Urteilskopf

127 III 21

4. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 19. Oktober 2000 i.S. E.M. gegen X. Versicherung (Berufung)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 21

BGE 127 III 21 S. 21

A.- E.M. unterzeichnete am 31. Oktober 1997 ein Antragsformular zur Aufnahme in die X. Versicherung. Dabei verneinte sie, zur Zeit krank oder arbeitsunfähig zu sein, bejahte aber das Vorliegen von Krankheiten der Knochen und Gelenke mit dem präzisierenden Hinweis auf Arthritis, die 1990 durch Dr. B. behandelt worden sei; die Behandlung sei abgeschlossen. Die X. Versicherung ordnete eine Untersuchung durch den Hausarzt von E.M., Dr. Z. an, welche am 25. November 1997 durchgeführt wurde. Per 1. Januar 1998 wurde E.M. bei der X. Versicherung obligatorisch krankenversichert.
BGE 127 III 21 S. 22

Dabei schloss sie auch Zusatzversicherungen für erweiterte besondere Pflegeleistungen, Aufenthalte in der Privatabteilung eines Spitals oder einer Klinik sowie für Naturheilmethoden ab. Erstmals am 13. Januar 1998 begab sich E.M. wieder wegen Gelenkschmerzen in ärztliche Behandlung. Die behandelnde Ärztin Dr. G. diagnostizierte aufgrund von Untersuchungen vom 18. und 24. März 1998 eine seropositive, ANA positive Polyarthritis mit mässiger Entzündungsaktivität. Mit Schreiben vom 28. August 1998 unterbreitete Dr. Z. als behandelnder Hausarzt der X. Versicherung ein Kurgesuch für eine stationäre Balneotherapie, da E.M. seit Monaten an einem Schub ihrer bekannten chronischen Polyarthritis leide. Die X. Versicherung teilte der Versicherten am 12. November 1998 mit, sie hebe die Zusatzversicherungen rückwirkend auf Vertragsbeginn auf und werde die dafür geleisteten Prämien zurückerstatten, da die behandelten Beschwerden bereits im Jahre 1990, also vor dem Beitritt in die Krankenkasse, aufgetreten seien, was weder im medizinischen Fragebogen des Aufnahmegesuchs noch bei der Arztvisite bei Dr. Z. erwähnt worden sei.
B.- Mit Klage vom 30. April 1999 beantragte E.M. dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, die X. Versicherung zur Ausrichtung der vertraglich vereinbarten Leistungen aus den Zusatzversicherungen zu verpflichten. Das Versicherungsgericht stellte in teilweiser Gutheissung der Klage fest, E.M. habe die Anzeigepflicht nicht verletzt und die X. Versicherung sei somit nicht berechtigt gewesen, gestützt auf Art. 6
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 6
1    Hat der Anzeigepflichtige bei der Beantwortung der Fragen gemäss Artikel 4 Absatz 1 eine erhebliche Gefahrstatsache, die er kannte oder kennen musste und über die er befragt worden ist, unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen, so ist das Versicherungsunternehmen berechtigt, den Vertrag schriftlich oder in einer anderen Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, zu kündigen.29 Die Kündigung wird mit Zugang beim Versicherungsnehmer wirksam.
2    Das Kündigungsrecht erlischt vier Wochen, nachdem das Versicherungsunternehmen von der Verletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erhalten hat.30
3    Wird der Vertrag durch Kündigung nach Absatz 1 aufgelöst, so erlischt auch die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens für bereits eingetretene Schäden, soweit deren Eintritt oder Umfang durch die nicht oder unrichtig angezeigte erhebliche Gefahrstatsache beeinflusst worden ist. Soweit die Leistungspflicht schon erfüllt wurde, hat das Versicherungsunternehmen Anspruch auf Rückerstattung.31
4    Wird ein Lebensversicherungsvertrag, der nach Massgabe dieses Gesetzes rückkauffähig ist (Art. 90 Abs. 2) aufgelöst, so hat das Versicherungsunternehmen die für den Rückkauf festgestellte Leistung zu gewähren.
VVG vom Vertrag bezüglich der Zusatzversicherungen zurückzutreten; im Übrigen wies es aber die Klage ab.

C.- Gegen das Urteil des Versicherungsgerichts führt E.M. Berufung mit dem Antrag, dieses aufzuheben und die Klage vollumfänglich gutzuheissen. Die X. Versicherung schliesst auf Abweisung der Berufung. Das Bundesgericht weist die Berufung ab.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1. Die Vorinstanz verneinte ein Rücktrittsrecht der Beklagten gemäss Art. 6
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 6
1    Hat der Anzeigepflichtige bei der Beantwortung der Fragen gemäss Artikel 4 Absatz 1 eine erhebliche Gefahrstatsache, die er kannte oder kennen musste und über die er befragt worden ist, unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen, so ist das Versicherungsunternehmen berechtigt, den Vertrag schriftlich oder in einer anderen Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, zu kündigen.29 Die Kündigung wird mit Zugang beim Versicherungsnehmer wirksam.
2    Das Kündigungsrecht erlischt vier Wochen, nachdem das Versicherungsunternehmen von der Verletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erhalten hat.30
3    Wird der Vertrag durch Kündigung nach Absatz 1 aufgelöst, so erlischt auch die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens für bereits eingetretene Schäden, soweit deren Eintritt oder Umfang durch die nicht oder unrichtig angezeigte erhebliche Gefahrstatsache beeinflusst worden ist. Soweit die Leistungspflicht schon erfüllt wurde, hat das Versicherungsunternehmen Anspruch auf Rückerstattung.31
4    Wird ein Lebensversicherungsvertrag, der nach Massgabe dieses Gesetzes rückkauffähig ist (Art. 90 Abs. 2) aufgelöst, so hat das Versicherungsunternehmen die für den Rückkauf festgestellte Leistung zu gewähren.
des Bundesgesetzes vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (VVG; SR 221.229.1), da nicht erstellt sei, dass die Klägerin ihre Anzeige- bzw. Nachmeldepflicht verletzt habe. Sie erwog, gemäss Art. 4.1.1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Zusatzversicherung (im Folgenden: AVB) seien bei Inkrafttreten des Vertrages bereits bestehende Leiden von der Versicherung
BGE 127 III 21 S. 23

ausgeschlossen. Unter einem bestehenden Leiden sei eine Krankheit zu verstehen, die bereits ausgebrochen sei und bei der Aufnahme in die Kasse andaure. Sowohl Dr. Z. als auch die Rheumatologin Dr. G. seien übereinstimmend zum Schluss gekommen, dass die Klägerin an einer chronischen Polyarthritis leide, deren erster Schub im Jahre 1990 erfolgt sei. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses sei diese Krankheit bereits ausgebrochen gewesen, wenn sie auch zwischen Januar 1991 und Herbst 1997 offenbar keine Symptome gezeigt habe.
2. a) Dass der Klägerin keine Verletzung ihrer Anzeigepflicht vorgeworfen werden kann und die Beklagte mithin zu einem Vertragsrücktritt gemäss Art. 6
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 6
1    Hat der Anzeigepflichtige bei der Beantwortung der Fragen gemäss Artikel 4 Absatz 1 eine erhebliche Gefahrstatsache, die er kannte oder kennen musste und über die er befragt worden ist, unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen, so ist das Versicherungsunternehmen berechtigt, den Vertrag schriftlich oder in einer anderen Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, zu kündigen.29 Die Kündigung wird mit Zugang beim Versicherungsnehmer wirksam.
2    Das Kündigungsrecht erlischt vier Wochen, nachdem das Versicherungsunternehmen von der Verletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erhalten hat.30
3    Wird der Vertrag durch Kündigung nach Absatz 1 aufgelöst, so erlischt auch die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens für bereits eingetretene Schäden, soweit deren Eintritt oder Umfang durch die nicht oder unrichtig angezeigte erhebliche Gefahrstatsache beeinflusst worden ist. Soweit die Leistungspflicht schon erfüllt wurde, hat das Versicherungsunternehmen Anspruch auf Rückerstattung.31
4    Wird ein Lebensversicherungsvertrag, der nach Massgabe dieses Gesetzes rückkauffähig ist (Art. 90 Abs. 2) aufgelöst, so hat das Versicherungsunternehmen die für den Rückkauf festgestellte Leistung zu gewähren.
VVG nicht berechtigt war, ist nicht mehr umstritten. Zu beurteilen bleibt, ob die Beklagte berechtigt ist, die Ausrichtung von Leistungen für das erneut ausgebrochene Arthritisleiden der Klägerin zu verweigern. Dass die Untersuchung durch Dr. Z. vom 25. November 1997 mangelhaft gewesen sei, wird von der Beklagten nicht behauptet und ergibt sich auch nicht aus den vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen, so dass auf die Frage, wem dies anzulasten wäre, nicht einzugehen ist. b) Die Beklagte hält den Argumenten der Klägerin sinngemäss entgegen, eine individuelle Abrede betreffend Kostenübernahme für ein bei Vertragsschluss bereits bestehendes Leiden sei gar nicht möglich, da eine entsprechende Abrede gemäss dem zwingend anwendbaren Art. 9
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 9
1    Für die Begründung der Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens bei einer vorläufigen Deckungszusage genügt es, wenn die versicherten Risiken und der Umfang des vorläufigen Versicherungsschutzes bestimmbar sind. Entsprechend reduziert sich die Informationspflicht des Versicherungsunternehmens.
2    Eine Prämie ist zu leisten, soweit sie verabredet oder üblich ist.
3    Ist die vorläufige Deckungszusage unbefristet, so kann sie jederzeit unter Wahrung einer Frist von 14 Tagen gekündigt werden. Sie endet auf jeden Fall mit Abschluss eines definitiven Vertrags mit dem betreffenden oder einem anderen Versicherungsunternehmen.
4    Vorläufige Deckungszusagen sind vom Versicherungsunternehmen schriftlich zu bestätigen.
VVG nichtig wäre. aa) Gemäss Art. 9
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 9
1    Für die Begründung der Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens bei einer vorläufigen Deckungszusage genügt es, wenn die versicherten Risiken und der Umfang des vorläufigen Versicherungsschutzes bestimmbar sind. Entsprechend reduziert sich die Informationspflicht des Versicherungsunternehmens.
2    Eine Prämie ist zu leisten, soweit sie verabredet oder üblich ist.
3    Ist die vorläufige Deckungszusage unbefristet, so kann sie jederzeit unter Wahrung einer Frist von 14 Tagen gekündigt werden. Sie endet auf jeden Fall mit Abschluss eines definitiven Vertrags mit dem betreffenden oder einem anderen Versicherungsunternehmen.
4    Vorläufige Deckungszusagen sind vom Versicherungsunternehmen schriftlich zu bestätigen.
VVG ist ein Versicherungsvertrag u.a. dann nichtig, wenn bei Vertragsschluss das befürchtete Ereignis bereits eingetreten ist. Die Gefahr, gegen deren Folgen versichert wird, muss sich auf ein zukünftiges Ereignis beziehen; ist dieses bereits eingetreten, ist eine künftige Verwirklichung der Gefahr nicht möglich. Eine sogenannte Rückwärtsversicherung, bei welcher der Versicherer die Deckung für ein bereits vor Vertragsschluss eingetretenes Ereignis übernimmt, ist unzulässig, unabhängig davon, ob der entsprechende Schaden vor oder nach Vertragsschluss eintritt. Ob die Vertragsparteien vom Eintritt des Ereignisses bei Vertragsschluss Kenntnis hatten, ist unerheblich (ROELLI/KELLER/TÄNNLER, Kommentar zum Schweizerischen Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag, Band I, Bern 1968, S. 172 ff.). In der Krankenversicherung besteht die Gefahr, gegen deren Folgen versichert wird, in der Erkrankung der versicherten Person (ROELLI/KELLER/TÄNNLER, a.a.O., S. 234). Die Beklagte versichert als Krankheit "jede Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen
BGE 127 III 21 S. 24

Gesundheit, die nicht Folge eines Unfalles ist und die eine medizinische Untersuchung oder Behandlung erfordert oder eine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat" (Ziff. 2.4 AVB); die Umschreibung entspricht der Krankheitsdefinition nach Art. 2 Abs. 1
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 2
des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10). Ist eine Krankheit im Sinne dieser Definition bei Vertragsschluss bereits ausgebrochen, so ist die Versicherung gegen ihre Folgen nach Art. 9
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 9
1    Für die Begründung der Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens bei einer vorläufigen Deckungszusage genügt es, wenn die versicherten Risiken und der Umfang des vorläufigen Versicherungsschutzes bestimmbar sind. Entsprechend reduziert sich die Informationspflicht des Versicherungsunternehmens.
2    Eine Prämie ist zu leisten, soweit sie verabredet oder üblich ist.
3    Ist die vorläufige Deckungszusage unbefristet, so kann sie jederzeit unter Wahrung einer Frist von 14 Tagen gekündigt werden. Sie endet auf jeden Fall mit Abschluss eines definitiven Vertrags mit dem betreffenden oder einem anderen Versicherungsunternehmen.
4    Vorläufige Deckungszusagen sind vom Versicherungsunternehmen schriftlich zu bestätigen.
VVG ausgeschlossen, unbekümmert darum, ob sie noch andauert (vgl. BGE 118 V 158 E. 5c S. 169). Nicht erfasst werden von Art. 9
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 9
1    Für die Begründung der Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens bei einer vorläufigen Deckungszusage genügt es, wenn die versicherten Risiken und der Umfang des vorläufigen Versicherungsschutzes bestimmbar sind. Entsprechend reduziert sich die Informationspflicht des Versicherungsunternehmens.
2    Eine Prämie ist zu leisten, soweit sie verabredet oder üblich ist.
3    Ist die vorläufige Deckungszusage unbefristet, so kann sie jederzeit unter Wahrung einer Frist von 14 Tagen gekündigt werden. Sie endet auf jeden Fall mit Abschluss eines definitiven Vertrags mit dem betreffenden oder einem anderen Versicherungsunternehmen.
4    Vorläufige Deckungszusagen sind vom Versicherungsunternehmen schriftlich zu bestätigen.
VVG Fälle, da die Gefahr nur teilweise eingetreten ist; die Versicherung eines nach Vertragsschluss eingetretenen Teilereignisses ist zulässig (ROELLI/KELLER/TÄNNLER, a.a.O., S. 175 und Fn. 1). Als nur teilweise eingetreten gilt die Gefahr bei einzelnen Krankheitsfällen (a.a.O., S. 610); insoweit schliessen Erkrankungen vor Abschluss des Versicherungsvertrages die Deckung künftiger Erkrankungen nicht ohne weiteres aus, handle es sich um gleichartige Erkrankungen oder um andersartige. Fraglich ist nun, wie ein Gesundheitszustand zu bewerten ist, wenn die Krankheit früher bereits einmal ausgebrochen ist und, obwohl seither eine längere Phase der Symptomfreiheit zu verzeichnen war, aus medizinischer Sicht die Gefahr von Rückfällen besteht. bb) Nach den im angefochtenen Urteil zitierten Äusserungen von Dr. B. soll sich aus seinen Aufzeichnungen ergeben, dass die Röntgenbilder der Hände und Füsse der Klägerin nebst geringen Abnutzungen Hinweise auf eine Polyarthritis zeigten. Dr. G. erklärte zu Handen der Vorinstanz, eine chronische Polyarthritis könne chronisch progressiv oder intermittierend mit Perioden von teilweiser oder vollständiger Remission verlaufen; bei der Klägerin sei von einem intermittierenden Verlauf auszugehen, wobei im Jahre 1990 der erste Schub erfolgt sei. Schliesslich diagnostizierte nach den Feststellungen der Vorinstanz auch Dr. Z. nach dem Auftreten des zweiten Schubes eine chronische Polyarthritis, wobei die Erkrankung im Jahre 1990 als deren erster Schub zu betrachten sei. Aus medizinischer Sicht ist demnach die Erkrankung der Klägerin als einheitliches Ereignis aufzufassen, wobei die Symptome nur intermittierend auftreten. Der rechtliche Krankheitsbegriff deckt sich nicht notwendig mit dem medizinischen (BGE 124 V 118 E. 3b S. 121). Das heisst aber nicht, dass er beliebig definierbar ist und auf medizinische Grundgegebenheiten keine Rücksicht zu nehmen hat. Dies wäre aber der Fall, wenn nur darauf abgestellt würde, ob jemand an gesundheitlichen
BGE 127 III 21 S. 25

Symptomen leidet und unberücksichtigt bliebe, dass sich die Gesundheit trotz Verschwindens der Symptome in einem prekären Zustand befindet, wenn sich der Wiedereintritt der Störung mit Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, die Krankheit also trotz vorübergehender Symptomfreiheit als Ursache künftiger Störungen bestehen bleibt. Eine Differenzierung aufgrund mehr oder weniger langer symptomfreier Phasen führte zu kaum lösbaren Abgrenzungsschwierigkeiten. Daraus folgt aber, dass das erneute Auftreten von Symptomen einer vorbestandenen, rückfallgefährdeten Krankheit juristisch nicht als selbstständige Neuerkrankung bzw. als Teilereignis aufzufassen ist, sondern als Fortdauern einer bereits eingetretenen Krankheit, mithin als Anwendungsfall eines bereits eingetretenen Ereignisses im Sinne von Art. 9
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 9
1    Für die Begründung der Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens bei einer vorläufigen Deckungszusage genügt es, wenn die versicherten Risiken und der Umfang des vorläufigen Versicherungsschutzes bestimmbar sind. Entsprechend reduziert sich die Informationspflicht des Versicherungsunternehmens.
2    Eine Prämie ist zu leisten, soweit sie verabredet oder üblich ist.
3    Ist die vorläufige Deckungszusage unbefristet, so kann sie jederzeit unter Wahrung einer Frist von 14 Tagen gekündigt werden. Sie endet auf jeden Fall mit Abschluss eines definitiven Vertrags mit dem betreffenden oder einem anderen Versicherungsunternehmen.
4    Vorläufige Deckungszusagen sind vom Versicherungsunternehmen schriftlich zu bestätigen.
VVG. Die Auffassung, wonach nicht das Auftreten von Symptomen, sondern deren medizinische Ursache für die Definition des Krankheitsbegriffs im Vordergrund steht, ist mit der Praxis des Eidgenössischen Versicherungsgerichts (BGE 124 V 118 E. 6b S. 124 f.), aber auch mit der Regelung des Vorbehaltsrechts in der obligatorischen Krankenversicherung im Einklang. Art. 69 Abs. 1
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 69 Versicherungsvorbehalt - 1 Die Versicherer können Krankheiten, die bei der Aufnahme bestehen, durch einen Vorbehalt von der Versicherung ausschliessen. Das gleiche gilt für frühere Krankheiten, die erfahrungsgemäss zu Rückfällen führen können.
1    Die Versicherer können Krankheiten, die bei der Aufnahme bestehen, durch einen Vorbehalt von der Versicherung ausschliessen. Das gleiche gilt für frühere Krankheiten, die erfahrungsgemäss zu Rückfällen führen können.
2    Der Versicherungsvorbehalt fällt spätestens nach fünf Jahren dahin. Die Versicherten können vor Ablauf dieser Frist den Nachweis erbringen, dass der Vorbehalt nicht mehr gerechtfertigt ist.
3    Der Versicherungsvorbehalt ist nur gültig, wenn er der versicherten Person schriftlich mitgeteilt wird und die vorbehaltene Krankheit sowie Beginn und Ende der Vorbehaltsfrist in der Mitteilung genau bezeichnet sind.
4    Bei einer Erhöhung des versicherten Taggeldes und bei einer Verkürzung der Wartefrist gelten die Absätze 1-3 sinngemäss.
KVG (SR 832.10) behandelt den Rückfall bezüglich des Ausschlusses aus der freiwilligen Taggeldversicherung ausdrücklich gleich wie eine bestehende Krankheit; schon Art. 5 Abs. 3
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 5 Beginn und Ende der Versicherung - 1 Bei rechtzeitigem Beitritt (Art. 3 Abs. 1) beginnt die Versicherung im Zeitpunkt der Geburt oder der Wohnsitznahme in der Schweiz. Der Bundesrat setzt den Versicherungsbeginn für die Personen nach Artikel 3 Absatz 3 fest.
1    Bei rechtzeitigem Beitritt (Art. 3 Abs. 1) beginnt die Versicherung im Zeitpunkt der Geburt oder der Wohnsitznahme in der Schweiz. Der Bundesrat setzt den Versicherungsbeginn für die Personen nach Artikel 3 Absatz 3 fest.
2    Bei verspätetem Beitritt beginnt die Versicherung im Zeitpunkt des Beitritts. Bei nicht entschuldbarer Verspätung entrichtet die versicherte Person einen Prämienzuschlag. Der Bundesrat legt dafür die Richtsätze fest und berücksichtigt dabei die Höhe der Prämien am Wohnort der versicherten Person und die Dauer der Verspätung. Für Versicherte, bei denen die Entrichtung des Beitragszuschlages eine Notlage zur Folge hätte, setzt der Versicherer den Beitragszuschlag herab, wobei er der Lage der Versicherten und den Umständen der Verspätung angemessen Rechnung trägt.
2bis    Bei verspätetem Beitritt eines Kindes ist der Prämienzuschlag von den Eltern solidarisch oder von einem Elternteil geschuldet, soweit sie oder er die Verspätung verschuldet haben.23
3    Die Versicherung endet, wenn die versicherte Person der Versicherungspflicht nicht mehr untersteht.
KVG kannte eine entsprechende Regelung, die im Übrigen nach der Botschaft des Bundesrates (BBl 1961 I 1440) in Anlehnung an Art. 9
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 9
1    Für die Begründung der Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens bei einer vorläufigen Deckungszusage genügt es, wenn die versicherten Risiken und der Umfang des vorläufigen Versicherungsschutzes bestimmbar sind. Entsprechend reduziert sich die Informationspflicht des Versicherungsunternehmens.
2    Eine Prämie ist zu leisten, soweit sie verabredet oder üblich ist.
3    Ist die vorläufige Deckungszusage unbefristet, so kann sie jederzeit unter Wahrung einer Frist von 14 Tagen gekündigt werden. Sie endet auf jeden Fall mit Abschluss eines definitiven Vertrags mit dem betreffenden oder einem anderen Versicherungsunternehmen.
4    Vorläufige Deckungszusagen sind vom Versicherungsunternehmen schriftlich zu bestätigen.
VVG getroffen wurde, dem man auch damals das Verbot der Versicherung von Rückfällen entnahm. Obwohl der Krankheitsschub der Klägerin im Jahre 1998 nach einer relativ langen symptomfreien Phase auftrat, liegt aufgrund der verbindlichen Sachverhaltsdarstellung der behandelnden Ärzte ein Rückfall in eine vorbestehende Krankheit vor. Somit war das massgebende Ereignis mit der vor Vertragsschluss erfolgten Arthritiserkrankung der Klägerin bereits eingetreten und dieses Leiden damit gemäss Art. 9
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 9
1    Für die Begründung der Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens bei einer vorläufigen Deckungszusage genügt es, wenn die versicherten Risiken und der Umfang des vorläufigen Versicherungsschutzes bestimmbar sind. Entsprechend reduziert sich die Informationspflicht des Versicherungsunternehmens.
2    Eine Prämie ist zu leisten, soweit sie verabredet oder üblich ist.
3    Ist die vorläufige Deckungszusage unbefristet, so kann sie jederzeit unter Wahrung einer Frist von 14 Tagen gekündigt werden. Sie endet auf jeden Fall mit Abschluss eines definitiven Vertrags mit dem betreffenden oder einem anderen Versicherungsunternehmen.
4    Vorläufige Deckungszusagen sind vom Versicherungsunternehmen schriftlich zu bestätigen.
VVG nicht mehr versicherbar. Da es sich hierbei um eine zwingende Vorschrift handelt (Art. 97 Abs. 1
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 97 - Folgende Vorschriften dieses Gesetzes dürfen durch Vertragsabrede nicht geändert werden: die Artikel 10 Absatz 2, 13, 24, 35b, 35c, 41 Absatz 2, 46a, 46b Absätze 1 und 2, 46c Absatz 1, 47, 51, 58 Absatz 4, 60, 73, 74 Absatz 1 sowie 95c Absätze 1 und 2.
VVG), ist irrelevant, ob die zwischen den Parteien getroffene Individualabrede nach Treu und Glauben als Derogation des Leistungsausschlusses gemäss Art. 4.1.1 AVB zu verstehen wäre.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 127 III 21
Datum : 19. Oktober 2000
Publiziert : 31. Dezember 2002
Quelle : Bundesgericht
Status : 127 III 21
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Art. 9 VVG; Krankenzusatzversicherung. Gemäss Art. 9 VVG können bereits eingetretene Ereignisse grundsätzlich nicht versichert


Gesetzesregister
KVG: 2 
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 2
5 
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 5 Beginn und Ende der Versicherung - 1 Bei rechtzeitigem Beitritt (Art. 3 Abs. 1) beginnt die Versicherung im Zeitpunkt der Geburt oder der Wohnsitznahme in der Schweiz. Der Bundesrat setzt den Versicherungsbeginn für die Personen nach Artikel 3 Absatz 3 fest.
1    Bei rechtzeitigem Beitritt (Art. 3 Abs. 1) beginnt die Versicherung im Zeitpunkt der Geburt oder der Wohnsitznahme in der Schweiz. Der Bundesrat setzt den Versicherungsbeginn für die Personen nach Artikel 3 Absatz 3 fest.
2    Bei verspätetem Beitritt beginnt die Versicherung im Zeitpunkt des Beitritts. Bei nicht entschuldbarer Verspätung entrichtet die versicherte Person einen Prämienzuschlag. Der Bundesrat legt dafür die Richtsätze fest und berücksichtigt dabei die Höhe der Prämien am Wohnort der versicherten Person und die Dauer der Verspätung. Für Versicherte, bei denen die Entrichtung des Beitragszuschlages eine Notlage zur Folge hätte, setzt der Versicherer den Beitragszuschlag herab, wobei er der Lage der Versicherten und den Umständen der Verspätung angemessen Rechnung trägt.
2bis    Bei verspätetem Beitritt eines Kindes ist der Prämienzuschlag von den Eltern solidarisch oder von einem Elternteil geschuldet, soweit sie oder er die Verspätung verschuldet haben.23
3    Die Versicherung endet, wenn die versicherte Person der Versicherungspflicht nicht mehr untersteht.
69
SR 832.10 Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG)
KVG Art. 69 Versicherungsvorbehalt - 1 Die Versicherer können Krankheiten, die bei der Aufnahme bestehen, durch einen Vorbehalt von der Versicherung ausschliessen. Das gleiche gilt für frühere Krankheiten, die erfahrungsgemäss zu Rückfällen führen können.
1    Die Versicherer können Krankheiten, die bei der Aufnahme bestehen, durch einen Vorbehalt von der Versicherung ausschliessen. Das gleiche gilt für frühere Krankheiten, die erfahrungsgemäss zu Rückfällen führen können.
2    Der Versicherungsvorbehalt fällt spätestens nach fünf Jahren dahin. Die Versicherten können vor Ablauf dieser Frist den Nachweis erbringen, dass der Vorbehalt nicht mehr gerechtfertigt ist.
3    Der Versicherungsvorbehalt ist nur gültig, wenn er der versicherten Person schriftlich mitgeteilt wird und die vorbehaltene Krankheit sowie Beginn und Ende der Vorbehaltsfrist in der Mitteilung genau bezeichnet sind.
4    Bei einer Erhöhung des versicherten Taggeldes und bei einer Verkürzung der Wartefrist gelten die Absätze 1-3 sinngemäss.
VVG: 6 
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 6
1    Hat der Anzeigepflichtige bei der Beantwortung der Fragen gemäss Artikel 4 Absatz 1 eine erhebliche Gefahrstatsache, die er kannte oder kennen musste und über die er befragt worden ist, unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen, so ist das Versicherungsunternehmen berechtigt, den Vertrag schriftlich oder in einer anderen Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, zu kündigen.29 Die Kündigung wird mit Zugang beim Versicherungsnehmer wirksam.
2    Das Kündigungsrecht erlischt vier Wochen, nachdem das Versicherungsunternehmen von der Verletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erhalten hat.30
3    Wird der Vertrag durch Kündigung nach Absatz 1 aufgelöst, so erlischt auch die Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens für bereits eingetretene Schäden, soweit deren Eintritt oder Umfang durch die nicht oder unrichtig angezeigte erhebliche Gefahrstatsache beeinflusst worden ist. Soweit die Leistungspflicht schon erfüllt wurde, hat das Versicherungsunternehmen Anspruch auf Rückerstattung.31
4    Wird ein Lebensversicherungsvertrag, der nach Massgabe dieses Gesetzes rückkauffähig ist (Art. 90 Abs. 2) aufgelöst, so hat das Versicherungsunternehmen die für den Rückkauf festgestellte Leistung zu gewähren.
9 
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 9
1    Für die Begründung der Leistungspflicht des Versicherungsunternehmens bei einer vorläufigen Deckungszusage genügt es, wenn die versicherten Risiken und der Umfang des vorläufigen Versicherungsschutzes bestimmbar sind. Entsprechend reduziert sich die Informationspflicht des Versicherungsunternehmens.
2    Eine Prämie ist zu leisten, soweit sie verabredet oder üblich ist.
3    Ist die vorläufige Deckungszusage unbefristet, so kann sie jederzeit unter Wahrung einer Frist von 14 Tagen gekündigt werden. Sie endet auf jeden Fall mit Abschluss eines definitiven Vertrags mit dem betreffenden oder einem anderen Versicherungsunternehmen.
4    Vorläufige Deckungszusagen sind vom Versicherungsunternehmen schriftlich zu bestätigen.
97
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 97 - Folgende Vorschriften dieses Gesetzes dürfen durch Vertragsabrede nicht geändert werden: die Artikel 10 Absatz 2, 13, 24, 35b, 35c, 41 Absatz 2, 46a, 46b Absätze 1 und 2, 46c Absatz 1, 47, 51, 58 Absatz 4, 60, 73, 74 Absatz 1 sowie 95c Absätze 1 und 2.
BGE Register
118-V-158 • 124-V-118 • 127-III-21
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • polyarthritis • zusatzversicherung • vorinstanz • versicherungsgericht • versicherungsvertrag • bundesgesetz über den versicherungsvertrag • vertragsabschluss • nichtigkeit • deckung • sachverhalt • teilweise gutheissung • dauer • zugang • beitrittserklärung • gesundheitszustand • vertragspartei • bundesgesetz über die krankenversicherung • heilanstalt • rückfall
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BBl
1961/I/1440