126 III 171
29. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 29. Februar 2000 i.S. M. A.-O. gegen L. S. (Berufung)
Regeste (de):
- Herabsetzungspflicht nach Art. 527 Ziff. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 527 - Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes wegen:
1 die Zuwendungen auf Anrechnung an den Erbteil, als Heiratsgut, Ausstattung oder Vermögensabtretung, wenn sie nicht der Ausgleichung unterworfen sind; 2 die Erbabfindungen und Auskaufsbeträge; 3 die Schenkungen, die der Erblasser frei widerrufen konnte, oder die er während der letzten fünf Jahre vor seinem Tode ausgerichtet hat, mit Ausnahme der üblichen Gelegenheitsgeschenke; 4 die Entäusserung von Vermögenswerten, die der Erblasser offenbar zum Zwecke der Umgehung der Verfügungsbeschränkung vorgenommen hat. - Eine Herabsetzung gemäss Art. 527 Ziff. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 527 - Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes wegen:
1 die Zuwendungen auf Anrechnung an den Erbteil, als Heiratsgut, Ausstattung oder Vermögensabtretung, wenn sie nicht der Ausgleichung unterworfen sind; 2 die Erbabfindungen und Auskaufsbeträge; 3 die Schenkungen, die der Erblasser frei widerrufen konnte, oder die er während der letzten fünf Jahre vor seinem Tode ausgerichtet hat, mit Ausnahme der üblichen Gelegenheitsgeschenke; 4 die Entäusserung von Vermögenswerten, die der Erblasser offenbar zum Zwecke der Umgehung der Verfügungsbeschränkung vorgenommen hat. SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 626 - 1 Die gesetzlichen Erben sind gegenseitig verpflichtet, alles zur Ausgleichung zu bringen, was ihnen der Erblasser bei Lebzeiten auf Anrechnung an ihren Erbanteil zugewendet hat.
1 Die gesetzlichen Erben sind gegenseitig verpflichtet, alles zur Ausgleichung zu bringen, was ihnen der Erblasser bei Lebzeiten auf Anrechnung an ihren Erbanteil zugewendet hat. 2 Was der Erblasser seinen Nachkommen als Heiratsgut, Ausstattung oder durch Vermögensabtretung, Schulderlass u. dgl. zugewendet hat, steht, sofern der Erblasser nicht ausdrücklich das Gegenteil verfügt, unter der Ausgleichungspflicht.
Regeste (fr):
- Obligation de réduction selon l'art. 527 ch. 1 CC.
- Une réduction selon l'art. 527 ch. 1 CC suppose une donation au sens de l'art. 626 al. 2 CC qui entame la réserve d'un héritier. Maintien de la jurisprudence rendue en la matière, selon laquelle l'intention du testateur de faire une donation doit être établie.
Regesto (it):
- Obbligo di riduzione secondo l'art. 527 n. 1 CC.
- Una riduzione giusta l'art. 527 n. 1 CC presuppone una liberalità tra vivi ai sensi dell'art. 626 cpv. 2 CC, che lede la porzione legittima di un erede. Mantenimento della giurisprudenza che richiede l'esistenza di una volontà del testatore di effettuare una liberalità (consid. 3).
Sachverhalt ab Seite 171
BGE 126 III 171 S. 171
Der am 24. Oktober 1987 verstorbene Erblasser hinterliess als gesetzliche Erben seinen Sohn und seine Enkelin, welche das einzige Kind der 1985 vorverstorbenen Tochter des Erblassers ist. In seinem Testament vom 30. Juli 1987 hatte der Erblasser seine Enkelin auf den Pflichtteil gesetzt sowie u.a. verfügt, dass die zu Lebzeiten seinen beiden Kindern gemachten Schenkung nicht der Ausgleichung unterlägen. Am 13. Februar 1989 erhob die auf den Pflichtteil gesetzte Enkelin gegen ihren Onkel - den Sohn des Erblassers - Ungültigkeits- und Herabsetzungsklage. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass der Erblasser am 22. April 1987 seinem Sohn eine Reihe von Grundstücken massiv unter deren wirklichem Wert verkauft habe. Sowohl das Amtsgericht Luzern-Stadt als
BGE 126 III 171 S. 172
auch das Obergericht des Kantons Luzern wiesen die Ungültigkeits- bzw. Herabsetzungsklage ab. Das Bundesgericht weist die Berufung ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Nach Art. 626 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 626 - 1 Die gesetzlichen Erben sind gegenseitig verpflichtet, alles zur Ausgleichung zu bringen, was ihnen der Erblasser bei Lebzeiten auf Anrechnung an ihren Erbanteil zugewendet hat. |
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1 | Die gesetzlichen Erben sind gegenseitig verpflichtet, alles zur Ausgleichung zu bringen, was ihnen der Erblasser bei Lebzeiten auf Anrechnung an ihren Erbanteil zugewendet hat. |
2 | Was der Erblasser seinen Nachkommen als Heiratsgut, Ausstattung oder durch Vermögensabtretung, Schulderlass u. dgl. zugewendet hat, steht, sofern der Erblasser nicht ausdrücklich das Gegenteil verfügt, unter der Ausgleichungspflicht. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 626 - 1 Die gesetzlichen Erben sind gegenseitig verpflichtet, alles zur Ausgleichung zu bringen, was ihnen der Erblasser bei Lebzeiten auf Anrechnung an ihren Erbanteil zugewendet hat. |
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1 | Die gesetzlichen Erben sind gegenseitig verpflichtet, alles zur Ausgleichung zu bringen, was ihnen der Erblasser bei Lebzeiten auf Anrechnung an ihren Erbanteil zugewendet hat. |
2 | Was der Erblasser seinen Nachkommen als Heiratsgut, Ausstattung oder durch Vermögensabtretung, Schulderlass u. dgl. zugewendet hat, steht, sofern der Erblasser nicht ausdrücklich das Gegenteil verfügt, unter der Ausgleichungspflicht. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 626 - 1 Die gesetzlichen Erben sind gegenseitig verpflichtet, alles zur Ausgleichung zu bringen, was ihnen der Erblasser bei Lebzeiten auf Anrechnung an ihren Erbanteil zugewendet hat. |
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1 | Die gesetzlichen Erben sind gegenseitig verpflichtet, alles zur Ausgleichung zu bringen, was ihnen der Erblasser bei Lebzeiten auf Anrechnung an ihren Erbanteil zugewendet hat. |
2 | Was der Erblasser seinen Nachkommen als Heiratsgut, Ausstattung oder durch Vermögensabtretung, Schulderlass u. dgl. zugewendet hat, steht, sofern der Erblasser nicht ausdrücklich das Gegenteil verfügt, unter der Ausgleichungspflicht. |
BGE 126 III 171 S. 173
3. Da eine Ausgleichung zufolge des vom Erblasser angeordneten Ausgleichungsdispenses nicht in Frage kommt, ist im Folgenden zu prüfen, wie es sich mit der Herabsetzung verhält. a) Nach Art. 527 Ziff. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 527 - Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes wegen: |
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1 | die Zuwendungen auf Anrechnung an den Erbteil, als Heiratsgut, Ausstattung oder Vermögensabtretung, wenn sie nicht der Ausgleichung unterworfen sind; |
2 | die Erbabfindungen und Auskaufsbeträge; |
3 | die Schenkungen, die der Erblasser frei widerrufen konnte, oder die er während der letzten fünf Jahre vor seinem Tode ausgerichtet hat, mit Ausnahme der üblichen Gelegenheitsgeschenke; |
4 | die Entäusserung von Vermögenswerten, die der Erblasser offenbar zum Zwecke der Umgehung der Verfügungsbeschränkung vorgenommen hat. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 626 - 1 Die gesetzlichen Erben sind gegenseitig verpflichtet, alles zur Ausgleichung zu bringen, was ihnen der Erblasser bei Lebzeiten auf Anrechnung an ihren Erbanteil zugewendet hat. |
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1 | Die gesetzlichen Erben sind gegenseitig verpflichtet, alles zur Ausgleichung zu bringen, was ihnen der Erblasser bei Lebzeiten auf Anrechnung an ihren Erbanteil zugewendet hat. |
2 | Was der Erblasser seinen Nachkommen als Heiratsgut, Ausstattung oder durch Vermögensabtretung, Schulderlass u. dgl. zugewendet hat, steht, sofern der Erblasser nicht ausdrücklich das Gegenteil verfügt, unter der Ausgleichungspflicht. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 626 - 1 Die gesetzlichen Erben sind gegenseitig verpflichtet, alles zur Ausgleichung zu bringen, was ihnen der Erblasser bei Lebzeiten auf Anrechnung an ihren Erbanteil zugewendet hat. |
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1 | Die gesetzlichen Erben sind gegenseitig verpflichtet, alles zur Ausgleichung zu bringen, was ihnen der Erblasser bei Lebzeiten auf Anrechnung an ihren Erbanteil zugewendet hat. |
2 | Was der Erblasser seinen Nachkommen als Heiratsgut, Ausstattung oder durch Vermögensabtretung, Schulderlass u. dgl. zugewendet hat, steht, sofern der Erblasser nicht ausdrücklich das Gegenteil verfügt, unter der Ausgleichungspflicht. |
BGE 126 III 171 S. 174
nicht erkannt worden sei (BGE 77 II 36 S. 40). Später erwog es dann aber, dass eine (teilweise) unentgeltliche Zuwendung bzw. gemischte Schenkung nur vorliege, wenn zur Zeit des Vertragsabschlusses das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vom Erblasser tatsächlich erkannt worden sei; blosse Erkennbarkeit genüge nicht (BGE 98 II 352 E. 3b S. 358; bestätigt in BGE 116 II 667 E.3b/aa, wobei das subjektive Element des Bewusstseins des Missverhältnisses in diesem Fall nicht umstritten war). In seiner neusten Rechtsprechung ist das Bundesgericht von seiner Praxis nicht abgerückt; zwar wurde nur das objektive Element des Vorliegens einer unentgeltlichen Zuwendung, nicht aber das subjektive Element des Vorliegens einer Zuwendungsabsicht erwähnt, doch bestand dazu auch keine Veranlassung, da die Frage des Vorliegens einer Zuwendungsabsicht nicht umstritten war (BGE 120 II 417 ff.). Insbesondere deutete das Bundesgericht dadurch, dass es das subjektive Element nicht erwähnte, keineswegs an, dass es sich von dieser Voraussetzung distanziert. Ein Verzicht auf dieses Element, wie es die Klägerin verlangt, stand im Übrigen nie zur Diskussion - auch nicht im Rahmen des "obiter dictum" in BGE 77 II 36. In der Literatur wird denn auch praktisch einhellig verlangt, dass nebst der objektiven Voraussetzung des Vorliegens einer unentgeltlichen Zuwendung auch das subjektive Element das Vorliegens einer Zuwendungsabsicht gegeben sein müsse. Die Kontroverse dreht sich nicht um die Frage, ob an einer subjektiven Voraussetzung überhaupt festzuhalten sei, sondern darum, ob von einer ausgleichungspflichtigen Zuwendung bereits dann auszugehen ist, wenn der Wertunterschied für die Parteien erkennbar war, oder erst dann, wenn sich die Parteien des Wertunterschiedes zwischen Leistung und Gegenleistung auch tatsächlich bewusst waren (vgl. die Übersicht bei PAUL EITEL, Die Berücksichtigung lebzeitiger Zuwendungen im Erbrecht, Bern 1998, S. 173 mit den Hinweisen in Fn. 164 und 166). bb) Es ist einzuräumen, dass die Ausgleichung die Gleichbehandlung und die Herabsetzung den Pflichtteilsschutz der Erben bezwecken und beide Zweckbestimmungen grundsätzlich ungeachtet des subjektiven Willens des Erblassers gewährleistet sein müssen. Dennoch besteht kein Anlass, das Erfordernis des Vorliegens einer Zuwendungsabsicht als subjektive Komponente fallen zu lassen. Wenn nur das objektive Element der Zuwendung massgebend wäre, müssten streng genommen auch Kleinzuwendungen, welche das Mass von üblichen Gelegenheitsgeschenken gemäss Art. 632
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 632 - Übliche Gelegenheitsgeschenke stehen nicht unter der Ausgleichungspflicht. |
BGE 126 III 171 S. 175
unterliegen, was zu kleinlichen und unergiebigen Auseinandersetzungen unter den Erben führen könnte. Die Klägerin vertritt denn auch unter Hinweis auf den von ihr als Privatgutachter beigezogenen Professor Druey die Auffassung, dass unentgeltliche Zuwendungen der Ausgleichung bzw. Herabsetzung nur dann unterlägen, wenn in objektiver Hinsicht zwischen Leistung und Gegenleistung ein erheblicher Wertunterschied bestehe. Wo indessen im konkreten Einzelfall unter rein objektiven Gesichtspunkten die Grenze zwischen einer Kleinzuwendung und einer ausgleichungspflichtigen Grosszuwendung zu ziehen wäre, kann kaum generell festgelegt werden, was auch vom Privatgutachter eingeräumt wird. Würde diese Grenze tief angesetzt, würde aus dem "wohlfeilen" Kauf ein ausgleichungspflichtiges Geschäft; würde sie hoch angesetzt, unterlägen Verfügungen trotz erheblichen Missverhältnisses und Schenkungsabsicht keiner Ausgleichung bzw. Herabsetzung. Hingegen lassen sich die entgeltlichen - evtl. aber nicht ganz äquivalenten - Verfügungen von den unentgeltlichen und damit auszugleichenden bzw. herabzusetzenden Verfügungen in sinnvoller Weise dadurch abgrenzen, dass nebst der objektiven Voraussetzung einer unentgeltlichen Zuwendung auch die subjektive Voraussetzung der Zuwendungsabsicht gefordert wird: Wenn bei einem Rechtsgeschäft, das unter objektiven Gesichtspunkten als Grenzfall zu betrachten ist, eine Zuwendungsabsicht zu bejahen ist, erweist es sich als ausgleichungspflichtig und gegebenenfalls als herabsetzbar; umgekehrt stellen sich die erwähnten heiklen Abgrenzungsfragen nicht, wenn es ohnehin an der Zuwendungsabsicht fehlt. Dies alles spricht dafür, am Erfordernis einer subjektiven Komponente für die Ausgleichungs- und Herabsetzungspflicht festzuhalten. cc) Eine andere Frage ist, ob den Parteien in subjektiver Hinsicht die Zuwendungsabsicht tatsächlich bewusst sein musste, oder ob vom Vorliegen der subjektiven Voraussetzung bereits dann auszugehen ist, wenn die Zuwendungsabsicht erkennbar gewesen wäre, was bei einem grobem Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung zu vermuten wäre. Das Bundesgericht hat bereits in BGE 98 II 352 ff. erkannt, dass unbefriedigende Ergebnisse auftreten können, wenn zur Zeit des Vertragsabschlusses das Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung für den Erblasser nicht bloss erkennbar, sondern von diesem auch tatsächlich erkannt worden sein muss; in der Folge wurde dann aber ohne nähere Begründung ausgeführt, "dass sich eine andere Lösung trotzdem nicht rechtfertigen" lasse (E. 3b a.E., S. 359). An dieser Rechtsprechung wurde von namhaften
BGE 126 III 171 S. 176
Autoren Kritik geübt, so dass es sich rechtfertigt, bei Gelegenheit darauf einzugehen. Im vorliegenden Fall besteht dazu indessen kein Anlass, weil unabhängig davon, ob tatsächliches Bewusstsein gefordert wird oder blosse Erkennbarkeit genügen soll, die Berufung auf jeden Fall unbegründet wäre. Das Obergericht hat aufgrund umfangreicher Beweiserhebungen für das Bundesgericht verbindlich festgehalten, dass das Vorliegen eines Schenkungswillens ausgeschlossen werden könne. Diese Feststellung schliesst nicht nur aus, dass die Parteien die Unentgeltlichkeit tatsächlich erkannt haben, sondern spricht auch dagegen, dass sie wenigstens erkennbar gewesen sein soll, zumal sich die Parteien nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz bei der Preisgestaltung auf einen, wie die Vorinstanz feststellte, unabhängigen Schatzungsexperten abgestützt haben. Dieser besondere Umstand wäre geeignet, die Vermutung der Erkennbarkeit ausnahmsweise trotz eines erheblichen Missverhältnisses umzustossen.