129 I 35
4. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. M.X. gegen Schulrat der Stadt Wil, Bezirksschulrat Wil und Erziehungsrat des Kantons St. Gallen (staatsrechtliche Beschwerde) 2P.81/2002 vom 7. November 2002
Regeste (de):
- Art. 19
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 19 Anspruch auf Grundschulunterricht - Der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht ist gewährleistet.
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 36 Einschränkungen von Grundrechten - 1 Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr.
1 Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr. 2 Einschränkungen von Grundrechten müssen durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein. 3 Einschränkungen von Grundrechten müssen verhältnismässig sein. 4 Der Kerngehalt der Grundrechte ist unantastbar. SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 62 * - 1 Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig.
1 Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. 2 Sie sorgen für einen ausreichenden Grundschulunterricht, der allen Kindern offensteht. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch und untersteht staatlicher Leitung oder Aufsicht. An öffentlichen Schulen ist er unentgeltlich.23 3 Die Kantone sorgen für eine ausreichende Sonderschulung aller behinderten Kinder und Jugendlichen bis längstens zum vollendeten 20. Altersjahr.24 4 Kommt auf dem Koordinationsweg keine Harmonisierung des Schulwesens im Bereich des Schuleintrittsalters und der Schulpflicht, der Dauer und Ziele der Bildungsstufen und von deren Übergängen sowie der Anerkennung von Abschlüssen zustande, so erlässt der Bund die notwendigen Vorschriften.25 5 Der Bund regelt den Beginn des Schuljahres.26 6 Bei der Vorbereitung von Erlassen des Bundes, welche die Zuständigkeit der Kantone betreffen, kommt der Mitwirkung der Kantone besonderes Gewicht zu.27 - Nach Art. 48 VSG/SG dauert die Schulpflicht - und damit auch der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Volksschulunterricht im Sinne von Art. 19
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 19 Anspruch auf Grundschulunterricht - Der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht ist gewährleistet.
- Voraussetzungen für die Einschränkung dieses sozialen Grundrechtsanspruches (E. 8-10).
- Das Gemeinwesen hat in der Regel eine Weiterbetreuung ausgeschlossener Grundschüler durch geeignete Personen oder öffentliche Institutionen zu gewährleisten (E. 11.2).
- Besucht der ausgeschlossene Schüler, dem ersatzweise ein Schulunterricht in einem öffentlichen Erziehungs- oder Schulheim angeboten worden ist, dennoch eine Privatschule, kann der Kanton die Übernahme der Kosten ablehnen (E. 11.4 und 11.5).
Regeste (fr):
- Art. 19, 36 et 62 Cst.; exclusion de l'école pour motif disciplinaire.
- Selon l'art. 48 VSG/SG, la scolarité obligatoire - et par conséquent le droit à un enseignement de base suffisant et gratuit au sens de l'art. 19 Cst. - dure en principe jusqu'à l'accomplissement de la troisième année d'école secondaire (consid. 7).
- Conditions requises pour restreindre ce droit social fondamental (consid. 8-10).
- En règle générale, la collectivité doit veiller à ce que les élèves exclus de l'école obligatoire soient pris en charge par des personnes ou des institutions publiques compétentes (consid. 11.2).
- Si l'élève exclu de l'école fréquente une école privée, au lieu de suivre l'enseignement qui lui est offert en remplacement dans un foyer éducatif ou scolaire, le canton peut refuser de prendre les frais à sa charge (consid. 11.4 et 11.5).
Regesto (it):
- Art. 19, 36 e 62 Cost.; esclusione dalla scuola per motivi disciplinari.
- Giusta l'art. 48 VSG/SG l'obbligo scolastico - e di conseguenza il diritto ad un'istruzione di base sufficiente e gratuita ai sensi dell'art. 19 Cost. - si estende di principio sino al termine del terzo anno di scuola secondaria (consid. 7).
- Condizioni in base alle quali può essere limitato questo diritto sociale fondamentale (consid. 8-10).
- Di regola, la collettività deve provvedere affinché gli allievi esclusi dalla scuola dell'obbligo siano presi in carica da persone o da istituti pubblici competenti (consid. 11.2).
- Se l'allievo escluso dalla scuola frequenta una scuola privata, invece dell'istituto pubblico d'educazione o scolastico che gli è stato messo a disposizione a titolo sostitutivo, il Cantone può rifiutarsi di assumersene i costi (consid. 11.4 e 11.5).
Sachverhalt ab Seite 36
BGE 129 I 35 S. 36
A.- M.X. (geb. 1984) besuchte im Herbst 2000 die dritte Realklasse der Oberstufe Lindenhof in Wil/SG. Kurz nach Beginn der Herbstschulferien, am späten Abend des 2. Oktober 2000 (ca. 22.15 Uhr), kam es auf dem Areal der Schulanlage Lindenhof zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Hauswart und M.X. sowie drei weiteren Schülern. Der Hauswart wollte nach Reklamationen aus der Nachbarschaft die sich dort aufhaltende Gruppe von lärmenden Schülern vom Schulareal wegweisen. Im Verlauf der Auseinandersetzung schlug M.X. den Hauswart heftig mit der Faust ins Gesicht, worauf dieser verletzt zu Boden stürzte.
B.- Gestützt auf eine Strafanzeige des Hauswartes eröffnete die Jugendanwaltschaft des Untersuchungsamtes Gossau ein Strafverfahren gegen M.X. wegen einfacher Körperverletzung.
C.- Der Präsident des Schulrates der Stadt Wil schloss am 18. Oktober 2000 im Sinne einer vorsorglichen Massnahme M.X. ab dem 23. Oktober 2000 bis zum Zeitpunkt des Abschlusses des Strafverfahrens vom Besuch des Schulunterrichts aus. Von Oktober 2000 bis Juli 2001 beendete M.X. das 10. Schuljahr im privaten Bildungszentrum Ortega in Wil (Schulkosten für beide Semester Fr. 9'500.-).
BGE 129 I 35 S. 37
D.- Am 27. April 2001 verfügte der Schulrat der Stadt Wil gestützt auf Art. 55 des Volksschulgesetzes des Kantons St. Gallen (VSG/SG) den definitiven Schulausschluss von M.X. aus disziplinarischen Gründen, unter Benachrichtigung der Vormundschaftsbehörde. Weiter wurde ihm das Betreten des Schulareals Lindenhof untersagt. Mit Rekurs vom 15. Mai 2001 wandte sich M.X. gegen diesen Entscheid an den Bezirksschulrat des Bezirkes Wil. Dieser trat am 5. September 2001 auf den Rekurs nicht ein bzw. wies diesen ab. Abgewiesen wurde insbesondere der Antrag auf Übernahme der Kosten für eine (Privat-)Schule. Den gegen diesen Entscheid gerichteten Rekurs wies der Erziehungsrat des Kantons St. Gallen mit Beschluss vom 27. Februar 2002 ab.
E.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 3. April 2002 beantragt M.X., den Beschluss des Erziehungsrates des Kantons St. Gallen aufzuheben. Es sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren. Das Erziehungsdepartement des Kantons St. Gallen beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Der Schulrat der Stadt Wil und der Bezirksschulrat des Bezirkes Wil beantragen sinngemäss, die Beschwerde abzuweisen. Das Bundesgericht weist die staatsrechtliche Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
7. Der Beschwerdeführer macht im Hauptpunkt geltend, gemäss Art. 19
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 19 Anspruch auf Grundschulunterricht - Der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht ist gewährleistet. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 62 * - 1 Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
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1 | Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
2 | Sie sorgen für einen ausreichenden Grundschulunterricht, der allen Kindern offensteht. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch und untersteht staatlicher Leitung oder Aufsicht. An öffentlichen Schulen ist er unentgeltlich.23 |
3 | Die Kantone sorgen für eine ausreichende Sonderschulung aller behinderten Kinder und Jugendlichen bis längstens zum vollendeten 20. Altersjahr.24 |
4 | Kommt auf dem Koordinationsweg keine Harmonisierung des Schulwesens im Bereich des Schuleintrittsalters und der Schulpflicht, der Dauer und Ziele der Bildungsstufen und von deren Übergängen sowie der Anerkennung von Abschlüssen zustande, so erlässt der Bund die notwendigen Vorschriften.25 |
5 | Der Bund regelt den Beginn des Schuljahres.26 |
6 | Bei der Vorbereitung von Erlassen des Bundes, welche die Zuständigkeit der Kantone betreffen, kommt der Mitwirkung der Kantone besonderes Gewicht zu.27 |
IR 0.103.1 Internationaler Pakt vom 16. Dezember 1966 über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte UNO-Pakt-I Art. 13 - (1) Die Vertragsstaaten erkennen das Recht eines jeden auf Bildung an. Sie stimmen überein, dass die Bildung auf die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und des Bewusstseins ihrer Würde gerichtet sein und die Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten stärken muss. Sie stimmen ferner überein, dass die Bildung es jedermann ermöglichen muss, eine nützliche Rolle in einer freien Gesellschaft zu spielen, dass sie Verständnis, Toleranz und Freundschaft unter allen Völkern und allen rassischen, ethnischen und religiösen Gruppen fördern sowie die Tätigkeit der Vereinten Nationen zur Erhaltung des Friedens unterstützen muss. |
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a | der Grundschulunterricht für jedermann Pflicht und allen unentgeltlich zugänglich sein muss; |
b | die verschiedenen Formen des höheren Schulwesens einschliesslich des höheren Fach- und Berufsschulwesens auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit, allgemein verfügbar und jedermann zugänglich gemacht werden müssen; |
c | der Hochschulunterricht auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit, jedermann gleichermassen entsprechend seinen Fähigkeiten zugänglich gemacht werden muss; |
d | eine grundlegende Bildung für Personen, die eine Grundschule nicht besucht oder nicht beendet haben, so weit wie möglich zu fördern oder zu vertiefen ist; |
e | die Entwicklung eines Schulsystems auf allen Stufen aktiv voranzutreiben, ein angemessenes Stipendiensystem einzurichten und die wirtschaftliche Lage der Lehrerschaft fortlaufend zu verbessern ist. |
7.1 Nach dem ergänzenden Schriftenwechsel steht fest, dass der im Oktober 1994 von Degersheim/SG nach Wil/SG zugezogene Beschwerdeführer im Zeitpunkt seines Ausschlusses die dritte Realklasse der Oberstufe Lindenhof in Wil/SG besuchte. Wegen der Wiederholung der 4. Primarklasse im Schuljahr 1995/96 hatte er zu
BGE 129 I 35 S. 38
diesem Zeitpunkt bereits 9 1/4 Jahre in der Volksschule absolviert. Nach seinem Ausschluss trat er in das 10. Schuljahr der Privatschule Ortega Wil ein, weil diese kein neuntes Schuljahr führte.
7.2 Art. 19
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 19 Anspruch auf Grundschulunterricht - Der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht ist gewährleistet. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 62 * - 1 Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
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1 | Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
2 | Sie sorgen für einen ausreichenden Grundschulunterricht, der allen Kindern offensteht. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch und untersteht staatlicher Leitung oder Aufsicht. An öffentlichen Schulen ist er unentgeltlich.23 |
3 | Die Kantone sorgen für eine ausreichende Sonderschulung aller behinderten Kinder und Jugendlichen bis längstens zum vollendeten 20. Altersjahr.24 |
4 | Kommt auf dem Koordinationsweg keine Harmonisierung des Schulwesens im Bereich des Schuleintrittsalters und der Schulpflicht, der Dauer und Ziele der Bildungsstufen und von deren Übergängen sowie der Anerkennung von Abschlüssen zustande, so erlässt der Bund die notwendigen Vorschriften.25 |
5 | Der Bund regelt den Beginn des Schuljahres.26 |
6 | Bei der Vorbereitung von Erlassen des Bundes, welche die Zuständigkeit der Kantone betreffen, kommt der Mitwirkung der Kantone besonderes Gewicht zu.27 |
7.3 Die Anforderungen, die Art. 19
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 19 Anspruch auf Grundschulunterricht - Der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht ist gewährleistet. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 19 Anspruch auf Grundschulunterricht - Der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht ist gewährleistet. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 19 Anspruch auf Grundschulunterricht - Der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht ist gewährleistet. |
BGE 129 I 35 S. 39
ein Anspruch auf eine den individuellen Fähigkeiten des Kindes und seiner Persönlichkeitsentwicklung entsprechende unentgeltliche Grundschulbildung (vgl. BGE 117 Ia 27 E. 5b, 6). Der Anspruch wird verletzt, wenn die Ausbildung des Kindes in einem Masse eingeschränkt wird, dass die Chancengleichheit nicht mehr gewahrt ist bzw. wenn es Lehrinhalte nicht vermittelt erhält, die in der hiesigen Wertordnung als unverzichtbar gelten (BGE 119 Ia 178 E. 8a S. 194 f.).
7.4 Art. 19
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 19 Anspruch auf Grundschulunterricht - Der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht ist gewährleistet. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
|
1 | Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist. |
2 | Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör. |
3 | Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 19 Anspruch auf Grundschulunterricht - Der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht ist gewährleistet. |
7.5 Der Beschwerdeführer geht davon aus, Art. 48 VSG/SG verleihe ihm einen Rechtsanspruch auf unentgeltlichen Besuch der Grundschule bis zum Abschluss der dritten Oberstufenklasse. Er habe nicht nur Anspruch auf neun Jahre staatlich bezahlten Volksschulunterricht, sondern auch auf einen bezahlten ordentlichen Abschluss der dritten Oberstufenklasse. Dieses letzte Oberstufenschuljahr habe er an der Privatschule absolviert, weshalb der Erziehungsrat die Kosten dafür zu übernehmen habe.
7.5.1 Im angefochtenen Entscheid wird dazu ausgeführt, dem Beschwerdeführer stehe grundsätzlich ein Anspruch auf neun Jahre
BGE 129 I 35 S. 40
staatlich bezahlten Volksschulunterricht zu; dieser könne unter den Voraussetzungen von Art. 36
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 36 Einschränkungen von Grundrechten - 1 Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr. |
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1 | Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr. |
2 | Einschränkungen von Grundrechten müssen durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein. |
3 | Einschränkungen von Grundrechten müssen verhältnismässig sein. |
4 | Der Kerngehalt der Grundrechte ist unantastbar. |
7.5.2 Das Erziehungsdepartement des Kantons St. Gallen hat in seinen Vernehmlassungen ausgeführt, der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht werde bezüglich seiner Dauer im Kanton St. Gallen durch Art. 48 VSG/SG konkretisiert. Danach dauere die Schulpflicht - und damit auch der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Volksschulunterricht - grundsätzlich bis zum Abschluss der dritten Oberstufenklasse. Die Schulpflicht gelte jedoch nicht absolut. Nach Art. 49 und 50 VSG/SG könne unter bestimmten Voraussetzungen die vorzeitige Entlassung bzw. Befreiung von der Schulpflicht verfügt werden. Der disziplinarische Ausschluss von der öffentlichen Volksschule nach Art. 55 Abs. 2 VSG/SG beende demgegenüber die Schulpflicht nicht. Da in letzterem Fall die Vormundschaftsbehörde zu benachrichtigen sei, gehe aber die Verantwortung für das Wohl des Kindes und für dessen Beschulung vom Träger der öffentlichen Volksschule auf die Vormundschaftsbehörde über. Diese habe nach den Vorschriften des Schweizerischen Zivilgesetzbuches abzuklären, ob geeignete Kindesschutzmassnahmen vorzunehmen seien; allenfalls habe die Jugendstaatsanwaltschaft geeignete Massnahmen zu treffen. Im Vordergrund stehe bei einem noch schulpflichtigen Kind die Einweisung in eine stationäre Struktur, namentlich ein Schulheim.
7.5.3 Das Volksschulgesetz des Kantons St. Gallen gilt für die öffentlichen Schulen (Art. 1). Die Volksschule besteht aus den Schultypen Primarschule (Unterstufe 1.-3. Schuljahr, Mittelstufe 4.-6. Schuljahr), Realschule und Sekundarschule (7.-9. Schuljahr) sowie freiwilliges zehntes Schuljahr als Oberstufe (Art. 2). Die Schulgemeinden können selber darüber entscheiden, ob sie ein zehntes Schuljahr führen; von den Eltern kann ein angemessenes Schulgeld verlangt werden (Art. 9bis VSG/SG).
Unter dem Kapitel "IV. Schüler, 1. Schulpflicht", Randtitel "Dauer" bestimmt zunächst Art. 48 VSG/SG unter "a) allgemein", dass die Schulpflicht bis zum Abschluss der dritten Oberstufenklasse dauere. Unter dem Randtitel "b) vorzeitige Entlassung" kann davon aus wichtigen Gründen abgewichen werden, sofern ein Schüler neun Jahre die Schule besucht hat. Gemäss Art. 55 VSG/SG kann der
BGE 129 I 35 S. 41
Schulrat gegen Schüler, deren Verhalten zu Beanstandungen Anlass gibt, als schwerste Disziplinarmassnahme den Ausschluss von der Schule verfügen; in diesem Fall ist nach Art. 13 der kantonalen Verordnung über den Volksschulunterricht vom 11. Juni 1996 (Volksschulverordnung, VVU/SG) die Vormundschaftsbehörde zu benachrichtigen.
7.5.4 Die Auslegung der gesetzlichen Regelung durch das Erziehungsdepartement findet ihre Stütze im Wortlaut der in Frage stehenden Bestimmungen. Sie liegt auch dem angefochtenen Entscheid des Erziehungsrates zu Grunde (E. 6, 8 und 9). Der Beschwerdeführer teilt sie ebenfalls. Demnach ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich Anspruch auf den unentgeltlichen Besuch der öffentlichen Schule bis zum Abschluss der dritten Oberstufenklasse hat.
7.6 Inwieweit die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang ebenfalls angeführte Bestimmung von Art. 13 Abs. 2
IR 0.103.1 Internationaler Pakt vom 16. Dezember 1966 über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte UNO-Pakt-I Art. 13 - (1) Die Vertragsstaaten erkennen das Recht eines jeden auf Bildung an. Sie stimmen überein, dass die Bildung auf die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und des Bewusstseins ihrer Würde gerichtet sein und die Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten stärken muss. Sie stimmen ferner überein, dass die Bildung es jedermann ermöglichen muss, eine nützliche Rolle in einer freien Gesellschaft zu spielen, dass sie Verständnis, Toleranz und Freundschaft unter allen Völkern und allen rassischen, ethnischen und religiösen Gruppen fördern sowie die Tätigkeit der Vereinten Nationen zur Erhaltung des Friedens unterstützen muss. |
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a | der Grundschulunterricht für jedermann Pflicht und allen unentgeltlich zugänglich sein muss; |
b | die verschiedenen Formen des höheren Schulwesens einschliesslich des höheren Fach- und Berufsschulwesens auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit, allgemein verfügbar und jedermann zugänglich gemacht werden müssen; |
c | der Hochschulunterricht auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit, jedermann gleichermassen entsprechend seinen Fähigkeiten zugänglich gemacht werden muss; |
d | eine grundlegende Bildung für Personen, die eine Grundschule nicht besucht oder nicht beendet haben, so weit wie möglich zu fördern oder zu vertiefen ist; |
e | die Entwicklung eines Schulsystems auf allen Stufen aktiv voranzutreiben, ein angemessenes Stipendiensystem einzurichten und die wirtschaftliche Lage der Lehrerschaft fortlaufend zu verbessern ist. |
IR 0.103.1 Internationaler Pakt vom 16. Dezember 1966 über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte UNO-Pakt-I Art. 13 - (1) Die Vertragsstaaten erkennen das Recht eines jeden auf Bildung an. Sie stimmen überein, dass die Bildung auf die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und des Bewusstseins ihrer Würde gerichtet sein und die Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten stärken muss. Sie stimmen ferner überein, dass die Bildung es jedermann ermöglichen muss, eine nützliche Rolle in einer freien Gesellschaft zu spielen, dass sie Verständnis, Toleranz und Freundschaft unter allen Völkern und allen rassischen, ethnischen und religiösen Gruppen fördern sowie die Tätigkeit der Vereinten Nationen zur Erhaltung des Friedens unterstützen muss. |
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a | der Grundschulunterricht für jedermann Pflicht und allen unentgeltlich zugänglich sein muss; |
b | die verschiedenen Formen des höheren Schulwesens einschliesslich des höheren Fach- und Berufsschulwesens auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit, allgemein verfügbar und jedermann zugänglich gemacht werden müssen; |
c | der Hochschulunterricht auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit, jedermann gleichermassen entsprechend seinen Fähigkeiten zugänglich gemacht werden muss; |
d | eine grundlegende Bildung für Personen, die eine Grundschule nicht besucht oder nicht beendet haben, so weit wie möglich zu fördern oder zu vertiefen ist; |
e | die Entwicklung eines Schulsystems auf allen Stufen aktiv voranzutreiben, ein angemessenes Stipendiensystem einzurichten und die wirtschaftliche Lage der Lehrerschaft fortlaufend zu verbessern ist. |
7.7 Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 62 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 62 * - 1 Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
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1 | Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
2 | Sie sorgen für einen ausreichenden Grundschulunterricht, der allen Kindern offensteht. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch und untersteht staatlicher Leitung oder Aufsicht. An öffentlichen Schulen ist er unentgeltlich.23 |
3 | Die Kantone sorgen für eine ausreichende Sonderschulung aller behinderten Kinder und Jugendlichen bis längstens zum vollendeten 20. Altersjahr.24 |
4 | Kommt auf dem Koordinationsweg keine Harmonisierung des Schulwesens im Bereich des Schuleintrittsalters und der Schulpflicht, der Dauer und Ziele der Bildungsstufen und von deren Übergängen sowie der Anerkennung von Abschlüssen zustande, so erlässt der Bund die notwendigen Vorschriften.25 |
5 | Der Bund regelt den Beginn des Schuljahres.26 |
6 | Bei der Vorbereitung von Erlassen des Bundes, welche die Zuständigkeit der Kantone betreffen, kommt der Mitwirkung der Kantone besonderes Gewicht zu.27 |
7.8 Nach dem angefochtenen Entscheid wirkt der Schulausschluss - vorbehältlich einer gegenteiligen Verfügung eines anderen Schulträgers an einem neuen Aufenthaltsort - für das ganze Kantonsgebiet. Der Beschwerdeführer beanstandet dies als Ermessensüberschreitung. Die Schulgemeinden sind Träger der öffentlichen Volksschule (Art. 4 Abs. 1 VSG/SG). Der kommunale Schulrat organisiert und führt die Schule (Art. 111 VSG/SG). Die Zuständigkeit des Schulrates beschränkt sich somit auf den Bereich der jeweiligen Schulgemeinde. Dies hat zur Folge, dass der Ausschluss zwar nur für die betreffende Schulgemeinde gilt; ein ausgeschlossener Schüler muss aber erst durch eine andere Schulgemeinde aufgenommen werden, bevor er weiter zur Schule gehen kann, was grundsätzlich einen Wechsel des Aufenthaltsortes voraussetzt (vgl. Art. 52 f. VSG/SG).
BGE 129 I 35 S. 42
Diese Konsequenz unterstreicht zwar die Schwere der Massnahme, hat indessen keine direkten rechtlichen Auswirkungen. Insofern enthält der Entscheid der kantonalen Behörden keine einzelfallbezogene anfechtbare Anordnung, sondern orientiert bloss über die sich aus dem Gesetz ergebenden Folgen eines Ausschlusses.
8.
8.1 Im angefochtenen Entscheid wird dargelegt, der Schulausschluss genüge den Anforderungen, die im Sinne von Art. 36
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 36 Einschränkungen von Grundrechten - 1 Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr. |
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1 | Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr. |
2 | Einschränkungen von Grundrechten müssen durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein. |
3 | Einschränkungen von Grundrechten müssen verhältnismässig sein. |
4 | Der Kerngehalt der Grundrechte ist unantastbar. |
8.2 Art. 36
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 36 Einschränkungen von Grundrechten - 1 Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr. |
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1 | Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr. |
2 | Einschränkungen von Grundrechten müssen durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein. |
3 | Einschränkungen von Grundrechten müssen verhältnismässig sein. |
4 | Der Kerngehalt der Grundrechte ist unantastbar. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 36 Einschränkungen von Grundrechten - 1 Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr. |
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1 | Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr. |
2 | Einschränkungen von Grundrechten müssen durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein. |
3 | Einschränkungen von Grundrechten müssen verhältnismässig sein. |
4 | Der Kerngehalt der Grundrechte ist unantastbar. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 36 Einschränkungen von Grundrechten - 1 Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr. |
|
1 | Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr. |
2 | Einschränkungen von Grundrechten müssen durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein. |
3 | Einschränkungen von Grundrechten müssen verhältnismässig sein. |
4 | Der Kerngehalt der Grundrechte ist unantastbar. |
BGE 129 I 35 S. 43
Der Schulausschluss auf unbestimmte Dauer stellt einen schweren Eingriff in das verfassungsmässige Recht auf unentgeltlichen Grundschulunterricht dar. Das Bundesgericht prüft deshalb auch die Auslegung und Anwendung des einschlägigen kantonalen Rechts grundsätzlich mit freier Kognition (BGE 123 I 313 E. 2b S. 317; BGE 121 I 326 E. 2b S. 329; BGE 106 Ia 100 E. 6c S. 106; je analog). Den kantonalen Behörden steht bei der Wahl von Disziplinarmassnahmen jedoch ein Ermessensspielraum zu, geht es dabei doch um die Würdigung besonderer persönlicher Umstände und schulischer Verhältnisse, die die kantonalen Behörden besser kennen und überblicken. Das Bundesgericht übt deshalb eine gewisse Zurückhaltung und greift nur ein, wenn die kantonalen Behörden diesen Spielraum überschritten haben (vgl. BGE 101 Ia 172 E. 3).
9.
9.1 Die gesetzliche Grundlage für den Schulausschluss ist vorliegend gegeben (Art. 55 VSG/SG) und nicht bestritten. Es ist deshalb weiter zu prüfen, ob der Schulausschluss durch ein genügendes öffentliches Interesse, wozu auch der Schutz von Grundrechten Dritter gehört, gerechtfertigt ist. Auf Grund des Obligatoriums des Grundschulunterrichts besteht ein erhebliches öffentliches Interesse an einem geordneten Schulbetrieb und der regelmässigen Erfüllung der Schulpflicht. Dieses öffentliche Interesse überwiegt in aller Regel die privaten Interessen der einzelnen Schüler und rechtfertigt gewisse Einschränkungen, insbesondere Disziplinarmassnahmen. Dabei sind nicht nur Disziplinarmassnahmen zulässig, die zum Ziel haben, einen geordneten Schulbetrieb unmittelbar sicherzustellen; sie können auch präventiv-erzieherische Zwecke verfolgen. Sie dürfen jedoch nicht dazu dienen, schlechte Leistungen der Benutzer zu ahnden (BGE 129 I 12 E. 8.3 S. 22). Die Schule erbringt ihre Leistungen nicht im eigenen Interesse, sondern im Interesse der Schüler. Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben hat eine öffentliche Schule von einer Gesamtsicht auszugehen. Sowohl in der Vermittlung des Lehrstoffes als auch bei ihrer Organisation muss sie sich an einen möglichst breiten gemeinsamen Nenner halten, und sie hat die Kohärenz der Schulklassen und des Unterrichts zu gewährleisten. Die Berücksichtigung von Interessen einzelner Schüler findet daher dort ihre Schranken, wo ein geordneter und effizienter Schulbetrieb nicht mehr aufrechterhalten werden kann und dadurch der Ausbildungsauftrag der Schule in Frage gestellt wird. Die Ausübung des Anspruches auf einen den
BGE 129 I 35 S. 44
individuellen Fähigkeiten entsprechenden Grundschulunterricht durch einen Schüler wird insoweit durch den entsprechenden Anspruch der anderen Schüler begrenzt. Wird der geordnete Schulbetrieb durch einen Schüler derart gestört, dass dadurch der Bildungsauftrag der Schule gegenüber anderen Schülern der Klasse oder des betreffenden Schulhauses in Frage gestellt wird, liegt der vorübergehende Ausschluss des Störers vom Unterricht sowohl im öffentlichen Interesse als auch im (überwiegenden) privaten Interesse der übrigen Schüler an einer genügenden unentgeltlichen Schulbildung (BGE 129 I 12 E. 8.4 S. 23).
9.2 Im angefochtenen Entscheid wird dargelegt, dass der Beschwerdeführer - nebst dem Faustschlag ins Gesicht des Schulhauswartes - innerhalb und ausserhalb des Unterrichts immer wieder zu Beanstandungen Anlass gegeben habe; aus den Akten gehe zudem hervor, dass der Schulrat ihm gegenüber in den Jahren 1999 und 2000 mehrere schriftliche Beanstandungen sowie ein Skilagerverbot als Folge nicht akzeptablen Verhaltens habe aussprechen müssen. Erschwerend falle in Betracht, dass er durch seinen tätlichen Übergriff auch die Ordnungs- und Kontrollfunktion des Schulhauswartes grob missachtet habe. Dieser übe faktisch eine Disziplinargewalt gegenüber den Schülern aus; er sei befugt, Personen vom Schulareal wegzuweisen und die Einhaltung der Vorschriften über die Benützung der Schulanlagen durch Dritte zu überwachen. Dass sich der Vorfall mit dem Schulhauswart in der schulfreien Zeit ereignet habe, sei unerheblich. Denn die Schüler hätten sich gemäss Art. 54 VSG/SG in Schule und Öffentlichkeit anständig und rücksichtsvoll zu verhalten. Die Schule könne daher gestützt auf ihren erzieherischen Auftrag auch Verhaltensfehler, schlechte Gewohnheiten und unanständiges Benehmen eines Schülers ausserhalb der Schule sanktionieren. Der in Frage stehende Vorfall habe sich auf dem Schulareal abgespielt und der Beschwerdeführer sei als Schüler der Disziplinargewalt des Schulrates Wil unterstanden, womit zwischen dem disziplinarrelevanten Ereignis und der öffentlichen Volksschule in zeitlicher, räumlicher und persönlicher Hinsicht ein hinreichender Anknüpfungspunkt bestanden habe. Durch sein disziplinarisch auffälliges Verhalten habe der Beschwerdeführer dazu beigetragen, den Bildungsanspruch seiner Mitschüler zu schmälern.
9.3 Der Beschwerdeführer hält dem lediglich entgegen, der Bildungsanspruch der übrigen Schüler sei durch den ausserhalb der Schulzeit liegenden Vorfall weder geschmälert noch der Schulunterricht gestört worden.
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9.4 Er verkennt damit, dass sich der Ausschluss insbesondere auch auf sein früheres Verhalten stützt, welches unbestrittenermassen bereits mehrmals zu Beanstandungen Anlass gegeben hat. So habe er den Unterricht und die Konzentration der Mitschüler der Klasse oft gestört, sei er gegenüber Lehrkräften oder Mitschülern übellaunig aufgetreten, habe er oft den Unterricht boykottiert oder gestört. Er habe sich kaum an Regeln und Pflichten gehalten, die im Klassenzimmer und in der Schule gelten. Beispielsweise könne er problemlos weiterschwatzen, auch wenn man ihn zwei- oder dreimal ermahne. Drohe man ihm mit Strafen oder anderen Massnahmen, könne die Situation relativ schnell eskalieren; er lasse sich nichts befehlen. Das Verhalten des Beschwerdeführers wurde bereits am 10. März 1999 schriftlich beanstandet und ein weiteres Mal am 25. März 1999. Aus demselben Grund wurde am 25. November 1999 ein Skilagerverbot ausgesprochen. Am 31. Mai und 6. Juni 2000 beanstandete der Schulrat das Verhalten des Beschwerdeführers erneut schriftlich.
9.5 Unter diesen Umständen ist der Schluss des Erziehungsrates, der Beschwerdeführer habe dazu beigetragen, den Bildungsanspruch seiner Mitschüler zu schmälern, nicht zu beanstanden. Der Beschwerdeführer hat durch seinen tätlichen Angriff auf ein Organ der Schule auch das schulische Umfeld empfindlich gestört. Sein Verhalten rechtfertigt grundsätzlich den Ausschluss vom weiteren Besuch der Volksschule. Ein hinreichendes öffentliches Interesse an der angefochtenen Massnahme ist demnach gegeben.
10.
10.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, der Schulausschluss sei willkürlich (Art. 9
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden. |
10.2 Das verfassungsmässige Gebot der Verhältnismässigkeit verlangt, dass eine behördliche Massnahme für das Erreichen eines im übergeordneten öffentlichen (oder privaten) Interesse liegenden Zieles geeignet, erforderlich und für den Betroffenen zumutbar ist. Erforderlich ist eine vernünftige Zweck-Mittel-Relation (BGE 127 IV 154 E. 4c S. 161 mit Hinweis). Hierfür ist zunächst zu untersuchen, ob der Eingriff bzw. die Leistungsbeschränkung geeignet ist, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Sodann muss der Eingriff möglichst schonend erfolgen
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und sich in jedem Fall innerhalb des für den Betroffenen Zumutbaren halten. Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit ist nach Möglichkeit zunächst die jeweils weniger einschneidende Massnahme zu treffen (vgl. BGE 122 II 193 E. 3b/bb S. 200). Der Ausschluss aus disziplinarischen Gründen ist daher erst zulässig, wenn weniger weit gehende Massnahmen, verbunden mit der Androhung des Ausschlusses, nicht den gewünschten Erfolg gezeigt haben, es sei denn, der Disziplinarverstoss sei so schwer, dass der fehlbare Schüler untragbar für die Schule geworden ist und diese, sofern der Schüler nicht entfernt wird, ihre Aufgabe nicht mehr richtig erfüllen kann (BGE 87 I 337 E. 4b S. 341). Der Ausschluss kommt somit nur als letzte und schärfste Massnahme (ultima ratio) in Frage. Auch seine Dauer muss der Situation angemessen sein.
10.3 Angesichts der schwer wiegenden Störungen des Unterrichts durch den Beschwerdeführer sowie seines gewalttätigen Auftretens erscheint sein Ausschluss von der Schule als grundsätzlich geeignet, um die durch sein Verhalten und Auftreten gestörte Schulordnung wiederherzustellen und das angestrebte Ziel, der Schule die Erfüllung ihrer Aufgabe gegenüber den anderen Schülern wieder zu ermöglichen, zu erreichen (vgl. BGE 87 I 337 E. 4b S. 341).
10.4 Der Beschwerdeführer wurde im weiteren nicht unvermittelt ausgeschlossen. Dem Ausschluss sind vielmehr mehrere schriftliche Beanstandungen und ein Skilagerverbot vorausgegangen. Diese weniger einschneidenden Massnahmen haben sich indessen als unwirksam erwiesen. Nach dem Vorfall mit dem Schulhauswart, der zu dessen Hospitalisierung führte und in einem Schulbetrieb nicht tragbar ist, muss auch das Kriterium der Erforderlichkeit als erfüllt gelten.
10.5 In Berücksichtigung der erwähnten Umstände und angesichts der gewissen Zurückhaltung, die sich das Bundesgericht in der Überprüfung von Disziplinarmassnahmen auferlegt, kann schliesslich nicht gesagt werden, der Ausschluss des Beschwerdeführers für den Rest des dritten Oberstufenschuljahres stehe in einem Missverhältnis zum angestrebten Zweck und sei für den Beschwerdeführer mit untragbaren Folgen verbunden. Damit erweist sich die angefochtene Massnahme als verhältnismässig.
11.
11.1 Der Bezirksschulrat wies auch den Antrag des Beschwerdeführers ab, die Kosten für eine private Schule zu übernehmen. Der Erziehungsrat ist im angefochtenen Entscheid ebenfalls zum Schluss
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gekommen, für die Finanzierung des Privatschulbesuches durch den öffentlichen Volksschulträger bestehe keine gesetzliche Grundlage. Der Beschwerdeführer macht dazu geltend, er habe auch bei einem Ausschluss vom öffentlichen Schulbesuch Anspruch auf staatlich bezahlten Abschluss der dritten Oberstufenklasse bzw. auf staatlich bezahlten Ersatzunterricht. Wenn die zuständige Behörde einen Schüler während der Anspruchsdauer ausschliesse, müsse sie einen staatlich finanzierten Ersatz anbieten. Ein Ausschluss, der nicht durch bezahlten Ersatzunterricht kompensiert werde, verletze Art. 19
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 19 Anspruch auf Grundschulunterricht - Der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht ist gewährleistet. |
11.2 Selbst ein vorübergehender Ausschluss von der Schule während der Dauer der obligatorischen Grundschulpflicht muss im Lichte von Art. 19
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 19 Anspruch auf Grundschulunterricht - Der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht ist gewährleistet. |
11.3 Im Gegensatz zur vorzeitigen Entlassung aus der Schulpflicht, die gemäss Art. 48 VSG/SG nach neun besuchten Schuljahren aus wichtigen Gründen möglich ist, beendet der disziplinarische Ausschluss im Sinne von Art. 55 VSG/SG die Schulpflicht nicht. Davon gehen auch der Erziehungsrat und das Erziehungsdepartement aus. Sie vertreten jedoch die Auffassung, mit dem disziplinarischen Ausschluss aus der öffentlichen Volksschule gehe die Verantwortung für das Wohl des Kindes und dessen (weitere) Beschulung vom Träger der öffentlichen Volksschule auf die Vormundschaftsbehörde über, die gemäss Art. 13 lit. d VVU/SG zu benachrichtigen sei. Diese habe nun für entsprechende Kindesschutzmassnahmen zu sorgen. Im Vordergrund stehe bei einem noch schulpflichtigen Kind die Einweisung in ein geeignetes Schulheim. Ordne sie (oder die Jugendanwaltschaft) einen Schulbesuch in einer stationären Struktur oder in einer Privatschule an, bestehe für den öffentlichen Schulträger keine Pflicht zur Finanzierung dieses Schulbesuches. Dafür fehle es an einer gesetzlichen Grundlage. Davon ausgenommen sei einzig - indessen erst seit dem 1. Januar 2002 und damit nicht für den vorliegenden Fall - der Besuch der neu geschaffenen besonderen Unterrichts- und Betreuungsstätte (vgl. Art. 55 des Nachtragsgesetzes zum Volksschulgesetz/SG,
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wonach bei dauerndem Ausschluss der Besuch der besonderen Unterrichts- und Betreuungsstätte vorgesehen werden kann; deren Besuch wird an die Schulpflicht angerechnet [Art. 55bis des Nachtragsgesetzes]).
11.4 Der angefochtene Entscheid geht nach dem Ausgeführten somit davon aus, der Beschwerdeführer habe bis zum Ende der obligatorischen Schulpflicht Anspruch auf weitere Betreuung oder Schulung in einer öffentlichen Einrichtung. Die entsprechenden Massnahmen seien indessen gegebenenfalls nicht durch die Schulbehörden, sondern durch die Vormundschaftsbehörde zu treffen. Diese Auslegung von Art. 48, 49 und 55 VSG/SG findet ihre Entsprechung in Art. 13 VVU/SG und ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn das Volksschulgesetz regelt ausschliesslich den Bereich der öffentlichen Volksschule, von welcher der Beschwerdeführer ausgeschlossen wurde. Die Privatschule Ortega hat er von sich aus und nicht auf Anweisung der Schul- oder Vormundschaftsbehörden besucht. Unter diesen Umständen durfte der Erziehungsrat eine Übernahme der Kosten der Privatschule durch den Schulträger ablehnen.
11.5 Es kommt hinzu, dass der Beschwerdeführer am 30. Oktober 2000 - nach mündlicher Vereinbarung mit der Jugendanwaltschaft - mit seiner Mutter, der Jugendanwaltschaft und Vertretern von Fürsorgebehörde, Schulbehörde und Lehrerschaft einen Termin zur Besprechung seiner weiteren schulischen Laufbahn im kantonalen Jugendheim Platanenhof, Oberuzwil, hatte. Die Jugendanwaltschaft, die nach dem Vorfall mit dem Schulhauswart gegen ihn ein Strafverfahren eröffnet hatte, hatte dem Beschwerdeführer angeboten, ihn die Schule am Platanenhof besuchen zu lassen, um ihm einen Schulabschluss zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang wurde auch eine Kostengutsprache durch den Schulrat Wil erörtert und als wahrscheinlich bezeichnet. Der Beschwerdeführer und seine Mutter erschienen indessen nicht zum vereinbarten Termin. Der Beschwerdeführer hat zunächst nicht bestritten, dass ihm angeboten worden ist, das Schuljahr im Platanenhof zu beenden; er bestätigte in seinem Rekurs vom 31. Oktober 2000 an den Bezirksschulrat, die Schulrätin S.N. habe ihm am 30. Oktober 2000 telefonisch erläutert, das Beschulungsverbot gelte für den ganzen Kanton, "offenbar mit der obrigkeitlich einzig genehmigten Ausnahme des Platanenhofes (für Schwerverbrecher)". Erst in seiner weiteren Stellungnahme an den Bezirksschulrat vom 16. Juli 2001 erklärte er, Angebote für Abklärungen, Beschulung und sonstige Massnahmen habe er nicht abgelehnt. Für eine alternative Beschulung habe es kein
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konkretes Angebot gegeben, weder durch den Schulrat noch durch die Jugendanwaltschaft. Nicht bestritten wird indessen, dass die erwähnte Zusammenkunft mit den Behördenvertretern und dem sich aus den Akten ergebenden Zweck der weiteren Beschulung des Beschwerdeführers tatsächlich angesetzt worden ist. Damit ist davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer nach dem Schulausschluss ersatzweise ein Schulunterricht in einer anderen staatlichen Einrichtung angeboten worden ist, der - wie grundsätzlich jeder Schulbesuch in einem Erziehungs- oder Schulheim - jedenfalls als ausreichend im Sinne von Art. 19
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 19 Anspruch auf Grundschulunterricht - Der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht ist gewährleistet. |