125 II 530
54. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 5. Oktober 1999 i.S. Regina Stauffer und Mitbeteiligte gegen Stadt Zürich und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (Verwaltungs- gerichtsbeschwerde)
Regeste (de):
- Besoldung der Zürcher Kindergartenlehrkräfte; Art. 4 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
- Lohndiskriminierung; Vergleich des Frauenberufs der Kindergartenlehrkräfte mit dem neutral betrachteten Beruf der Primarlehrkräfte (E. 2).
- Berücksichtigung der tatsächlichen Arbeitszeit bei der Festlegung der Besoldung für die Kindergartenlehrkräfte (E. 4).
- Arbeitsbewertung des Berufs der Kindergartenlehrkräfte (E. 5).
- Zulässigkeit der quantitativen Angabe des Diskriminierungsausmasses (E. 6).
Regeste (fr):
- Rétribution des jardinières d'enfants zurichoises; art. 4 al. 2, 3e phrase, Cst., art. 3 de la loi sur l'égalité.
- Discrimination salariale; comparaison de la profession féminine de jardinière d'enfants avec celle, considérée de façon neutre, des enseignants du niveau primaire (consid. 2).
- Prise en considération de la durée effective du travail lors de la détermination de la rétribution des jardinières d'enfants (consid. 4).
- Evaluation de l'activité accomplie dans la profession de jardinière d'enfants (consid. 5).
- Il est admissible de constater quantitativement l'ampleur de la discrimination (consid. 6).
Regesto (it):
- Retribuzione dei docenti di scuola dell'infanzia zurighesi; art. 4 cpv. 2 terza proposizione Cost., art. 3 della legge sulla parità dei sessi.
- Discriminazione salariale; comparazione tra la professione femminile di docente di scuola dell'infanzia e quella, considerata come neutra, di docente di scuola elementare (consid. 2).
- Considerazione della durata effettiva del lavoro in sede di determinazione del salario dei docenti di scuola dell'infanzia (consid. 4).
- Valutazione dell'attività svolta nella professione di docente di scuola dell'infanzia (consid. 5).
- È consentito accertare quantitativamente la misura della discriminazione (consid. 6).
Sachverhalt ab Seite 531
BGE 125 II 530 S. 531
Regina Stauffer und weitere Kindergartenlehrkräfte erhoben am 29. März 1996 beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich Klage gegen die Stadt Zürich wegen Lohndiskriminierung. Sie verlangten Lohnnachzahlungen sowie ab dem 1. Januar 1996 Lohnauszahlungen entsprechend der Einstufung 18 der kantonalen Besoldungsklasse (BVO). Mit Klage vom 24. März 1997 gegen die Stadt Zürich und den Kanton Zürich beantragten der Schweizerische Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) und der Verband Kindergärtnerinnen Zürich beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, es sei festzustellen, dass die Besoldung der Kindergärtnerinnen (75% der Besoldung der Primarlehrkräfte bzw. 80% der kantonalen Besoldungsklasse 18 BVO) diskriminierend sei, und es seien die Städtische Volksschullehrer-Verordnung bzw. die kantonalen Besoldungsempfehlungen für die Kindergärtnerinnen entsprechend zu ändern. Das Verwaltungsgericht wies die Klage gegen den Kanton Zürich am 10. Juli 1997 mangels Passivlegitimation des Beklagten ab und vereinigte die Klage gegen die Stadt Zürich mit derjenigen von Regina Stauffer und Mitbeteiligten. Mit Urteil vom 3. Februar 1999 hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich die beiden Klagen teilweise gut. Es kam zum Ergebnis, eine Lohndifferenz von 18% zwischen den Kindergartenlehrkräften und den Primarlehrkräften sei gerechtfertigt; der darüber hinaus gehende Besoldungsunterschied von 7% sei jedoch diskriminierend und verstosse gegen Art. 4 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 151.1 Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) - Gleichstellungsgesetz GlG Art. 3 Diskriminierungsverbot - 1 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen aufgrund ihres Geschlechts weder direkt noch indirekt benachteiligt werden, namentlich nicht unter Berufung auf den Zivilstand, auf die familiäre Situation oder, bei Arbeitnehmerinnen, auf eine Schwangerschaft. |
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1 | Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen aufgrund ihres Geschlechts weder direkt noch indirekt benachteiligt werden, namentlich nicht unter Berufung auf den Zivilstand, auf die familiäre Situation oder, bei Arbeitnehmerinnen, auf eine Schwangerschaft. |
2 | Das Verbot gilt insbesondere für die Anstellung, Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung. |
3 | Angemessene Massnahmen zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung stellen keine Diskriminierung dar. |
Gegen diesen Entscheid des Verwaltungsgerichts haben Regina Stauffer und Mitbeteiligte sowie der VPOD beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde im Wesentlichen ab, heisst sie indessen in Bezug auf die Berechnung des geschuldeten Lohnguthabens im Sinne der Erwägungen gut. (Parallel zu diesem Verfahren hat das Bundes-gericht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Stadt Zürich gegen dasselbe Urteil des Verwaltungsgerichts beurteilt, BGE 125 II 541).
BGE 125 II 530 S. 532
Erwägungen
Auszug aus den Erwägungen:
2. a) Nach Art. 4 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 151.1 Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) - Gleichstellungsgesetz GlG Art. 3 Diskriminierungsverbot - 1 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen aufgrund ihres Geschlechts weder direkt noch indirekt benachteiligt werden, namentlich nicht unter Berufung auf den Zivilstand, auf die familiäre Situation oder, bei Arbeitnehmerinnen, auf eine Schwangerschaft. |
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1 | Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen aufgrund ihres Geschlechts weder direkt noch indirekt benachteiligt werden, namentlich nicht unter Berufung auf den Zivilstand, auf die familiäre Situation oder, bei Arbeitnehmerinnen, auf eine Schwangerschaft. |
2 | Das Verbot gilt insbesondere für die Anstellung, Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung. |
3 | Angemessene Massnahmen zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung stellen keine Diskriminierung dar. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
3. a) Gemäss Art. 29 der städtischen Verordnung vom 15. November 1989 über die Anstellungsbedingungen und
BGE 125 II 530 S. 533
Besoldungen der Volksschullehrer (Städtische Volksschullehrer-Verordnung, SVL) entspricht der Lohn der Kindergärtnerinnen 75% der Primarlehrerbesoldung. Die Beschwerdegegnerin hält diese tiefere Entlöhnung aus zwei Gründen für gerechtfertigt: Einerseits seien die qualitativen Anforderungen unterschiedlich; andererseits sei das Arbeitspensum der Kindergärtnerinnen tiefer als dasjenige der Primarlehrkräfte. (...)
4. a) In erster Linie umstritten ist die Berücksichtigung der Arbeitszeit als lohnbestimmenden Faktor. Die Beschwerdeführenden bringen vor, es sei diskriminierend, dass einzig bei den typischen Frauenberufen der Kindergärtnerinnen sowie der Handarbeits- und Hauswirtschaftslehrerinnen das Element der Arbeitszeit nachträglich eingeführt worden sei. Das Verwaltungsgericht ist ebenfalls davon ausgegangen, dass dies eine geschlechtsbedingte Diskriminierung vermuten lässt (Art. 6
SR 151.1 Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) - Gleichstellungsgesetz GlG Art. 6 Beweislasterleichterung - Bezüglich der Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung wird eine Diskriminierung vermutet, wenn diese von der betroffenen Person glaubhaft gemacht wird. |
BGE 125 II 530 S. 534
berücksichtigt worden. Dieses Vorgehen ziele darauf ab, die tiefe Entlöhnung typisch weiblicher Berufe beizubehalten. Die Berücksichtigung der Arbeitszeit bei den Hauswirtschafts- und Handarbeitslehrerinnen ist jedoch darauf zurückzuführen, dass bei diesen Gruppen das Besoldungssystem früher im Unterschied zu allen andern Lehrkräften nicht auf einer festen Jahresgrundbesoldung, sondern auf einer Jahreslektion beruhte und im Rahmen einer Neubewertung daher die effektive Arbeitszeit zu thematisieren war (BGE 124 II 409 E. 11f S. 434 f.). Die Beschwerdeführenden machen nicht geltend, dass es weitere pädagogische Berufe mit einer ähnlich tiefen Arbeitszeit gebe, bei denen die Arbeitszeit nicht lohn-bestimmend berücksichtigt worden sei. Es ist daher nicht zu be-anstanden, dass ein Unterschied in den effektiven Arbeitspensen - soweit er effektiv vorliegt - lohnwirksam berücksichtigt wird. e) Selbst wenn im Umstand, dass bei typischen Frauenlehrberufen ein geringeres Arbeitspensum berücksichtigt wird, eine geschlechtsbezogene Diskriminierung läge, könnte diese nicht dadurch korrigiert werden, dass den Angehörigen dieser Berufe für ein tatsächlich quantitativ geringeres Pensum ein voller Lohn bezahlt würde. Dadurch würden wieder Ungleichheiten gegenüber den Angehörigen anderer Berufe geschaffen. Vielmehr wäre eine solche allfällige Diskriminierung dadurch zu beheben, dass den Kindergartenlehrkräften Gelegenheit geboten wird, ein volles Pensum auszuüben, beispielsweise mit Zusatzlektionen in anderen Klassen (vgl. BGE 124 II 436 E. 8d/dd S. 444). f) Die Beschwerdeführenden beanstanden das konkrete Vorgehen der Vorinstanz betreffend die Arbeitszeit. Insbesondere bringen sie vor, die Situation in Zürich sei anders als diejenige im Kanton Solothurn, welche BGE 124 II 436 zu Grunde lag. So verweilten die Kinder in Zürich länger im Kindergarten als in Solothurn; auch sei nicht klar untersucht, ob bei höheren Schulstufen der Vor- und Nach- bereitungsaufwand grösser sei. Bei pädagogischen Berufen wird die Arbeitszeit in der Regel nicht wie bei anderen Arbeitnehmern in einer festen Zahl von Arbeitsstunden festgelegt, sondern durch eine bestimmte Zahl von Pflichtlektionen und übrige Pflichtpräsenzzeit. Zu dieser Zeit kommt ein gewisser Aufwand hinzu für Vor- und Nachbereitung des Unterrichts, Gespräche mit Eltern und dergleichen. Dieser Aufwand und damit auch die gesamte Arbeitszeit einer Lehrkraft lassen sich naturgemäss nicht leicht quantifizieren. Immerhin lässt sich unter der Voraussetzung, dass bei verschiedenen Kategorien von Lehrkräften das Verhältnis
BGE 125 II 530 S. 535
zwischen Pflichtpräsenzzeit und gesamter Arbeitszeit etwa gleich ist, mit einem Vergleich der Pflichtpräsenzzeit auch die gesamte Arbeitszeit vergleichen. Dieser Methode haftet eine immanente Ungenauigkeit an, solange nicht zuverlässig bekannt ist, ob die Annahme eines gleichen Verhältnisses zwischen Pflichtpräsenz zeit und gesamter Arbeitszeit zutrifft. Mangels genauerer Untersuchungen wurde diese Methode jedoch im Kanton Solothurn angewendet und vom Bundesgericht zugelassen (BGE 124 II 436 E. 9c S. 447). Vorliegend wurde indessen mit der erwähnten IAP-Studie auf Grund einer empirischen Erhebung ein direkter Vergleich der Gesamtarbeitszeit vorgenommen. Eine solche Erhebung ist zumindest nicht ungenauer als die für den Kanton Solothurn verwendete Methode. Bei diesem Vorgehen ist nicht die Zahl der Pflichtlektionen oder die vorgeschriebene Präsenzzeit massgebend, sondern die gesamte Arbeitszeit. Die Ausführungen der Beschwerdeführenden zu den Pflichtlektionen und zum Vor- und Nachbereitungsaufwand sind auf dieser Grundlage nicht ausschlaggebend. g) Das Verwaltungsgericht ist gestützt auf die IAP-Studie davon ausgegangen, dass die durchschnittliche Arbeitszeit der Kindergärtnerinnen 87% derjenigen der Primarlehrkräfte beträgt. Das ist eine Sachverhaltsfeststellung, die für das Bundesgericht grundsätzlich bindend ist (Art. 105 Abs. 2
SR 151.1 Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) - Gleichstellungsgesetz GlG Art. 6 Beweislasterleichterung - Bezüglich der Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung wird eine Diskriminierung vermutet, wenn diese von der betroffenen Person glaubhaft gemacht wird. |
BGE 125 II 530 S. 536
sich damit in BGE 124 II 436 E. 9e S. 447 f. bereits auseinandergesetzt. Auch der Schlussbericht des IAP hält fest, dass für die Primarlehrkräfte die im Stundenplan vorgesehenen Pausen "ohne Frage zur Arbeitszeit" gehören. Es ist somit sachverhaltsmässig davon auszugehen, dass die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit der Primarlehrkräfte 45,23 Stunden, diejenige der Kindergärtnerinnen 39,44 Stunden bzw. rund 13% weniger beträgt. h) Eventualiter bringen die Beschwerdeführenden vor, wenn die Arbeitszeit tatsächlich ein lohnbestimmendes Element sein soll, so hätte sie Bestandteil der Arbeitsbewertung sein sollen (ähnlich DENISE BUSER, AJP 1998 S. 1521). Das ist jedoch nicht zwingend: Wesentlich ist, dass sowohl die qualitativen als auch die quantitativen Aspekte berücksichtigt werden. Ob das in ein und derselben Untersuchung erfolgt oder in zwei getrennten Untersuchungen, ist nicht ausschlaggebend. Dabei muss freilich beachtet werden, dass nicht bei der Arbeitsbewertung quantitative Aspekte zusätzlich einbezogen werden, die bereits bei der qualitativen Bewertung berücksichtigt wurden, würden diese doch sonst doppelt gezählt. In dem vom Verwaltungsgericht eingeholten Gutachten wird der Arbeitswert der Funktion Kindergärtnerin anhand einer Vereinfachten Funktionsanalyse mit der Funktion Primarlehrkraft verglichen. Diese Methode wurde in der Schweiz verschiedentlich angewendet, so auch im Kanton Zürich im Rahmen der Arbeitsbewertung 1991. Sie basiert auf sechs Kriterien, welche die zur Beurteilung einer Funktion massgebenden Anforderungen zusammenfassen (vgl. BGE BGE 124 II 409 E. 10). Diese Kriterien berücksichtigen einzig die qualitativen Aspekte, nicht aber die gegebenenfalls unterschiedliche Dauer der Arbeitszeit. Die entsprechenden Untersuchungen basieren auf der Annahme, dass die zu vergleichenden Funktionen quantitativ eine gleich grosse Arbeitszeit haben (vgl. BGE 124 II 436 E. 8b S. 443). Der vom Verwaltungsgericht angestellte Arbeitswertvergleich hat deshalb die vorliegend zu Grunde zu legenden quantitativen Unterschiede in der Arbeitszeit nicht berücksichtigt. Der vom Verwaltungsgericht beigezogene Experte Katz hielt in seinem Gutachten ausdrücklich fest, dass bei seinen Schlussfolgerungen allfällige Unterschiede in Bezug auf die Arbeitspensen nicht berücksichtigt seien. Es ist daher richtig, den festgestellten quantitativen Unterschied im Arbeitspensum bei der Lohnbemessung zusätzlich einzubeziehen. i) Die Beschwerdeführenden bringen eventualiter vor, ihre Arbeitszeit hätte nicht mit derjenigen der Primarlehrkräfte (45,23 Stunden),
BGE 125 II 530 S. 537
sondern mit dem Normalpensum der städtischen Beamten und Angestellten (42 Stunden) verglichen werden müssen. Das würde für die Kindergärtnerinnen einen Beschäftigungsgrad von rund 94% ergeben (statt der vom Verwaltungsgericht angenommenen 87%). Da bei pädagogischen Berufen das Arbeitspensum üblicherweise nicht in einer festen Zahl von Arbeitsstunden festgelegt wird, ist ein Vergleich mit den übrigen Beamten und Angestellten naturgemäss mit gewissen Unschärfen behaftet. Es ist deshalb nicht unzulässig, Arbeitszeitvergleiche in erster Linie zwischen den verschiedenen Kategorien von Lehrkräften anzustellen. Jedenfalls ist ein solches Vorgehen nicht geschlechtsdiskriminierend: Sofern dadurch die Lehrkräfte gegenüber den anderen Beamten und Angestellten benachteiligt werden sollten, würde das für alle Kategorien von Lehrkräften gleichermassen gelten, also nicht nur für den Frauenberuf der Kindergärtnerin, sondern ebenso für die geschlechtsneutralen oder männlich dominierten Lehrberufe. Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführenden selber im Verfahren vor Verwaltungsgericht einen Vergleich mit den Primarlehrkräften angestellt und keine weiteren Vergleiche beantragt haben. Unter diesen Umständen hatte das Verwaltungsgericht keinen Anlass, andere Vergleiche anzustellen (vgl. BGE 124 II 436 E. 8d/ee S. 445). k) Gesamthaft erweist es sich somit als nicht diskriminierend, das Arbeitspensum lohnwirksam zu berücksichtigen.
5. a) Bezüglich der qualitativen Arbeitsbewertung anerkennen die Beschwerdeführenden grundsätzlich eine Differenz von einer Lohnklasse gegenüber den Primarlehrkräften. Sie rügen jedoch Abweichungen, welche das Verwaltungsgericht gegenüber der Arbeitsgruppe VFA 1991 und dem gerichtlichen Gutachten vorgenommen hat, als Widerspruch zum Gleichstellungsgesetz und zu Art. 4 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
b) Den zuständigen Behörden kommt bei der Ausgestaltung eines Besoldungssystems im öffentlichen Dienst ein erheblicher Gestaltungsspielraum zu; sie können aus der Vielzahl denkbarer Anknüpfungspunkte die Tatbestandselemente auswählen, die für die Besoldung von Beamten massgebend sein sollen (BGE 123 I 1 E. 6b/c S. 8; BGE 121 I 49 E. 4c S. 53 f.). Das Lohngleichheitsgebot schränkt diesen grossen Ermessensspielraum nicht grundsätzlich ein. Ob verschiedene Tätigkeiten als gleichwertig zu betrachten sind, kann nicht wissenschaftlich objektiv und wertfrei entschieden werden, sondern hängt von Beurteilungen ab, die unterschiedlich
BGE 125 II 530 S. 538
ausfallen können. Es gibt verschiedene arbeitswissenschaftliche Bewertungsverfahren, die sich in Aufgliederung, Gewichtung und Bewertung der Anforderungen unterscheiden. Das Diskriminierungsverbot schreibt nicht eine "richtige" Lösung vor, sondern lässt unterschiedliche Bewertungsverfahren und -kriterien zu. Es verbietet jedoch eine geschlechtsdiskriminierende Bewertung, das heisst eine Bewertung, welche Unterschiede in der Besoldung an geschlechtsspezifische Merkmale anknüpft, ohne dass das durch die Art der auszuübenden Tätigkeit sachlich begründet wäre (BGE 125 I 71 E. 2c S. 79 f.; BGE 125 II 385 E. 3d/e S.391; BGE 124 II 409 E. 9b S. 427 mit Hinweisen). Eine Arbeitsplatzbewertung verstösst daher nicht schon dann gegen das Verbot der Lohndiskriminierung, wenn eine andere Bewertung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar wäre oder gar aus der Sicht bestimmter arbeitswissenschaftlicher Theorien besser begründet erschiene, sondern nur dann, wenn bei der Bewertung geschlechtsspezifische Diskriminierungen bei der Auswahl oder Gewichtung der Kriterien oder der Einreihung der einzelnen Funktionen erfolgten (vgl. BGE 125 II 385 E. 5d S. 391; BGE 124 II 409 E. 10b S. 429). c) Die Arbeitsgruppe VFA hatte beim Kriterium 1 (Ausbildung und Erfahrung) die Kindergärtnerinnen und die Primarlehrkräfte gleichermassen in die Stufe 3 gewiesen. Der gerichtliche Gutachter schlug demgegenüber die Einstufung 2,5 vor; zutreffend wäre nach seiner Beurteilung zwar 2,75; da aber die Skala keine Viertelstufungen kenne, sei die Stufe 2,5 richtiger als 3,0, weil die Differenz in Bezug auf die Ausbildungsanforderungen gegenüber den Primarlehrkräften zu gross sei. Das Verwaltungsgericht folgte dieser Argumentation. Die Beschwerdeführenden bestreiten nicht einen Unterschied zu den Primarlehrkräften. Sie bringen jedoch vor, ihre Ausbildung sei gleichwertig wie diejenige der Hauswirtschaftslehrerinnen, welche wie die Primarlehrkräfte in Stufe 3 eingereiht sind. Indessen ist der Beruf der Hauswirtschaftslehrerinnen gerichtsnotorisch gleich wie derjenige der Kindergärtnerinnen ein typischer Frauenberuf (vgl. BGE 124 II 409 E. 8b S. 425). Eine unterschiedliche Behandlung zweier Frauenberufe kann von vornherein keine Geschlechtsdiskriminierung darstellen (E. 2a).
d) Beim Kriterium K4 (Psychische Belastung) schlug der gerichtliche Experte gleich wie für Primarlehrkräfte die Einstufung 3,0 vor. Das Verwaltungsgericht reduzierte dies auf die von der Arbeitsgruppe VFA angenommene Stufe 2,5, insbesondere unter Hinweis auf den höheren psychischen Druck der Primarlehrer infolge der zu
BGE 125 II 530 S. 539
treffenden Bewertungs- und Selektionsentscheide. Das wird von den Beschwerdeführenden beanstandet; auch der Übergang vom Kindergarten in die Primarschule sei oft nicht problemlos. Ausschlaggebend für das Verwaltungsgericht war jedoch in erster Linie, dass in der Primarschule die Bewertung häufiger erforderlich ist und mit einer grösseren Tragweite verbunden ist als im Kindergarten. Das sind sachliche Überlegungen, von denen nicht ersichtlich ist, weshalb sie geschlechtsdiskriminierend sein sollen (vgl. auch BGE 125 I 71 E. 3a S. 80). Der gerichtliche Experte führt bloss, ohne dies zu belegen, aus, Kindergärtnerinnen müssten relativ häufiger als Primarlehrer mit verhaltensauffälligen Kindern arbeiten und der Übertritt vom Kindergarten in die Schule stelle für die Kindergärtnerinnen eine psychische Belastung dar. Er legt aber nicht dar, inwiefern durch eine Tiefereinstufung dieser Funktionselemente an geschlechtsspezifische Merkmale angeknüpft werde. Er hat damit nicht die rechtserhebliche Frage beantwortet (vorne E. 5b; BGE 125 II 385 E. 6b S. 393). Im Übrigen ergäbe sich selbst dann, wenn das Kriterium K4 mit 3,0 statt mit 2,5 bewertet würde, eine Differenz von bloss 5 Arbeitswertpunkten. Dadurch würde die Funktion der Kindergärtnerin 471 statt der vom Verwaltungsgericht zu Grunde gelegten 466 Punkte erzielen, was immer noch innerhalb der Lohnklasse 18 läge. e) Gesamthaft ist somit die vom Verwaltungsgericht zu Grunde gelegte Einstufung der Beschwerdeführenden in die Lohnklasse 18 nicht diskriminierend.
6. Die Beschwerdeführenden beanstanden, dass das Verwaltungsgericht in seinem Feststellungsentscheid (Ziff. 2 des Dispositivs) in Prozenten festgehalten habe, wie gross die Diskriminierung sei. Es ist jedenfalls im Zusammenhang mit einer Lohndiskriminierung nicht ersichtlich, weshalb eine quantitative Angabe des Diskriminierungsausmasses unzulässig sein soll. Lohndiskriminierung drückt sich darin aus, dass eine ungerechtfertigte Differenz in der Besoldung besteht. Diese Differenz kann grösser oder kleiner sein, was für die Betroffenen durchaus erheblich ist, bemisst sich doch die Höhe des allenfalls zusätzlich geschuldeten Lohnes (Art. 5 Abs. 1 lit. d
SR 151.1 Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) - Gleichstellungsgesetz GlG Art. 5 Rechtsansprüche - 1 Wer von einer Diskriminierung im Sinne der Artikel 3 und 4 betroffen ist, kann dem Gericht oder der Verwaltungsbehörde beantragen: |
|
1 | Wer von einer Diskriminierung im Sinne der Artikel 3 und 4 betroffen ist, kann dem Gericht oder der Verwaltungsbehörde beantragen: |
a | eine drohende Diskriminierung zu verbieten oder zu unterlassen; |
b | eine bestehende Diskriminierung zu beseitigen; |
c | eine Diskriminierung festzustellen, wenn diese sich weiterhin störend auswirkt; |
d | die Zahlung des geschuldeten Lohns anzuordnen. |
2 | Besteht die Diskriminierung in der Ablehnung einer Anstellung oder in der Kündigung eines obligationenrechtlichen Arbeitsverhältnisses, so hat die betroffene Person lediglich Anspruch auf eine Entschädigung. Diese ist unter Würdigung aller Umstände festzusetzen und wird auf der Grundlage des voraussichtlichen oder tatsächlichen Lohnes errechnet. |
3 | Bei einer Diskriminierung durch sexuelle Belästigung kann das Gericht oder die Verwaltungsbehörde der betroffenen Person zudem auch eine Entschädigung zusprechen, wenn die Arbeitgeberinnen oder die Arbeitgeber nicht beweisen, dass sie Massnahmen getroffen haben, die zur Verhinderung sexueller Belästigungen nach der Erfahrung notwendig und angemessen sind und die ihnen billigerweise zugemutet werden können. Die Entschädigung ist unter Würdigung aller Umstände festzusetzen und wird auf der Grundlage des schweizerischen Durchschnittslohns errechnet. |
4 | Die Entschädigung bei Diskriminierung in der Ablehnung einer Anstellung nach Absatz 2 darf den Betrag nicht übersteigen, der drei Monatslöhnen entspricht. Die Gesamtsumme der Entschädigungen darf diesen Betrag auch dann nicht übersteigen, wenn mehrere Personen einen Anspruch auf eine Entschädigung wegen diskriminierender Ablehnung derselben Anstellung geltend machen. Die Entschädigung bei Diskriminierung in der Kündigung eines obligationenrechtlichen Arbeitsverhältnisses nach Absatz 2 und bei Diskriminierung durch sexuelle Belästigung nach Absatz 3 darf den Betrag nicht übersteigen, der sechs Monatslöhnen entspricht. |
5 | Vorbehalten bleiben Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung sowie weitergehende vertragliche Ansprüche. |
SR 151.1 Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) - Gleichstellungsgesetz GlG Art. 7 Klagen und Beschwerden von Organisationen - 1 Organisationen, die nach ihren Statuten die Gleichstellung von Frau und Mann fördern oder die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wahren und seit mindestens zwei Jahren bestehen, können im eigenen Namen feststellen lassen, dass eine Diskriminierung vorliegt, wenn der Ausgang des Verfahrens sich voraussichtlich auf eine grössere Zahl von Arbeitsverhältnissen auswirken wird. Sie müssen der betroffenen Arbeitgeberin oder dem betroffenen Arbeitgeber Gelegenheit zur Stellungnahme geben, bevor sie eine Schlichtungsstelle anrufen oder eine Klage einreichen. |
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1 | Organisationen, die nach ihren Statuten die Gleichstellung von Frau und Mann fördern oder die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wahren und seit mindestens zwei Jahren bestehen, können im eigenen Namen feststellen lassen, dass eine Diskriminierung vorliegt, wenn der Ausgang des Verfahrens sich voraussichtlich auf eine grössere Zahl von Arbeitsverhältnissen auswirken wird. Sie müssen der betroffenen Arbeitgeberin oder dem betroffenen Arbeitgeber Gelegenheit zur Stellungnahme geben, bevor sie eine Schlichtungsstelle anrufen oder eine Klage einreichen. |
2 | Im Übrigen gelten die Bestimmungen für die Klagen und Beschwerden von Einzelpersonen sinngemäss. |
BGE 125 II 530 S. 540
[Hrsg.], Kommentar zum Gleichstellungsgesetz, Basel 1997, Rz. 13 und 34 zu Art. 7). Dies setzt gerade voraus, dass das Feststellungsurteil das Ausmass der Diskriminierung möglichst genau quantifiziert, wäre es doch sonst für die Durchsetzung der Leistungsbegehren wenig hilfreich. Es ist daher richtig, wenn nicht nur in einem Leistungsurteil, sondern auch in einem Feststellungsurteil festgehalten wird, wie gross der nicht gerechtfertigte Teil einer Lohndifferenz ist (vgl. BGE 124 II 436 E. 11c S. 457 f.).