121 III 252
50. Urteil des Kassationshofes vom 14. Juli 1995 i.S. R., T., D. und G. gegen M. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):
- Art. 47
SR 220 Parte prima: Disposizioni generali Titolo primo: Delle cause delle obbligazioni Capo primo: Delle obbligazioni derivanti da contratto
CO Art. 47 - Nel caso di morte di un uomo o di lesione corporale, il giudice, tenuto conto delle particolari circostanze, potrà attribuire al danneggiato o ai congiunti dell'ucciso un'equa indennità pecuniaria a titolo di riparazione.
- Bei der Bemessung der Genugtuung sind die Lebenshaltungskosten am Wohnsitz des Berechtigten nicht zu berücksichtigen (E. 2b).
Regeste (fr):
- Art. 47 CO; fixation de l'indemnité pour tort moral.
- Lors de la fixation de l'indemnité pour tort moral, il n'y a pas lieu de prendre en considération les frais d'entretien au domicile de l'ayant droit (consid. 2b).
Regesto (it):
- Art. 47 CO; determinazione dell'indennità per torto morale.
- Il costo della vita al domicilio dell'avente diritto non va considerato nell'ambito della determinazione dell'indennità a titolo di riparazione morale (consid. 2b).
Sachverhalt ab Seite 252
BGE 121 III 252 S. 252
A.- Am 6. Dezember 1994 verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich M.
BGE 121 III 252 S. 253
wegen vorsätzlicher Tötung und weiterer Straftaten zu 6 1/2 Jahren Zuchthaus und verwies ihn für 15 Jahre des Landes. Zudem verpflichtete es ihn zur Bezahlung folgender Genugtuungssummen an die Angehörigen des von ihm getöteten B.: - Für R.(Witwe) Fr. 20'000.--
- für die 3 Kinder T. (geb. Dezember 1987),
D. (geb. März 1989) und G. (geb. Juni 1993)
je Fr. 15'000.-- Fr. 45'000.--
-------------
total somit Fr. 65'000.--
nebst 5% Zins seit dem 10. Januar 1993.
B.- Die Geschädigten erheben eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts in bezug auf die Genugtuungssummen aufzuheben; M. sei zu verpflichten, folgende Genugtuungssummen zu bezahlen: - Für R. Fr. 40'000.--
- für die 3 Kinder T., D. und G. je Fr. 30'000.-- Fr. 90'000.-- --------------
total somit Fr. 130'000.--
nebst 5% Zins seit dem 10. Januar 1993.
C.- Das Obergericht hat auf Gegenbemerkungen, M. auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Erwägungen
Erwägungen:
1. a) Der Verurteilung des Beschwerdegegners liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Am 10. Januar 1993, um ca. 00.30 Uhr, betrat der Beschwerdegegner seine Wohnung in X. und stellte fest, dass seine Kinder noch im Wohnzimmer spielten. In der Folge wollte er seinen Sohn und seine Tochter im Kinderzimmer zu Bett bringen. Die Türe des Kinderzimmers war jedoch verschlossen. Er begab sich deshalb mit den Kindern ins Elternschlafzimmer und rief nach seiner Ehefrau. Da sich niemand meldete, drückte er mit Gewalt die Türe zum Kinderzimmer auf. Darauf sah er seine Ehefrau nackt hinter der Türe stehen und einen nackten unbekannten Mann (B.), der soeben im Begriffe war, durch das geöffnete Fenster des Kinderzimmers ins Freie zu springen. Der Beschwerdegegner begab sich unverzüglich ins Elternschlafzimmer, behändigte einen Revolver und nahm die Verfolgung des
BGE 121 III 252 S. 254
nackten B. auf. Er entdeckte ihn, nachdem er ihn zwischendurch aus den Augen verloren hatte, in einem Hinterhof. B. stand dem Beschwerdegegner gegenüber und blickte ihn an. Der Beschwerdegegner hob den Revolver, richtete ihn gegen B. und gab aus einer Distanz von ca. 5-7 m mindestens einen Schuss gegen ihn ab. Eine Kugel traf B. unterhalb der 7. Rippe. B. brach zusammen, worauf sich der Beschwerdegegner zu ihm begab und aus einer Distanz von ca. 1 m noch mindestens zwei Schüsse gegen den Kopf und den Oberkörper des am Boden Liegenden bzw. Kauernden abfeuerte. Dies führte zum Tod von B. b) Die Vorinstanz qualifizierte die Tat mit einlässlicher Begründung als vorsätzliche Tötung. Bei der Strafzumessung berücksichtigte sie eine Persönlichkeitsstörung und eine Zuckerkrankheit des Beschwerdegegners, welche die emotionale Instabilität akzentuiere. Er sei zur Zeit der Tat leicht alkoholisiert gewesen und habe sich in einem akuten Erregungszustand befunden. Seine heftigen Affekte hätten sein Bewusstsein stark eingeengt, weshalb er nur noch begrenzt imstande gewesen sei, die Situation wirklichkeitsgerecht einzuschätzen bzw. entsprechend zu handeln. Die Tat liege näher beim Tatbestand des Totschlages als bei jenem des Mordes. Das Verschulden wiege jedoch schwer. Die Vorinstanz folgt dem psychiatrischen Gutachten, wonach die Zurechnungsfähigkeit schwer vermindert war. Zu den von den Beschwerdeführern bereits im kantonalen Verfahren in gleicher Höhe wie in der Nichtigkeitsbeschwerde geltend gemachten Genugtuungsansprüchen bemerkt die Vorinstanz, diese Summen wären angemessen, wenn die Beschwerdeführer in der Schweiz wohnen würden. Nachdem sie jedoch in Kosovo lebten, müsse den dort wesentlich tieferen Lebenshaltungskosten Rechnung getragen werden. Aus diesem Grunde sprach die Vorinstanz nur die Hälfte der eingeklagten Genugtuungssummen zu. c) Die Beschwerdeführer machen geltend, es verletze Bundesrecht, die Lebenshaltungskosten bei der Bemessung der Genugtuung zu berücksichtigen. Die Auffassung der Vorinstanz könne sich weder auf Lehrmeinungen noch auf Präjudizien stützen. Eventualiter machen die Beschwerdeführer geltend, dass die Vorinstanz dann, wenn das von ihr angewandte Rechtsprinzip bundesrechtmässig wäre, konkret Beweis über die Lebenshaltungskosten in Kosovo hätte erheben müssen. Die Lebenshaltungskosten seien in Kosovo seit dem Zerfall des alten Jugoslawien unter dem Einfluss der Kriegswirtschaft dramatisch angestiegen. Auch deshalb verletze die Vorinstanz Bundesrecht,
BGE 121 III 252 S. 255
wenn sie nur die Hälfte der an sich angemessenen Summen zuspreche.
2. Der Richter kann unter Würdigung der besonderen Umstände den Angehörigen eines Getöteten eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen (Art. 47
SR 220 Parte prima: Disposizioni generali Titolo primo: Delle cause delle obbligazioni Capo primo: Delle obbligazioni derivanti da contratto CO Art. 47 - Nel caso di morte di un uomo o di lesione corporale, il giudice, tenuto conto delle particolari circostanze, potrà attribuire al danneggiato o ai congiunti dell'ucciso un'equa indennità pecuniaria a titolo di riparazione. |
BGE 121 III 252 S. 256
Frage einer Reduktion geprüft werden müsste, sondern gegebenenfalls auch bei schweizerischem Wohnsitz an einem Ort mit geringen Lebenshaltungskosten. Es wäre schwer nachvollziehbar, wenn bei der Bemessung der Genugtuung danach unterschieden werden müsste, ob der Ansprecher in einer Grossstadt oder in einer ländlichen Gegend mit niedrigen Lebenshaltungskosten wohnt. Die Auffassung der Vorinstanz würde auch dazu führen, dass der Ansprecher mit ausländischem Wohnsitz gegebenenfalls mehr verlangen könnte, wenn er in einer ausländischen Metropole mit höheren Lebenshaltungskosten als in der Schweiz wohnt. Würde man der Ansicht der Vorinstanz folgen, würde im übrigen in Fällen wie hier die Freiheit des Genugtuungsberechtigten, sich anderswo niederzulassen, faktisch beeinträchtigt. So könnten die Beschwerdeführer in der Schweiz nur wieder leben, wenn sie bereit wären, sich mit der Hälfte der Genugtuung abzufinden. Die Beschwerde ist deshalb gutzuheissen.
3. a) Heisst der Kassationshof die Nichtigkeitsbeschwerde im Zivilpunkt gut, so entscheidet er in der Sache selbst oder weist sie zu neuer Entscheidung an die kantonale Behörde zurück (Art. 277quater Abs. 1
SR 220 Parte prima: Disposizioni generali Titolo primo: Delle cause delle obbligazioni Capo primo: Delle obbligazioni derivanti da contratto CO Art. 47 - Nel caso di morte di un uomo o di lesione corporale, il giudice, tenuto conto delle particolari circostanze, potrà attribuire al danneggiato o ai congiunti dell'ucciso un'equa indennità pecuniaria a titolo di riparazione. |