121 I 267
37. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 15. September 1995 i.S. I. M. und S. M. gegen Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Art. 88 OG, Art. 11 Abs. 1
SR 131.212 Verfassung des Kantons Bern, vom 6. Juni 1993 (KV)
KV Art. 11 - 1 Jede Person hat ein Recht auf Schutz vor staatlicher Willkür.
1 Jede Person hat ein Recht auf Schutz vor staatlicher Willkür. 2 Der Schutz von Treu und Glauben ist gewährleistet. - Aus Art. 11 Abs. 1 der Verfassung vom 6. Juni 1993 des Kantons Bern, wonach jede Person ein Recht auf Schutz vor staatlicher Willkür hat, ergibt sich für sich allein kein rechtlich geschütztes Interesse im Sinne von Art. 88 OG und damit insofern auch kein weitergehender Schutz als aus Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
Regeste (fr):
- Art. 88 OJ, art. 11 al. 1 Cst./BE: non-renouvellement d'une autorisation de séjour.
- En soi, l'art. 11 al. 1 de la Constitution du canton de Berne du 6 juin 1993, selon lequel toute personne a un droit à être protégée contre l'arbitraire de l'État, ne confère pas au recourant un droit juridiquement protégé au sens de l'art. 88 OJ et n'accorde donc pas non plus une protection plus grande que celle découlant de l'art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
Regesto (it):
- Art. 88 OG, art. 11 cpv. 1 Cost./BE; rifiuto di prorogare un permesso di dimora.
- L'art. 11 cpv. 1 della Costituzione del Cantone di Berna del 6 giugno 1993, secondo cui ogni persona possiede un diritto ad essere protetto contro l'arbitrio dello Stato, non conferisce al ricorrente un diritto giuridicamente protetto ai sensi dell'art. 88 OG e non concede pertanto una protezione più ampia di quella garantita dall'art. 4 Cost. (consid. 2 e 3).
Sachverhalt ab Seite 267
BGE 121 I 267 S. 267
Die Fremdenpolizei der Stadt Bern verweigerte den Eheleuten M. sowie ihren drei Kindern am 25. Mai 1994 die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung und setzte ihnen Frist zur Ausreise bis zum 15. Juli 1994. Sie begründete diesen Schritt damit, dass das Ehepaar den ihm in einem früheren Verfahren gemachten Auflagen betreffend Schuldensanierung nicht nachgekommen sei.
BGE 121 I 267 S. 268
Die Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern bestätigte am 5. April 1995 auf Beschwerde hin diesen Entscheid. Das Bundesgericht tritt auf eine dagegen gerichtete staatsrechtliche Beschwerde seinerseits nicht ein
Erwägungen
aus folgenden Erwägungen:
1. Die staatsrechtliche Beschwerde ist nur zulässig, wenn die behauptete Rechtsverletzung nicht sonstwie durch Klage oder Rechtsmittel beim Bundesgericht oder einer andern Bundesbehörde gerügt werden kann (Art. 84 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) EMRK Art. 8 Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens - (1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. |
SR 131.212 Verfassung des Kantons Bern, vom 6. Juni 1993 (KV) KV Art. 11 - 1 Jede Person hat ein Recht auf Schutz vor staatlicher Willkür. |
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1 | Jede Person hat ein Recht auf Schutz vor staatlicher Willkür. |
2 | Der Schutz von Treu und Glauben ist gewährleistet. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
2. Nach Art. 88 OG steht das Recht, staatsrechtliche Beschwerde zu führen, Bürgern (Privaten) und Korporationen bezüglich solcher Rechtsverletzungen zu, die sie durch allgemeinverbindliche oder sie persönlich treffende Erlasse oder Verfügungen erlitten haben. Dabei kann nur eine Verletzung in rechtlich geschützten eigenen Interessen gerügt werden; zur Verfolgung
BGE 121 I 267 S. 269
bloss tatsächlicher Vorteile oder zur Geltendmachung allgemeiner öffentlicher Interessen ist die staatsrechtliche Beschwerde nicht gegeben. Die eigenen rechtlichen Interessen, auf die sich der Beschwerdeführer berufen muss, können entweder durch kantonales oder eidgenössisches Gesetzesrecht oder aber unmittelbar durch ein angerufenes spezielles Grundrecht geschützt sein, sofern sie auf dem Gebiet liegen, das die betreffende Verfassungsbestimmung beschlägt. Das in Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
3. Die Beschwerdeführer berufen sich nun allerdings auf Art. 11 Abs. 1
SR 131.212 Verfassung des Kantons Bern, vom 6. Juni 1993 (KV) KV Art. 11 - 1 Jede Person hat ein Recht auf Schutz vor staatlicher Willkür. |
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1 | Jede Person hat ein Recht auf Schutz vor staatlicher Willkür. |
2 | Der Schutz von Treu und Glauben ist gewährleistet. |
SR 131.212 Verfassung des Kantons Bern, vom 6. Juni 1993 (KV) KV Art. 130 - 1 Diese Verfassung tritt am 1. Januar 1995 in Kraft. |
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1 | Diese Verfassung tritt am 1. Januar 1995 in Kraft. |
2 | Die neuen Ausgabenkompetenzen des Regierungsrates gemäss Artikel 89 Absatz 2 gelten mit Annahme dieser Verfassung. Geschäfte, die der Regierungsrat bereits an den Grossen Rat überwiesen hat, werden nach bisherigem Recht behandelt. |
3 | Die Gesamterneuerungswahlen für den Regierungsrat finden im Jahr 1994 gemäss den Vorschriften dieser Verfassung statt. |
4 | Für Regierungsstatthalterinnen und Regierungsstatthalter, die zugleich als Gerichtspräsidentinnen oder Gerichtspräsidenten tätig sind, gilt Artikel 68 Absatz 2 erst mit Erlass der neuen Gesetzesbestimmungen über die Gerichtsorganisation, spätestens aber nach Ablauf der ordentlichen Amtsdauer am 31. Dezember 1998. |
5 | Artikel 117 über das Initiativrecht in den Gemeinden gilt erst nach Anpassung der entsprechenden Gemeindereglemente, spätestens aber am 1. Januar 1997. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 113 * - 1 Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge. |
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1 | Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge. |
2 | Er beachtet dabei folgende Grundsätze: |
a | Die berufliche Vorsorge ermöglicht zusammen mit der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise. |
b | Die berufliche Vorsorge ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch; das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen. |
c | Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber versichern ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer Vorsorgeeinrichtung; soweit erforderlich, ermöglicht ihnen der Bund, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer eidgenössischen Vorsorgeeinrichtung zu versichern. |
d | Selbstständigerwerbende können sich freiwillig bei einer Vorsorgeeinrichtung versichern. |
e | Für bestimmte Gruppen von Selbstständigerwerbenden kann der Bund die berufliche Vorsorge allgemein oder für einzelne Risiken obligatorisch erklären. |
3 | Die berufliche Vorsorge wird durch die Beiträge der Versicherten finanziert, wobei die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezahlen. |
4 | Vorsorgeeinrichtungen müssen den bundesrechtlichen Mindestanforderungen genügen; der Bund kann für die Lösung besonderer Aufgaben gesamtschweizerische Massnahmen vorsehen. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 113 * - 1 Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge. |
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1 | Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge. |
2 | Er beachtet dabei folgende Grundsätze: |
a | Die berufliche Vorsorge ermöglicht zusammen mit der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise. |
b | Die berufliche Vorsorge ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch; das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen. |
c | Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber versichern ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer Vorsorgeeinrichtung; soweit erforderlich, ermöglicht ihnen der Bund, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer eidgenössischen Vorsorgeeinrichtung zu versichern. |
d | Selbstständigerwerbende können sich freiwillig bei einer Vorsorgeeinrichtung versichern. |
e | Für bestimmte Gruppen von Selbstständigerwerbenden kann der Bund die berufliche Vorsorge allgemein oder für einzelne Risiken obligatorisch erklären. |
3 | Die berufliche Vorsorge wird durch die Beiträge der Versicherten finanziert, wobei die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezahlen. |
4 | Vorsorgeeinrichtungen müssen den bundesrechtlichen Mindestanforderungen genügen; der Bund kann für die Lösung besonderer Aufgaben gesamtschweizerische Massnahmen vorsehen. |
SR 131.212 Verfassung des Kantons Bern, vom 6. Juni 1993 (KV) KV Art. 11 - 1 Jede Person hat ein Recht auf Schutz vor staatlicher Willkür. |
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1 | Jede Person hat ein Recht auf Schutz vor staatlicher Willkür. |
2 | Der Schutz von Treu und Glauben ist gewährleistet. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 121 I 267 S. 270
als die bernische Kantonsverfassung - anders als dies nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung für das Willkürverbot von Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 131.212 Verfassung des Kantons Bern, vom 6. Juni 1993 (KV) KV Art. 11 - 1 Jede Person hat ein Recht auf Schutz vor staatlicher Willkür. |
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1 | Jede Person hat ein Recht auf Schutz vor staatlicher Willkür. |
2 | Der Schutz von Treu und Glauben ist gewährleistet. |
d) Auch wenn das bernische Verfassungsrecht das Willkürverbot ausdrücklich als selbständiges Grundrecht anerkennt und dessen Schutz "jeder Person" zukommen lassen will, stellt sich doch die durch den Bundesgesetzgeber bzw.
BGE 121 I 267 S. 271
nach der Praxis zu Art. 88 OG zu beantwortende Frage, wann ein hinreichendes individuelles Rechtsschutzbedürfnis vorliegt, um eine Beschwerdebefugnis zu begründen. Das Recht zur prozessualen Durchsetzung des Willkürverbots bedarf notwendigerweise der Normierung durch das einschlägige Verfahrensrecht; mit der Umschreibung, wonach "jede Person" Anspruch auf Schutz vor staatlicher Willkür habe, ist die Frage der Legitimation zur prozessualen Geltendmachung dieses Rechts nicht beantwortet. Selbst wenn der Kreis der zur Anrufung des kantonalrechtlichen Willkürverbots Berechtigten (im Sinne der Auffassung der Beschwerdeführer) weiter zu ziehen wäre, als dies nach der heutigen Praxis zu Art. 88 OG der Fall ist, so müsste doch, und zwar nach Massgabe des Bundesrechts, zwangsläufig eine Grenze gezogen werden, da keinesfalls jeder bloss entfernt oder indirekt Betroffene Entscheide dem Verfassungsrichter zur Prüfung unterbreiten kann. In diesem Sinne wird denn auch in den Erläuterungen zum Entwurf des Bundesrats von 1995 für eine Reform der Bundesverfassung, der in Art. 8 ("Jede Person hat Anspruch auf Schutz vor willkürlicher Behandlung durch staatliche Organe...") eine ähnlich lautende Bestimmung enthält wie Art. 11
SR 131.212 Verfassung des Kantons Bern, vom 6. Juni 1993 (KV) KV Art. 11 - 1 Jede Person hat ein Recht auf Schutz vor staatlicher Willkür. |
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1 | Jede Person hat ein Recht auf Schutz vor staatlicher Willkür. |
2 | Der Schutz von Treu und Glauben ist gewährleistet. |
BGE 121 I 267 S. 272
Aufenthaltsbewilligungen, Einbürgerungen, Steuererlasse, Begnadigungen usw.) ausgeschlossen wird, allenfalls unbefriedigend erscheinen; sie wird in der Doktrin denn auch kritisiert (stellvertretend für viele: DANIEL THÜRER, Das Willkürverbot nach Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 131.212 Verfassung des Kantons Bern, vom 6. Juni 1993 (KV) KV Art. 11 - 1 Jede Person hat ein Recht auf Schutz vor staatlicher Willkür. |
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1 | Jede Person hat ein Recht auf Schutz vor staatlicher Willkür. |
2 | Der Schutz von Treu und Glauben ist gewährleistet. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |