Urteilskopf

123 III 328

50. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 14. August 1997 i.S. E. W. (Beschwerde)
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Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 328

BGE 123 III 328 S. 328

Mit Beschwerde bei der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts verlangte E. W. die Aufhebung des Zuschlags einer Liegenschaft, die zuvor im Gesamteigentum von ihr und dem Ersteigerer H. W. gestanden hatte. Die Beschwerde, mit welcher insbesondere eine Verletzung des in Art. 20a Abs. 2 Ziff. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 20a - 1 ...32
1    ...32
2    Für das Verfahren vor den kantonalen Aufsichtsbehörden gelten die folgenden Bestimmungen:33
1  Die Aufsichtsbehörden haben sich in allen Fällen, in denen sie in dieser Eigenschaft handeln, als solche und gegebenenfalls als obere oder untere Aufsichtsbehörde zu bezeichnen.
2  Die Aufsichtsbehörde stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest. Sie kann die Parteien zur Mitwirkung anhalten und braucht auf deren Begehren nicht einzutreten, wenn sie die notwendige und zumutbare Mitwirkung verweigern.
3  Die Aufsichtsbehörde würdigt die Beweise frei; unter Vorbehalt von Artikel 22 darf sie nicht über die Anträge der Parteien hinausgehen.
4  Der Beschwerdeentscheid wird begründet, mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen und den Parteien, dem betroffenen Amt und allfälligen weiteren Beteiligten schriftlich eröffnet.
5  Die Verfahren sind kostenlos. Bei böswilliger oder mutwilliger Prozessführung können einer Partei oder ihrem Vertreter Bussen bis zu 1500 Franken sowie Gebühren und Auslagen auferlegt werden.
3    Im Übrigen regeln die Kantone das Verfahren.
SchKG verankerten Untersuchungsgrundsatzes gerügt wurde, wurde abgewiesen.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. Die Beschwerdeführerin, die im kantonalen Verfahren eine Reihe von Gründen angeführt hat, um den Zuschlag des Grundstücks anzufechten (Art. 132a
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 132a - 1 Die Verwertung kann nur durch Beschwerde gegen den Zuschlag oder den Abschluss des Freihandverkaufs angefochten werden.
1    Die Verwertung kann nur durch Beschwerde gegen den Zuschlag oder den Abschluss des Freihandverkaufs angefochten werden.
2    Die Beschwerdefrist von Artikel 17 Absatz 2 beginnt, wenn der Beschwerdeführer von der angefochtenen Verwertungshandlung Kenntnis erhalten hat und der Anfechtungsgrund für ihn erkennbar geworden ist.
3    Das Beschwerderecht erlischt ein Jahr nach der Verwertung.
SchKG, in der Fassung vom 16. Dezember 1994, in Kraft seit 1. Januar 1997), beschränkt sich vor der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts auf die Rüge, Art. 20a Abs. 2 Ziff. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 20a - 1 ...32
1    ...32
2    Für das Verfahren vor den kantonalen Aufsichtsbehörden gelten die folgenden Bestimmungen:33
1  Die Aufsichtsbehörden haben sich in allen Fällen, in denen sie in dieser Eigenschaft handeln, als solche und gegebenenfalls als obere oder untere Aufsichtsbehörde zu bezeichnen.
2  Die Aufsichtsbehörde stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest. Sie kann die Parteien zur Mitwirkung anhalten und braucht auf deren Begehren nicht einzutreten, wenn sie die notwendige und zumutbare Mitwirkung verweigern.
3  Die Aufsichtsbehörde würdigt die Beweise frei; unter Vorbehalt von Artikel 22 darf sie nicht über die Anträge der Parteien hinausgehen.
4  Der Beschwerdeentscheid wird begründet, mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen und den Parteien, dem betroffenen Amt und allfälligen weiteren Beteiligten schriftlich eröffnet.
5  Die Verfahren sind kostenlos. Bei böswilliger oder mutwilliger Prozessführung können einer Partei oder ihrem Vertreter Bussen bis zu 1500 Franken sowie Gebühren und Auslagen auferlegt werden.
3    Im Übrigen regeln die Kantone das Verfahren.
SchKG (in der Fassung vom 16. Dezember 1994, in Kraft seit 1. Januar 1997) sei verletzt worden. Nach ihrer Auffassung ist im kantonalen Verfahren dem in der zuletzt genannten Bestimmung verankerten Untersuchungsgrundsatz nicht nachgelebt worden, weil von ihr angerufene Zeugen nicht einvernommen
BGE 123 III 328 S. 329

worden seien, um über die Beschimpfungen auszusagen, mit denen sie vom künftigen Ersteigerer beim Versuch, das Grundstück vor der Steigerung zu besichtigen, bedacht worden seien.
3. Gemäss Art. 20a Abs. 2 Ziff. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 20a - 1 ...32
1    ...32
2    Für das Verfahren vor den kantonalen Aufsichtsbehörden gelten die folgenden Bestimmungen:33
1  Die Aufsichtsbehörden haben sich in allen Fällen, in denen sie in dieser Eigenschaft handeln, als solche und gegebenenfalls als obere oder untere Aufsichtsbehörde zu bezeichnen.
2  Die Aufsichtsbehörde stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest. Sie kann die Parteien zur Mitwirkung anhalten und braucht auf deren Begehren nicht einzutreten, wenn sie die notwendige und zumutbare Mitwirkung verweigern.
3  Die Aufsichtsbehörde würdigt die Beweise frei; unter Vorbehalt von Artikel 22 darf sie nicht über die Anträge der Parteien hinausgehen.
4  Der Beschwerdeentscheid wird begründet, mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen und den Parteien, dem betroffenen Amt und allfälligen weiteren Beteiligten schriftlich eröffnet.
5  Die Verfahren sind kostenlos. Bei böswilliger oder mutwilliger Prozessführung können einer Partei oder ihrem Vertreter Bussen bis zu 1500 Franken sowie Gebühren und Auslagen auferlegt werden.
3    Im Übrigen regeln die Kantone das Verfahren.
SchKG stellt die Aufsichtsbehörde den Sachverhalt von Amtes wegen fest. Sie kann die Parteien zur Mitwirkung anhalten und braucht auf deren Begehren nicht einzutreten, wenn sie die notwendige und zumutbare Mitwirkung verweigern. Die Bestimmung hält den Untersuchungsgrundsatz fest und entspricht im übrigen inhaltlich den Art. 12
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 12 - Die Behörde stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest und bedient sich nötigenfalls folgender Beweismittel:
a  Urkunden;
b  Auskünfte der Parteien;
c  Auskünfte oder Zeugnis von Drittpersonen;
d  Augenschein;
e  Gutachten von Sachverständigen.
und 13
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 13
1    Die Parteien sind verpflichtet, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken:
a  in einem Verfahren, das sie durch ihr Begehren einleiten;
b  in einem anderen Verfahren, soweit sie darin selbständige Begehren stellen;
c  soweit ihnen nach einem anderen Bundesgesetz eine weitergehende Auskunfts- oder Offenbarungspflicht obliegt.
1bis    Die Mitwirkungspflicht erstreckt sich nicht auf die Herausgabe von Gegenständen und Unterlagen aus dem Verkehr einer Partei mit ihrem Anwalt, wenn dieser nach dem Anwaltsgesetz vom 23. Juni 200034 zur Vertretung vor schweizerischen Gerichten berechtigt ist.35
2    Die Behörde braucht auf Begehren im Sinne von Absatz 1 Buchstabe a oder b nicht einzutreten, wenn die Parteien die notwendige und zumutbare Mitwirkung verweigern.
VwVG (BBl 1991 III, S. 36). Das kann aber nicht bedeuten, dass die Aufsichtsbehörden über Schuldbetreibung und Konkurs in jedem Fall so umfangreiche Nachforschungen anstellen, wie es im Verwaltungsverfahren von der Sache her erforderlich sein mag (vgl. BGE 119 V 208 E. 5b, c: Anspruch des Versicherten auf Teilnahme am Gespräch mit dem Sachverständigen; BGE 111 Ib 323 E. 4: Einholung eines zweiten Berichtes durch die Zollbehörden zwecks Prüfung des Ursprungs von Waren; BGE 110 V 109 E. 3-5, 199 E. 2-4: Streichung von Arzneimitteln aus der Spezialitätenliste; BGE 99 Ib 104 E. 4: Anerkennung einer Treuhandgesellschaft als bankengesetzliche Revisionsstelle). Wo zur Feststellung des Sachverhalts eine Beweiserhebung unumgänglich ist, sollen zwar auch die Aufsichtsbehörden über Schuldbetreibung und Konkurs zu den prozessüblichen Beweismitteln - insbesondere Urkunden, Zeugen und Sachverständige - greifen; aber ihre Erhebungen sollen sich in vernünftigem Rahmen bewegen und nicht ausser acht lassen, dass sich das Zwangsverwertungsverfahren (in welchem materiellrechtliche Fragen nicht mehr zur Diskussion stehen) speditiv abzuwickeln hat. Die am Zwangsverwertungsverfahren Beteiligten trifft anderseits eine Mitwirkungspflicht dahingehend, dass sie die Aufsichtsbehörden bei der Ermittlung des Sachverhalts nach bestem Wissen und Gewissen zu unterstützen haben. Es kann von ihnen - nicht anders als im Verwaltungsverfahren - erwartet werden, dass sie sich entsprechend den Umständen äussern; tun sie dies nicht, so haben die Aufsichtsbehörden nicht nach Tatsachen zu forschen, die nicht aktenkundig sind (Häfelin/Müller, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2. Auflage Zürich 1993, Rz. 1332).
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 123 III 328
Datum : 14. August 1997
Publiziert : 31. Dezember 1998
Quelle : Bundesgericht
Status : 123 III 328
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Art. 20a Abs. 2 Ziff. 2 SchKG. Untersuchungsgrundsatz, Mitwirkungspflicht.


Gesetzesregister
SchKG: 20a 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 20a - 1 ...32
1    ...32
2    Für das Verfahren vor den kantonalen Aufsichtsbehörden gelten die folgenden Bestimmungen:33
1  Die Aufsichtsbehörden haben sich in allen Fällen, in denen sie in dieser Eigenschaft handeln, als solche und gegebenenfalls als obere oder untere Aufsichtsbehörde zu bezeichnen.
2  Die Aufsichtsbehörde stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest. Sie kann die Parteien zur Mitwirkung anhalten und braucht auf deren Begehren nicht einzutreten, wenn sie die notwendige und zumutbare Mitwirkung verweigern.
3  Die Aufsichtsbehörde würdigt die Beweise frei; unter Vorbehalt von Artikel 22 darf sie nicht über die Anträge der Parteien hinausgehen.
4  Der Beschwerdeentscheid wird begründet, mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen und den Parteien, dem betroffenen Amt und allfälligen weiteren Beteiligten schriftlich eröffnet.
5  Die Verfahren sind kostenlos. Bei böswilliger oder mutwilliger Prozessführung können einer Partei oder ihrem Vertreter Bussen bis zu 1500 Franken sowie Gebühren und Auslagen auferlegt werden.
3    Im Übrigen regeln die Kantone das Verfahren.
132a
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 132a - 1 Die Verwertung kann nur durch Beschwerde gegen den Zuschlag oder den Abschluss des Freihandverkaufs angefochten werden.
1    Die Verwertung kann nur durch Beschwerde gegen den Zuschlag oder den Abschluss des Freihandverkaufs angefochten werden.
2    Die Beschwerdefrist von Artikel 17 Absatz 2 beginnt, wenn der Beschwerdeführer von der angefochtenen Verwertungshandlung Kenntnis erhalten hat und der Anfechtungsgrund für ihn erkennbar geworden ist.
3    Das Beschwerderecht erlischt ein Jahr nach der Verwertung.
VwVG: 12 
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 12 - Die Behörde stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest und bedient sich nötigenfalls folgender Beweismittel:
a  Urkunden;
b  Auskünfte der Parteien;
c  Auskünfte oder Zeugnis von Drittpersonen;
d  Augenschein;
e  Gutachten von Sachverständigen.
13
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 13
1    Die Parteien sind verpflichtet, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken:
a  in einem Verfahren, das sie durch ihr Begehren einleiten;
b  in einem anderen Verfahren, soweit sie darin selbständige Begehren stellen;
c  soweit ihnen nach einem anderen Bundesgesetz eine weitergehende Auskunfts- oder Offenbarungspflicht obliegt.
1bis    Die Mitwirkungspflicht erstreckt sich nicht auf die Herausgabe von Gegenständen und Unterlagen aus dem Verkehr einer Partei mit ihrem Anwalt, wenn dieser nach dem Anwaltsgesetz vom 23. Juni 200034 zur Vertretung vor schweizerischen Gerichten berechtigt ist.35
2    Die Behörde braucht auf Begehren im Sinne von Absatz 1 Buchstabe a oder b nicht einzutreten, wenn die Parteien die notwendige und zumutbare Mitwirkung verweigern.
BGE Register
110-V-109 • 111-IB-323 • 119-V-208 • 123-III-328 • 99-IB-104
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beschimpfung • bundesgericht • ersteigerer • frage • gesamteigentum • kantonales verfahren • mitwirkungspflicht • sachverhalt • sachverhaltsfeststellung • treuhandgesellschaft • von amtes wegen • weiler • wissen • zeuge
BBl
1991/III/36