegenheit uneinig, so können sie gemeinsam oder einzeln das Gericht um Vermittlung anrufen. |

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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 172 - 1 Erfüllt ein Ehegatte seine Pflichten gegenüber der Familie nicht oder sind die Ehegatten in einer für die eheliche Gemeinschaft wichtigen Angelegenheit uneinig, so können sie gemeinsam oder einzeln das Gericht um Vermittlung anrufen. |

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BGE 129 III 60 S. 62
Kommentar, 2002: GLOOR, N. 4 zu Art. 137


SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 180 |

3. Nach der auf das bisherige Recht gestützten Praxis des Bundesgerichts wird ein Eheschutzverfahren durch Anhängigmachung des Scheidungsprozesses nicht einfach gegenstandslos. Das Eheschutzgericht bleibt zuständig für Massnahmen bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit der Scheidung, selbst wenn es darüber erst nach diesem Zeitpunkt entscheiden kann (BGE 101 II 1 S. 2 f.). Für die Abgrenzung der Zuständigkeiten ist somit der Eintritt der Rechtshängigkeit der Scheidung massgebend: Für die Zeit davor trifft das Eheschutzgericht sämtliche Massnahmen zur Regelung des Getrenntlebens, für die Zeit danach ist hierfür das Scheidungsgericht zuständig. An dieser Zuständigkeitsabgrenzung hat nichts geändert, dass Art. 173 Abs. 3

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 173 - 1 Auf Begehren eines Ehegatten setzt das Gericht die Geldbeiträge an den Unterhalt der Familie fest. |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 173 - 1 Auf Begehren eines Ehegatten setzt das Gericht die Geldbeiträge an den Unterhalt der Familie fest. |

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Es stellt sich die Frage, ob die bundesgerichtliche Rechtsprechung auch nach der ZGB-Revision von 1998/2000 beizubehalten ist. Mit der Marginalie "Vorsorgliche Massnahmen während des
BGE 129 III 60 S. 63
Scheidungsverfahrens" sieht Art. 137 Abs. 1

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 173 - 1 Auf Begehren eines Ehegatten setzt das Gericht die Geldbeiträge an den Unterhalt der Familie fest. |

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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 176 - 1 Ist die Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes begründet, so muss das Gericht auf Begehren eines Ehegatten: |

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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 172 - 1 Erfüllt ein Ehegatte seine Pflichten gegenüber der Familie nicht oder sind die Ehegatten in einer für die eheliche Gemeinschaft wichtigen Angelegenheit uneinig, so können sie gemeinsam oder einzeln das Gericht um Vermittlung anrufen. |
BGE 129 III 60 S. 64
N. 31, und LEUENBERGER, a.a.O., N. 10, je zu Art. 137


SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 180 |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 176 - 1 Ist die Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes begründet, so muss das Gericht auf Begehren eines Ehegatten: |
4. Es ist unbestritten, dass die Scheidungsklage des Beschwerdeführers und das damit verbundene Massnahmenbegehren seit dem 21. März 2002 beim zuständigen Bezirksgericht March rechtshängig sind. Die gezeigten Grundsätze bedeuten im konkreten Fall, was folgt:
4.1 Während des Eheschutzverfahrens ist einzig eine dringliche Anordnung im Sinne von § 231 ZPO/LU ergangen. Das Amtsgericht hat am 18. März 2002 den Sohn der Parteien unter die elterliche Obhut der Beschwerdegegnerin gestellt, bei der er in jenem Zeitpunkt lebte, und das Besuchsrecht des Beschwerdeführers geregelt. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist das Eheschutzgericht für diese Anordnung zuständig gewesen, zumal die Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens erst am 21. März 2002 begründet worden ist und Bundesrecht vorsorglichen Massnahmen kantonalen Rechts im Rahmen des Eheschutzes nicht entgegensteht (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 21 zu Art. 180

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 180 |
4.2 Wie das Obergericht zu Recht festgehalten hat, bleibt das Amtsgericht Luzern-Stadt zuständig für die Unterhaltsfrage und die Regelung weiterer finanzieller Belange, soweit es um die Zeit vor dem 21. März 2002 geht. Diesbezüglich muss das Eheschutzverfahren noch zu Ende geführt werden (E. 3 hiervor). Um diese Fragen beantworten zu können, muss das Amtsgericht auch über die strittige Obhutszuteilung und als Folge davon über die Besuchsrechtsregelung betreffend den Sohn der Parteien sowie die Benützung der ehelichen Wohnung und des Hausrats entscheiden. Das Eheschutzgericht ist dabei zwar nur für die Zeit bis zur Rechtshängigkeit der Scheidungsklage zuständig, doch wirkt sein Entscheid darüber hinaus, bis der Scheidungsrichter etwas anderes verfügt hat.
Gesetzesregister
OG 68ZGB 135ZGB 136ZGB 137ZGB 145
ZGB 172
ZGB 173
ZGB 176
ZGB 180
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 173 - 1 Auf Begehren eines Ehegatten setzt das Gericht die Geldbeiträge an den Unterhalt der Familie fest. |
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BGE Register
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