116 V 62
11. Auszug aus dem Urteil vom 5. März 1990 i.S. T. gegen Schweizerische Unfallversicherungsanstalt und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden
Regeste (de):
- Art. 5
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 5 - 1 Als Verfügungen gelten Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen und zum Gegenstand haben:
1 Als Verfügungen gelten Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen und zum Gegenstand haben: a Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechten oder Pflichten; b Feststellung des Bestehens, Nichtbestehens oder Umfanges von Rechten oder Pflichten; c Abweisung von Begehren auf Begründung, Änderung, Aufhebung oder Feststellung von Rechten oder Pflichten oder Nichteintreten auf solche Begehren. 2 Als Verfügungen gelten auch Vollstreckungsverfügungen (Art. 41 Abs. 1 Bst. a und b), Zwischenverfügungen (Art. 45 und 46), Einspracheentscheide (Art. 30 Abs. 2 Bst. b und 74), Beschwerdeentscheide (Art. 61), Entscheide im Rahmen einer Revision (Art. 68) und die Erläuterung (Art. 69).25 3 Erklärungen von Behörden über Ablehnung oder Erhebung von Ansprüchen, die auf dem Klageweg zu verfolgen sind, gelten nicht als Verfügungen. - Tritt die Verwaltung auf ein Wiedererwägungsgesuch ein, prüft sie die Voraussetzungen der Wiedererwägung und fällt sie hierauf einen erneut ablehnenden Sachentscheid, ist dieser beschwerdeweise anfechtbar.
- Der Prüfungsgegenstand im nachfolgenden verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren beschränkt sich darauf, ob die Voraussetzungen der Wiedererwägung (zweifellose Unrichtigkeit der ursprünglichen, formell rechtskräftigen Verfügung sowie erhebliche Bedeutung der Berichtigung) gegeben sind.
Regeste (fr):
- Art. 5 PA: Objet du contrôle juridictionnel en cas de recours contre une décision de reconsidération.
- Si l'administration entre en matière sur une demande de reconsidération et examine si les conditions d'une reconsidération sont remplies, avant de statuer au fond par une nouvelle décision de refus, celle-ci est susceptible d'être attaquée par la voie d'un recours.
- Le contrôle juridictionnel dans la procédure de recours subséquente se limite au point de savoir si les conditions d'une reconsidération (inexactitude manifeste de la décision initiale douée de force formelle et importance notable de la rectification) sont réunies.
Regesto (it):
- Art. 5 PA: Oggetto del controllo giurisdizionale nel caso di ricorso contro una decisione di riesame.
- Se l'amministrazione entra nel merito di una domanda di riesame esaminando se i presupposti della stessa sono adempiuti prima di statuire materialmente mediante una nuova decisione di rifiuto, quest'ultima è suscettibile di impugnazione mediante ricorso.
- Il controllo nella successiva procedura ricorsuale si limita a dire se i presupposti del riesame (errore manifesto della decisione iniziale passata formalmente in giudicato e notevole importanza della rettifica) sono dati.
Erwägungen ab Seite 62
BGE 116 V 62 S. 62
Aus den Erwägungen:
3. a) Gemäss einem allgemeinen Grundsatz des Sozialversicherungsrechts kann die Verwaltung eine formell rechtskräftige Verfügung, welche nicht Gegenstand materieller richterlicher Beurteilung gebildet hat, in Wiedererwägung ziehen, wenn sie zweifellos unrichtig und ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung
BGE 116 V 62 S. 63
ist (BGE 115 V 186 Erw. 2c, 212 Erw. 2c und 314 Erw. 4a/cc mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts kann die Verwaltung weder vom Betroffenen noch vom Richter zu einer Wiedererwägung verhalten werden. Es besteht demnach kein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Wiedererwägung (BGE 110 V 34 Erw. 3, BGE 109 V 121 Erw. 2a mit Hinweisen). Verfügungen, mit denen das Eintreten auf ein Wiedererwägungsgesuch abgelehnt wird, sind somit grundsätzlich nicht anfechtbar.
Wenn die Verwaltung aber auf ein Wiedererwägungsgesuch eintritt, die Wiedererwägungsvoraussetzungen prüft und anschliessend einen erneut ablehnenden Sachentscheid fällt, ist dieser beschwerdeweise anfechtbar (ZAK 1989 S. 36 Erw. 1 mit Hinweisen; GOSSWEILER, Die Verfügung im schweizerischen Sozialversicherungsrecht, Diss. Bern 1983, S. 180). Die nachfolgende gerichtliche Überprüfung hat sich in einem solchen Fall indessen auf die Beurteilung der Frage zu beschränken, ob die Voraussetzungen für eine Wiedererwägung der bestätigten Verfügung gegeben sind. Prozessthema ist also diesfalls, ob die Verwaltung zu Recht die ursprüngliche, formell rechtskräftige Verfügung nicht als zweifellos unrichtig oder ihre Korrektur als von unerheblicher Bedeutung qualifizierte. Von dieser Betrachtungsweise ist das Eidg. Versicherungsgericht in dem in ZAK 1988 S. 554 publizierten Urteil ausgegangen, wo sich der Versicherte dagegen beschwerte, dass die Ausgleichskasse rechtskräftige Verfügungen betreffend Nichterwerbstätigenbeiträge wiedererwägungsweise durch solche betreffend Beiträge aus selbständiger Erwerbstätigkeit ersetzt hatte. Wollte man das Prüfungsthema des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens über die Wiedererwägungsvoraussetzungen hinaus auf eine uneingeschränkte materielle Prüfung des strittigen Rechtsverhältnisses ausdehnen, bedeutete dies, der Verwaltung die Möglichkeit einzuräumen, nach rechtskräftiger Erledigung eines Versicherungsfalles durch voraussetzungslosen Erlass einer zweiten Verfügung betreffend das gleiche Rechtsverhältnis bei gleicher Sachlage dem Versicherten erneut den Rechtsmittelweg zu eröffnen. Eine solche Befugnis der Verwaltung besteht jedoch praxisgemäss nicht (BGE 99 V 5 Erw. 2a; RKUV 1984 Nr. K 577 S. 105 Erw. 2a).