116 V 281
42. Auszug aus dem Urteil vom 17. September 1990 i.S. Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit gegen B. und Kantonale Rekurskommission für die Arbeitslosenversicherung, Zürich
Regeste (de):
- Art. 23 Abs. 1 AVIG: Versicherter Verdienst. Überzeitentschädigung bildet nicht Bestandteil des versicherten Verdienstes.
Regeste (fr):
- Art. 23 al. 1 LACI: Gain assuré.
- Les indemnités versées pour les heures supplémentaires ne font pas partie du gain assuré.
Regesto (it):
- Art. 23 cpv. 1 LADI: Guadagno assicurato.
- Le indennità per ore supplementari non fanno parte del guadagno assicurato.
BGE 116 V 281 S. 281
Aus den Erwägungen:
1. Gemäss Art. 23 Abs. 1 Satz 1 AVIG gilt als versicherter Verdienst der für die Beitragsbemessung massgebende Lohn (Art. 3), der während eines Bemessungszeitraums normalerweise erzielt wurde, einschliesslich der vertraglich vereinbarten regelmässigen Zulagen, soweit sie nicht Entschädigung für arbeitsbedingte Inkonvenienzen sind.
2. Im vorliegenden Fall ist streitig, ob die dem Beschwerdegegner ausgerichtete Überstundenentschädigung Bestandteil des versicherten Verdienstes bildet. Bei der Prüfung dieser Rechtsfrage, zu der das Eidg. Versicherungsgericht bislang nicht Stellung zu nehmen hatte, ist nicht der Begriff der Überstundenarbeit im engeren, technischen Sinne massgebend, worunter jede die normale Arbeitszeit überschreitende Arbeit zu verstehen ist. Auszugehen ist vielmehr vom weiter gefassten Begriff der Überzeit. Als solche gilt die Arbeit, welche die gesetzlich festgelegte Höchstarbeitszeit nach Arbeitsgesetz überschreitet und bei Nichtausgleichung durch Freizeit mit einem Zuschlag von mindestens 25% wettzumachen ist (Art. 13
SR 822.11 Bundesgesetz vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz, ArG) - Arbeitsgesetz ArG Art. 13 |
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1 | Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmern für die Überzeitarbeit einen Lohnzuschlag von wenigstens 25 Prozent auszurichten, dem Büropersonal sowie den technischen und andern Angestellten, mit Einschluss des Verkaufspersonals in Grossbetrieben des Detailhandels, jedoch nur für Überzeitarbeit, die 60 Stunden im Kalenderjahr übersteigt. |
2 | Wird Überzeitarbeit im Einverständnis mit dem einzelnen Arbeitnehmer innert eines angemessenen Zeitraums durch Freizeit von gleicher Dauer ausgeglichen, so ist kein Zuschlag auszurichten. |
BGE 116 V 281 S. 282
a) (Auslegung des Gesetzes)
b) Aufgrund des Wortlautes von Art. 23 Abs. 1 Satz 1 AVIG lässt sich die vorliegend interessierende Frage nicht beantworten. Unklar ist das Verhältnis des für die Beitragsbemessung massgebenden Lohnes im Sinne der AHV-Gesetzgebung (Art. 3
SR 822.11 Bundesgesetz vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz, ArG) - Arbeitsgesetz ArG Art. 13 |
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1 | Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmern für die Überzeitarbeit einen Lohnzuschlag von wenigstens 25 Prozent auszurichten, dem Büropersonal sowie den technischen und andern Angestellten, mit Einschluss des Verkaufspersonals in Grossbetrieben des Detailhandels, jedoch nur für Überzeitarbeit, die 60 Stunden im Kalenderjahr übersteigt. |
2 | Wird Überzeitarbeit im Einverständnis mit dem einzelnen Arbeitnehmer innert eines angemessenen Zeitraums durch Freizeit von gleicher Dauer ausgeglichen, so ist kein Zuschlag auszurichten. |
SR 822.11 Bundesgesetz vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz, ArG) - Arbeitsgesetz ArG Art. 13 |
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1 | Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmern für die Überzeitarbeit einen Lohnzuschlag von wenigstens 25 Prozent auszurichten, dem Büropersonal sowie den technischen und andern Angestellten, mit Einschluss des Verkaufspersonals in Grossbetrieben des Detailhandels, jedoch nur für Überzeitarbeit, die 60 Stunden im Kalenderjahr übersteigt. |
2 | Wird Überzeitarbeit im Einverständnis mit dem einzelnen Arbeitnehmer innert eines angemessenen Zeitraums durch Freizeit von gleicher Dauer ausgeglichen, so ist kein Zuschlag auszurichten. |
c) Der während der Übergangsordnung (AlVB vom 8. Oktober 1976) bis zum 31. Dezember 1983 gültig gewesene Art. 33 Abs. 1
SR 822.11 Bundesgesetz vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz, ArG) - Arbeitsgesetz ArG Art. 13 |
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1 | Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmern für die Überzeitarbeit einen Lohnzuschlag von wenigstens 25 Prozent auszurichten, dem Büropersonal sowie den technischen und andern Angestellten, mit Einschluss des Verkaufspersonals in Grossbetrieben des Detailhandels, jedoch nur für Überzeitarbeit, die 60 Stunden im Kalenderjahr übersteigt. |
2 | Wird Überzeitarbeit im Einverständnis mit dem einzelnen Arbeitnehmer innert eines angemessenen Zeitraums durch Freizeit von gleicher Dauer ausgeglichen, so ist kein Zuschlag auszurichten. |
Diese Umschreibung stimmte materiell mit dem altrechtlichen, bis Ende März 1977 in Kraft gewesenen Art. 4bis Abs. 1
SR 822.11 Bundesgesetz vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz, ArG) - Arbeitsgesetz ArG Art. 13 |
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1 | Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmern für die Überzeitarbeit einen Lohnzuschlag von wenigstens 25 Prozent auszurichten, dem Büropersonal sowie den technischen und andern Angestellten, mit Einschluss des Verkaufspersonals in Grossbetrieben des Detailhandels, jedoch nur für Überzeitarbeit, die 60 Stunden im Kalenderjahr übersteigt. |
2 | Wird Überzeitarbeit im Einverständnis mit dem einzelnen Arbeitnehmer innert eines angemessenen Zeitraums durch Freizeit von gleicher Dauer ausgeglichen, so ist kein Zuschlag auszurichten. |
Inkonvenienzentschädigungen zu verstehen,
BGE 116 V 281 S. 283
nicht jedoch Entschädigungen für vorübergehende Nacht- und Sonntagsarbeit oder Überzeitarbeit."
Aus diesen Ausführungen wird klar, dass der altrechtlich in der Verordnung ausdrücklich normierte Ausschluss von Überzeitentschädigung aus dem versicherten Verdienst ins neue Recht übernommen werden sollte. Neu war, dass diese Regelung nicht mehr bloss auf Verordnungs-, sondern auf Gesetzesstufe vorgesehen war, wenn auch nur noch indirekt, mit der Wendung "normalerweise erzielter Lohn". Die vom Bundesrat in der Botschaft geäusserte Absicht, Überzeitentschädigungen vom versicherten Verdienst auszuschliessen, blieb in der vorberatenden nationalrätlichen Kommission unbestritten (Kommission des Nationalrates, Sitzung vom 24./25. November 1980, Protokoll S. 17 f.), während dieser Punkt in der Kommission des Ständerates zu keinen Diskussionen Anlass gab (Kommission des Ständerates, Sitzung vom 17./18. August 1981, Protokoll S. 39). Bei der Behandlung des AVIG in den eidgenössischen Räten wurde der heute geltende Art. 23 Abs. 1 in der von der Kommission des Nationalrates unterbreiteten Fassung, die im vorliegend interessierenden Punkt dem Entwurf des Bundesrates entsprach, diskussionslos angenommen (Amtl.Bull. 1981 N 672; Amtl.Bull. 1982 S 135). Nach dem Willen des Gesetzgebers muss daher Überzeitentschädigung bei der Ermittlung des versicherten Verdienstes ausser acht bleiben. d) Zum gleichen Ergebnis wie die Auslegung aufgrund der Gesetzesmaterialien führt auch die Auslegung nach Sinn und Zweck von Art. 23 Abs. 1 AVIG. Wie das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (BIGA) zutreffend geltend macht, will das AVIG den versicherten Personen einen angemessenen Ersatz für Erwerbsausfälle u.a. wegen Arbeitslosigkeit garantieren (Art. 34novies
SR 822.11 Bundesgesetz vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz, ArG) - Arbeitsgesetz ArG Art. 13 |
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1 | Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmern für die Überzeitarbeit einen Lohnzuschlag von wenigstens 25 Prozent auszurichten, dem Büropersonal sowie den technischen und andern Angestellten, mit Einschluss des Verkaufspersonals in Grossbetrieben des Detailhandels, jedoch nur für Überzeitarbeit, die 60 Stunden im Kalenderjahr übersteigt. |
2 | Wird Überzeitarbeit im Einverständnis mit dem einzelnen Arbeitnehmer innert eines angemessenen Zeitraums durch Freizeit von gleicher Dauer ausgeglichen, so ist kein Zuschlag auszurichten. |
SR 822.11 Bundesgesetz vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz, ArG) - Arbeitsgesetz ArG Art. 13 |
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1 | Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmern für die Überzeitarbeit einen Lohnzuschlag von wenigstens 25 Prozent auszurichten, dem Büropersonal sowie den technischen und andern Angestellten, mit Einschluss des Verkaufspersonals in Grossbetrieben des Detailhandels, jedoch nur für Überzeitarbeit, die 60 Stunden im Kalenderjahr übersteigt. |
2 | Wird Überzeitarbeit im Einverständnis mit dem einzelnen Arbeitnehmer innert eines angemessenen Zeitraums durch Freizeit von gleicher Dauer ausgeglichen, so ist kein Zuschlag auszurichten. |
BGE 116 V 281 S. 284
wenn sie dem Arbeitslosen einen Lohn einbringt, der nicht geringer ist als die ihm zustehende Arbeitslosenentschädigung. Würden Überzeitentschädigungen beim versicherten Verdienst angerechnet, ergäbe sich bei Versicherten, die vor Eintritt der Arbeitslosigkeit regelmässig in erheblichem Umfang Überstunden geleistet haben, eine entsprechend hohe Arbeitslosenentschädigung mit der Folge, dass für sie bei normaler Arbeitszeit kaum mehr eine arbeitslosenversicherungsrechtlich zumutbare Arbeit gefunden werden könnte.