119 V 7
2. Auszug aus dem Urteil vom 22. Februar 1993 i.S. V. gegen Ausgleichskasse des Kantons Zürich und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich
Regeste (de):
- Art. 81 Abs. 3 AHVV.
- Die Rechtzeitigkeit eines Rechtsmittels - in casu der Schadenersatzklage nach Art. 81 Abs. 3 AHVV - muss mit Gewissheit feststehen.
- Der im Sozialversicherungsrecht übliche Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit genügt hier nicht.
Regeste (fr):
- Art. 81 al. 3 RAVS.
- Savoir si un moyen de droit - en l'espèce une demande en réparation du dommage selon l'art. 81 al. 3 RAVS - a été ou non exercé en temps utile doit être déterminé avec certitude.
- La règle de la vraisemblance prépondérante, usuelle en droit des assurances sociales, n'est pas applicable dans un tel cas.
Regesto (it):
- Art. 81 cpv. 3 OAVS.
- La tempestività dell'esercizio di un rimedio di diritto, in concreto dell'azione di risarcimento del danno secondo l'art. 81 cpv. 3 OAVS,dev'essere determinata con certezza.
- La regola della verosimiglianzapreponderante, usuale nel diritto delle assicurazioni sociali, non èapplicabile.
Erwägungen ab Seite 7
BGE 119 V 7 S. 7
Aus den Erwägungen:
3. Zu prüfen ist, ob die Annahme der Vorinstanz, die Ausgleichskasse habe ihre Schadenersatzklage rechtzeitig erhoben, zutreffend ist.
BGE 119 V 7 S. 8
a) Gegen eine Schadenersatzverfügung kann der Arbeitgeber innert 30 Tagen seit ihrer Zustellung bei der Ausgleichskasse Einspruch erheben (Art. 81 Abs. 2 AHVV). Besteht die Ausgleichskasse auf der Schadenersatzforderung, so hat sie bei Verwirkungsfolge innert 30 Tagen seit Kenntnis des Einspruches bei der Rekursbehörde des Kantons, in welchem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat, schriftlich Klage zu erheben (Art. 81 Abs. 3 AHVV). Das Eidg. Versicherungsgericht hat den Verwirkungscharakter dieser Frist bestätigt (BGE 108 V 198 E. 6).
Berechnet sich eine Frist nach Tagen und bedarf sie der Mitteilung an die Parteien, so beginnt sie an dem auf ihre Mitteilung folgenden Tage zu laufen (Art. 20 Abs. 1
SR 172.021 Legge federale del 20 dicembre 1968 sulla procedura amministrativa (PA) PA Art. 20 - 1 Un termine computato in giorni, se deve essere notificato alle parti, comincia a decorrere il giorno dopo la notificazione. |
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1 | Un termine computato in giorni, se deve essere notificato alle parti, comincia a decorrere il giorno dopo la notificazione. |
2 | Se non deve essere notificato alle parti, esso comincia a decorrere il giorno dopo l'evento che lo fa scattare. |
2bis | Una notificazione recapitabile soltanto dietro firma del destinatario o di un terzo autorizzato a riceverla è reputata avvenuta al più tardi il settimo giorno dopo il primo tentativo di consegna infruttuoso.49 |
3 | Se l'ultimo giorno del termine è un sabato, una domenica o un giorno riconosciuto festivo dal diritto federale o cantonale, il termine scade il primo giorno feriale seguente. È determinante il diritto del Cantone ove ha domicilio o sede la parte o il suo rappresentante.50 |
SR 831.10 Legge federale del 20 dicembre 1946 sull'assicurazione per la vecchiaia e per i superstiti (LAVS) LAVS Art. 96 |
BGE 119 V 7 S. 9
c) Im vorliegenden Fall ist urkundenmässig belegt, dass die Ausgleichskasse am 2. und am 3. Juli 1987 je eine für die Rekurskommission bestimmte Einschreibesendung der Post übergab. Die Rekurskommission hat ihrerseits festgestellt, dass die eingereichte Schadenersatzklage den Stempel vom 6. Juli 1987 trage, welchen sie als ihren Eingangsstempel identifizierte. Daraus hat die Vorinstanz geschlossen, dass die Ausgleichskasse ihre Klage spätestens am 3. Juli 1987 zur Post gebracht habe. aa) Die Verwaltung als verfügende Instanz und - im Beschwerdefall - der Richter dürfen eine Tatsache nur dann als bewiesen annehmen, wenn sie von ihrem Bestehen überzeugt sind (KUMMER, Grundriss des Zivilprozessrechts, 4. Auflage, S. 136). Im Sozialversicherungsrecht hat der Richter dabei seinen Entscheid, sofern das Gesetz nicht etwas Abweichendes vorsieht, nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu fällen. Die blosse Möglichkeit eines bestimmten Sachverhalts genügt den Beweisanforderungen nicht. Der Richter hat vielmehr jener Sachverhaltsdarstellung zu folgen, die er von allen möglichen Geschehensabläufen als die wahrscheinlichste würdigt (BGE 117 V 360 E. 4a, 115 V 142 E. 8b, je mit Hinweisen). Die Regel des Beweisgrades der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ist eine sozialversicherungsrechtliche Eigenheit, die bei der Feststellung der für den materiellen Leistungsanspruch erheblichen Tatsachen und bei anderen Erscheinungen der Massenverwaltung zur Anwendung gebracht wird. Der Zivilrichter darf eine Tatsache ebenfalls grundsätzlich nur dann als bewiesen annehmen, wenn er von ihrem Bestehen überzeugt ist, wobei indessen diese richterliche Überzeugung, im Gegensatz zum Sozialversicherungsrichter, auf dem vollen Beweis gründet (KUMMER, N. 20 zu Art. 8
SR 210 Codice civile svizzero del 10 dicembre 1907 CC Art. 8 - Ove la legge non disponga altrimenti, chi vuol dedurre il suo diritto da una circostanza di fatto da lui asserita, deve fornirne la prova. |
SR 210 Codice civile svizzero del 10 dicembre 1907 CC Art. 8 - Ove la legge non disponga altrimenti, chi vuol dedurre il suo diritto da una circostanza di fatto da lui asserita, deve fornirne la prova. |
BGE 119 V 7 S. 10
der Klage der im Sozialversicherungsrecht übliche Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit massgeblich, erwiese sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde demnach als unbegründet. Wie bereits dargelegt, ist die Regel des Beweisgrades der überwiegenden Wahrscheinlichkeit eine sozialversicherungsrechtliche Eigenheit. Durchführungsorgane wie auch Sozialversicherungsrichter wären überfordert, wenn sie im Rahmen der Massenverwaltung die für die Leistungsverhältnisse erheblichen Tatsachen in zivil- oder strafprozessualer Weise zum vollen Beweis erstellen müssten. Dieser Regelbeweisgrad des Zivilrechts kann im Sozialversicherungsrecht im allgemeinen nicht durchgehend verwirklicht werden. Im vorliegenden Fall geht es indessen nicht um die Feststellung der für einen materiellen Leistungsanspruch wesentlichen Tatsachen, sondern um den Nachweis von Tatsachen über die rechtzeitige Ausübung eines fristgebundenen, verwirkungsbedrohten Rechts im Prozess. Hier den spezifisch sozialversicherungsrechtlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit anwenden zu wollen, wäre sachfremd. Die Rechtzeitigkeit eines Rechtsmittels im gerichtlichen Verfahren darf nicht nur wahrscheinlich sein, sondern die ihr zugrunde liegenden Tatsachen müssen mit Gewissheit feststehen. Davon ist auch nicht abzugehen, wenn es der angerufene Richter, in Verletzung seiner Amtspflichten oder besonderer kantonaler Verfahrensvorschriften, unterlässt, die für den Nachweis der Rechtzeitigkeit erforderlichen Vorkehren (Verurkundung von Postaufgabe und Posteingang, Aufbewahrung des Briefumschlags) zu treffen. cc) Das Erfordernis eines klaren, eindeutigen Beweises hat auch hinsichtlich der Klage nach Art. 81 Abs. 3 AHVV zu gelten. Dieser volle Beweis ist im vorliegenden Fall nach dem Gesagten nicht erbracht und durch weitere Abklärungsmassnahmen nicht zu leisten, und zwar aus Gründen, welche auch die Gegenpartei nicht zu vertreten hat, so dass keine von der allgemeinen Regel abweichende Beweislastverteilung vorzunehmen ist. Indem die Rekurskommission bei dieser Akten- und Beweislage darauf schloss, die Ausgleichskasse habe die Schadenersatzklage rechtzeitig eingereicht, hat sie Bundesrecht verletzt.