127 IV 209
35. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 23. August 2001 i.S. S. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):
- Art. 312
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 312 - Mitglieder einer Behörde oder Beamte, die ihre Amtsgewalt missbrauchen, um sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen oder einem andern einen Nachteil zuzufügen, werden mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
- Wer bei Anlass einer Amtshandlung unrechtmässig Gewalt oder Zwang anwendet und dabei seine besondere Machtstellung ausnützt, begeht einen Amtsmissbrauch (E. 1b; Konkretisierung der Rechtsprechung).
Regeste (fr):
- Art. 312 CP; abus d'autorité.
- Commet un abus d'autorité celui qui, dans l'exercice de ses fonctions, use illicitement de la force ou de la contrainte en profitant de sa position de pouvoir particulière (consid. 1b; concrétisation de la jurisprudence).
Regesto (it):
- Art. 312 CP; abuso di autorità.
- Il reato di abuso di autorità è adempiuto nel caso di colui che, nell'esercizio delle sue funzioni, usa in modo illecito il potere o la costrizione profittando della sua particolare posizione di forza (consid. 1b; concretizzazione della giurisprudenza).
Sachverhalt ab Seite 210
BGE 127 IV 209 S. 210
Am 22. März 1997 gegen 21.15 Uhr wurde Z. in Bettlach von den Polizeibeamten S. und U. auf seinem Motorfahrrad ohne Helm angetroffen. Da er sich nicht ausweisen konnte, brachten ihn die beiden Polizeibeamten auf den Bezirksposten Grenchen und schlossen ihn in eine Zelle ein. Nach einiger Zeit versuchte Z. durch wiederholtes Läuten auf sich aufmerksam zu machen. Darauf schloss S. die Zellentüre auf, packte Z. am Hemd, drückte ihn gegen die Zellenwand, versetzte ihm einen Faustschlag gegen die linke Schläfe und rief dabei "Hock ab du Sauhund". Nach Abschluss der polizeilichen Abklärungen verliessen die beiden Polizisten den Bezirksposten zusammen mit Z., um diesen nach Hause zu begleiten. Im Eingangsbereich des Bezirkspostens sagte Z. zu S.: "Los S., das het Konsequänze für di". Darauf drehte sich S. zu Z. um und versetzte ihm einen Faustschlag ins Gesicht. Durch den Schlag fiel Z. seitwärts zu Boden und schlug mit dem Kinn auf die metallene Eckverstärkung eines Stuhles auf. Während des Falles und als Z. bereits am Boden lag, schlug ihm S. mehrmals auf den Hinterkopf, versetzte ihm Fausthiebe in die Leber- sowie Nierengegend und trat ihm mit dem Fuss an den Oberschenkel. Er drohte Z. an, ihn fertig zu machen. Wegen dieser Vorfälle wurde S. auf dessen Appellation hin vom Obergericht des Kantons Solothurn am 10. Januar 2001 des Amtsmissbrauchs, der einfachen Körperverletzung, der mehrfachen Beschimpfung sowie der Drohung schuldig gesprochen und zu einer bedingten Gefängnisstrafe von drei Monaten verurteilt. Überdies erklärte das Gericht S. für die Dauer von zwei Jahren unfähig, Mitglied einer Behörde oder Beamter zu sein, unter Gewährung des bedingten Vollzuges während einer Probezeit von zwei Jahren. S. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen seine Verurteilung wegen Amtsmissbrauchs. Er macht geltend, die Schläge gegen Z. seien nicht kraft seines Amtes als Polizeibeamter sondern aus einer persönlichen Gefühlslage heraus erfolgt. Der objektive Tatbestand des Art. 312
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 312 - Mitglieder einer Behörde oder Beamte, die ihre Amtsgewalt missbrauchen, um sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen oder einem andern einen Nachteil zuzufügen, werden mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
BGE 127 IV 209 S. 211
a/aa) Gemäss Art. 312
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 312 - Mitglieder einer Behörde oder Beamte, die ihre Amtsgewalt missbrauchen, um sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen oder einem andern einen Nachteil zuzufügen, werden mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 312 - Mitglieder einer Behörde oder Beamte, die ihre Amtsgewalt missbrauchen, um sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen oder einem andern einen Nachteil zuzufügen, werden mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
BGE 127 IV 209 S. 212
demgegenüber den Entscheid BGE 108 IV 48 sowohl in der Begründung als auch im Ergebnis. Er führt aus, das Bundesgericht stelle darin, anders als in seinen früheren Urteilen, offenkundig darauf ab, ob die Amtsgewalt immerhin einen amtlichen Zweck verfolge, ob sie den Betroffenen etwa an der Flucht hindern oder ihn veranlassen solle, irgendwelche Aussagen oder Zugeständnisse zu machen, in den Polizeiwagen einzusteigen oder sonstige Anordnungen zu befolgen. Abgesehen davon jedoch, dass auch die Abwehr von tätlichen oder verbalen Angriffen während der Amtsausübung einen "amtlichen" Zweck bilde, habe eine solche Auffassung die sachwidrige Konsequenz, dass gerade der "krasseste Fall", die Gewaltanwendung zu anderen als amtlichen Zwecken, z.B. die Misshandlung eines Gefangenen aus blossem Sadismus, keinen Missbrauch der Amtsgewalt darstelle. Deshalb könne es nur darauf ankommen, ob die Gewaltanwendung als Ausübung der Macht erscheine, die dem Amtsträger kraft seiner Amtsstellung zukomme, ob er gewissermassen unter dem Schutz seiner Amtsstellung handle (STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil II, 5. Aufl., Bern 2000, § 57 N. 9). REHBERG schliesslich räumt ein, dass der Zwang, verstanden als Eingriff in persönliche Freiheitsrechte, nach Art. 312
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 312 - Mitglieder einer Behörde oder Beamte, die ihre Amtsgewalt missbrauchen, um sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen oder einem andern einen Nachteil zuzufügen, werden mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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BGE 127 IV 209 S. 213
Nach der bereits dargelegten Rechtsprechung ist der Straftatbestand angesichts der sehr unbestimmt umschriebenen Tathandlung insofern einschränkend auszulegen, dass nur derjenige die Amtsgewalt missbraucht, welcher die Machtbefugnisse, die ihm sein Amt verleiht, unrechtmässig anwendet, d.h. kraft seines Amtes verfügt oder Zwang ausübt, wo es nicht geschehen dürfte (BGE 113 IV 29 E. 1; BGE 108 IV 48 E. 1 mit Hinweisen). Daraus darf jedoch nicht geschlossen werden, der Anwendungsbereich von Art. 312
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BGE 127 IV 209 S. 214
Richteramt angenommen habe. Selbst wenn S. keinen amtlichen Zweck verfolgt haben sollte, so hätte er dennoch sein Amt missbraucht. Der Verletzte sei im Rahmen der laufenden Identitätsabklärung auf den Posten gebracht und in der Zelle eingesperrt worden. Indem der Beschwerdeführer ihn bei dieser Gelegenheit geschlagen habe, habe er im Schutze seines Amtes gehandelt. Mit dieser Ausnützung der Macht, über die er wegen seiner Amtsstellung verfügte, sei der objektive Tatbestand des Art. 312
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