Urteilskopf

127 IV 34

5. Urteil des Kassationshofes vom 30. November 2000 i.S. A. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, B. und C. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 35

BGE 127 IV 34 S. 35

A. fuhr am 5. Dezember 1997 mit seinem Tanklastwagen in Basel von der Riehenstrasse her durch die Hammerstrasse. Er beabsichtigte, beim Stoppsignal an der Kreuzung mit der Clarastrasse nach rechts in Richtung Messeplatz einzubiegen. Den rechten Blinker hatte er bereits ca. 100 m vor der Kreuzung gestellt. Am Stoppbalken hielt er sein Fahrzeug mit einem seitlichen Abstand zum rechten Trottoir von ca. 80-100 cm an. Wegen des regen Verkehrs musste A. am Stoppbalken während rund 30 Sekunden warten. Innerhalb dieser Zeitspanne fuhr die Radfahrerin D., geb. 1955, mit ihrem Fahrrad von hinten herkommend rechts am Tanklastwagen vorbei bis zum Stoppbalken, wo sie auf der Höhe der Führerkabine des Lastwagens und mit einem seitlichen Abstand zu diesem von 50-60 cm stehen blieb. D. war auf ihrer Fahrt erst nach A. in die Hammerstrasse eingebogen und von ihm somit nicht überholt worden. Als die Verzweigung frei wurde, fuhr A. wegen des Schwenkbereichs seines langen Fahrzeuges, wegen eines nahe der Verzweigung in der Clarastrasse parkierten Personenwagens und wegen eines an der Haltestelle der gegenüberliegenden Seite der Clarastrasse wartenden Tramzuges zunächst 1-2 m geradeaus und bog anschliessend nach rechts ein. Da ein älterer Fussgänger den Fussgängerstreifen über die Clarastrasse von der Gegenseite her überqueren wollte, bremste er nochmals ab. Nachdem jener auf das Trottoir zurückgetreten war und A. vorbeigewinkt hatte, setzte dieser seine Fahrt "in einem Zug" fort. Gleichzeitig mit dem Tanklastwagen fuhr auch D., die in Eile war, los, um die Kreuzung in gerader Richtung zu überqueren. Dabei kam es zur Kollision zwischen dem Tanklastwagen und der Radfahrerin. D. stürzte und geriet unter den Lastwagen, wo sie von dessen erstem oder zweiten linken Vorderrad überrollt wurde. Sie erlitt dabei schwere Bauch- und Brustverletzungen, denen sie rund zwei Stunden nach dem Unfall erlag. Der Strafgerichtspräsident Basel-Stadt sprach A. mit Urteil vom 22. März 1999 von der Anklage wegen fahrlässiger Tötung kostenlos frei. Auf Appellation der Geschädigten hin erklärte das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt (Ausschuss) A. mit Urteil vom 14. Juni 2000 der fahrlässigen Tötung schuldig und verurteilte ihn zu einer Busse von Fr. 500.-, bei Uneinbringlichkeit umwandelbar in Haft, bedingt löschbar, mit einer Probezeit von einem Jahr. Ferner verurteilte es A. zur Leistung von Genugtuungen an die Hinterbliebenen des Unfallopfers. Gegen diesen Entscheid führt A. eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde, mit der er beantragt, das angefochtene
BGE 127 IV 34 S. 36

Urteil sei aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zu seiner Freisprechung von der Anklage der fahrlässigen Tötung und zur Abweisung der Adhäsionsklagen der Geschädigten zurückzuweisen. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. Die Geschädigten beantragen in ihrer Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde, soweit auf sie einzutreten sei. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt hat sich innert Frist nicht vernehmen lassen.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1. a) Die Vorinstanz stellt in tatsächlicher Hinsicht für den Kassationshof verbindlich fest (Art. 277bis Abs. 1
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV)
VRV Art. 13 Einspuren und Abbiegen - (Art. 34 Abs. 3, 36 Abs. 1 und 3 SVG)
1    Die Fahrzeugführer müssen beim Abbiegen frühzeitig einspuren. Dies gilt auch beim Abbiegen ausserhalb von Strassenverzweigungen und, soweit möglich, auf schmalen Strassen.82
2    Beim Einspuren nach links darf der Fahrzeugführer den für den Gegenverkehr bestimmten Raum nicht beanspruchen. Auf dreispurigen Strassen mit oder ohne Markierung darf er mit der gebotenen Vorsicht die mittlere Spur benützen.
3    Das Wechseln auf andere Fahrstreifen zum Überholen ist auf Einspurstrecken untersagt, ausgenommen auf Fahrstreifen, die mit den gleichen Fahrzielen bezeichnet sind.83
4    Der Fahrzeugführer darf beim Abbiegen nach links auf Strassenverzweigungen die Kurve nicht schneiden. Fahrzeuge aus entgegengesetzten Richtungen, die beide auf einer Kreuzung nach links abbiegen wollen, haben sich links zu kreuzen.
5    Muss der Fahrzeugführer wegen der Grösse seines Fahrzeugs oder der örtlichen Verhältnisse vor dem Abbiegen nach der Gegenseite ausholen, so hat er besonders vorsichtig zu fahren und nötigenfalls zu halten.
6    Befördern Motorfahrzeuge oder ihre Anhänger sichthemmende Ladungen, ist beim Einspuren und Abbiegen besondere Vorsicht geboten. Nötigenfalls ist eine Hilfsperson beizuziehen, die das Fahrmanöver überwacht.84
BStP; SR 312.0), dass die Fahrradfahrerin sich beim Halt vor dem Stoppbalken im toten Winkel des Tanklastwagens befunden habe und der Beschwerdeführer sie weder durch die Frontscheibe noch in seinen drei rechtsseitig angebrachten Spiegeln habe sehen können. Die Vorinstanz nimmt an, der Beschwerdeführer habe dadurch, dass er in einem Abstand von 80-100 cm zum rechten Trottoirrand angehalten und der Velofahrerin dadurch eine Gasse bis zur Kreuzung geöffnet habe, keine Verkehrsregeln verletzt. Er sei aber aufgrund dieses Umstandes zu besonderer Vorsicht und Aufmerksamkeit verpflichtet gewesen. Desgleichen könne auch dem Opfer keine Verkehrsregelverletzung vorgeworfen werden, wenn es rechts am Tanklastwagen vorbei bis zum Stoppbalken aufgeschlossen habe. Die Vorinstanz gelangt zum Schluss, der Beschwerdeführer habe die Kollision mit der Velofahrerin voraussehen können, obwohl er sie im Zeitpunkt, als sie neben seinem Fahrzeug am Stoppbalken stand, wegen des toten Winkels nicht habe sehen können. In der stark frequentierten Hammerstrasse, wo sich der Unfall ereignet habe, sei besonders während der Stosszeiten immer mit Velofahrern zu rechnen. Dies sei dem Beschwerdeführer bewusst gewesen, habe er doch mit seinem Tanklastwagen regelmässig auf dieser Strasse verkehrt. Aufgrund der allgemeinen Erfahrung habe er daher, auch wenn konkrete Anhaltspunkte hiefür nicht bestanden hätten, damit rechnen müssen, dass eine Velofahrerin sich in seinem sichttoten Winkel befinden könnte, zumal er sein Fahrzeug aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse nicht ganz an den rechten Strassenrand habe halten können. Dafür spreche auch, dass er während rund 30 Sekunden beim Stoppbalken habe warten müssen, bis die Kreuzung für sein Abbiegemanöver frei geworden sei. Dass Velofahrer rechts an wartenden Lastwagen, die nach rechts abzubiegen beabsichtigten und dies mit
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dem Blinker anzeigten, vorbeifahren und nach vorne aufschliessen, sei trotz der damit verbundenen erheblichen Gefahr für ihr Leben und ihre Gesundheit im städtischen Verkehr nicht selten zu beobachten. Nach der Auffassung der Vorinstanz hätte der Beschwerdeführer sich nicht nur dem Verkehr auf der Kreuzung widmen dürfen, sondern hätte seine besondere Aufmerksamkeit auch auf allfällige Velofahrer richten müssen, welche in der von ihm offen gehaltenen Gasse neben seinem Fahrzeug bis zum Stoppbalken vorfahren konnten. Bei dieser Sachlage hätte er sein Abbiegemanöver der vorhandenen Gefahr entsprechend anpassen und langsam ausführen müssen. Da ihm habe bewusst sein müssen, dass er die von seinem Lastwagen ausgehende Gefahrenzone aufgrund des toten Winkels nicht vollumfänglich habe überblicken können, hätte er das Abbiegemanöver quasi nur "wie ein Blinder", der sich bei sehr geringer Geschwindigkeit langsam vorwärts tastet, vornehmen dürfen. Er hätte mit einer Geschwindigkeit abbiegen müssen, welche es der Velofahrerin erlaubt hätte, sich aus dem Gefahrenbereich zu entfernen, ohne von seinem Lastwagen erfasst zu werden. Bei Anwendung dieser Vorsichtspflichten wäre der Unfall und der Tod der Fahrradfahrerin vermeidbar gewesen. Der Beschwerdeführer habe daher den Tod des Unfallopfers fahrlässig verursacht. b) Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe während der rund 30 Sekunden dauernden Wartezeit am Stoppbalken mehrmals in den Rückspiegel geblickt, ohne dass er das spätere Unfallopfer gesehen hätte. Er habe nicht damit rechnen können oder müssen, dass eine Fahrradfahrerin an seinem stehenden Fahrzeug entlang vorbeifahren würde. Eine ununterbrochene Beobachtung des rückwärtigen Geschehens durch die Aussenspiegel sei ihm nicht möglich gewesen, weil er seine Aufmerksamkeit in erster Linie auf den regen Querverkehr in der Clarastrasse, in welche er einbiegen wollte, habe richten müssen. Dies gelte umso mehr, als er sich in einer Stoppstrasse befunden habe, welche Verkehrssituation nicht mit dem Warten vor einem Rotlicht vergleichbar sei. Im Weiteren hätten für ihn keine Anhaltspunkte dafür bestanden, dass sich eine Velofahrerin im sichttoten Winkel seines Fahrzeugs aufhalten könnte. Dass aufgrund der innerstädtischen Verhältnisse damit zu rechnen sei, dass Velofahrer neben einem Lastwagen bis an den Haltebalken aufschliessen könnten, stelle keinen konkreten Anhaltspunkt dar. Wohl lasse sich die Möglichkeit, dass ein Radfahrer oder ein Fussgänger sich im sichttoten Winkel befinden könnte, nicht mit hundertprozentiger Sicherheit ausschliessen. Dies dürfe aber nicht
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gleichgesetzt werden mit einer konkreten Vorhersehbarkeit dieses Umstandes. Im Übrigen habe das Beweisverfahren ergeben, dass die Radfahrerin auch bei Verschieben des Fahrers auf dem Sitz oder bei einer kurzen Erhebung von demselben nicht sichtbar gewesen sei. Ausserdem habe diese sich vorschriftswidrig verhalten und treffe sie ein erhebliches Selbstverschulden, welches die adäquate Kausalität zwischen seinem Verhalten und dem Unfallereignis aufhebe. Schliesslich hält der Beschwerdeführer dafür, er habe während des Rechtsabbiegens wenn nicht angehalten, so doch abgebremst, um einem Fussgänger den Vortritt zu gewähren. Auch wenn diese zusätzliche Verlangsamung des auf einer derart kurzen Anfahrstrecke ohnehin langsam anfahrenden Fahrzeuges nicht bewusst zu Gunsten der Radfahrerin erfolgte, sei sie doch geeignet gewesen, derselben das Anhalten zu erlauben, ohne vom Lastwagen erfasst zu werden. Jedenfalls könne ihm in diesem Zusammenhang keine Verletzung seiner Sorgfaltspflicht oder von Verkehrsregeln vorgeworfen werden.
2. a) Gemäss Art. 117
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 117 - Wer fahrlässig den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB wird mit Gefängnis oder mit Busse bestraft, wer fahrlässig den Tod eines Menschen verursacht. Fahrlässig begeht der Täter ein Verbrechen oder Vergehen, wenn die Tat darauf zurückzuführen ist, dass er die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedacht oder darauf nicht Rücksicht genommen hat (Art. 18 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 18 - 1 Wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um sich oder eine andere Person aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leib, Leben, Freiheit, Ehre, Vermögen oder andere hochwertige Güter zu retten, wird milder bestraft, wenn ihm zuzumuten war, das gefährdete Gut preiszugeben.
1    Wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um sich oder eine andere Person aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leib, Leben, Freiheit, Ehre, Vermögen oder andere hochwertige Güter zu retten, wird milder bestraft, wenn ihm zuzumuten war, das gefährdete Gut preiszugeben.
2    War dem Täter nicht zuzumuten, das gefährdete Gut preiszugeben, so handelt er nicht schuldhaft.
Satz 1 StGB). Ein Schuldspruch wegen fahrlässiger Tötung setzt somit voraus, dass der Täter den Erfolg durch Verletzung einer Sorgfaltspflicht verursacht hat. Sorgfaltswidrig ist die Handlungsweise, wenn der Täter zum Zeitpunkt der Tat aufgrund der Umstände sowie seiner Kenntnisse und Fähigkeiten die damit bewirkte Gefährdung der Rechtsgüter des Opfers hätte erkennen können und müssen und wenn er zugleich die Grenzen des erlaubten Risikos überschritten hat (Art. 18 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 18 - 1 Wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um sich oder eine andere Person aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leib, Leben, Freiheit, Ehre, Vermögen oder andere hochwertige Güter zu retten, wird milder bestraft, wenn ihm zuzumuten war, das gefährdete Gut preiszugeben.
1    Wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um sich oder eine andere Person aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leib, Leben, Freiheit, Ehre, Vermögen oder andere hochwertige Güter zu retten, wird milder bestraft, wenn ihm zuzumuten war, das gefährdete Gut preiszugeben.
2    War dem Täter nicht zuzumuten, das gefährdete Gut preiszugeben, so handelt er nicht schuldhaft.
Satz 2 StGB; BGE 122 IV 17 E. 2b, 133 E. 2a, 145 E. 3b sowie 225 E. 2a; BGE 121 IV 10 E. 3, je mit Hinweisen). Wo besondere Normen ein bestimmtes Verhalten gebieten, bestimmt sich das Mass der dabei zu beachtenden Sorgfalt in erster Linie nach diesen Vorschriften (BGE 122 IV 17 E. 2b/aa mit Hinweisen). Grundvoraussetzung für das Bestehen einer Sorgfaltspflichtverletzung und mithin für die Fahrlässigkeitshaftung ist die Vorhersehbarkeit des Erfolgs. Die zum Erfolg führenden Geschehensabläufe müssen für den konkreten Täter mindestens in seinen wesentlichen Zügen voraussehbar sein (STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allg. Teil I, 2. Aufl., Bern 1996, § 16 N. 16;
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TRECHSEL/NOLL, Schweizerisches Strafrecht, Allg. Teil I, 5. Aufl., Zürich 1998, S. 269 f.; RIKLIN, Schweizerisches Strafrecht, Allg. Teil I, S. 201, § 16 N. 44). Zunächst ist daher zu fragen, ob der Täter eine Gefährdung der Rechtsgüter des Opfers hätte voraussehen bzw. erkennen können und müssen. Für die Beantwortung dieser Frage gilt der Massstab der Adäquanz. Danach muss sein Verhalten geeignet sein, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und den Erfahrungen des Lebens einen Erfolg wie den eingetretenen herbeizuführen oder mindestens zu begünstigen. Die Adäquanz ist nur zu verneinen, wenn ganz aussergewöhnliche Umstände, wie das Mitverschulden eines Dritten oder Material- oder Konstruktionsfehler, als Mitursachen hinzutreten, mit denen schlechthin nicht gerechnet werden musste und die derart schwer wiegen, dass sie als wahrscheinlichste und unmittelbarste Ursache des Erfolges erscheinen und so alle anderen mitverursachenden Faktoren - namentlich das Verhalten des Angeschuldigten - in den Hintergrund drängen (BGE 122 II 315 E. 3c; BGE 122 IV 17 E. 2c/bb; BGE 121 IV 10 E. 3 und 286 E. 3; BGE 120 IV 300 E. 3e, je mit Hinweisen). b) Rechtliche Grundlage bildet zunächst Art. 34 Abs. 3
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 34 - 1 Fahrzeuge müssen rechts, auf breiten Strassen innerhalb der rechten Fahrbahnhälfte fahren. Sie haben sich möglichst an den rechten Strassenrand zu halten, namentlich bei langsamer Fahrt und auf unübersichtlichen Strecken.
1    Fahrzeuge müssen rechts, auf breiten Strassen innerhalb der rechten Fahrbahnhälfte fahren. Sie haben sich möglichst an den rechten Strassenrand zu halten, namentlich bei langsamer Fahrt und auf unübersichtlichen Strecken.
2    Auf Strassen mit Sicherheitslinien ist immer rechts dieser Linien zu fahren.
3    Der Führer, der seine Fahrrichtung ändern will, wie zum Abbiegen, Überholen, Einspuren und Wechseln des Fahrstreifens, hat auf den Gegenverkehr und auf die ihm nachfolgenden Fahrzeuge Rücksicht zu nehmen.
4    Gegenüber allen Strassenbenützern ist ausreichender Abstand zu wahren, namentlich beim Kreuzen und Überholen sowie beim Neben- und Hintereinanderfahren.
SVG (SR 741.01). Nach dieser Bestimmung hat der Fahrzeugführer, der seine Fahrtrichtung ändern will, wie zum Abbiegen, Überholen, Einspuren und Wechseln des Fahrstreifens, auf den Gegenverkehr und auf die ihm nachfolgenden Fahrzeuge Rücksicht zu nehmen (vgl. auch Art. 44 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 44 - 1 Auf Strassen, die für den Verkehr in gleicher Richtung in mehrere Fahrstreifen unterteilt sind, darf der Führer seinen Streifen nur verlassen, wenn er dadurch den übrigen Verkehr nicht gefährdet.
1    Auf Strassen, die für den Verkehr in gleicher Richtung in mehrere Fahrstreifen unterteilt sind, darf der Führer seinen Streifen nur verlassen, wenn er dadurch den übrigen Verkehr nicht gefährdet.
2    Das gleiche gilt sinngemäss, wenn auf breiten Strassen ohne Fahrstreifen Fahrzeugkolonnen in gleicher Richtung nebeneinander fahren.
SVG). Art. 39 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 39 - 1 Jede Richtungsänderung ist mit dem Richtungsanzeiger oder durch deutliche Handzeichen rechtzeitig bekannt zu geben. Dies gilt namentlich für:
1    Jede Richtungsänderung ist mit dem Richtungsanzeiger oder durch deutliche Handzeichen rechtzeitig bekannt zu geben. Dies gilt namentlich für:
a  das Einspuren, Wechseln des Fahrstreifens und Abbiegen;
b  das Überholen und das Wenden;
c  das Einfügen eines Fahrzeuges in den Verkehr und das Anhalten am Strassenrand.
2    Die Zeichengebung entbindet den Fahrzeugführer nicht von der gebotenen Vorsicht.
SVG schreibt vor, dass jede Richtungsänderung mit dem Richtungsanzeiger rechtzeitig anzuzeigen ist. Jedoch entbindet eine pflichtgemässe Zeichengebung den Fahrzeugführer gemäss Abs. 2 derselben Bestimmung nicht von der gebotenen Vorsicht (vgl. hiezu BGE 91 IV 10 E. 1; ferner BGE 125 IV 83 E. 2a). Überdies hat sich, wer rechts abbiegen will, nach Art. 36 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 36 - 1 Wer nach rechts abbiegen will, hat sich an den rechten Strassenrand, wer nach links abbiegen will, gegen die Strassenmitte zu halten.
1    Wer nach rechts abbiegen will, hat sich an den rechten Strassenrand, wer nach links abbiegen will, gegen die Strassenmitte zu halten.
2    Auf Strassenverzweigungen hat das von rechts kommende Fahrzeug den Vortritt. Fahrzeuge auf gekennzeichneten Hauptstrassen haben den Vortritt, auch wenn sie von links kommen. Vorbehalten bleibt die Regelung durch Signale oder durch die Polizei.
3    Vor dem Abbiegen nach links ist den entgegenkommenden Fahrzeugen der Vortritt zu lassen.
4    Der Führer, der sein Fahrzeug in den Verkehr einfügen, wenden oder rückwärts fahren will, darf andere Strassenbenützer nicht behindern; diese haben den Vortritt.
SVG an den rechten Strassenrand zu halten. Muss der Fahrzeugführer wegen der Grösse seines Fahrzeugs oder der örtlichen Verhältnisse vor dem Abbiegen nach der Gegenseite ausholen, hat er nach Art. 13 Abs. 5
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV)
VRV Art. 13 Einspuren und Abbiegen - (Art. 34 Abs. 3, 36 Abs. 1 und 3 SVG)
1    Die Fahrzeugführer müssen beim Abbiegen frühzeitig einspuren. Dies gilt auch beim Abbiegen ausserhalb von Strassenverzweigungen und, soweit möglich, auf schmalen Strassen.82
2    Beim Einspuren nach links darf der Fahrzeugführer den für den Gegenverkehr bestimmten Raum nicht beanspruchen. Auf dreispurigen Strassen mit oder ohne Markierung darf er mit der gebotenen Vorsicht die mittlere Spur benützen.
3    Das Wechseln auf andere Fahrstreifen zum Überholen ist auf Einspurstrecken untersagt, ausgenommen auf Fahrstreifen, die mit den gleichen Fahrzielen bezeichnet sind.83
4    Der Fahrzeugführer darf beim Abbiegen nach links auf Strassenverzweigungen die Kurve nicht schneiden. Fahrzeuge aus entgegengesetzten Richtungen, die beide auf einer Kreuzung nach links abbiegen wollen, haben sich links zu kreuzen.
5    Muss der Fahrzeugführer wegen der Grösse seines Fahrzeugs oder der örtlichen Verhältnisse vor dem Abbiegen nach der Gegenseite ausholen, so hat er besonders vorsichtig zu fahren und nötigenfalls zu halten.
6    Befördern Motorfahrzeuge oder ihre Anhänger sichthemmende Ladungen, ist beim Einspuren und Abbiegen besondere Vorsicht geboten. Nötigenfalls ist eine Hilfsperson beizuziehen, die das Fahrmanöver überwacht.84
der Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV; SR 741.11) besonders vorsichtig zu fahren und nötigenfalls zu halten. Schliesslich hat der Fahrzeuglenker in einer Stoppstrasse dem Verkehr auf der Strasse, der er sich nähert, den Vortritt zu gewähren und darf diesen in seiner Fahrt nicht behindern (Art. 36 Abs. 2
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 36 - 1 Wer nach rechts abbiegen will, hat sich an den rechten Strassenrand, wer nach links abbiegen will, gegen die Strassenmitte zu halten.
1    Wer nach rechts abbiegen will, hat sich an den rechten Strassenrand, wer nach links abbiegen will, gegen die Strassenmitte zu halten.
2    Auf Strassenverzweigungen hat das von rechts kommende Fahrzeug den Vortritt. Fahrzeuge auf gekennzeichneten Hauptstrassen haben den Vortritt, auch wenn sie von links kommen. Vorbehalten bleibt die Regelung durch Signale oder durch die Polizei.
3    Vor dem Abbiegen nach links ist den entgegenkommenden Fahrzeugen der Vortritt zu lassen.
4    Der Führer, der sein Fahrzeug in den Verkehr einfügen, wenden oder rückwärts fahren will, darf andere Strassenbenützer nicht behindern; diese haben den Vortritt.
SVG, Art. 14 Abs. 1
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV)
VRV Art. 14 Ausübung des Vortritts - (Art. 36 Abs. 2-4 SVG)
1    Wer zur Gewährung des Vortritts verpflichtet ist, darf den Vortrittsberechtigten in seiner Fahrt nicht behindern. Er hat seine Geschwindigkeit frühzeitig zu mässigen und, wenn er warten muss, vor Beginn der Verzweigung zu halten.
2    Der Vortrittsberechtigte hat auf Strassenbenützer Rücksicht zu nehmen, welche die Strassenverzweigungen erreichten, bevor sie ihn erblicken konnten.
3    Dem vortrittsberechtigten Verkehr in parallelen Kolonnen ist der Vortritt auch zu lassen, wenn die nähere Kolonne stillsteht.
4    Reiter sowie Führer von Pferden und anderen grösseren Tieren sind den Fahrzeugführern beim Vortritt gleichgestellt.85
5    In nicht geregelten Fällen, zum Beispiel wenn auf einer Verzweigung zugleich aus allen Richtungen Fahrzeuge eintreffen, haben die Führer besonders vorsichtig zu fahren und sich über den Vortritt zu verständigen.
VRV, Art. 36 Abs. 1
SR 741.21 Signalisationsverordnung vom 5. September 1979 (SSV)
SSV Art. 36 Signale «Stop» und «Kein Vortritt» - 1 Das Signal «Stop» (3.01) verpflichtet den Führer, anzuhalten und den Fahrzeugen auf der Strasse, der er sich nähert, den Vortritt zu gewähren.100 Für die das Signal ergänzende Haltelinie (6.10) gilt Artikel 75 Absätze 1, 2 und 5.
1    Das Signal «Stop» (3.01) verpflichtet den Führer, anzuhalten und den Fahrzeugen auf der Strasse, der er sich nähert, den Vortritt zu gewähren.100 Für die das Signal ergänzende Haltelinie (6.10) gilt Artikel 75 Absätze 1, 2 und 5.
2    Das Signal «Kein Vortritt» (3.02) verpflichtet den Führer, den Fahrzeugen auf der Strasse, der er sich nähert, den Vortritt zu gewähren. Für die das Signal ergänzende Wartelinie (6.13) gilt Artikel 75 Absätze 3-5.
3    Die Signale «Stop» und «Kein Vortritt» sind bei Verzweigungen mit Lichtsignalanlagen nur zu beachten, wenn der Verkehr nicht durch Lichtsignale geregelt wird.
4    Die Signale stehen am rechten Fahrbahnrand kurz vor Verzweigungen. Auf Strassen mit mehreren Fahrstreifen in der gleichen Richtung werden die Signale in der Regel links wiederholt.101
5    Müssen die Signale um mehr als 10 m zurückverlegt werden, wird der Abstand auf der «Distanztafel» (5.01) vermerkt. Für die Aufstellung des Signals «Kein Vortritt» auf Einfahrten zu Autobahnen und Autostrassen gilt Artikel 88 Absatz 1.
6    Die Signale können von der Behörde auf Feldwegen, Radwegen, auf Fabrik-, Hof- oder Garageausfahrten, Ausfahrten von Parkplätzen, Tankstellen und dergleichen angebracht werden, wenn dies zur Verdeutlichung der Vortrittsverhältnisse (Art. 15 Abs. 3 VRV102) geboten ist.
7    Das Signal «Stop» darf nur an Stellen angebracht werden, wo infolge fehlender Sicht ein Halt unerlässlich ist. Bei Bahnübergängen ist die Bewilligung des ASTRA erforderlich.
8    Die Signale «Stop» und «Kein Vortritt» können vor Verzweigungen vorsignalisiert werden auf Hauptstrassen, deren Vortritt zugunsten einer andern Hauptstrasse aufgehoben wird. Die Signale mit beigefügter «Distanztafel» (5.01) stehen am rechten Fahrbahnrand, ausserorts 150-250 m, innerorts etwa 50 m vor der Verzweigung. Auf Strassen mit mehreren Fahrstreifen in der gleichen Richtung werden die Signale in der Regel links wiederholt.103
SSV ([SR 741.21]). Nach der Rechtsprechung muss sich der nach rechts abbiegende Fahrzeuglenker grundsätzlich durch geeignete Vorkehren nach
BGE 127 IV 34 S. 40

rückwärts vergewissern, ob er das Manöver gefahrlos durchführen kann. Wo er sich vorschriftsgemäss an den rechten Strassenrand hält und nach rechts abbiegen kann, ohne zuvor brüsk zu bremsen oder nach der Gegenseite ausholen zu müssen, besteht aber keine Veranlassung, ihn vor dem Abbiegen auch zur Beobachtung des nachfolgenden Verkehrs zu verpflichten. Denn wo nach der Verkehrslage objektiv keine Gefahr besteht, hat der sich ordnungsgemäss verhaltende Verkehrsteilnehmer nach dem aus Art. 26 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 26 - 1 Jedermann muss sich im Verkehr so verhalten, dass er andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet.
1    Jedermann muss sich im Verkehr so verhalten, dass er andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet.
2    Besondere Vorsicht ist geboten gegenüber Kindern, Gebrechlichen und alten Leuten, ebenso wenn Anzeichen dafür bestehen, dass sich ein Strassenbenützer nicht richtig verhalten wird.
SVG abgeleiteten Vertrauensgrundsatz auch nicht mit einer solchen zu rechnen. Darauf kann sich indes nicht berufen, wer eine für andere Verkehrsteilnehmer unklare oder gefährliche Verkehrslage schafft. So ist, wer einen so weiten Abstand vom rechten Strassenrand einhalten muss, dass er rechts überholt werden kann, zu besonderer Vorsicht verpflichtet und muss alle Vorkehren treffen, um den sich aus diesem Umstand ergebenden Gefahren begegnen zu können. Er darf erst dann nach rechts abbiegen, wenn er die Gewissheit erlangt hat, dass er dabei nicht mit einem anderen Verkehrsteilnehmer kollidieren werde (BGE 97 IV 34; BGE 91 IV 19; ferner SCHAFFHAUSER, Grundriss des schweizerischen Strassenverkehrsrechts, Band I, N. 607). In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass es Radfahrern gemäss Art. 42 Abs. 3
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV)
VRV Art. 42 Motorräder, Motorfahrräder und Fahrräder; Allgemeines - (Art. 19 Abs. 1, 46 Abs. 4, 47 Abs. 2 SVG)165
1    Motorradfahrer und Radfahrer müssen den für sie bestimmten Platz einnehmen. Kinder dürfen ein Fahrrad nur benützen, wenn sie die Pedale treten können.166
2    Motorradfahrer und Radfahrer dürfen keine Gegenstände mitführen, welche die Zeichengebung verunmöglichen oder andere Strassenbenützer gefährden. Mitgeführte Gegenstände dürfen höchstens 1 m breit sein.
3    Radfahrer dürfen rechts neben einer Motorfahrzeugkolonne vorbeifahren, wenn genügend freier Raum vorhanden ist; das slalomartige Vorfahren ist untersagt. Sie dürfen die Weiterfahrt der Kolonne nicht behindern und sich namentlich nicht vor haltende Wagen stellen.167
4    Die Führer von Motorfahrrädern sowie die Führer von Elektro-Rikschas mit einer Breite bis 1,00 m haben die Vorschriften für Radfahrer zu beachten. Zusätzlich haben sie die allgemeinen und signalisierten Höchstgeschwindigkeiten einzuhalten.168
VRV, auch wenn sie sich nicht auf einem Radstreifen befinden (vgl. Art. 1 Abs. 7
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV)
VRV Art. 1 - (Art. 1 SVG)
1    Strassen sind die von Motorfahrzeugen, motorlosen Fahrzeugen oder Fussgängern benützten Verkehrsflächen.
2    Öffentlich sind Strassen, die nicht ausschliesslich privatem Gebrauch dienen.
3    Autobahnen und Autostrassen sind die dem Motorfahrzeugverkehr vorbehaltenen und entsprechend signalisierten Strassen (Art. 45 Abs. 1 der V vom 5. Sept. 19795 über die Strassensignalisation, SSV)6 Autobahnen weisen eine getrennte Fahrbahn für jede der beiden Richtungen auf und sind frei von höhengleichen Kreuzungen.
4    Fahrbahn ist der dem Fahrverkehr dienende Teil der Strasse.
5    Fahrstreifen sind markierte Teile der Fahrbahn, die für die Fortbewegung einer Fahrzeugkolonne Raum bieten (Art. 74 SSV).7
6    Radwege sind die für Radfahrer bestimmten, von der Fahrbahn durch bauliche Massnahmen getrennten und entsprechend signalisierten Wege (Art. 33 Abs. 1 SSV).8
7    Radstreifen sind die für Radfahrer bestimmten Fahrstreifen, die normalerweise durch gelbe unterbrochene oder ausnahmsweise durch ununterbrochene Linien gekennzeichnet sind (Art. 74 Abs. 5 SSV9).10
8    Verzweigungen sind Kreuzungen, Gabelungen oder Einmündungen von Fahrbahnen. Das Zusammentreffen von Rad- oder Feldwegen, von Garage-, Parkplatz-, Fabrik- oder Hofausfahrten usw. mit der Fahrbahn gilt nicht als Verzweigung.
9    Verkehrsregelung* ist das Anhalten und Freigeben des Verkehrs durch Polizei oder Lichtsignale.
10    Fahrzeugähnliche Geräte sind Rollschuhe, Inline-Skates, Trottinette oder ähnliche mit Rädern oder Rollen ausgestattete Fortbewegungsmittel, welche ausschliesslich durch die Körperkraft des Benützers angetrieben werden. Kinderräder sind den fahrzeugähnlichen Geräten gleichgestellt.11
und Art. 40
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV)
VRV Art. 40 Radwege und Radstreifen - (Art. 43 Abs. 2 und 46 Abs. 1 SVG)
1    Die Radfahrer haben den Vortritt zu gewähren, wenn sie aus einem Radweg oder Radstreifen auf die anliegende Fahrbahn fahren und wenn sie beim Überholen den Radstreifen verlassen.
2    Fussgänger dürfen Radwege benützen, wo Trottoir und Fussweg fehlen.150
3    Führer anderer Fahrzeuge dürfen auf dem mit einer unterbrochenen Linie abgegrenzten Radstreifen (6.09) fahren, sofern sie den Fahrradverkehr dadurch nicht behindern.151
4    Ausserhalb von Verzweigungen, z.B. bei Einfahrten zu Liegenschaften, müssen Führer anderer Fahrzeuge beim Überqueren von Radwegen oder Radstreifen den Radfahrern den Vortritt lassen.152
5    Verläuft ein Radweg in einem Abstand von nicht mehr als 2 m entlang einer Fahrbahn für den Motorfahrzeugverkehr, gelten bei Verzweigungen für die Radfahrer die gleichen Vortrittsregeln wie für die Fahrzeugführer der anliegenden Fahrbahn. Die Motorfahrzeugführer der anliegenden Fahrbahn haben beim Abbiegen den Radfahrern den Vortritt zu gewähren.153
VRV), erlaubt ist, rechts neben einer Motorfahrzeugkolonne vorbeizufahren, wenn genügend freier Raum vorhanden ist.
3. a) Nach den verbindlichen Feststellungen der kantonalen Instanzen befand sich das Opfer für den Beschwerdeführer während der Wartezeit im sichttoten Winkel und konnte von diesem beim Halt am Stoppbalken nicht gesehen werden. Der Beschwerdeführer macht aufgrund dessen geltend, er habe den Unfall nicht vorhersehen können und dieser sei nicht vermeidbar gewesen. b) Das Bundesgericht hat sich schon mehrfach mit dem Problem des sichttoten Winkels zu befassen gehabt, namentlich im Zusammenhang mit Unfällen, bei denen Lastwagen und Fahrradfahrer beteiligt waren. Nach seiner Rechtsprechung handelt es sich beim sichttoten Winkel um einen in der Bauart des Fahrzeuges liegenden Faktor, den der Fahrzeuglenker grundsätzlich von vornherein in Rechnung zu stellen hat. Dementsprechend hat es verschiedentlich ausgeführt, es gehe nicht an, das Verborgenbleiben eines Verkehrsteilnehmers dem Zufall zuzuschreiben und die sich aus dem sichttoten Winkel ergebenden Risiken auf andere Strassenbenützer abzuwälzen. Vielmehr müsse der Fahrzeuglenker dafür besorgt sein, dass
BGE 127 IV 34 S. 41

die sich aus jenem Faktor ergebenden Risiken ausgeschaltet werden (BGE 83 IV 163 E. 2; BGE 107 IV 55 E. 2c; vgl. auch die nicht publizierten Entscheide des Kassationshofs vom 23.10.1998 i.S. O., vom 9.11.1999 i.S. J.M. und vom 23.11.1999 i.S. A.). Für den Fall einer Sichtbeschränkung nach vorn, die nicht durch entsprechende Spiegel, welche vom Führersitz aus Einsicht in den sichttoten Winkel erlauben, behoben wird, hat das Bundesgericht dementsprechend erkannt, der Fahrzeugführer müsse sich kurz vom Sitz erheben, sich vorbeugen oder seitlich etwas verschieben, um genügende Sicht zu gewinnen und sich zu vergewissern, dass sich niemand im unüberblickbaren Bereich seines Fahrzeugs befinde. Das sei jedenfalls dann zumutbar, wenn nach den Umständen eine nahe Möglichkeit bestehe, dass Fussgänger unmittelbar vor dem Fahrzeug durchgingen (BGE 107 IV 55 E. 2c). Nichts anderes gilt im Grundsatz auch dort, wo die Sicht - wie im zu beurteilenden Fall - seitlich nach rechts beschränkt ist. Wohl ist einzuräumen, dass in solchen Fällen die vom Bundesgericht für die Sichtverminderung nach vorn genannten Vorsichtsmassnahmen nur beschränkt tauglich sind, den durch den toten Winkel bedingten Gefahren wirksam zu begegnen. So wird ein Sich-vom-Sitz-Erheben oder ein seitliches Verschieben in der Regel nicht genügen, um ausreichenden Einblick in den nicht einsehbaren Bereich auf der rechten Seite des Fahrzeugs zu gewinnen. Auch erlauben die von Art. 112 Abs. 1
SR 741.41 Verordnung vom 19. Juni 1995 über die technischen Anforderungen an Strassenfahrzeuge (VTS)
VTS Art. 112 - 1 Motorwagen müssen links und rechts aussen je einen Rückspiegel tragen, womit der Führer oder die Führerin die Fahrbahn seitlich neben dem Aufbau und nach hinten mindestens 100 m weit leicht überblicken kann.
1    Motorwagen müssen links und rechts aussen je einen Rückspiegel tragen, womit der Führer oder die Führerin die Fahrbahn seitlich neben dem Aufbau und nach hinten mindestens 100 m weit leicht überblicken kann.
2    Bei Fahrzeugen der Klassen M1 und N1, die mit einem ausreichend grossen Heckfenster ausgerüstet sind und keine Anhänger mitführen können, kann ein Innenspiegel den rechten Aussenspiegel ersetzen.
3    Rückspiegel müssen möglichst erschütterungsfrei angebracht sein und ein verzerrungsfreies Bild ergeben. Die Spiegelfläche muss bei leichten Motorwagen mindestens 70 cm2, bei schweren Motorwagen, wenn sie konvex ist, mindestens 150 cm2 und, wenn sie plan ist, mindestens 300 cm2 betragen. Der Krümmungsradius konvexer Spiegel darf nicht weniger als 0,80 m messen.
4    Fahrzeuge der Klassen N2 und N3 müssen, zusätzlich zu den nach Absatz 1 vorgeschriebenen Rückspiegeln, mit folgenden Spiegeln ausgerüstet sein:
a  mit einem Frontspiegel; davon ausgenommen sind Fahrzeuge der Klasse N2 mit einem Gesamtgewicht bis 7,50 t;
b  auf beiden Seiten mit einem grosswinkligen Aussenspiegel beziehungsweise einem Weitwinkelspiegel; und
c  auf der dem Lenkrad gegenüberliegenden Seite mit einem Anfahr- oder Rampenspiegel. Fahrzeuge der Klasse N2 mit einem Gesamtgewicht bis 7,50 t benötigen den Anfahr- oder Rampenspiegel nur, wenn dieser in einer Höhe von mindestens 2 m über dem Boden angebracht werden kann.525
4bis    Die Anforderungen an die Spiegel nach Absatz 4 und deren Anbringung richten sich nach der Verordnung (EU) 2019/2144 oder dem UNECE-Reglement Nr. 46.526
4ter    Anstelle der Spiegel nach den Absätzen 1-4 sind andere Einrichtungen zulässig, die es dem Führer oder der Führerin ermöglichen, dasselbe Sichtfeld einzusehen, sofern diese Einrichtungen dem UNECE-Reglement Nr. 46 entsprechen.527
5    Bei Motorwagen, bei denen Fahrzeugteile, Arbeits- oder Zusatzgeräte nach vorne mehr als 3,00 m, jedoch höchstens 4,00 m, vor die Mitte der Lenkvorrichtung reichen, sind Seitenblickspiegel erforderlich. Ausgenommen sind Fahrzeuge mit Schneeräumgeräten. Die Seitenblickspiegel müssen als Weitwinkelspiegel ausgeführt und bei rechteckiger oder ovaler Form im Querformat ausgerichtet sein. Sie müssen eine konvexe Spiegelfläche von je 500 cm2 aufweisen. Sie sind möglichst weit vorne anzubringen und dürfen vom vordersten Punkt höchstens 2,50 m zurückversetzt sein. Anstelle der Seitenblickspiegel kann ein geprüftes Kamera-Monitor-System nach Absatz 6 verwendet werden.528
6    Bei Motorwagen, bei denen Arbeits- oder Zusatzgeräte nach vorne mehr als 4,00 m vor die Mitte der Lenkvorrichtung reichen (Art. 94 Abs. 1quinquies), ist ein geprüftes Kamera-Monitor-System erforderlich. Ausgenommen sind Fahrzeuge mit Schneeräumgeräten. Die Seitenblick-Kameras des Kamera-Monitor-Systems sind möglichst weit vorne anzubringen und dürfen vom vordersten Punkt des Zusatzgeräts höchstens 2,50 m zurückversetzt sein. Die Anforderungen an das Kamera-Monitor-System richten sich nach Anhang 13.529
und 4
SR 741.41 Verordnung vom 19. Juni 1995 über die technischen Anforderungen an Strassenfahrzeuge (VTS)
VTS Art. 112 - 1 Motorwagen müssen links und rechts aussen je einen Rückspiegel tragen, womit der Führer oder die Führerin die Fahrbahn seitlich neben dem Aufbau und nach hinten mindestens 100 m weit leicht überblicken kann.
1    Motorwagen müssen links und rechts aussen je einen Rückspiegel tragen, womit der Führer oder die Führerin die Fahrbahn seitlich neben dem Aufbau und nach hinten mindestens 100 m weit leicht überblicken kann.
2    Bei Fahrzeugen der Klassen M1 und N1, die mit einem ausreichend grossen Heckfenster ausgerüstet sind und keine Anhänger mitführen können, kann ein Innenspiegel den rechten Aussenspiegel ersetzen.
3    Rückspiegel müssen möglichst erschütterungsfrei angebracht sein und ein verzerrungsfreies Bild ergeben. Die Spiegelfläche muss bei leichten Motorwagen mindestens 70 cm2, bei schweren Motorwagen, wenn sie konvex ist, mindestens 150 cm2 und, wenn sie plan ist, mindestens 300 cm2 betragen. Der Krümmungsradius konvexer Spiegel darf nicht weniger als 0,80 m messen.
4    Fahrzeuge der Klassen N2 und N3 müssen, zusätzlich zu den nach Absatz 1 vorgeschriebenen Rückspiegeln, mit folgenden Spiegeln ausgerüstet sein:
a  mit einem Frontspiegel; davon ausgenommen sind Fahrzeuge der Klasse N2 mit einem Gesamtgewicht bis 7,50 t;
b  auf beiden Seiten mit einem grosswinkligen Aussenspiegel beziehungsweise einem Weitwinkelspiegel; und
c  auf der dem Lenkrad gegenüberliegenden Seite mit einem Anfahr- oder Rampenspiegel. Fahrzeuge der Klasse N2 mit einem Gesamtgewicht bis 7,50 t benötigen den Anfahr- oder Rampenspiegel nur, wenn dieser in einer Höhe von mindestens 2 m über dem Boden angebracht werden kann.525
4bis    Die Anforderungen an die Spiegel nach Absatz 4 und deren Anbringung richten sich nach der Verordnung (EU) 2019/2144 oder dem UNECE-Reglement Nr. 46.526
4ter    Anstelle der Spiegel nach den Absätzen 1-4 sind andere Einrichtungen zulässig, die es dem Führer oder der Führerin ermöglichen, dasselbe Sichtfeld einzusehen, sofern diese Einrichtungen dem UNECE-Reglement Nr. 46 entsprechen.527
5    Bei Motorwagen, bei denen Fahrzeugteile, Arbeits- oder Zusatzgeräte nach vorne mehr als 3,00 m, jedoch höchstens 4,00 m, vor die Mitte der Lenkvorrichtung reichen, sind Seitenblickspiegel erforderlich. Ausgenommen sind Fahrzeuge mit Schneeräumgeräten. Die Seitenblickspiegel müssen als Weitwinkelspiegel ausgeführt und bei rechteckiger oder ovaler Form im Querformat ausgerichtet sein. Sie müssen eine konvexe Spiegelfläche von je 500 cm2 aufweisen. Sie sind möglichst weit vorne anzubringen und dürfen vom vordersten Punkt höchstens 2,50 m zurückversetzt sein. Anstelle der Seitenblickspiegel kann ein geprüftes Kamera-Monitor-System nach Absatz 6 verwendet werden.528
6    Bei Motorwagen, bei denen Arbeits- oder Zusatzgeräte nach vorne mehr als 4,00 m vor die Mitte der Lenkvorrichtung reichen (Art. 94 Abs. 1quinquies), ist ein geprüftes Kamera-Monitor-System erforderlich. Ausgenommen sind Fahrzeuge mit Schneeräumgeräten. Die Seitenblick-Kameras des Kamera-Monitor-Systems sind möglichst weit vorne anzubringen und dürfen vom vordersten Punkt des Zusatzgeräts höchstens 2,50 m zurückversetzt sein. Die Anforderungen an das Kamera-Monitor-System richten sich nach Anhang 13.529
der Verordnung vom 19. Juni 1995 über die technischen Anforderungen an Strassenfahrzeuge (VTS; SR 741.41) auf der rechten Seite von schweren Lastwagen nunmehr vorgeschriebenen Rück- und Anfahr- bzw. Rampenspiegel kein volles Ausleuchten des sichttoten Winkels. Wohl bestehen heute weitere technische Möglichkeiten, die das Problem zumindest entschärfen, wozu namentlich ein zusätzlicher, an der oberen rechten Ecke des Lastwagens anzubringender stark gewölbter Spiegel (sog. "TOWISPICK"), und ein, bereits in mehreren Städten, namentlich nunmehr auch in Basel, verwendeter, an Verkehrsampeln oder -schildern zu montierender Spiegel (sog. "TRIXI-Spiegel"), gehören, die einen - wenn auch zum Teil nur verzerrten - Einblick in den verdeckten Sichtbereich erlauben. Diese zusätzlichen Ausrüstungen sind jedoch zum heutigen Zeitpunkt nicht vorgeschrieben, was - wie das Bundesgericht schon in seinem nicht publizierten Entscheid vom 23.11.1999 i.S. A. angemerkt hat - angesichts des Umstandes, dass der sichttote Winkel schon wiederholt Ursache für schwere Unfälle war und ein beträchtliches Gefahrenpotential in sich birgt, nicht ohne weiteres
BGE 127 IV 34 S. 42

einzuleuchten vermag. Der Chauffeur muss sich jedenfalls den aus dem Problem des sichttoten Winkels resultierenden Gefahren bewusst sein und die ihm möglichen Massnahmen treffen, um das Risiko zu beseitigen, wenn nach den Umständen die nahe Möglichkeit besteht, dass sich Verkehrsteilnehmer rechts von seinem Fahrzeug im verdeckten Sichtbereich befinden könnten. Dazu gehört, dass er dieser Gefahr im Sinne einer vorausschauenden Vorsicht besondere Aufmerksamkeit schenkt und das Verkehrsgeschehen im Hinblick auf sein beabsichtigtes Fahrmanöver beobachtet. Eine Sorgfaltspflichtverletzung kann dem Lastwagenlenker nur dann nicht zur Last gelegt werden, wenn sich mit Sicherheit ausschliessen lässt, dass er auch bei Aufwendung aller gehörigen und zumutbaren Vorsicht einen im sichttoten Bereich seines Fahrzeugs verborgenen anderen Verkehrsteilnehmer hätte erkennen können und er mit einem solchen aufgrund der konkreten Verhältnisse auch nicht hätte rechnen müssen. c) aa) Die Vorinstanz gründet die Annahme, der Unfall sei für den Beschwerdeführer vorhersehbar gewesen, im Wesentlichen auf die Erfahrungstatsache, dass auf stark frequentierten städtischen Strassen, insbesondere während der so genannten "rush-hours" immer mit Velofahrern zu rechnen sei. Nach dem aus der Grundregel von Art. 26 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 26 - 1 Jedermann muss sich im Verkehr so verhalten, dass er andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet.
1    Jedermann muss sich im Verkehr so verhalten, dass er andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet.
2    Besondere Vorsicht ist geboten gegenüber Kindern, Gebrechlichen und alten Leuten, ebenso wenn Anzeichen dafür bestehen, dass sich ein Strassenbenützer nicht richtig verhalten wird.
SVG abgeleiteten Vertrauensgrundsatz darf jeder Strassenbenützer, der sich selbst verkehrsgemäss verhält, sofern nicht besondere Umstände dagegen sprechen, darauf vertrauen, dass sich die anderen Verkehrsteilnehmer ebenfalls ordnungsgemäss verhalten, ihn also nicht behindern oder gefährden (BGE 118 IV 277 E. 4a; BGE 124 IV 81 E. 2b S. 84). Wie bereits ausgeführt, war es dem Opfer aufgrund von Art. 42 Abs. 3
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV)
VRV Art. 42 Motorräder, Motorfahrräder und Fahrräder; Allgemeines - (Art. 19 Abs. 1, 46 Abs. 4, 47 Abs. 2 SVG)165
1    Motorradfahrer und Radfahrer müssen den für sie bestimmten Platz einnehmen. Kinder dürfen ein Fahrrad nur benützen, wenn sie die Pedale treten können.166
2    Motorradfahrer und Radfahrer dürfen keine Gegenstände mitführen, welche die Zeichengebung verunmöglichen oder andere Strassenbenützer gefährden. Mitgeführte Gegenstände dürfen höchstens 1 m breit sein.
3    Radfahrer dürfen rechts neben einer Motorfahrzeugkolonne vorbeifahren, wenn genügend freier Raum vorhanden ist; das slalomartige Vorfahren ist untersagt. Sie dürfen die Weiterfahrt der Kolonne nicht behindern und sich namentlich nicht vor haltende Wagen stellen.167
4    Die Führer von Motorfahrrädern sowie die Führer von Elektro-Rikschas mit einer Breite bis 1,00 m haben die Vorschriften für Radfahrer zu beachten. Zusätzlich haben sie die allgemeinen und signalisierten Höchstgeschwindigkeiten einzuhalten.168
VRV erlaubt, am Tanklastwagen des Beschwerdeführers trotz dessen eingeschaltetem Blinker rechts vorbeizufahren. Soweit der Beschwerdeführer davon ausgeht, das Unfallopfer habe sich verkehrswidrig verhalten, ist seine Beschwerde daher unbegründet. Ausserdem war ihm nach den Feststellungen der Vorinstanz bewusst, dass in der fraglichen Strasse generell mit Velofahrern zu rechnen ist. Schliesslich musste er während einer Dauer von rund 30 Sekunden warten, bis die Kreuzung für ihn frei wurde. Daraus ergibt sich, dass der Beschwerdeführer sich nicht darauf verlassen durfte, dass nachfolgende Fahrradfahrer seine mit eingeschaltetem Blinklicht rechtzeitig kundgegebene Absicht, nach rechts abzubiegen, beachten würden. Ein solches Vertrauen wäre allenfalls dort gerechtfertigt, wo der Radfahrer sich grob verkehrswidrig oder völlig unvernünftig verhielte, wie dies beim BGE 122 IV 225 E. 2c
BGE 127 IV 34 S. 43

zugrunde liegenden Sachverhalt der Fall war. Im vorliegenden Fall hat das Opfer jedoch keine Verkehrsregeln verletzt. Dass die verunfallte Velofahrerin sich etwa in einen hiefür zu schmalen Raum zwischen Lastwagen und Fahrbahnrand gedrängt hätte, hat die Vorinstanz jedenfalls nicht festgestellt. Zwar ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass Art. 42 Abs. 3
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV)
VRV Art. 42 Motorräder, Motorfahrräder und Fahrräder; Allgemeines - (Art. 19 Abs. 1, 46 Abs. 4, 47 Abs. 2 SVG)165
1    Motorradfahrer und Radfahrer müssen den für sie bestimmten Platz einnehmen. Kinder dürfen ein Fahrrad nur benützen, wenn sie die Pedale treten können.166
2    Motorradfahrer und Radfahrer dürfen keine Gegenstände mitführen, welche die Zeichengebung verunmöglichen oder andere Strassenbenützer gefährden. Mitgeführte Gegenstände dürfen höchstens 1 m breit sein.
3    Radfahrer dürfen rechts neben einer Motorfahrzeugkolonne vorbeifahren, wenn genügend freier Raum vorhanden ist; das slalomartige Vorfahren ist untersagt. Sie dürfen die Weiterfahrt der Kolonne nicht behindern und sich namentlich nicht vor haltende Wagen stellen.167
4    Die Führer von Motorfahrrädern sowie die Führer von Elektro-Rikschas mit einer Breite bis 1,00 m haben die Vorschriften für Radfahrer zu beachten. Zusätzlich haben sie die allgemeinen und signalisierten Höchstgeschwindigkeiten einzuhalten.168
VRV gerade in Konstellationen, bei denen das vorderste Fahrzeug einer bei einem Rotlicht oder Stoppsignal wartenden Kolonne nach rechts abbiegen will und sich wegen seiner Grösse nicht nahe genug an den rechten Strassenrand halten kann, zu gefährlichen Situationen führt und sich fragt, ob diese Regelung im Hinblick auf derartige Konstellationen angemessen ist. Doch ist mit der Vorinstanz anzunehmen, im städtischen Strassenverkehr sei nicht selten zu beobachten, dass Velofahrer in Unkenntnis oder falscher Einschätzung der damit verbundenen Gefahren für ihr Leben und ihre Gesundheit bei stehenden Lastwagen rechts vorfahren. Der Beschwerdeführer musste somit grundsätzlich damit rechnen, dass sich rechts neben ihm im offen gehaltenen Raum eine Fahrradfahrerin befindet. Immerhin lag im zu beurteilenden Fall nicht eine derart nahe Möglichkeit hiefür vor, wie dort, wo konkrete Anhaltspunkte für die Anwesenheit eines Radfahrers sprechen, so wenn der Chauffeur etwa einen solchen auf seiner Fahrt zur Kreuzung bereits überholt hat und daher mit Sicherheit darum weiss, dass dieser sich auf der Strasse befindet. Insgesamt hat die Vorinstanz die Vorhersehbarkeit aber zu Recht bejaht. bb) Fraglich ist allerdings, ob dem Beschwerdeführer bei seinem Abbiegemanöver eine konkrete Sorgfaltspflichtverletzung vorgeworfen werden kann bzw. ob er die Grenzen des erlaubten Risikos überschritten hat. Dabei werfen ihm die kantonalen Instanzen nicht vor, er hätte während seiner Wartezeit den rückwärtigen Verkehr ständig beobachten müssen, und halten sie ihm zu Gute, dass er während des Haltens auch gelegentlich in die Aussenspiegel geblickt und auch beim Anfahren noch Kontrollblicke in die Spiegel geworfen habe. Die Vorinstanz legt dem Beschwerdeführer als konkretes Fehlverhalten zur Last, er hätte sein Abbiegemanöver der vorhandenen Gefahr entsprechend langsam ausführen müssen und sich "wie ein Blinder" bei geringer Geschwindigkeit so langsam vorwärts tasten müssen, dass einer Velofahrerin möglich gewesen wäre, sich aus dem Gefahrenbereich zu entfernen, ohne vom Lastwagen erfasst zu werden. Dem ist grundsätzlich ohne weiteres beizupflichten. In der Tat muss von einem Lastwagenchauffeur, der an einer Kreuzung rechts abbiegen will, verlangt werden, dass er entweder während der
BGE 127 IV 34 S. 44

Wartezeit vor der Ampel oder an der Stoppstrasse sich durch Beobachten des rechten Aussenspiegels vergewissert, ob nicht von hinten Velofahrer aufschliessen und in den toten Winkel hineinfahren, oder dass er jedenfalls, wenn er auf diese Weise nicht die notwendige Gewissheit erlangt hat, sein Abbiegemanöver langsam im Sinne eines schrittweisen Vortastens ausführt, das gegebenenfalls auch einen Sicherheitshalt miteinschliesst. Es trifft ihn insofern dieselbe Pflicht wie den Wartepflichtigen bei der Einfahrt in eine vortrittsberechtigte Strasse, der keine ausreichende Sicht auf den bevorrechtigten Verkehr hat (vgl. BGE 105 IV 339; BGE 122 IV 133 E. 2a S. 136; vgl. ferner JAGUSCH/HENTSCHEL, Strassenverkehrsrecht, 34. Auflage, § 9 StVO N. 28). Nur mit einer solchen Fahrweise kann sichergestellt werden, dass allfällige sich rechts neben dem abbiegenden Fahrzeug befindende Radfahrer nicht gefährdet werden. Ob der betreffende Fahrzeuglenker seinen Sorgfaltspflichten im Sinne dieser allgemein formulierten Anforderungen nachgekommen ist, lässt sich aber nicht losgelöst von der konkreten Konstellation beurteilen. Es ist richtig, dass der Massstab für die Sorgfalt, welche Lastwagenlenker aufzubringen haben, angesichts des von ihren Fahrzeugen ausgehenden Gefährdungspotentials hoch anzusetzen ist. Doch muss ein vernünftiges, d.h. die anderen Verkehrsteilnehmer nicht behinderndes Fahren im Verkehr noch möglich sein. Es ist auch zu beachten, dass nicht verlangt werden kann, dass im Strassenverkehr jedermann zu jeder Zeit ein Höchstmass an Aufmerksamkeit und Umsicht erbringt (BGE 122 IV 225 E. 2c a.E.). Dem Fahrzeuglenker muss es in der konkreten Situation möglich sein, den ihm auferlegten Pflichten auch tatsächlich nachzukommen. Die Sorgfaltsanforderungen dürfen deshalb bei völlig normalen Fahrmanövern nicht derart hochgeschraubt werden, dass sie im Einzelfall nicht mehr erfüllt werden können, bzw. dass die Erfüllung der einen Pflicht notwendig die Verletzung einer gleichzeitig ebenfalls zu beachtenden anderen Pflicht bedeutet. Dementsprechend hat das Bundesgericht auch erkannt, das Mass der Aufmerksamkeit, das vom Fahrzeugführer verlangt werde, richte sich nach den gesamten Umständen; habe dieser sein Augenmerk im Wesentlichen auf bestimmte Stellen zu richten, könne ihm für andere eine geringere Aufmerksamkeit zugebilligt werden (BGE 122 IV 225 E. 2b mit Hinweis auf BGE 103 IV 101 E. 2b und c). Im konkreten Fall musste der Beschwerdeführer seine Aufmerksamkeit zunächst den zu erwartenden Gefahren zuwenden, die für ihn tatsächlich erkennbar waren. Dazu gehörte in erster Linie der
BGE 127 IV 34 S. 45

Querverkehr auf der Clarastrasse, dem er den Vortritt gewähren musste und den er in seiner Fahrt nicht behindern durfte (Art. 36 Abs. 2
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 36 - 1 Wer nach rechts abbiegen will, hat sich an den rechten Strassenrand, wer nach links abbiegen will, gegen die Strassenmitte zu halten.
1    Wer nach rechts abbiegen will, hat sich an den rechten Strassenrand, wer nach links abbiegen will, gegen die Strassenmitte zu halten.
2    Auf Strassenverzweigungen hat das von rechts kommende Fahrzeug den Vortritt. Fahrzeuge auf gekennzeichneten Hauptstrassen haben den Vortritt, auch wenn sie von links kommen. Vorbehalten bleibt die Regelung durch Signale oder durch die Polizei.
3    Vor dem Abbiegen nach links ist den entgegenkommenden Fahrzeugen der Vortritt zu lassen.
4    Der Führer, der sein Fahrzeug in den Verkehr einfügen, wenden oder rückwärts fahren will, darf andere Strassenbenützer nicht behindern; diese haben den Vortritt.
SVG, Art. 14 Abs. 1
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV)
VRV Art. 14 Ausübung des Vortritts - (Art. 36 Abs. 2-4 SVG)
1    Wer zur Gewährung des Vortritts verpflichtet ist, darf den Vortrittsberechtigten in seiner Fahrt nicht behindern. Er hat seine Geschwindigkeit frühzeitig zu mässigen und, wenn er warten muss, vor Beginn der Verzweigung zu halten.
2    Der Vortrittsberechtigte hat auf Strassenbenützer Rücksicht zu nehmen, welche die Strassenverzweigungen erreichten, bevor sie ihn erblicken konnten.
3    Dem vortrittsberechtigten Verkehr in parallelen Kolonnen ist der Vortritt auch zu lassen, wenn die nähere Kolonne stillsteht.
4    Reiter sowie Führer von Pferden und anderen grösseren Tieren sind den Fahrzeugführern beim Vortritt gleichgestellt.85
5    In nicht geregelten Fällen, zum Beispiel wenn auf einer Verzweigung zugleich aus allen Richtungen Fahrzeuge eintreffen, haben die Führer besonders vorsichtig zu fahren und sich über den Vortritt zu verständigen.
VRV, Art. 36 Abs. 1
SR 741.21 Signalisationsverordnung vom 5. September 1979 (SSV)
SSV Art. 36 Signale «Stop» und «Kein Vortritt» - 1 Das Signal «Stop» (3.01) verpflichtet den Führer, anzuhalten und den Fahrzeugen auf der Strasse, der er sich nähert, den Vortritt zu gewähren.100 Für die das Signal ergänzende Haltelinie (6.10) gilt Artikel 75 Absätze 1, 2 und 5.
1    Das Signal «Stop» (3.01) verpflichtet den Führer, anzuhalten und den Fahrzeugen auf der Strasse, der er sich nähert, den Vortritt zu gewähren.100 Für die das Signal ergänzende Haltelinie (6.10) gilt Artikel 75 Absätze 1, 2 und 5.
2    Das Signal «Kein Vortritt» (3.02) verpflichtet den Führer, den Fahrzeugen auf der Strasse, der er sich nähert, den Vortritt zu gewähren. Für die das Signal ergänzende Wartelinie (6.13) gilt Artikel 75 Absätze 3-5.
3    Die Signale «Stop» und «Kein Vortritt» sind bei Verzweigungen mit Lichtsignalanlagen nur zu beachten, wenn der Verkehr nicht durch Lichtsignale geregelt wird.
4    Die Signale stehen am rechten Fahrbahnrand kurz vor Verzweigungen. Auf Strassen mit mehreren Fahrstreifen in der gleichen Richtung werden die Signale in der Regel links wiederholt.101
5    Müssen die Signale um mehr als 10 m zurückverlegt werden, wird der Abstand auf der «Distanztafel» (5.01) vermerkt. Für die Aufstellung des Signals «Kein Vortritt» auf Einfahrten zu Autobahnen und Autostrassen gilt Artikel 88 Absatz 1.
6    Die Signale können von der Behörde auf Feldwegen, Radwegen, auf Fabrik-, Hof- oder Garageausfahrten, Ausfahrten von Parkplätzen, Tankstellen und dergleichen angebracht werden, wenn dies zur Verdeutlichung der Vortrittsverhältnisse (Art. 15 Abs. 3 VRV102) geboten ist.
7    Das Signal «Stop» darf nur an Stellen angebracht werden, wo infolge fehlender Sicht ein Halt unerlässlich ist. Bei Bahnübergängen ist die Bewilligung des ASTRA erforderlich.
8    Die Signale «Stop» und «Kein Vortritt» können vor Verzweigungen vorsignalisiert werden auf Hauptstrassen, deren Vortritt zugunsten einer andern Hauptstrasse aufgehoben wird. Die Signale mit beigefügter «Distanztafel» (5.01) stehen am rechten Fahrbahnrand, ausserorts 150-250 m, innerorts etwa 50 m vor der Verzweigung. Auf Strassen mit mehreren Fahrstreifen in der gleichen Richtung werden die Signale in der Regel links wiederholt.103
SSV; BGE 122 IV 225 E. 2c; vgl. auch SCHAFFHAUSER, a.a.O., N. 686 ff.). Dass dieser Verkehr zum Unfallzeitpunkt offenbar recht dicht gewesen war, ergibt sich schon aus der Wartezeit von rund 30 Sekunden, während welcher der Beschwerdeführer auf freie Fahrt warten musste. Ausserdem befindet sich auf der Clarastrasse gleich neben der Hammerstrasse ein Fussgängerstreifen, dessen Beobachtung umso mehr geboten war, als zu jenem Zeitpunkt ein Tramzug in der Haltestelle Clarastrasse hielt. Tatsächlich wollte denn nach den Feststellungen der Vorinstanz auch ein Fussgänger den Streifen überschreiten, was den Beschwerdeführer veranlasste, seine Fahrt abzubremsen, um diesem den Vortritt zu lassen. Solange er sich mit dem Passanten nicht verständigt hatte, konnte er seine Aufmerksamkeit somit nicht ausschliesslich anderen Verkehrsteilnehmern zuwenden, die sich möglicherweise, für ihn aber jedenfalls nicht sichtbar, im toten Winkel hätten befinden können. Dass der Beschwerdeführer diese möglichen Gefahren aber nicht gänzlich unbeachtet gelassen, sondern gehörig berücksichtigt hat, ergibt sich daraus, dass er während der Wartezeit verschiedentlich in den Rückspiegel geschaut und auch, bevor er langsam anfuhr, noch Kontrollblicke in die Aussenspiegel geworfen hatte. Wie der Beschwerdeführer zu Recht einwendet, unterscheiden sich die Verhältnisse insofern vom nicht publizierten Entscheid des Kassationshofs vom 23.11.1999 i.S. A. In jenem Fall hatte der Lastwagenchauffeur das spätere Unfallopfer zuvor überholt und musste vor einem Rotlicht warten. Er musste seine Aufmerksamkeit daher nicht im selben Masse auf den vortrittsberechtigten Verkehr richten wie der Beschwerdeführer im zu beurteilenden Fall, der abwarten musste, bis die Strasse für sein Abbiegemanöver frei wurde. Ebenfalls musste der Lastwagenfahrer im genannten Entscheid bei seinem Abbiegemanöver in Rechnung stellen, dass sich mit Sicherheit ein Fahrradfahrer auf der Strasse befand, da er ihn kurz zuvor überholt hatte. Dass er ihn bei der Ampel nicht mehr sah, durfte ihm nicht die Gewissheit geben, jener sei von seinem Fahrrad abgestiegen und habe die Fahrbahn verlassen. Dem Beschwerdeführer kann nach all dem keine Verkehrsregelverletzung vorgeworfen werden. Er hat die ihm zumutbaren Vorsichtsmassregeln, namentlich die angemessene Beobachtung des rückwärtigen Verkehrs während der Wartezeit und beim Anfahren sowie das langsame Ausführen des
BGE 127 IV 34 S. 46

Abbiegemanövers, getroffen. Dies führt zum Ergebnis, dass ihm der Tod des Unfallopfers strafrechtlich nicht zuzurechnen ist. Die Frage nach einer allfälligen zivilrechtlichen Haftung des Lastwagen-Halters bleibt davon unberührt. Auch wenn die besondere Schutzbedürftigkeit von schwächeren Verkehrsteilnehmern, die regelmässig, und häufig mit gravierenden Folgen, von solchen tragischen Unfälle betroffen werden, nicht in Frage steht, kann dies nicht dazu führen, dass im Einzelfall auf den Nachweis einer Sorgfaltspflichtverletzung verzichtet wird und einzig vom Erfolg, dem konkreten Unfall, unbesehen auf eine solche Pflichtverletzung rückgeschlossen wird. Der Schuldspruch der fahrlässigen Tötung verletzt daher Bundesrecht und die Beschwerde erweist sich somit als begründet.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 127 IV 34
Date : 30. November 2000
Published : 31. Dezember 2002
Source : Bundesgericht
Status : 127 IV 34
Subject area : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Subject : Art. 117 StGB, Art. 34 Abs. 3 und Art. 36 Abs. 1 SVG, Art. 13 Abs. 5 VRV; Sorgfaltspflicht des Lastwagenfahrers bei Beschränkung


Legislation register
BStP: 277bis
SSV: 36
SVG: 26  34  36  39  44
StGB: 18  117
VRV: 1  13  14  40  42
VTS: 112
BGE-register
103-IV-101 • 105-IV-339 • 107-IV-55 • 118-IV-277 • 120-IV-300 • 121-IV-10 • 122-II-315 • 122-IV-133 • 122-IV-17 • 122-IV-225 • 124-IV-81 • 125-IV-83 • 127-IV-34 • 83-IV-163 • 91-IV-10 • 91-IV-16 • 97-IV-34
Keyword index
Sorted by frequency or alphabet
truck • lower instance • turning • behavior • waiting time • victim • basel-stadt • right of way • federal court • position • intention • death • meeting • court of cassation • question • indicator • diligence • measure • statement of affairs • driver
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