126 II 206
21. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 30. März 2000 i.S. Bundesamt für Strassen gegen X. (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste (de):
- Art. 16 Abs. 2
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 16 - 1 Ausweise und Bewilligungen sind zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen; sie können entzogen werden, wenn die mit der Erteilung im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen missachtet werden.
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 16 - 1 Ausweise und Bewilligungen sind zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen; sie können entzogen werden, wenn die mit der Erteilung im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen missachtet werden.
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 31 - 1 Der Führer muss das Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann.
- Das Einnicken am Steuer (Fahren in übermüdetem Zustand) stellt in der Regel einen obligatorischen Entzugsgrund gemäss Art. 16 Abs. 3 lit. a
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 16 - 1 Ausweise und Bewilligungen sind zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen; sie können entzogen werden, wenn die mit der Erteilung im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen missachtet werden.
Regeste (fr):
- Art. 16 al. 2, art. 16 al. 3 let. a et art. 31 al. 2 LCR; retrait du permis de conduire, assoupissement au volant.
- En règle générale, le fait de s'assoupir au volant (conducteur surmené) constitue un motif de retrait obligatoire au sens de l'art. 16 al. 3 let. a LCR.
Regesto (it):
- Art. 16 cpv. 2, art. 16 cpv. 3 lett. a e art. 31 cpv. 2 LCStr; revoca della licenza di condurre, sonnolenza al volante.
- Di norma, il fatto di assopirsi al volante (conducente sovraffaticato) costituisce un motivo di revoca obbligatoria ai sensi dell'art. 16 cpv. 3 lett. a LCStr.
Sachverhalt ab Seite 207
BGE 126 II 206 S. 207
A.- X. fuhr am 18. August 1998 um ca. 05.45 Uhr auf dem Normalstreifen der Autobahn A6-Süd von Kiesen Richtung Rubigen. Bei einer Fahrgeschwindigkeit von zwischen 120 und 130 km/h nickte er plötzlich kurz ein. Als er wieder erwachte, sah er ca. 20 m vor sich einen VW-Bus. Trotz Vollbremsung und Ausweichens nach rechts kam es zu einer Kollision mit dem Heck des voranfahrenden VW-Busses und in der Folge auch mit dem Wildschutzzaun am rechten Fahrbahnrand. Beim Unfall entstand ein Sachschaden von Fr. 25'000.-.
B.- Das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt des Kantons Bern entzog X. am 6. Januar 1999 den Führerausweis wegen Führens eines Personenwagens in nicht fahrfähigem Zustand (kurzes Einnicken) für die Dauer eines Monats in Anwendung von Art. 16 Abs. 2

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 16 - 1 Ausweise und Bewilligungen sind zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen; sie können entzogen werden, wenn die mit der Erteilung im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen missachtet werden. |
C.- Das Bundesamt für Strassen führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und X. sei der Führerausweis für die Dauer von sechs Monaten zu entziehen in Anwendung von Art. 16 Abs. 3 lit. a

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 16 - 1 Ausweise und Bewilligungen sind zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen; sie können entzogen werden, wenn die mit der Erteilung im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen missachtet werden. |

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 17 - 1 Der auf bestimmte Zeit entzogene Lernfahr- oder Führerausweis kann frühestens drei Monate vor Ablauf der verfügten Entzugsdauer wiedererteilt werden, wenn die betroffene Person an einer von der Behörde anerkannten Nachschulung teilgenommen hat. Die Mindestentzugsdauer darf nicht unterschritten werden. |
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. a) Gemäss Art. 16 Abs. 2

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 16 - 1 Ausweise und Bewilligungen sind zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen; sie können entzogen werden, wenn die mit der Erteilung im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen missachtet werden. |

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 16 - 1 Ausweise und Bewilligungen sind zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen; sie können entzogen werden, wenn die mit der Erteilung im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen missachtet werden. |

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 16 - 1 Ausweise und Bewilligungen sind zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen; sie können entzogen werden, wenn die mit der Erteilung im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen missachtet werden. |
BGE 126 II 206 S. 208
handelt. In solchen Fällen bedarf jedoch die Annahme grober Fahrlässigkeit einer sorgfältigen Prüfung (BGE 118 IV 285 E. 4, S. 290; BGE 106 IV 49 /50 mit Hinweisen).
Wer angetrunken, übermüdet oder sonst nicht fahrfähig ist, darf kein Fahrzeug führen (Art. 31 Abs. 2

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 31 - 1 Der Führer muss das Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann. |
BGE 126 II 206 S. 209
(Praxis der Rechtsmedizin für Mediziner und Juristen, herausgegeben von BALDUIN FORSTER, Stuttgart/New York/München 1986, S. 385 ff., insbesondere S. 388; z.T. abweichend JAGUSCH/HENTSCHEL, Strassenverkehrsrecht, 34. Auflage, StVZO § 2 N. 9b-d und StGB § 315c N. 14). Das Verschulden eines Fahrzeugführers, der am Steuer einschläft, ist deshalb in aller Regel als schwer zu bezeichnen. Zutreffend führt SCHAFFHAUSER (a.a.O., S. 211 f. Fn. 1) dazu aus, dass wer während der Fahrt einschlafe, offensichtlich überhaupt keine Möglichkeit mehr habe, auf den Gang des Geschehens einzuwirken. Das Fahrzeug fahre ungeführt, "herrenlos" irgendwohin. Dass solche Phasen in der Regel kurz seien, sei meist der Tatsache zuzuschreiben, dass bald einmal eine Kollision erfolge, in deren Gefolge der Führer erwache. Damit dürfte regelmässig ein qualifizierter Fall einer erhöhten abstrakten Verkehrsgefährdung vorliegen. Auch das Verschulden sei regelmässig als schwer zu qualifizieren. Wer sich so übermüdet ans Lenkrad setze, dass er bei nächster Gelegenheit ohne weitere Vorwarnung einschlafe, handle grobfahrlässig. Wer hingegen in fahrfähigem Zustand losfahre, schlafe regelmässig nicht ohne vorherige subjektiv erkennbare Ermüdungserscheinungen ein. Es erscheine daher als grob pflichtwidrig, solche deutliche Zeichen unbeachtet zu lassen in der Hoffnung, man werde weiterhin wach bleiben. Es gehöre wohl zu den elementarsten und wichtigsten Pflichten des Lenkers, aktiv dafür zu sorgen, dass er wach bleibe, solange er sich im Verkehr bewege. b) Die Vorinstanz wirft dem Beschwerdegegner zu Recht vor, er habe weder auf die ersten Ermüdungssymptome reagiert noch etwas dagegen unternommen, als diese in vermehrtem Masse aufgetreten seien. Da die Gefährlichkeit eines Einnickens am Steuer allgemein bekannt sei, und der Beschwerdegegner trotz der vermehrt auftretenden und für ihn erkennbaren Übermüdungsanzeichen seine Fahrt nicht abgebrochen habe, habe die erste Instanz zu Recht auf ein nicht mehr leichtes Verschulden erkannt. Das kurze Einnicken am Steuer stelle in aller Regel eine grobe Verkehrsregelverletzung dar; dass die erste Instanz den vorliegenden Fall nur als mittelschwer qualifiziert habe, müsse deshalb als milde Massnahme bezeichnet werden. Dennoch hat sie die erstinstanzliche Verfügung bestätigt. Wie das beschwerdeführende Amt zutreffend geltend macht, ist diese Argumentation nicht nachvollziehbar. Nachdem die Vorinstanz zu Recht davon ausgeht, dass das Einnicken am Steuer in der Regel eine grobe Verkehrsregelverletzung darstellt, hätte sie
BGE 126 II 206 S. 210
entweder eine solche annehmen oder aber darlegen müssen, weshalb das Verschulden des Beschwerdegegners weniger schwer wiege als im Regelfall. Dafür findet sich im angefochtenen Entscheid keine Begründung, weshalb er aufzuheben ist. In ihrer Vernehmlassung weist die Vorinstanz darauf hin, dass das Bundesgericht auch schon kantonale Entscheide geschützt hat, wo das Einnicken am Steuer als mittelschwerer beziehungsweise als leichter Fall beurteilt worden sei. Der unveröffentlichte Entscheid vom 4. September 1991 i.S. Département de justice et police du canton de Genève gegen S. ging davon aus, es fehlten tatsächliche Feststellungen, wonach der Autofahrer wegen seiner Überarbeitung mit einem plötzlichen Einnicken hätte rechnen müssen oder dass sich bei ihm Ermüdungsanzeichen bemerkbar gemacht hätten. Angesichts der vorerwähnten Literatur muss diese Rechtsprechung als überholt bezeichnet werden. Im unveröffentlichten Entscheid vom 20. Dezember 1991 i.S. Verkehrsamt des Kantons Schwyz gegen B. hatte der Fahrzeuglenker versucht, der Gefahr des Einnickens durch verschiedene - wenn auch ungenügende - Vorkehren vorzubeugen. Deshalb traf ihn auch ein weniger schweres Verschulden als einen Fahrzeuglenker, der bei immer stärker auftretenden Ermüdungsanzeichen nichts Besonderes unternimmt im Vertrauen darauf, es werde schon gut gehen. Soweit die Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung auf die berufliche Sanktionsempfindlichkeit des Beschwerdegegners hinweist, ist zunächst festzuhalten, dass dieser Umstand bei der Beurteilung des Verschuldens, ob ein mittelschwerer oder ein schwerer Fall vorliegt, nicht von Bedeutung ist. Im Weiteren ist offensichtlich, dass der Beschwerdegegner, der in Leissigen wohnt und in Gümligen in einem Schichtbetrieb arbeitet, im Verhältnis zum Durchschnittsfahrer stärker auf den Führerausweis angewiesen ist. Hingegen ist er nicht so schwer betroffen wie ein Fahrzeuglenker, dessen Berufsarbeit ganz oder teilweise im Führen von Motorfahrzeugen besteht. Im Übrigen wäre es für den Beschwerdegegner zumindest teilweise möglich, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln die normalen Schichtarbeitszeiten einzuhalten. Das beschwerdeführende Amt betont zu Recht die Gefährlichkeit, die von übermüdeten Fahrzeuglenkern ausgeht, und dass ein unvorhersehbares Einschlafen am Steuer bei einem gesunden Fahrzeugführer ohne vorherige subjektiv erkennbare Ermüdungserscheinungen ausgeschlossen werden könne. Soweit das Amt deshalb den Tatbestand des Fahrens in übermüdetem Zustand in der Regel als
BGE 126 II 206 S. 211
grobe Verkehrsregelverletzung bezeichnet, ist ihm zuzustimmen. Aus dem Umstand, dass das Fahren in angetrunkenem Zustand einen obligatorischen Entzugsgrund darstellt (Art. 16 Abs. 3 lit. b

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 16 - 1 Ausweise und Bewilligungen sind zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen; sie können entzogen werden, wenn die mit der Erteilung im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen missachtet werden. |

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 31 - 1 Der Führer muss das Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann. |

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 16 - 1 Ausweise und Bewilligungen sind zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen; sie können entzogen werden, wenn die mit der Erteilung im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen missachtet werden. |

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 17 - 1 Der auf bestimmte Zeit entzogene Lernfahr- oder Führerausweis kann frühestens drei Monate vor Ablauf der verfügten Entzugsdauer wiedererteilt werden, wenn die betroffene Person an einer von der Behörde anerkannten Nachschulung teilgenommen hat. Die Mindestentzugsdauer darf nicht unterschritten werden. |