128 IV 164
24. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes i.S. R.X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde) 6S.337/2001 vom 3. Juni 2002
Regeste (de):
- Art. 287
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 287 - Wer sich in rechtswidriger Absicht die Ausübung eines Amtes oder militärische Befehlsgewalt anmasst, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
- Das subjektive Tatbestandsmerkmal der rechtswidrigen Absicht ist nicht erfüllt, wenn der Täter weder ein an sich rechtswidriges Handlungsziel verfolgt noch in unzulässiger Weise in fremde Individualrechte eingreift (E. 3).
Regeste (fr):
- Art. 287 CP; usurpation de fonctions, dessein illicite.
- L'élément constitutif subjectif du dessein illicite fait défaut lorsque l'auteur ne poursuit pas un but en soi illicite et ne porte pas illicitement atteinte aux droits individuels d'un tiers (consid. 3).
Regesto (it):
- Art. 287 CP; usurpazione di funzioni, fine illecito.
- L'elemento costitutivo soggettivo del fine illecito non è adempiuto quando l'autore non persegue uno scopo di per sé illecito né lede in maniera inammissibile i diritti individuali di un terzo (consid. 3).
Sachverhalt ab Seite 164
BGE 128 IV 164 S. 164
A.- Am 9. Juni 1998 fand R.X. in einem Zürcher Tram einen Bussenblock, welchen eine Verkehrsbeamtin der Stadtpolizei Zürich dort liegen gelassen hatte. Weil sich das Ehepaar X. bereits seit
BGE 128 IV 164 S. 165
längerer Zeit darüber ärgerte, dass A.B., ein in der Nachbarschaft ansässiger Garagist, für seine Kunden regelmässig Parkplätze in der blauen Zone beanspruchte, füllte E.X. mit dem Einverständnis ihres Mannes einen Beanstandungsrapport aus dem gefundenen Bussenblock aus. Daraus geht hervor, dass in besagter blauer Zone keine Plätze für andere Lenker und Wagen reserviert werden dürfen. Sie unterzeichnete den Rapport mit "C.D."; der Angeschuldigte befestigte den "polizeilichen" Rapport an der Windschutzscheibe des Fahrzeugs von A.B. mit der Absicht, diesem Angst vor einer polizeilich auszufällenden Busse zu machen.
B.- Wegen dieses Vorfalles sprach die Einzelrichterin in Strafsachen des Bezirksgerichts Zürichs mit Urteil vom 2. Dezember 1999 R.X. der Amtsanmassung schuldig und verurteilte ihn deswegen und wegen eines weiteren Delikts zu einer bedingt vollziehbaren Haftstrafe von fünf Tagen.
C.- Die Berufung des Verurteilten hiess das Obergericht des Kantons Zürich R.X. mit Urteil vom 31. Januar 2001 zwar teilweise gut, es bestätigte aber den Schuldspruch wegen Amtsanmassung.
D.- R.X. erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben.
E.- Mit Beschluss vom 3. Dezember 2001 wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich die von R.X. gegen das Urteil des Obergerichts geführte kantonale Nichtigkeitsbeschwerde ab, soweit es überhaupt darauf eintrat.
F.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich hat am 6. Mai 2002 auf Vernehmlassung verzichtet. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. a) Die Amtsanmassung betreffend verweist die Vorinstanz in tatsächlicher Hinsicht global auf den in der Anklageschrift geschilderten Sachverhalt, welcher vom Angeklagten zugestanden worden sei. Die diesbezüglichen Feststellungen sind für das Bundesgericht verbindlich (Art. 277bis Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 287 - Wer sich in rechtswidriger Absicht die Ausübung eines Amtes oder militärische Befehlsgewalt anmasst, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 287 - Wer sich in rechtswidriger Absicht die Ausübung eines Amtes oder militärische Befehlsgewalt anmasst, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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dem Deckmantel einer nicht gegebenen Funktion Befehle erteile, deren Erteilung nur einem Amtsinhaber zustünde. Der Beschwerdeführer habe mit dem polizeilichen Formular eines Beanstandungsrapportes, welches mit der gefälschten Unterschrift einer Verkehrsbeamtin versehen war, Weisungen erteilt, deren Anordnung in dieser Form allein staatlichen Organen zustehe. Es sei damit eine behördliche Intervention vorgetäuscht worden, was den objektiven Tatbestand zu erfüllen vermöge. Nicht von Belang sei dabei, dass das Formular nicht bestimmungsgemäss verwendet und vollständig ausgefüllt worden sei sowie dass die verwendeten Formulierungen ungelenk gewesen seien. Auch der subjektive Tatbestand sei erfüllt, insbesondere liege die vom Gesetz verlangte rechtswidrige Absicht vor. Der Sinn dieses zusätzlichen subjektiven Tatbestandserfordernisses liege darin, diejenigen Fälle aus dem Bereich der Strafbarkeit auszuscheiden, in welchen ein Täter mit seiner Handlung ein Verbrechen verhindert oder Schaden von Dritten abgewendet habe. Der Beschwerdeführer habe sich aber fraglos einen Vorteil verschafft, auch wenn dieser nur in der persönlichen Genugtuung gelegen haben sollte; jedenfalls sei seine Aktion nicht selbstlos gewesen.
b) Dagegen wendet der Beschwerdeführer ein, er habe weder den objektiven noch den subjektiven Tatbestand erfüllt. aa) Hinsichtlich des objektiven Tatbestandes macht er Folgendes geltend: Das verwendete Formular könne ausschliesslich zur Beanstandung technischer Mängel verwendet werden, nicht aber zur Erteilung irgend eines amtlichen Befehls, der sich nicht auf den technischen Zustand eines Fahrzeuges beziehe. Es könne also damit kein Befehl erteilt werden, welcher sich auf die Parkierpraxis beziehe. Es liege insofern ein untauglicher Versuch gemäss Art. 23
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 23 - 1 Führt der Täter aus eigenem Antrieb die strafbare Tätigkeit nicht zu Ende oder trägt er dazu bei, die Vollendung der Tat zu verhindern, so kann das Gericht die Strafe mildern oder von einer Bestrafung absehen. |
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1 | Führt der Täter aus eigenem Antrieb die strafbare Tätigkeit nicht zu Ende oder trägt er dazu bei, die Vollendung der Tat zu verhindern, so kann das Gericht die Strafe mildern oder von einer Bestrafung absehen. |
2 | Sind an einer Tat mehrere Täter oder Teilnehmer beteiligt, so kann das Gericht die Strafe dessen mildern oder von der Bestrafung dessen absehen, der aus eigenem Antrieb dazu beiträgt, die Vollendung der Tat zu verhindern. |
3 | Das Gericht kann die Strafe auch mildern oder von der Bestrafung absehen, wenn der Rücktritt des Täters oder des Teilnehmers die Vollendung der Tat verhindert hätte, diese aber aus anderen Gründen ausbleibt. |
4 | Bemüht sich einer von mehreren Tätern oder Teilnehmern aus eigenem Antrieb ernsthaft, die Vollendung der Tat zu verhindern, so kann das Gericht seine Strafe mildern oder von seiner Bestrafung absehen, wenn die Tat unabhängig von seinem Tatbeitrag begangen wird. |
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bb) In subjektiver Hinsicht verlange das Gesetz das Vorliegen rechtswidriger Absicht. Diese sei jedoch nicht gegeben. Das Rechtsgut bleibe ungeschützt gegenüber gut gemeinten, wenn auch untragbaren Angriffen, die keine Individualrechte verletzten. Eine Verletzung von Individualrechten sei auszuschliessen; im Übrigen habe der betroffene Garagist von Anfang an gewusst, von wem der Rapport stamme. Die Vorinstanz habe die rechtswidrige Absicht deshalb bejaht, weil sich der Beschwerdeführer einen Vorteil habe verschaffen wollen, auch wenn dieser nur in einer persönlichen Genugtuung gelegen haben sollte. Diese Begründung halte zum einen nicht stand vor Art. 277
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 23 - 1 Führt der Täter aus eigenem Antrieb die strafbare Tätigkeit nicht zu Ende oder trägt er dazu bei, die Vollendung der Tat zu verhindern, so kann das Gericht die Strafe mildern oder von einer Bestrafung absehen. |
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1 | Führt der Täter aus eigenem Antrieb die strafbare Tätigkeit nicht zu Ende oder trägt er dazu bei, die Vollendung der Tat zu verhindern, so kann das Gericht die Strafe mildern oder von einer Bestrafung absehen. |
2 | Sind an einer Tat mehrere Täter oder Teilnehmer beteiligt, so kann das Gericht die Strafe dessen mildern oder von der Bestrafung dessen absehen, der aus eigenem Antrieb dazu beiträgt, die Vollendung der Tat zu verhindern. |
3 | Das Gericht kann die Strafe auch mildern oder von der Bestrafung absehen, wenn der Rücktritt des Täters oder des Teilnehmers die Vollendung der Tat verhindert hätte, diese aber aus anderen Gründen ausbleibt. |
4 | Bemüht sich einer von mehreren Tätern oder Teilnehmern aus eigenem Antrieb ernsthaft, die Vollendung der Tat zu verhindern, so kann das Gericht seine Strafe mildern oder von seiner Bestrafung absehen, wenn die Tat unabhängig von seinem Tatbeitrag begangen wird. |
c) Art. 287
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 287 - Wer sich in rechtswidriger Absicht die Ausübung eines Amtes oder militärische Befehlsgewalt anmasst, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 287 - Wer sich in rechtswidriger Absicht die Ausübung eines Amtes oder militärische Befehlsgewalt anmasst, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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behördliche Sanktion an, da Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsrecht von Amtes wegen verfolgt werden. bb) Der Beschwerdeführer hat offensichtlich vorsätzlich gehandelt; bestritten ist allein, dass die vom Gesetz verlangte rechtswidrige Absicht vorgelegen hatte. Die Bedeutung der "rechtswidrigen Absicht" und damit der Umfang des strafbaren Verhaltens gemäss Art. 287
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 287 - Wer sich in rechtswidriger Absicht die Ausübung eines Amtes oder militärische Befehlsgewalt anmasst, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 287 - Wer sich in rechtswidriger Absicht die Ausübung eines Amtes oder militärische Befehlsgewalt anmasst, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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erstrebte, einen Vorteil, der möglicherweise nur in der persönlichen Genugtuung gelegen habe, dem Betroffenen eine Lektion erteilen zu können. Einen weiter gehenden Vorwurf macht die Vorinstanz dem Beschwerdeführer nicht; insbesondere wirft sie ihm nicht vor, widerrechtlich in die Rechtssphäre eines anderen eingegriffen oder einen in anderer Weise widerrechtlichen Zweck verfolgt zu haben. Es kann hier dahin gestellt bleiben, wie die beabsichtigte persönliche Genugtuung unter moralischem Gesichtspunkt zu werten ist, widerrechtlich in einem strikten Sinn ist sie allerdings nicht. Mit anderen Worten fehlt es bei der hier zu beurteilenden Konstellation an der Strafwürdigkeit des inkriminierten Verhaltens. Wird persönliche Genugtuung im Rahmen einer Amtsanmassung angestrebt, indem gleichzeitig in die Rechtssphäre eines anderen eingegriffen wird, ergibt sich die Rechtswidrigkeit und damit die Strafbarkeit des Verhaltens nicht aus der intendierten Genugtuung, sondern bereits aus dem Eingriff in die Rechtssphäre des Betroffenen. Der Beschwerdeführer hat mit seinem Beanstandungsrapport ausschliesslich auf eine allgemein bekannte Norm und, implizit, auf die Sanktion hingewiesen, die eine Verletzung der Norm nach sich ziehen kann. Ein die Strafwürdigkeit seines Verhaltens begründender Eingriff in Rechte anderer ist dabei nicht auszumachen. Für eine enge Auslegung des Tatbestandsmerkmals der rechtswidrigen Absicht spricht im Weiteren auch, dass die von der Vorinstanz festgestellte persönliche Genugtuung in analogen Fällen regelmässig gegeben sein dürfte: Wollte man die rechtswidrige Absicht allein damit begründen, hätte das praktisch zur Folge, dass das zusätzliche subjektive Tatbestandserfordernis immer gegeben wäre, die Strafbarkeit durch dieses Merkmal nicht mehr eingeschränkt und das Merkmal neben Art. 34
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 34 - 1 Bestimmt es das Gesetz nicht anders, so beträgt die Geldstrafe mindestens drei und höchstens 180 Tagessätze.24 Das Gericht bestimmt deren Zahl nach dem Verschulden des Täters. |
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1 | Bestimmt es das Gesetz nicht anders, so beträgt die Geldstrafe mindestens drei und höchstens 180 Tagessätze.24 Das Gericht bestimmt deren Zahl nach dem Verschulden des Täters. |
2 | Ein Tagessatz beträgt in der Regel mindestens 30 und höchstens 3000 Franken.25 Das Gericht kann den Tagessatz ausnahmsweise bis auf 10 Franken senken, wenn die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters dies gebieten.26 Es kann die maximale Höhe des Tagessatzes überschreiten, wenn das Gesetz dies vorsieht. Es bestimmt die Höhe des Tagessatzes nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters im Zeitpunkt des Urteils, namentlich nach Einkommen und Vermögen, Lebensaufwand, allfälligen Familien- und Unterstützungspflichten sowie nach dem Existenzminimum.27 |
3 | Die Behörden des Bundes, der Kantone und der Gemeinden geben die für die Bestimmung des Tagessatzes erforderlichen Auskünfte. |
4 | Zahl und Höhe der Tagessätze sind im Urteil festzuhalten. |