117 II 246
48. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 31. Oktober 1991 i.S. C. gegen G. (Berufung)
Regeste (de):
- Art. 505 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 505 - 1 Die eigenhändige letztwillige Verfügung ist vom Erblasser von Anfang bis zu Ende mit Einschluss der Angabe von Jahr, Monat und Tag der Errichtung von Hand niederzuschreiben sowie mit seiner Unterschrift zu versehen.512
1 Die eigenhändige letztwillige Verfügung ist vom Erblasser von Anfang bis zu Ende mit Einschluss der Angabe von Jahr, Monat und Tag der Errichtung von Hand niederzuschreiben sowie mit seiner Unterschrift zu versehen.512 2 Die Kantone haben dafür zu sorgen, dass solche Verfügungen offen oder verschlossen einer Amtsstelle zur Aufbewahrung übergeben werden können. - Eine vollständige Datumsangabe bildet nach wie vor Gültigkeitserfordernis der eigenhändigen letztwilligen Verfügung. Fehlt in einem Testament jeglicher Hinweis auf das Errichtungsjahr, führt dies daher zur Ungültigerklärung der eigenhändigen letztwilligen Verfügung wegen Formmangels.
Regeste (fr):
- Art. 505 al. 1 CC; forme du testament olographe.
- L'indication complète de la date demeure nécessaire pour que le testament olographe soit valable. Dès lors, l'absence, dans un tel acte, de toute indication de l'année où il a été dressé entraîne l'annulation pour vice de forme.
Regesto (it):
- Art. 505 cpv. 1 CC; forma del testamento olografo.
- Perché il testamento olografo sia valido rimane necessaria l'indicazione completa della data. Ne segue che l'assenza in tale atto di qualsiasi indicazione dell'anno in cui è stato redatto comporta il suo annullamento per vizio di forma.
Sachverhalt ab Seite 247
BGE 117 II 246 S. 247
A.- Der im Alter von nicht ganz 92 Jahren verstorbene Caspar C. hinterliess als gesetzliche Erben einen Bruder sowie eine Anzahl Nichten und Neffen, die an die Stelle vorverstorbener Geschwister getreten waren. In seiner eigenhändigen letztwilligen Verfügung hatte der Erblasser auf sein Ableben hin folgende Anordnungen getroffen: "Meine dannzumal noch lebenden Geschwister setze ich auf den gesetzlichen Pflichtteil. Der übrige Nachlass vermache ich an Herrn G., der auch meinen Grabunterhalt besorgt. Für den Grabunterhalt sowie für den Grabstein werde ich ein separates Sparheft anlegen, damit diese Kosten aus diesem Sparheft bestritten werden können. Das Sparheft wird auf dem Gemeindeamt W. deponiert." Die letztwillige Verfügung enthielt vor der Unterschrift folgende Datierung: "Azmoos, den 18. Oktober". Das Jahr der Testamentserrichtung war nicht aufgeführt und ergab sich auch sonst nicht aus der letztwilligen Verfügung oder dem Briefumschlag, worin diese beim Gemeindeamt deponiert worden war.
B.- Insgesamt 12 der gesetzlichen Erben von Caspar C. reichten beim Bezirksgericht eine Rechtsschrift ein, womit sie Klage auf Ungültigkeit der letztwilligen Verfügung erhoben. Das Bezirksgericht wies die Klage ab, und in gleicher Weise entschied das Kantonsgericht, an welches sieben der ursprünglichen Kläger die Streitsache weitergezogen hatten. Demgegenüber hiess das Bundesgericht die Berufung gut, erklärte in Gutheissung der Klage die eigenhändige letztwillige Verfügung als ungültig und stellte fest, dass in bezug auf die (verbleibenden zwei) Berufungskläger die gesetzliche Erbfolge gelte.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. a) Das Kantonsgericht St. Gallen ist im angefochtenen Urteil von der Praxisänderung ausgegangen, die das Bundesgericht in seiner jüngsten Rechtsprechung bezüglich der Formgültigkeit eigenhändiger letztwilliger Verfügungen mit inhaltlich falschen Angaben des Errichtungsdatums vorgenommen hat (BGE 116 II 117 ff.). Es hat geprüft, ob die vom Bundesgericht für die unrichtige Datumsangabe entwickelten Grundsätze auch bei einer unvollständigen Datierung, wie sie im vorliegenden Fall zu beurteilen ist, Anwendung finden könnten. Das Bundesgericht hatte im
BGE 117 II 246 S. 248
zitierten Entscheid ausgeführt, solange die geltende gesetzliche Ordnung unverändert in Kraft stehe, müsse an einem den rein formellen Anforderungen genügenden Datum festgehalten werden, zumal sich ein Abweichen vom klaren Wortlaut des Art. 505 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 505 - 1 Die eigenhändige letztwillige Verfügung ist vom Erblasser von Anfang bis zu Ende mit Einschluss der Angabe von Jahr, Monat und Tag der Errichtung von Hand niederzuschreiben sowie mit seiner Unterschrift zu versehen.512 |
|
1 | Die eigenhändige letztwillige Verfügung ist vom Erblasser von Anfang bis zu Ende mit Einschluss der Angabe von Jahr, Monat und Tag der Errichtung von Hand niederzuschreiben sowie mit seiner Unterschrift zu versehen.512 |
2 | Die Kantone haben dafür zu sorgen, dass solche Verfügungen offen oder verschlossen einer Amtsstelle zur Aufbewahrung übergeben werden können. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 505 - 1 Die eigenhändige letztwillige Verfügung ist vom Erblasser von Anfang bis zu Ende mit Einschluss der Angabe von Jahr, Monat und Tag der Errichtung von Hand niederzuschreiben sowie mit seiner Unterschrift zu versehen.512 |
|
1 | Die eigenhändige letztwillige Verfügung ist vom Erblasser von Anfang bis zu Ende mit Einschluss der Angabe von Jahr, Monat und Tag der Errichtung von Hand niederzuschreiben sowie mit seiner Unterschrift zu versehen.512 |
2 | Die Kantone haben dafür zu sorgen, dass solche Verfügungen offen oder verschlossen einer Amtsstelle zur Aufbewahrung übergeben werden können. |
BGE 117 II 246 S. 249
Bedeutung sei. Aber selbst wenn es auf das Errichtungsjahr überhaupt ankäme, sei der Nachweis, dass das Testament im Jahr 1980 verfasst worden sei, aufgrund des Beweisverfahrens als erbracht anzusehen. Die Berufungskläger machen demgegenüber geltend, der Entscheid der Vorinstanz weiche vom klaren Wortlaut des Gesetzes ab und trage dem Umstand nicht Rechnung, dass es sich bei den Formvorschriften in Art. 505 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 505 - 1 Die eigenhändige letztwillige Verfügung ist vom Erblasser von Anfang bis zu Ende mit Einschluss der Angabe von Jahr, Monat und Tag der Errichtung von Hand niederzuschreiben sowie mit seiner Unterschrift zu versehen.512 |
|
1 | Die eigenhändige letztwillige Verfügung ist vom Erblasser von Anfang bis zu Ende mit Einschluss der Angabe von Jahr, Monat und Tag der Errichtung von Hand niederzuschreiben sowie mit seiner Unterschrift zu versehen.512 |
2 | Die Kantone haben dafür zu sorgen, dass solche Verfügungen offen oder verschlossen einer Amtsstelle zur Aufbewahrung übergeben werden können. |
Die Auffassung des Bundesgerichts entspricht denn auch der herrschenden Lehre (PIOTET, Erbrecht, in: Schweizerisches Privatrecht IV/1, S. 236 f.; Kommentar ESCHER, N. 16 ff. zu Art. 505
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 505 - 1 Die eigenhändige letztwillige Verfügung ist vom Erblasser von Anfang bis zu Ende mit Einschluss der Angabe von Jahr, Monat und Tag der Errichtung von Hand niederzuschreiben sowie mit seiner Unterschrift zu versehen.512 |
|
1 | Die eigenhändige letztwillige Verfügung ist vom Erblasser von Anfang bis zu Ende mit Einschluss der Angabe von Jahr, Monat und Tag der Errichtung von Hand niederzuschreiben sowie mit seiner Unterschrift zu versehen.512 |
2 | Die Kantone haben dafür zu sorgen, dass solche Verfügungen offen oder verschlossen einer Amtsstelle zur Aufbewahrung übergeben werden können. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 505 - 1 Die eigenhändige letztwillige Verfügung ist vom Erblasser von Anfang bis zu Ende mit Einschluss der Angabe von Jahr, Monat und Tag der Errichtung von Hand niederzuschreiben sowie mit seiner Unterschrift zu versehen.512 |
|
1 | Die eigenhändige letztwillige Verfügung ist vom Erblasser von Anfang bis zu Ende mit Einschluss der Angabe von Jahr, Monat und Tag der Errichtung von Hand niederzuschreiben sowie mit seiner Unterschrift zu versehen.512 |
2 | Die Kantone haben dafür zu sorgen, dass solche Verfügungen offen oder verschlossen einer Amtsstelle zur Aufbewahrung übergeben werden können. |
BGE 117 II 246 S. 250
und durch nichts zu rechtfertigen, wenn ein inhaltlich unrichtiges, aber vollständiges Datum im Sinne der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht mehr unbedingt zur Ungültigkeit des Testaments führe, das gleiche aber im Falle einer unvollständigen Datierung nicht gelten sollte. c) Damit wird jedoch dem wichtigen Unterschied zwischen dem Erfordernis der vollständigen Datierung einerseits und der Frage nach deren inhaltlicher Richtigkeit anderseits, auf die bereits WALTHER BURCKHARDT hingewiesen hat, nicht Rechnung getragen. Ob die Angabe von Ort, Jahr, Monat und Tag, wie sie Art. 505 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 505 - 1 Die eigenhändige letztwillige Verfügung ist vom Erblasser von Anfang bis zu Ende mit Einschluss der Angabe von Jahr, Monat und Tag der Errichtung von Hand niederzuschreiben sowie mit seiner Unterschrift zu versehen.512 |
|
1 | Die eigenhändige letztwillige Verfügung ist vom Erblasser von Anfang bis zu Ende mit Einschluss der Angabe von Jahr, Monat und Tag der Errichtung von Hand niederzuschreiben sowie mit seiner Unterschrift zu versehen.512 |
2 | Die Kantone haben dafür zu sorgen, dass solche Verfügungen offen oder verschlossen einer Amtsstelle zur Aufbewahrung übergeben werden können. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 505 - 1 Die eigenhändige letztwillige Verfügung ist vom Erblasser von Anfang bis zu Ende mit Einschluss der Angabe von Jahr, Monat und Tag der Errichtung von Hand niederzuschreiben sowie mit seiner Unterschrift zu versehen.512 |
|
1 | Die eigenhändige letztwillige Verfügung ist vom Erblasser von Anfang bis zu Ende mit Einschluss der Angabe von Jahr, Monat und Tag der Errichtung von Hand niederzuschreiben sowie mit seiner Unterschrift zu versehen.512 |
2 | Die Kantone haben dafür zu sorgen, dass solche Verfügungen offen oder verschlossen einer Amtsstelle zur Aufbewahrung übergeben werden können. |
BGE 117 II 246 S. 251
Tag der Errichtung verlangt. Die Aufstellung solcher über den klaren Gesetzeswortlaut hinausgehender Regeln würde aber den Rahmen blosser Auslegung, wie sie dem Richter zusteht, sprengen und damit in die Entscheidungsbefugnis des Gesetzgebers eingreifen.
4. Kann es die Rechtsprechung aus den dargelegten Gründen nicht zulassen, dass die unvollständige Datierung in gleicher Weise wie die inhaltlich unrichtige Datierung unter bestimmten Umständen ohne Einfluss auf die Gültigkeit einer eigenhändigen letztwilligen Verfügung bleibt, so muss das angefochtene Urteil aufgehoben und die Ungültigkeitsklage der Berufungskläger gutgeheissen werden. Dass damit der letzte Wille des Erblassers keinen Schutz findet, ist wie in den übrigen Fällen von Formmängeln zu bedauern. Es handelt sich dabei aber um die unvermeidliche Folge der Verletzung einer Formvorschrift, die vom Richter so lange angewendet werden muss, als sie vom Gesetzgeber nicht aufgehoben oder geändert wird. Die Geltendmachung des Formmangels wird nicht dadurch schon rechtsmissbräuchlich, dass die Berufungskläger - wie in der Berufungsantwort geltend gemacht wird - finanzielle Interessen verfolgen. Das Gesetz lässt Ungültigkeitsklagen auch dann zu, wenn sie aus rein wirtschaftlichen Gründen angehoben werden; dies liegt sozusagen in der Natur solcher Klagen.