119 III 78
22. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 19. März 1993 i.S. M. AG (Rekurs)
Regeste (de):
- Siegelung von Räumlichkeiten im Konkurs (Art. 223 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 223 - 1 Magazine, Warenlager, Werkstätten, Wirtschaften u.dgl. sind vom Konkursamte sofort zu schliessen und unter Siegel zu legen, falls sie nicht bis zur ersten Gläubigerversammlung unter genügender Aufsicht verwaltet werden können.
1 Magazine, Warenlager, Werkstätten, Wirtschaften u.dgl. sind vom Konkursamte sofort zu schliessen und unter Siegel zu legen, falls sie nicht bis zur ersten Gläubigerversammlung unter genügender Aufsicht verwaltet werden können. 2 Bares Geld, Wertpapiere, Geschäfts- und Hausbücher sowie sonstige Schriften von Belang nimmt das Konkursamt in Verwahrung. 3 Alle übrigen Vermögensstücke sollen, solange sie nicht im Inventar verzeichnet sind, unter Siegel gelegt sein; die Siegel können nach der Aufzeichnung neu angelegt werden, wenn das Konkursamt es für nötig erachtet. 4 Das Konkursamt sorgt für die Aufbewahrung der Gegenstände, die sich ausserhalb der vom Schuldner benützten Räumlichkeiten befinden. - Will ein Dritter vermeiden, dass seine Räumlichkeiten in die Siegelung einbezogen werden, die für die Räumlichkeiten des Gemeinschuldners angeordnet worden ist, müssen die Räumlichkeiten so voneinander getrennt sein, dass die Siegelung ohne besonderen Aufwand vollzogen werden kann. Die gegenüber dem Gemeinschuldner angeordnete Sicherungsmassnahme darf nicht illusorisch werden, weil Dritte sich mit dem Gemeinschuldner in die Räumlichkeiten teilen.
Regeste (fr):
- Mise sous scellés de locaux dans la faillite (art. 223 al. 1 LP).
- Lorsqu'un tiers veut éviter que ses locaux soient englobés dans la mise sous scellés qui frappe ceux du failli, les locaux doivent être séparés les uns des autres, de telle sorte que la mise sous scellés puisse être exécutée sans difficulté particulière. La mesure conservatoire ordonnée à l'encontre du débiteur commun ne doit pas être rendue illusoire du fait qu'un tiers partage les locaux avec celui-ci.
Regesto (it):
- Suggellamento di locali nel fallimento (art. 223 cpv. 1 LEF).
- Se un terzo vuole evitare l'inclusione dei suoi locali nel suggellamento ordinato per quelli del fallito, essi devono essere fra loro divisi in modo che l'apposizione dei sigilli sia possibile senza particolari difficoltà. La misura conservativa ordinata nei confronti del fallito non può divenire illusoria per il fatto che terzi dividono i locali con il fallito.
Sachverhalt ab Seite 78
BGE 119 III 78 S. 78
Über Bernhard M. wurde am 14. Dezember 1992 der Konkurs eröffnet. Am 6. Januar 1993 versiegelte das Konkursamt Nidau u.a. die Räumlichkeiten des Gemeinschuldners. Über die Siegelung der Räumlichkeiten beschwerte sich die M. AG bei der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern. Sie machte geltend, sie habe die versiegelten Räumlichkeiten von der Mutter des Gemeinschuldners gemietet, und dort befänden sich ihre Geschäftsunterlagen. Obwohl dieselben Räume auch noch durch den Gemeinschuldner gemietet würden, sei die Behinderung eines unbeteiligten Dritten durch die Siegelung rechtswidrig. Sowohl die bei der kantonalen Aufsichtsbehörde eingereichte Beschwerde als auch der bei der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts erhobene Rekurs wurden abgewiesen.
BGE 119 III 78 S. 79
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. a) Abgesehen davon, dass die Siegelung, welche das Konkursamt Nidau für die Räumlichkeiten des Gemeinschuldners angeordnet hat, von der Rekurrentin insofern nicht angefochten werden kann, als die Sicherungsmassnahme durch die Person und das Verhalten des Gemeinschuldners begründet wird, braucht sich das Konkursamt hiefür nicht weiter zu rechtfertigen. Die gesetzliche Grundlage findet sich in den Art. 221 ff
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SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 221 - 1 Sofort nach Empfang des Konkurserkenntnisses schreitet das Konkursamt zur Aufnahme des Inventars über das zur Konkursmasse gehörende Vermögen und trifft die zur Sicherung desselben erforderlichen Massnahmen. |
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1 | Sofort nach Empfang des Konkurserkenntnisses schreitet das Konkursamt zur Aufnahme des Inventars über das zur Konkursmasse gehörende Vermögen und trifft die zur Sicherung desselben erforderlichen Massnahmen. |
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BGE 119 III 78 S. 80
Willen und Aufwand des Konkursamtes - zuliessen, dass die Siegelung nur auf einen Teil von ihnen beschränkt wird. c) Es stimmt zwar, dass ein Mietvertrag formfrei, also auch mündlich, abgeschlossen werden kann. Das hat aber die Rekurrentin im kantonalen Verfahren nicht davon befreit, den Beweis für den Abschluss eines Mietvertrages zu erbringen. Der dem Bundesgericht eingereichte, schriftliche Mietvertrag zwischen Frau M. und der Rekurrentin trägt das Datum des 2. Februar 1993 und ist somit erst nach Einreichung der Beschwerde bei der kantonalen Aufsichtsbehörde aufgestellt worden. Die Behauptung eines lediglich mündlich abgeschlossenen Mietvertrages musste bei der kantonalen Aufsichtsbehörde den Eindruck undurchsichtiger Verflechtungen zwischen dem Gemeinschuldner bzw. dessen Familienangehörigen und der Rekurrentin verstärken. In antizipierter Beweiswürdigung, die einzig mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 119 III 78 S. 81
Bernhard M. nie betritt und welche von dessen Räumlichkeiten deutlich getrennt sind. e) Allgemein und abschliessend ist festzuhalten, dass die Rekurrentin die Nachteile der Siegelung im Konkursverfahren des Bernhard M. auf sich nehmen muss, weil sie es unterlassen hat, sich von jeder (rechtlichen und faktischen) Beziehung zum Gemeinschuldner Bernhard M. zu lösen. Insbesondere bestehen - nach der eigenen Aussage der Rekurrentin - verflochtene Mietverhältnisse zwischen der Rekurrentin, dem Gemeinschuldner und mit diesem verbundenen Personen. Wenn es auch zutrifft, dass das Konkursamt auf Räumlichkeiten eines Dritten und Gegenstände, die sich darin befinden, keinen unmittelbaren Zugriff hat (vgl. BGE 110 III 89 E. 1c; BGE 53 III 106), so muss doch vorausgesetzt werden, dass die Räumlichkeiten des Dritten von jenen des Gemeinschuldners so deutlich getrennt sind, dass die Siegelung ohne besonderen Aufwand vollzogen werden kann. Die gegenüber dem Gemeinschuldner angeordnete Sicherungsmassnahme muss uneingeschränkt zur Wirkung kommen und darf nicht illusorisch werden, weil Dritte sich mit dem Gemeinschuldner in die Räumlichkeiten teilen. Der sich als unbegründet erweisende Rekurs ist abzuweisen.