Urteilskopf

125 II 541

55. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 5. Oktober 1999 i.S. Stadt Zürich gegen Regina Stauffer und Mitbeteiligte sowie Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 542

BGE 125 II 541 S. 542

Regina Stauffer und weitere Kindergartenlehrkräfte erhoben am 29. März 1996 beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich Klage gegen die Stadt Zürich wegen Lohndiskriminierung. Sie verlangten Lohnnachzahlungen sowie ab dem 1. Januar 1996 Lohnauszahlungen entsprechend der Einstufung 18 der kantonalen Besoldungsklasse (BVO/ZH). Mit Klage vom 24. März 1997 gegen die Stadt Zürich und den Kanton Zürich beantragten der Schweizerische Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) und der Verband Kindergärtnerinnen Zürich beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, es sei festzustellen, dass die Besoldung der Kindergärtnerinnen (75% der Besoldung der Primarlehrkräfte bzw. 80% der kantonalen Besoldungsklasse 18 BVO/ZH) diskriminierend sei, und es seien die Städtische Volksschullehrer-Verordnung bzw. die kantonalen Besoldungsempfehlungen für die Kindergärtnerinnen entsprechend zu ändern. Das Verwaltungsgericht wies die Klage gegen den Kanton Zürich am 10. Juli 1997 mangels Passivlegitimation des Beklagten ab und vereinigte die Klage gegen die Stadt Zürich mit derjenigen von Regina Stauffer und Mitbeteiligten. Mit Urteil vom 3. Februar 1999 hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich die beiden Klagen teilweise gut. Es kam zum Ergebnis, eine Lohndifferenz von 18% zwischen den Kindergartenlehrkräften und den Primarlehrkräften sei gerechtfertigt; der darüber hinaus gehende Besoldungsunterschied von 7% sei jedoch diskriminierend und verstosse gegen Art. 4 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
Satz 3 BV und gegen Art. 3
SR 151.1 Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) - Gleichstellungsgesetz
GlG Art. 3 Diskriminierungsverbot - 1 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen aufgrund ihres Geschlechts weder direkt noch indirekt benachteiligt werden, namentlich nicht unter Berufung auf den Zivilstand, auf die familiäre Situation oder, bei Arbeitnehmerinnen, auf eine Schwangerschaft.
1    Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen aufgrund ihres Geschlechts weder direkt noch indirekt benachteiligt werden, namentlich nicht unter Berufung auf den Zivilstand, auf die familiäre Situation oder, bei Arbeitnehmerinnen, auf eine Schwangerschaft.
2    Das Verbot gilt insbesondere für die Anstellung, Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung.
3    Angemessene Massnahmen zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung stellen keine Diskriminierung dar.
des Bundesgesetzes vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (GlG; SR 151). Es verpflichtete daher die Stadt Zürich zu entsprechenden Lohnnachzahlungen.
Gegen diesen Entscheid des Verwaltungsgerichts hat die Stadt Zürich beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. (Parallel zu diesem Verfahren hat das Bundesgericht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde von Regina Stauffer und Mitbeteiligten gegen dasselbe Urteil des Verwaltungsgerichts beurteilt, BGE 125 II 530).
Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

2. a) Nach Art. 4 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
Satz 3 BV und Art. 3
SR 151.1 Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) - Gleichstellungsgesetz
GlG Art. 3 Diskriminierungsverbot - 1 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen aufgrund ihres Geschlechts weder direkt noch indirekt benachteiligt werden, namentlich nicht unter Berufung auf den Zivilstand, auf die familiäre Situation oder, bei Arbeitnehmerinnen, auf eine Schwangerschaft.
1    Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen aufgrund ihres Geschlechts weder direkt noch indirekt benachteiligt werden, namentlich nicht unter Berufung auf den Zivilstand, auf die familiäre Situation oder, bei Arbeitnehmerinnen, auf eine Schwangerschaft.
2    Das Verbot gilt insbesondere für die Anstellung, Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung.
3    Angemessene Massnahmen zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung stellen keine Diskriminierung dar.
GlG haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit und dürfen auf Grund ihres Geschlechts weder direkt noch indirekt benachteiligt werden (BGE 125 I 71 E. 2;
BGE 125 II 541 S. 543

125 II 385 E. 3a S. 387 mit Hinweisen). Vorliegend steht keine direkte Diskriminierung zur Diskussion. Eine indirekte geschlechtsbedingte Diskriminierung liegt vor, wenn eine formal geschlechtsneutrale Regelung im Ergebnis wesentlich mehr bzw. überwiegend Angehörige des einen Geschlechts ohne sachliche Begründung gegenüber jenen des anderen Geschlechts erheblich benachteiligt (Botschaft vom 24. Februar 1993 zum Gleichstellungsgesetz, BBl 1993 I 1248ff., 1295 f.; BGE BGE 125 I 71 E. 2a S. 79; BGE 124 II 409 E. 7 S. 424 f. mit Hinweisen). Eine Ungleichbehandlung, welche nicht spezifisch Angehörige des einen Geschlechts betrifft, fällt demgegenüber nicht in den Geltungsbereich von Art. 4 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV bzw. des Gleichstellungsgesetzes, sondern beurteilt sich einzig nach Art. 4 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV (vgl. BGE 125 I 71 E. 2a S. 79; BGE 125 II 385 E. 3b S. 387 mit Hinweisen). b) Gemäss Art. 29 der städtischen Verordnung vom 15. November 1989 über die Anstellungsbedingungen und Besoldungen der Volksschullehrer (Städtische Volksschullehrer-Verordnung, SVL) entspricht der Lohn der Kindergärtnerinnen 75% der Primarlehrerbesoldung. Die Beschwerdeführerin hält diese tiefere Entlöhnung aus zwei Gründen für gerechtfertigt: Einerseits seien die qualitativen Anforderungen unterschiedlich; andererseits sei das Arbeitspensum der Kindergärtnerinnen tiefer als dasjenige der Primarlehrer. c) Das Verwaltungsgericht unterschied zwischen der Frage des quantitativen Arbeitspensums und derjenigen des qualitativen Arbeitswertes. Bezüglich des Pensums ging es davon aus, eine Diskriminierung der Kindergärtnerinnen sei glaubhaft gemacht, weil einzig bei diesem typischen Frauenberuf und nicht auch etwa bei den Mittelschullehrern die tiefe Stundenverpflichtung zur Annahme eines reduzierten Beschäftigungsumfangs geführt habe. Damit habe die Beschwerdeführerin gemäss Art. 6
SR 151.1 Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) - Gleichstellungsgesetz
GlG Art. 6 Beweislasterleichterung - Bezüglich der Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung wird eine Diskriminierung vermutet, wenn diese von der betroffenen Person glaubhaft gemacht wird.
GlG den Nachweis für die behauptete Arbeitszeitdifferenz zu erbringen. Diesen Nachweis hielt das Gericht indessen teilweise für erbracht. Auf Grund einer vom Institut für Angewandte Psychologie (IAP) erstellten Studie vom 30. Dezember 1995 nahm es an, die durchschnittliche effektive Arbeitszeit der Kindergärtnerinnen sei 13% tiefer als diejenige der Primarlehrkräfte. Damit rechtfertige sich ein Lohnunterschied in diesem Ausmass. d) Die Beschwerdeführerin anerkennt die IAP-Untersuchung über die Arbeitszeit und schliesst sich in diesem Punkt ausdrücklich der verwaltungsgerichtlichen Beurteilung an. Damit ist die Frage des Arbeitspensums nicht mehr umstritten. Bei dieser Sachlage stellt
BGE 125 II 541 S. 544

sich die Frage nach der Diskriminierungsvermutung und der Beweislast nach Art. 6
SR 151.1 Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) - Gleichstellungsgesetz
GlG Art. 6 Beweislasterleichterung - Bezüglich der Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung wird eine Diskriminierung vermutet, wenn diese von der betroffenen Person glaubhaft gemacht wird.
GlG nicht mehr. Es ist deshalb nicht von Bedeutung, ob das Verwaltungsgerich mit Recht die Beweislast der Beschwerdeführerin auferlegt hatte. Die Rüge der Verletzung von Art. 6
SR 151.1 Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) - Gleichstellungsgesetz
GlG Art. 6 Beweislasterleichterung - Bezüglich der Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung wird eine Diskriminierung vermutet, wenn diese von der betroffenen Person glaubhaft gemacht wird.
GlG erweist sich daher als gegenstandslos.
3. Die Beschwerdeführerin bestreitet zur Hauptsache die verwaltungsgerichtliche Beurteilung des Arbeitswertes der Kindergartenlehrkräfte. Das Verwaltungsgericht stellte bezüglich der qualitativen Anforderungen auf die Ergebnisse der vom Kanton im Zusammenhang mit der Strukturellen Besoldungsrevision eingesetzten Arbeitsgruppe ab. Diese hatte für die Funktion Kindergartenlehrkräfte 464 Arbeitswertpunkte ermittelt. Das Verwaltungsgericht berücksichtigte ferner ein durch den Experten Dr. Christian Katz verfasstes arbeitswissenschaftliches Gutachten zur Frage, ob und wenn ja in welcher Höhe zwischen den Funktionen Primarlehrer/in und Kindergärtner/in eine Differenz bezüglich des Arbeitswertes bestehe. Gestützt auf diese Grundlagen und auf Grund eigener Überlegungen kam das Gericht zum Ergebnis, eine Lohndifferenz von 5% zum Nachteil der Kindergärtnerinnen sei durch die geringere Wertigkeit ihrer Arbeit gerechtfertigt. Für die verbleibende Differenz von 7% sei die Vermutung der Diskriminierung nicht widerlegt und in diesem Umfang daher die Klage gutzuheissen. Die Frage des Arbeitswertes und der qualitativen Anforderungen ist nachfolgend in Erwägung 5f. zu prüfen. Vorerst ist indessen eine formelle Rüge zu beurteilen.
4. Die Beschwerdeführerin macht vorerst geltend, der vom Gericht beauftragte Gutachter sei nicht unvoreingenommen und unbefangen gewesen. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts wird die Verfahrensgarantie von Art. 58 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 58 Armee - 1 Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.
1    Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.
2    Die Armee dient der Kriegsverhinderung und trägt bei zur Erhaltung des Friedens; sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung. Sie unterstützt die zivilen Behörden bei der Abwehr schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit und bei der Bewältigung anderer ausserordentlicher Lagen. Das Gesetz kann weitere Aufgaben vorsehen.
3    Der Einsatz der Armee ist Sache des Bundes.18
BV und von Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK (SR 0.101) sinngemäss auch auf das Erfordernis der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Sachverständigen angewendet (BGE 120 V 357 E. 3a S. 364 f.; BGE 122 IV 235 E. 1c S. 237; BGE 118 Ia 144 E. 1c S. 146; vgl. auch BGE 124 I 34 E. 3d S. 39; anders BGE 116 Ia 135 E. 2c S. 137; ANDREAS DONATSCH, Zur Unabhängigkeit und Unbefangenheit des Sachverständigen, Festschrift v. Castelberg, Zürich 1997, S. 46 f.). Daraus ergibt sich ein Anspruch auf Unparteilichkeit, Unvoreingenommenheit und Unbefangenheit von gerichtlichen Experten. Befangenheit ist anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit eines Richters bzw.
BGE 125 II 541 S. 545

Sachverständigen zu erwecken. Es braucht nicht nachgewiesen zu werden, dass dieser tatsächlich befangen ist. Es genügt vielmehr, wenn Umstände vorliegen, die den Anschein der Befangenheit und die Gefahr der Voreingenommenheit objektiv zu begründen vermögen (BGE 124 I 121 E. 3a S. 123 mit Hinweisen). b) Nicht jede irgendwie geartete Beziehung zwischen dem Experten einerseits und den Parteien bzw. der zu beurteilenden Frage begründet für sich allein den Verdacht der Befangenheit (vgl. BGE 121 I 225 E. 3 S. 230). So ergibt sich eine solche nicht schon daraus, dass ein Experte im gleichen Institut arbeitet wie ein Kollege, dessen Meinungsäusserung zu beurteilen ist; denn sonst könnte in vielen Fällen überhaupt kein geeigneter Experte gefunden werden (Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte i.S. Brandstetter vom 28. August 1991, Serie A, Band 211, Ziff. 44 f. = EuGRZ 1992 S. 190). Ebenso wenig ergibt sich eine Befangenheit bereits daraus, dass der Experte etwa als Spitalarzt Angestellter des Gemeinwesens ist (BGE 118 II 249 E. 2a S. 251 f.). c) Der vom Verwaltungsgericht bestellte Experte Dr. Katz hat 1993 im Auftrag der "Aktion Gsundi Gsundheitspolitik" ein Gutachten erstellt. Im Jahre 1996 verfasste er für den VPOD im Hinblick auf dessen Lohnklagen einen Untersuchungsbericht über die Arbeitsbewertung bei Physiotherapeutinnen, Ergotherapeutinnen und Krankenschwestern. Am 25. Juni 1997 nahm er im Rahmen dieses Klageverfahrens wiederum im Auftrag des klagenden VPOD Stellung zu den Ausführungen des beklagten Kantons Zürich. Im Lichte der genannten Rechtsprechung vermögen diese Umstände erhebliche objektive Zweifel an der Unbefangenheit des Experten zu begründen. Zwar richteten sich jene Lohnklagen nicht gegen die Stadt Zürich, sondern gegen den Kanton Zürich und waren andere Berufsgruppen betroffen als im hier streitigen Verfahren. Indessen handelte es sich ebenfalls um Lohngleichheitsklagen, die von Vertretern typischer Frauenberufe gestützt auf das Gleichstellungsgesetz bzw. auf Art. 4 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
Satz 3 BV erhoben wurden. Die Bewertungsfragen und die damit verbundenen Problemstellungen sind weitgehend die gleichen wie diejenigen, die sich im Zusammenhang mit den Kindergärtnerinnen stellen. In der Stellungnahme vom 25. Juni 1997 äussert sich denn der Experte auch nicht in erster Linie spezifisch zu der Einstufung der genannten Berufe, sondern kritisiert in allgemeiner Weise die Methode der Vereinfachten Funktionsanalyse, die auch der hier fraglichen Bewertung der Kindergärtnerinnen zu Grunde liegt. Der Umstand,
BGE 125 II 541 S. 546

dass der Beklagte ein anderes Gemeinwesen ist und formell die Besoldung hier nach städtischem, dort nach kantonalem Recht erfolgt, kann dabei entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht entscheidend sein. Denn die städtischen Kindergärtnerinnenlöhne stehen materiell mit den kantonalen Empfehlungen im Einklang, und die Stadt Zürich ist offensichtlich bestrebt, sich dem kantonalen Niveau anzupassen. Hinzu kommt, dass die Tätigkeit von Dr. Katz als Parteigutachter mehrere Verfahren betraf und sich zudem zeitlich mit dem hier streitigen Gutachtensauftrag beinahe überschnitt: Am 10. Juli 1997, also nur rund zwei Wochen nach der Parteistellungnahme von Dr. Katz, beschloss das Verwaltungsgericht, diesen als gerichtlichen Experten in Aussicht zu nehmen; der schriftliche Auftrag erfolgte am 23. September 1997. Der Umstand, dass Dr. Katz nur wenig später, nachdem er für den VPOD eine Parteistellungnahme verfasst hatte, als gerichtlicher Gutachter in einem Prozess eingesetzt wurde, in welchem der VPOD als Kläger auftrat und in welchem sich weitgehend die gleichen Fragen stellen, stellt einen objektiven Grund für die Annahme von Befangenheit dar. Dabei kann nicht ausschlaggebend sein, dass der VPOD ein grosser Verband ist und die für das Kindergärtnerinnen-Verfahren zuständigen Personen des VPOD von der Expertentätigkeit von Dr. Katz für diesen Verband in anderem Zusammenhang nichts gewusst hätten. Wohl muss eine Tätigkeit für einen grösseren Verband oder ein grösseres Gemeinwesen nicht unbedingt zu einer Befangenheit führen, wenn es um unterschiedliche Fragen und verschiedene Stellen innerhalb der grösseren Organisation geht (vgl. BGE 116 Ia 485 E. 3a/b S. 488 f.). Die Gefahr der Voreingenommenheit ist aber zumindest dann zu bejahen, wenn die Tätigkeit für den Verband eine ähnliche oder gleiche Fragestellung betrifft und zudem fast zeitgleich stattfindet. d) Der Anspruch auf einen unabhängigen Gutachter ist formeller Natur. Seine Verletzung führt dazu, dass das fragliche Gutachten von Dr. Katz als Beweismittel auszuschliessen ist, unabhängig davon, wie es sich mit den gegen das Gutachten erhobenen materiellen Einwendungen verhält (BGE 120 V 357 E. 4 S. 367). Die Beschwerde erweist sich insofern als begründet. Ob dies zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids führt, ist indessen davon abhängig, inwiefern das Urteil auf das unzulässige Gutachten abstellt. Das ist im Folgenden im Zusammenhang mit der Frage nach der Bedeutung fachlicher Gutachten in Lohngleichheitsverfahren und auf Grund der materiellen Beurteilung zu prüfen.
BGE 125 II 541 S. 547

5. a) Die vorliegend umstrittene städtische Besoldungsverordnung, nach welcher die Kindergärtnerinnen-Besoldung 75% der Primarlehrer-Besoldung ausmacht, basiert nicht direkt auf einem von der Stadt Zürich selber durchgeführten Arbeitsbewertungsverfahren. Sie stimmt aber im Ergebnis mit den kantonalen Empfehlungen überein. Diese basieren ihrerseits auf einer Bewertung der Funktion Kindergärtnerin, welche von einer kantonalen Arbeitsgruppe zwar ausserhalb, aber in Koordination mit dem Projekt Strukturelle Besoldungsrevision für das kantonale Lehrpersonal durchgeführt wurde. Diese Bewertung führte zur Einstufung der Funktion Kindergärtnerin in eine Klasse, die der kantonalen Besoldungsklasse 18 BVO/ZH entsprach (und damit eine Lohnklasse tiefer liegt als diejenige der Primarlehrkräfte). Das Verwaltungsgericht erwog, damit sei eine Lohndifferenz von ca. 5% (zusätzlich zu derjenigen infolge des tieferen Pensums) gerechtfertigt. Wenn die Stadt die Kindergärtnerinnen tiefer einstufe, sei deshalb eine Lohndiskriminierung glaubhaft gemacht und gemäss Art. 6
SR 151.1 Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) - Gleichstellungsgesetz
GlG Art. 6 Beweislasterleichterung - Bezüglich der Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung wird eine Diskriminierung vermutet, wenn diese von der betroffenen Person glaubhaft gemacht wird.
GlG zu vermuten. Es sei Sache der Beschwerdeführerin, diese Vermutung zu widerlegen. Das Gericht stellte zu diesem Zweck dem Gutachter die Expertenfrage: "Besteht - auf Grund einer analytischen Arbeitsbewertung und unter Ausklammerung der Frage des Arbeitspensums - zwischen den Funktionen Primarlehrer/in und Kindergärtner/in eine Differenz bezüglich des Arbeitswertes, und wenn ja, wie hoch ist diese Differenz?" b) Der Experte schlug entsprechend dieser Fragestellung bei einigen Kriterien eine von der Arbeitsgruppe VFA abweichende Einstufung vor, was insgesamt zu 471 Arbeitswertpunkten und ebenfalls zur Einreihung in die Lohnklasse 18 führte. Massgeblich gestützt auf die Vorschläge des Gutachters kam das Verwaltungsgericht zu folgenden Ergebnissen:
BGE 125 II 541 S. 548

Kriterium

Einstufung Arbeitsgruppe VFA

Vorschlag Gutachter

Urteil Verwaltungsgericht

zum Vergleich: Primarlehrkräfte

K1 (Ausbildung und Erfahrung)

3,0

2,5

2,5

3,0

K2 (geistige Anforderungen)

3,0

3,5

3,5

3,5

K3 (Verantwortung)

3,5

3,5

3,5

3,5

K4 (Psychische Beanspruchung)

2,5

3,0

2,5

3,0

K5 (physische Anforderungen)

2,5

2,5

2,5

2,0

K6 (Beanspr. Sinnesorgane)

2,0

2,5

2,5

2,0

Gegenüber den Einstufungen der kantonalen Arbeitsgruppe reduzierte somit das Gericht gestützt auf die Empfehlungen des Gutachters die Einstufung bei Kriterium K1 um 0,5, erhöhte sie dafür bei K2 und K6 um je 0,5. Einzig bei Kriterium K4 wich es auf Grund eigener Überlegungen vom Gutachten ab und schloss sich, wie auch bei den übrigen Kriterien, der Einstufung der Arbeitsgruppe an. Gesamthaft kam das Verwaltungsgericht damit zu 466 Arbeitswertpunkten. c) Mit der Fragestellung an den Experten hat das Verwaltungsgericht die Rolle des Gutachters in einem Lohngleichheitsverfahren verkannt: Den zuständigen Behörden kommt bei der Ausgestaltung eines Besoldungssystems im öffentlichen Dienst ein erheblicher Gestaltungsspielraum zu; sie können aus der Vielzahl denkbarer Anknüpfungspunkte die Tatbestandselemente auswählen, die für die Besoldung von Beamten massgebend sein sollen (BGE 123 I 1 E. 6b/c S. 8; 121 I 49 E. 4c S. 53 f.). Das Lohngleichheitsgebot schränkt diesen grossen Ermessensspielraum nicht grundsätzlich ein. Ob verschiedene Tätigkeiten als gleichwertig zu betrachten sind, kann nicht wissenschaftlich objektiv und wertfrei entschieden werden, sondern hängt von Beurteilungen ab, die unterschiedlich ausfallen können. Es gibt verschiedene arbeitswissenschaftliche
BGE 125 II 541 S. 549

Bewertungsverfahren, die sich in Aufgliederung, Gewichtung und Bewertung der Anforderungen unterscheiden. Das Diskriminierungsverbot schreibt nicht eine "richtige" Lösung vor, sondern lässt unterschiedliche Bewertungsverfahren und - kriterien zu. Es verbietet jedoch eine geschlechtsdiskriminierende Bewertung, das heisst eine Bewertung, welche Unterschiede in der Besoldung an geschlechtsspezifische Merkmale anknüpft, ohne dass dies durch die Art der auszuübenden Tätigkeit sachlich begründet wäre (BGE 125 I 71 E. 2c/aa S. 79 f.; BGE 124 II 409 E. 9b S. 427 mit Hinweisen). Eine Arbeitsplatzbewertung verstösst nicht schon dann gegen das Verbot der Lohndiskriminierung, wenn eine andere Bewertung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar wäre oder gar aus der Sicht bestimmter arbeitswissenschaftlicher Theorien besser begründet erschiene, sondern nur dann, wenn bei der Bewertung geschlechtsspezifische Diskriminierungen bei der Auswahl oder Gewichtung der Kriterien oder der Einreihung der einzelnen Funktionen erfolgen (vgl. BGE 125 II 385 E. 5d S. 391; 124 II 409 E. 10b S. 429 mit Hinweisen). d) Die Beurteilung, ob eine Diskriminierung vorliegt, umfasst sowohl Tat- als auch Rechtsfragen: Tatfragen sind z.B. Vorliegen und Höhe von Lohnunterschieden, Beschreibung der Tätigkeiten u.dgl.; Rechtsfrage ist, ob Unterschiede in der Tätigkeit bzw. Funktion hinreichend sind, um einen Lohnunterschied zu rechtfertigen (vgl. BGE 124 II 409 E. 4c S. 422 f.). Rechtsfragen sind nicht von einem Gutachter, sondern vom Gericht zu entscheiden (BGE 118 Ia 144 E. 1c S. 146). Die Frage, ob ein System diskriminierend sei, kann - soweit deren Beurteilung von Rechtsfragen abhängt - daher nicht von arbeitswissenschaftlichen Experten beurteilt werden (BGE 125 II 385 E. 5b S. 390; BGE 124 II 409 E. 4c S. 423). Ebenso wenig hat ein Experte zu beurteilen, ob ein bestimmtes Lohnsystem "richtig" oder "angemessen" sei (BGE 125 II 385 E. 5c S. 391 und E. 6 S. 392 f.). Demgegenüber gehören zu den beweisbedürftigen Sachfragen, zu deren Beantwortung allenfalls Experten herangezogen werden können, etwa Fragen, auf welchen Kriterien die Lohneinstufung erfolgt, wie die Einstufung verschiedener Funktionen im Vergleich ist, ob sich dabei Wertungswidersprüche zeigen oder ob durch die vorgenommene Bewertung eine geschlechtsspezifische Funktion benachteiligt wurde (vgl. BGE 125 II 385 E. 6b S. 393). e) Die Frage an den Gutachter ist deshalb, wie das Verwaltungsgericht selber erkannte, zu weit gefasst. Der Experte prüfte entsprechend der Fragestellung denn auch nicht, ob die Einstufung der
BGE 125 II 541 S. 550

Funktion Kindergärtnerin bei den einzelnen Bewertungskriterien auf eine Weise erfolgte, welche spezifisch weibliche Funktionen benachteiligt; er schlug vielmehr jeweils eine bestimmte Einstufung vor, ohne sich zur Geschlechtsbezogenheit zu äussern. Das Gutachten hat damit nicht die rechtserheblichen Fragen beantwortet. Es kommt ihm deshalb nicht die Bedeutung zu, die ihm das Verwaltungsgericht beimass. Da das Bundesgericht im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde das Recht von Amtes wegen anwendet (Art. 114 Abs. 1
SR 151.1 Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) - Gleichstellungsgesetz
GlG Art. 6 Beweislasterleichterung - Bezüglich der Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung wird eine Diskriminierung vermutet, wenn diese von der betroffenen Person glaubhaft gemacht wird.
OG), ist im Folgenden zu prüfen, ob das angefochtene Urteil im Ergebnis auch dann rechtmässig ist, wenn auf das Gutachten nicht abgestellt wird.
6. a) Das Verwaltungsgericht hat mit Recht eine Diskriminierung vermutet: Der blosse Umstand, dass eine frauenspezifische Tätigkeit tiefer besoldet wird als eine bestimmte männliche oder geschlechtsneutrale Vergleichstätigkeit, begründet zwar für sich allein noch nicht die Vermutung einer Diskriminierung; andernfalls wären alle (männlichen oder weiblichen) geschlechtsspezifischen Tätigkeiten vermutungsweise diskriminiert, da sich praktisch immer eine höher besoldete geschlechtsneutrale Funktion finden lässt (BGE 124 II 409 E. 9a S. 426). Anders verhält es sich aber, wenn zum Nachteil einer frauenspezifischen Tätigkeit von einer systematischen Arbeitsplatzbewertung abgewichen wird. Wohl kann eine Funktionsanalyse nicht als wissenschaftliches Instrument zur objektiven Festlegung von Arbeitswerten betrachtet werden. Die Bewertung bestimmter Funktionen im Vergleich mit anderen Funktionen oder in Bezug auf bestimmte Anforderungskriterien kann nicht objektiv und wertneutral erfolgen, sondern enthält zwangsläufig einen erheblichen Wertungsbereich, dessen Konkretisierung davon abhängt, wie eine bestimmte Aufgabe von der Gesellschaft bzw. vom Arbeitgeber bewertet wird (BGE 125 II E. 5b S. 390). Immerhin macht eine Funktionsanalyse Wertungen transparent und vergleichbar und erleichtert damit das Aufdecken von Diskriminierungen. Eine bestimmte Funktionsanalyse kann als solche frauendiskriminierende Elemente aufweisen, wenn systematisch und ohne sachlichen Bezug zur entsprechenden Tätigkeit frauenspezifische Merkmale tiefer bewertet werden als geschlechtsneutrale oder männliche (vgl. dazu BGE 124 II 409 E. 9c/d S. 427 f.). Ist jedoch eine solche Analyse auf eine nichtdiskriminierende Weise durchgeführt worden, dann kann sie zwar nicht den Anspruch erheben, die einzige zulässige Bewertung festzulegen; sie enthält aber eine gewisse Plausibilität für eine nichtdiskriminierende Besoldung. Soll
BGE 125 II 541 S. 551

davon zum Nachteil eines typisch weiblichen Berufs abgewichen werden, so ist das begründungsbedürftig und führt in der Regel zur Vermutung einer Diskriminierung (vgl. BGE 125 I 71 E. 4a S. 82). b) Die kantonale Arbeitsgruppe hatte die Funktion Kindergärtnerin qualitativ in die Besoldungsklasse 18 BVO eingereiht, was in der von den kantonalen Behörden durchgeführten Vernehmlassung nicht umstritten war. Der Umstand, dass letztlich für die Kindergartenlehrkräfte eine Empfehlung in der Höhe von nur 75% der Primarlehrerbesoldung resultierte, ist darauf zurückzuführen, dass der Kanton ursprünglich von einem quantitativen Pensum von 80% ausging. Nachdem nun - wie vorliegend nicht mehr streitig ist - dieses Pensum nicht bloss 80%, sondern 87% des Primarlehrerpensums beträgt (vgl. oben E. 2d), ist die Besoldungshöhe von 75% nur vertretbar, wenn der Arbeitswert qualitativ nicht entsprechend der Lohnklasse 18, sondern 17, mithin tiefer eingereiht wird als gemäss Arbeitsbewertung. Damit wird nachträglich, nachdem sich die ursprüngliche Annahme betreffend Pensum als unrichtig herausstellt, dafür die Lohnklasse reduziert, um die ursprüngliche Gesamtlohnhöhe anders zu rechtfertigen. Da sich das zum Nachteil einer typisch weiblichen Funktion auswirkt, ist eine Lohndiskriminierung glaubhaft gemacht (vgl. auch BGE 124 II 409 E. 11e S. 434, 436 u. E. 7c S. 442). Es obliegt daher der Beschwerdeführerin, diese Vermutung umzustossen. c) Es fragt sich, was hierfür das Beweisthema zu sein hat: Die Beurteilung, ob eine Lohndiskriminierung vorliegt, umfasst sowohl Tat- als auch Rechtsfragen (vgl. vorne E. 5c). Beweisthema können nur Tatfragen sein, Rechtsfragen können nicht bewiesen werden, sondern sind von der Behörde auf Grund der Rechtslage zu beurteilen. Art. 6
SR 151.1 Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) - Gleichstellungsgesetz
GlG Art. 6 Beweislasterleichterung - Bezüglich der Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung wird eine Diskriminierung vermutet, wenn diese von der betroffenen Person glaubhaft gemacht wird.
GlG begründet sowohl eine Tatsachen- als auch eine Rechtsvermutung. Aber auch bei Rechtsvermutungen bezieht sich der Beweis des Gegenteils nicht auf die Rechtsfragen, sondern nur auf diejenigen Tatsachen, welche geeignet sind, die Rechtsvermutung umzustossen. Vom Beklagten kann daher auch nach Art. 6
SR 151.1 Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) - Gleichstellungsgesetz
GlG Art. 6 Beweislasterleichterung - Bezüglich der Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung wird eine Diskriminierung vermutet, wenn diese von der betroffenen Person glaubhaft gemacht wird.
GlG streng genommen nicht verlangt werden, dass er die Nichtdiskriminierung beweist. Ihm obliegt eine Begründungslast für die Ungleichbehandlung und die Beweislast für das Vorliegen der Tatsachen, aus denen er die sachliche Rechtfertigung der Lohnunterschiede herleitet. Ob diese Tatsachen die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen vermögen, ist demgegenüber Rechtsfrage. d) Vermutungsweise diskriminierend ist die Rückstufung der qualitativen Arbeitsplatzbewertung von der Lohnklasse 18 in die
BGE 125 II 541 S. 552

Klasse 17. Dafür trägt die Beschwerdeführerin eine Begründungs- bzw. Beweislast. e) Die Beschwerdeführerin bestreitet insbesondere die vorinstanzliche Bewertung der Kindergärtnerinnen im Kriterium K2 (Geistige Anforderungen). Dort hatte die kantonale Arbeitsgruppe, welche die Besoldungsempfehlungen für Kindergärtnerinnen ausarbeitete, die Einstufung 3,0 vorgeschlagen. Der Gutachter schlug demgegenüber die Stufe 3,5 vor (gleich wie Primarlehrkräfte). Das Verwaltungsgericht würdigte eingehend die Beurteilung durch den Experten. Schliesslich führte es aus, es möge zwar beachtliche Gründe dafür geben, die Kindergärtnerinnen im Kriterium K2 mit nur 3,0 Punkten einzustufen, doch lasse sich der von der Beschwerdeführerin zu führende volle Beweis, dass die Einstufung mit 3,0 Punkten zutreffender sei als jene mit 3,5 Punkten, nicht erbringen. Diese Ausführungen sind nach dem Gesagten bundesrechtswidrig, und zwar unabhängig davon, dass die Vorinstanz massgeblich auf das unzulässige Gutachten abstellte. Der Beschwerdeführerin obliegt nicht die Beweislast dafür, dass die Einstufung mit 3,0 Punkten zutreffender ist als jene mit 3,5. Massgebend ist einzig, ob die Einstufung mit 3,0 diskriminierend ist. Das ist entgegen der Annahme der Vorinstanz nicht zu vermuten: Die Diskriminierungsvermutung besteht nur für die Abweichung von der aus der Funktionsanalyse resultierenden Lohnklasse 18, nicht aber für die bereits in der Funktionsanalyse zu Grunde gelegte Einstufung mit 3,0. Das Verwaltungsgericht bringt selber nicht vor, dadurch werde ohne sachliche Begründung auf geschlechtsspezifische Merkmale abgestellt. Im Gegenteil führt es aus, es bestünden auch für die Einstufung mit 3,0 beachtliche Gründe. Diese kann demnach nicht als diskriminierend betrachtet werden. f) Begründungsbedürftig ist die Abweichung nach unten von den Resultaten der Funktionsbewertung beim Kriterium K1. Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass die Einstufung richtigerweise 2,75 lauten müsste, da die Ausbildung der Kindergärtnerinnen weniger anspruchsvoll sei als diejenige der Primarlehrkräfte, die mit 3,0 eingestuft worden ist, aber anspruchsvoller, als für die Stufe 2,5 vorausgesetzt. Wegen Fehlens von Viertelstufen bei der Methode der Vereinfachten Funktionsanalyse hatte die Arbeitsgruppe hier aufgerundet, beim Kriterium 2 hingegen abgerundet. Das Verwaltungsgericht erachtete diese Kompensationsüberlegung als einleuchtend, erhöhte indessen die Einstufung beim Kriterium K2 und relativierte
BGE 125 II 541 S. 553

dafür die tiefere Einstufung bei K1. Da die Höherstufung beim Kriterium K2 nach dem Gesagten nicht gerechtfertigt ist, kann diese nicht mehr herangezogen werden, um beim Kriterium K1 kompensatorisch tiefer zu gehen. Das Verwaltungsgericht stellt fest, dass die Ausbildungsanforderungen an Kindergärtnerinnen höher sind als für Stufe 2,5. Das ist eine Sachverhaltsfeststellung, die von der Beschwerdeführerin nicht substantiiert bestritten wird und daher für das Bundesgericht verbindlich ist (Art. 105 Abs. 2
SR 151.1 Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) - Gleichstellungsgesetz
GlG Art. 6 Beweislasterleichterung - Bezüglich der Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung wird eine Diskriminierung vermutet, wenn diese von der betroffenen Person glaubhaft gemacht wird.
OG). Dass der Gutachter im Ergebnis trotz einiger Zweifel und unter Berücksichtigung von Kompensationsüberlegungen die Einstufung 2,5 vorschlug, ist schon deshalb unerheblich, weil das Gutachten kein taugliches Beweismittel darstellt. Die vorinstanzliche Beurteilung, dass die Einstufung richtigerweise höher sein sollte als 2,5, ist daher nicht bundesrechtswidrig. g) Wird auf Grund dieser Überlegungen beim Kriterium K2 die Einstufung 3,0 beibehalten, aber entsprechend der verwaltungsgerichtlichen Beurteilung beim Kriterium K1 eine Stufe 2,75 angenommen (mit Punkte-Mittelwert zwischen 2,5 und 3,0), dann ergeben sich anstatt der vom Verwaltungsgericht errechneten 466 Arbeitswertpunkte deren 447,5. Das liegt immer noch im Bereich der Lohnklasse 18. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn die vom Verwaltungsgericht gegenüber der Arbeitsgruppe VFA vorgenommene Erhöhung beim Kriterium K6 rückgängig gemacht würde. Damit ergäben sich 5,5 Punkte weniger oder insgesamt 442 Arbeitswertpunkte, was ebenfalls noch im Bereich der Lohnklasse 18 liegt. In den Bereich der Klasse 17 gelangt man erst, wenn auch in anderen Kriterien eine Tieferbewertung gegenüber der Arbeitsgruppe VFA erfolgt. Die Beschwerdeführerin hat jedoch die Vermutung, dass eine solche Tiefereinstufung diskriminierend wäre, nicht umgestossen. h) Im Ergebnis ist somit, auch wenn nicht auf das unzulässige Gutachten Katz abgestellt wird, die Vermutung nicht widerlegt, dass die nachträgliche Rückstufung des qualitativen Arbeitswertes der Kindergärtnerinnen diskriminierend ist. Gestützt auf Art. 6
SR 151.1 Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) - Gleichstellungsgesetz
GlG Art. 6 Beweislasterleichterung - Bezüglich der Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung wird eine Diskriminierung vermutet, wenn diese von der betroffenen Person glaubhaft gemacht wird.
GlG ist daher die vorinstanzliche Beurteilung im Ergebnis zutreffend.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 125 II 541
Datum : 05. Oktober 1999
Publiziert : 31. Dezember 1999
Quelle : Bundesgericht
Status : 125 II 541
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Anspruch auf Unvoreingenommenheit gerichtlicher Experten; Art. 58 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Ablehnung eines gerichtlich


Gesetzesregister
BV: 4 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
58
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 58 Armee - 1 Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.
1    Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.
2    Die Armee dient der Kriegsverhinderung und trägt bei zur Erhaltung des Friedens; sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung. Sie unterstützt die zivilen Behörden bei der Abwehr schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit und bei der Bewältigung anderer ausserordentlicher Lagen. Das Gesetz kann weitere Aufgaben vorsehen.
3    Der Einsatz der Armee ist Sache des Bundes.18
EMRK: 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
GlG: 3 
SR 151.1 Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) - Gleichstellungsgesetz
GlG Art. 3 Diskriminierungsverbot - 1 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen aufgrund ihres Geschlechts weder direkt noch indirekt benachteiligt werden, namentlich nicht unter Berufung auf den Zivilstand, auf die familiäre Situation oder, bei Arbeitnehmerinnen, auf eine Schwangerschaft.
1    Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen aufgrund ihres Geschlechts weder direkt noch indirekt benachteiligt werden, namentlich nicht unter Berufung auf den Zivilstand, auf die familiäre Situation oder, bei Arbeitnehmerinnen, auf eine Schwangerschaft.
2    Das Verbot gilt insbesondere für die Anstellung, Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung.
3    Angemessene Massnahmen zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung stellen keine Diskriminierung dar.
6
SR 151.1 Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) - Gleichstellungsgesetz
GlG Art. 6 Beweislasterleichterung - Bezüglich der Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung wird eine Diskriminierung vermutet, wenn diese von der betroffenen Person glaubhaft gemacht wird.
OG: 105  114
BGE Register
116-IA-135 • 116-IA-485 • 118-IA-144 • 118-II-249 • 120-V-357 • 121-I-225 • 121-I-49 • 122-IV-235 • 123-I-1 • 124-I-121 • 124-I-34 • 124-II-409 • 125-I-71 • 125-II-385 • 125-II-530 • 125-II-541
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
funktion • frage • lohnklasse • vermutung • katze • bundesgericht • vorinstanz • beweislast • arbeitsplatzbewertung • arbeitszeit • geschlecht • beklagter • ausstand • stelle • tatfrage • lehrer • richtigkeit • sachverhalt • lohn • arbeitnehmer
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