126 II 265
28. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 5. Juli 2000 i.S. A. gegen Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste (de):
- Art. 7 sowie Art. 8 Abs. 1 und 3 ANAG, Art. 14 Abs. 3 ANAV; Aufenthaltsbewilligung, Kantonswechsel.
- Grundsätzliche Zulässigkeit des Kantonswechsels im Falle einer vom schweizerischen Ehemann getrennten Ausländerin: Da der Bewilligungsanspruch (Art. 7 ANAG) nicht vom gemeinsamen Haushalt der Ehegatten abhängt, ist er auch nicht auf den Kanton beschränkt, in dem der schweizerische Ehegatte Wohnsitz hat (E. 2).
Regeste (fr):
- Art. 7 ainsi qu'art. 8 al. 1 et 3 LSEE, art. 14 al. 3 RSEE; autorisation de séjour, changement de canton.
- Admissibilité de principe du changement de canton dans le cas d'une étrangère séparée de son mari suisse: comme le droit à l'autorisation (art. 7 LSEE) ne dépend pas de la vie commune des époux, il n'est pas non plus limité au canton dans lequel l'époux suisse a son domicile (consid. 2).
Regesto (it):
- Art. 7 nonché art. 8 cpv. 1 e 3 LDDS, art. 14 cpv. 3 ODDS; permesso di dimora, cambiamento di cantone.
- Ammissibilità di principio del cambiamento di cantone nel caso di una straniera separata dal marito svizzero: infatti, dato che il diritto all'autorizzazione (art. 7 LDDS) non dipende dalla comunione domestica dei coniugi, esso non è nemmeno limitato al cantone in cui il coniuge svizzero ha il proprio domicilio (consid. 2).
Sachverhalt ab Seite 265
BGE 126 II 265 S. 265
A., geb. 1971, thailändische Staatsangehörige, heiratete am 24. Januar 1997 in Dornach (Kanton Solothurn) den Schweizer Bürger B. . Aufgrund der Heirat erteilte ihr die Fremdenpolizei des Kantons Solothurn eine Jahresaufenthaltsbewilligung, welche zuletzt bis zum 30. Januar 1999 verlängert worden ist. Am 4. September 1998 ersuchte A. die Fremdenpolizei des Kantons Basel-Landschaft um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung,
BGE 126 II 265 S. 266
wobei sie auf die erfolgte Trennung von ihrem Ehemann hinwies und geltend machte, sie habe die Möglichkeit, in Münchenstein/BL eine preiswerte Wohnung zu beziehen. Mit Verfügung vom 28. Oktober 1998 verweigerte die Fremdenpolizei des Kantons Basel-Landschaft die verlangte Bewilligung, weil sich der Bewilligungszweck (Verbleib beim Ehemann) im Kanton Basel-Landschaft nicht verwirklichen lasse, da der Ehemann weiterhin in Dornach/SO wohnhaft bleibe. Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft wies eine dagegen erhobene Beschwerde am 9. Februar 1999 ab. Diesen Entscheid bestätigte das Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft mit Urteil vom 5. Januar 2000. A. hat mit Eingabe vom 6. März 2000 beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Dieses heisst die Beschwerde gut aus folgenden
Erwägungen
Erwägungen:
1. b) Nach Art. 7 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) hat der ausländische Ehegatte eines Schweizer Bürgers Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung (Abs. 1 Satz 1); der Anspruch erlischt, wenn ein Ausweisungsgrund vorliegt (Abs. 1 Satz 3). Kein Anspruch besteht, wenn die Ehe eingegangen worden ist, um die Vorschriften über Aufenthalt und Niederlassung von Ausländern und namentlich jene über die Begrenzung der Zahl der Ausländer zu umgehen (Abs. 2). Im Zusammenhang mit der Eintretensfrage ist aber einzig darauf abzustellen, ob formell eine eheliche Beziehung besteht; anders als bei Art. 8
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. |
BGE 126 II 265 S. 267
wohnten, sondern unweit davon im Kanton Basel-Landschaft Wohnsitz begründen, weshalb sie diesen Kanton um Bewilligungserteilung ersucht hat. Der Regierungsrat wie auch das kantonale Verwaltungsgericht vertreten die Auffassung, es bestehe kein Rechtsanspruch auf Kantonswechsel; die Erteilung der Bewilligung stehe im freien Ermessen der Behörden. Das Bundesamt für Ausländerfragen hält dieser Auffassung entgegen, dass der Anspruch auf Bewilligungserteilung für die ganze Schweiz bestehe, und dass die Bewilligung - im Rahmen der materiellen Prüfung - dann verweigert werden könne, wenn ein Ausweisungsgrund bestehe, eine Scheinehe vorliege oder allenfalls ein Rechtsmissbrauchstatbestand gegeben sei.
2. a) Die Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung gilt nur für den Kanton, der sie ausgestellt hat. Will ein Ausländer den Kanton wechseln, benötigt er dazu eine neue Bewilligung, deren Erteilung grundsätzlich im freien Ermessen (Art. 4
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BGE 126 II 265 S. 268
bewusst gerade auch für den Fall, dass die Ehegatten wegen ehelicher Schwierigkeiten getrennt leben, den Rechtsanspruch auf Bewilligungserteilung aufrechterhalten wollen. Wenn aber die Aufenthaltsbewilligung nicht vom gemeinsamen Haushalt der Ehegatten abhängt, ist kein Grund dafür ersichtlich, den Bewilligungsanspruch auf denjenigen Kanton zu beschränken, in dem der schweizerische Ehegatte Wohnsitz hat. Dem Wortlaut des Gesetzes lässt sich eine solche Beschränkung nicht entnehmen. Aus dem Gesetzeszweck liesse sie sich dann ableiten, wenn das Zusammenleben Bewilligungsvoraussetzung wäre, was aber gerade nicht zutrifft. c) Nun hat das Bundesgericht freilich in Fällen, wo der schweizerische Ehegatte im Ausland Wohnsitz hatte, der ausländische Ehegatte aber eine Aufenthaltsbewilligung für die Schweiz verlangte, erklärt, eine solche Inanspruchnahme des Anwesenheitsrechts aus Art. 7 ANAG sei, besondere Umstände vorbehalten, rechtsmissbräuchlich (unveröffentlichte Urteile vom 8. April 1997 i.S. Ertas, vom 26. März 1998 i.S. Mayerova und vom 7. September 1998 i.S. Läuffer). Für das interkantonale Verhältnis hat das Bundesgericht in einem neueren Urteil (unveröffentlichtes Urteil vom 11. Mai 2000 i.S. Belaj) in einer allerdings nicht fallentscheidenden Erwägung auf diese Rechtsprechung Bezug genommen und ausgeführt, in der Regel sei in demjenigen Kanton die Bewilligung zu erteilen, in dem auch der schweizerische Ehepartner Wohnsitz habe; ausnahmsweise komme aber auch die Bewilligung in einem anderen Kanton in Frage, wenn dies aus beruflichen Gründen oder wegen (vorübergehender) Aufgabe des ehelichen Zusammenlebens gerechtfertigt sei. Die Aufenthaltsbewilligung wird in der Regel durch die Fremdenpolizei desjenigen Kantons erteilt, in dem auch der schweizerische Ehegatte wohnt, zumal die Ehegatten meistens zusammenleben wollen und der Zweck von Art. 7 ANAG (in erster Linie) darauf ausgerichtet ist, dies zu ermöglichen. Da aber die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht vom ehelichen Zusammenleben abhängt, sondern vom Gesetzeszweck gerade auch dann gedeckt ist, wenn die Ehegatten aufgrund ehelicher Schwierigkeiten getrennt leben, gibt es keinen Grund, einen Kantonswechsel auszuschliessen, sofern die Voraussetzungen der Bewilligungserteilung im Übrigen erfüllt sind, namentlich nicht einer der in Art. 7 ANAG vorgesehenen Ausnahmetatbestände oder ein Verstoss gegen das Rechtsmissbrauchsverbot vorliegt. Dass das Bundesgericht entschieden hat, einem ausländischen Ehegatten die Bewilligung zu verweigern,
BGE 126 II 265 S. 269
wenn der schweizerische Ehegatte im Ausland lebt, ist Ausfluss des Rechtsmissbrauchsverbots. Es ist augenfällig, dass in solchen Fällen regelmässig ein hinreichender Bezug zur Schweiz fehlt, was aber nicht schon zutrifft, wenn die Ehegatten lediglich in verschiedenen Kantonen Wohnsitz nehmen. d) Nach dem Gesagten hat die Beschwerdeführerin grundsätzlich Anspruch auf Bewilligungserteilung im Kanton Basel-Landschaft. Es ist materiell zu prüfen, ob ein Ausnahmetatbestand vorliegt. Rechtsmissbrauch liegt jedenfalls noch nicht darin, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz in einen anderen Kanton verlegt hat als denjenigen, in welchem ihr Ehemann lebt, zumal die Gemeinden Münchenstein/BL und Dornach/SO nicht weit voneinander entfernt sind. Da allerdings die kantonalen Behörden von der Auffassung ausgingen, es bestehe kein Bewilligungsanspruch, rechtfertigt es sich, die Sache - entsprechend dem Antrag des Bundesamtes für Ausländerfragen - an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen, damit dieses prüfen kann, ob allenfalls ein materieller Verweigerungsgrund vorliegt.