Urteilskopf

116 III 56

12. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 5. September 1990 i.S. Lipo-Möbelposten AG (Rekurs)
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Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 56

BGE 116 III 56 S. 56

A.- In einer Lohnpfändung verlangte die Gläubigerin Lipo-Möbelposten AG vom Betreibungsamt Bremgarten, es habe die Zinsberechnung auf die Forderung bis zur Auszahlung des Erlöses an die Gläubigerin vorzunehmen. Demgegenüber berechnete das Betreibungsamt den Zins nur bis zum Zeitpunkt, wo der Arbeitgeber den gepfändeten Lohnanteil dem Betreibungsamt zahlte. Die Lipo-Möbelposten AG beschwerte sich beim Gerichtspräsidium Bremgarten, indem sie im wesentlichen (mit dem Rechtsbegehren Ziff. 1) beantragte, es sei ihr eine Zinsdifferenz von Fr. 25.90, evtl. Fr. 24.80 zu vergüten, und weiter (mit dem Rechtsbegehren Ziff. 2) verlangte, es sei ihr eine Zinsdifferenz von Fr. 42.50, evtl. Fr. 39.30 zu vergüten. Die untere kantonale Aufsichtsbehörde hiess die Beschwerde insofern gut, als sie das Betreibungsamt Bremgarten anwies, von
BGE 116 III 56 S. 57

der ersten Lohnpfändungsrate vorab die Betreibungskosten von Fr. 97.50 an die Forderung anzurechnen (Art. 68 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 68 - 1 Der Schuldner trägt die Betreibungskosten. Dieselben sind vom Gläubiger vorzuschiessen. Wenn der Vorschuss nicht geleistet ist, kann das Betreibungsamt unter Anzeige an den Gläubiger die Betreibungshandlung einstweilen unterlassen.
1    Der Schuldner trägt die Betreibungskosten. Dieselben sind vom Gläubiger vorzuschiessen. Wenn der Vorschuss nicht geleistet ist, kann das Betreibungsamt unter Anzeige an den Gläubiger die Betreibungshandlung einstweilen unterlassen.
2    Der Gläubiger ist berechtigt, von den Zahlungen des Schuldners die Betreibungskosten vorab zu erheben.
SchKG). Die Auffassung der Gläubigerin hinsichtlich der Zinsberechnung wurde vom Gerichtspräsidium Bremgarten indessen mit der Begründung verworfen, dass nach Art. 12 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 12 - 1 Das Betreibungsamt hat Zahlungen für Rechnung des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen.
1    Das Betreibungsamt hat Zahlungen für Rechnung des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen.
2    Die Schuld erlischt durch die Zahlung an das Betreibungsamt.
SchKG die Schuld durch Zahlung an das Betreibungsamt getilgt werde. Dies treffe auch für eine bestrittene Lohnpfändung zu, da die Zahlung an das Betreibungsamt als Hinterlegung zu betrachten sei. Die Hauptforderung sei daher jeweils in der Höhe der eingegangenen Lohnpfändungen vermindert worden, so dass die Zinspflicht vom Eingang der Lohnpfändung an nur noch für die verminderte Forderung weitergelaufen sei.
B.- Die Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des Obergerichts des Kantons Aargau wies in ihrer Sitzung vom 6. Juni 1990 die Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Entscheid ab, soweit darauf eingetreten werden konnte. Ebenso wies die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts den von der Gläubigerin erhobenen Rekurs ab aus folgenden
Erwägungen

Erwägungen:

2. Zu beantworten ist im vorliegenden Fall die Frage der Zinsberechnung bei der Lohnpfändung. Sie hat sich - wie der angefochtene Entscheid festhält - in der vorliegenden Lohnpfändung nicht nur gestellt, weil mit der Auszahlung der Lohnquoten an die Gläubigerin bis nach Ablauf des Lohnpfändungsjahres zugewartet wurde, sondern auch, weil nach Beginn der Lohnpfändung (am 1. April 1989) ein Widerspruchsverfahren gemäss Art. 107
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 107 - 1 Schuldner und Gläubiger können den Anspruch des Dritten beim Betreibungsamt bestreiten, wenn sich der Anspruch bezieht auf:
1    Schuldner und Gläubiger können den Anspruch des Dritten beim Betreibungsamt bestreiten, wenn sich der Anspruch bezieht auf:
1  eine bewegliche Sache im ausschliesslichen Gewahrsam des Schuldners;
2  eine Forderung oder ein anderes Recht, sofern die Berechtigung des Schuldners wahrscheinlicher ist als die des Dritten;
3  ein Grundstück, sofern er sich nicht aus dem Grundbuch ergibt.
2    Das Betreibungsamt setzt ihnen dazu eine Frist von zehn Tagen.
3    Auf Verlangen des Schuldners oder des Gläubigers wird der Dritte aufgefordert, innerhalb der Bestreitungsfrist seine Beweismittel beim Betreibungsamt zur Einsicht vorzulegen. Artikel 73 Absatz 2 gilt sinngemäss.
4    Wird der Anspruch des Dritten nicht bestritten, so gilt er in der betreffenden Betreibung als anerkannt.
5    Wird der Anspruch bestritten, so setzt das Betreibungsamt dem Dritten eine Frist von 20 Tagen, innert der er gegen den Bestreitenden auf Feststellung seines Anspruchs klagen kann. Reicht er keine Klage ein, so fällt der Anspruch in der betreffenden Betreibung ausser Betracht.
SchKG eingeleitet wurde und sich dadurch die Verteilung an die Gläubiger verzögerte.
a) Während Art. 209
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 209 - 1 Mit der Eröffnung des Konkurses hört gegenüber dem Schuldner der Zinsenlauf auf.
1    Mit der Eröffnung des Konkurses hört gegenüber dem Schuldner der Zinsenlauf auf.
2    Für pfandgesicherte Forderungen läuft jedoch der Zins bis zur Verwertung weiter, soweit der Pfanderlös den Betrag der Forderung und des bis zur Konkurseröffnung aufgelaufenen Zinses übersteigt.
SchKG klar bestimmt, dass mit der Eröffnung des Konkurses gegenüber dem Gemeinschuldner der Zinsenlauf für alle Forderungen, mit Ausnahme der pfandversicherten, aufhöre, fehlt eine analoge Vorschrift für die Betreibung auf Pfändung und auf Pfandverwertung. Art. 144 Abs. 4
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 144 - 1 Die Verteilung findet statt, sobald alle in einer Pfändung enthaltenen Vermögensstücke verwertet sind.
1    Die Verteilung findet statt, sobald alle in einer Pfändung enthaltenen Vermögensstücke verwertet sind.
2    Es können schon vorher Abschlagsverteilungen vorgenommen werden.
3    Aus dem Erlös werden vorweg die Kosten für die Verwaltung, die Verwertung, die Verteilung und gegebenenfalls die Beschaffung eines Ersatzgegenstandes (Art. 92 Abs. 3) bezahlt.282
4    Der Reinerlös wird den beteiligten Gläubigern bis zur Höhe ihrer Forderungen, einschliesslich des Zinses bis zum Zeitpunkt der letzten Verwertung und der Betreibungskosten (Art. 68), ausgerichtet.283
5    Die auf Forderungen mit provisorischer Pfändung entfallenden Beträge werden einstweilen bei der Depositenanstalt hinterlegt.
SchKG, worauf sich die Rekurrentin beruft, hält im Hinblick auf die Verteilung lediglich fest, dass der Reinerlös den beteiligten Gläubigern bis zur Höhe ihrer Forderungen, einschliesslich des laufenden Zinses und der Betreibungskosten, ausgerichtet werden; dasselbe schreibt Art. 157 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 157 - 1 Aus dem Pfanderlös werden vorweg die Kosten für die Verwaltung, die Verwertung und die Verteilung bezahlt.315
1    Aus dem Pfanderlös werden vorweg die Kosten für die Verwaltung, die Verwertung und die Verteilung bezahlt.315
2    Der Reinerlös wird den Pfandgläubigern bis zur Höhe ihrer Forderungen einschliesslich des Zinses bis zum Zeitpunkt der letzten Verwertung und der Betreibungskosten ausgerichtet.316
3    Können nicht sämtliche Pfandgläubiger befriedigt werden, so setzt der Betreibungsbeamte, unter Berücksichtigung des Artikels 219 Absätze 2 und 3 die Rangordnung der Gläubiger und deren Anteile fest.
4    Die Artikel 147, 148 und 150 finden entsprechende Anwendung.
SchKG für die Betreibung auf Pfandverwertung
BGE 116 III 56 S. 58

vor. Auf die Frage, wie lange die Zinsen laufen, geben die beiden letzteren Gesetzesbestimmungen keine Antwort. b) Die Rekurrentin beruft sich auf den Kommentar JAEGER (3. Auflage Zürich 1911; N. 6 zu Art. 144
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 144 - 1 Die Verteilung findet statt, sobald alle in einer Pfändung enthaltenen Vermögensstücke verwertet sind.
1    Die Verteilung findet statt, sobald alle in einer Pfändung enthaltenen Vermögensstücke verwertet sind.
2    Es können schon vorher Abschlagsverteilungen vorgenommen werden.
3    Aus dem Erlös werden vorweg die Kosten für die Verwaltung, die Verwertung, die Verteilung und gegebenenfalls die Beschaffung eines Ersatzgegenstandes (Art. 92 Abs. 3) bezahlt.282
4    Der Reinerlös wird den beteiligten Gläubigern bis zur Höhe ihrer Forderungen, einschliesslich des Zinses bis zum Zeitpunkt der letzten Verwertung und der Betreibungskosten (Art. 68), ausgerichtet.283
5    Die auf Forderungen mit provisorischer Pfändung entfallenden Beträge werden einstweilen bei der Depositenanstalt hinterlegt.
SchKG), wo wörtlich gesagt wird: "Als Endtermin des Zinsenlaufs ist der Tag der Auflegung des Verteilungsplanes anzunehmen." Auch sieht sie ihre Auffassung an anderer Stelle desselben Kommentars (N. 17 zu Art. 67
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 67 - 1 Das Betreibungsbegehren ist schriftlich oder mündlich an das Betreibungsamt zu richten. Dabei sind anzugeben:
1    Das Betreibungsbegehren ist schriftlich oder mündlich an das Betreibungsamt zu richten. Dabei sind anzugeben:
1  der Name und Wohnort des Gläubigers und seines allfälligen Bevollmächtigten sowie, wenn der Gläubiger im Auslande wohnt, das von demselben in der Schweiz gewählte Domizil. Im Falle mangelnder Bezeichnung wird angenommen, dieses Domizil befinde sich im Lokal des Betreibungsamtes;
2  der Name und Wohnort des Schuldners und gegebenenfalls seines gesetzlichen Vertreters; bei Betreibungsbegehren gegen eine Erbschaft ist anzugeben, an welche Erben die Zustellung zu erfolgen hat;
3  die Forderungssumme oder die Summe, für welche Sicherheit verlangt wird, in gesetzlicher Schweizerwährung; bei verzinslichen Forderungen der Zinsfuss und der Tag, seit welchem der Zins gefordert wird;
4  die Forderungsurkunde und deren Datum; in Ermangelung einer solchen der Grund der Forderung.
2    Für eine pfandgesicherte Forderung sind ausserdem die in Artikel 151 vorgesehenen Angaben zu machen.
3    Der Eingang des Betreibungsbegehrens ist dem Gläubiger auf Verlangen gebührenfrei zu bescheinigen.
SchKG) bestätigt. Sie könnte sich überdies bei JOOS (Handbuch für die Betreibungsbeamten der Schweiz, Wädenswil 1964, S. 266) bestätigt sehen, der - bezüglich der Betreibung auf Pfändung - ausführt, es sei in den Kollokationsplan der Zins, ausgerechnet auf den Tag der Auflegung des Kollokationsplanes, einzutragen. Die Meinung der Rekurrentin verträgt sich in der Tat mühelos mit der Betreibung auf Pfändung, die zur Verwertung von Vermögensgegenständen des Schuldners führt. Vorliegend geht es indessen um eine Lohnpfändung. Sie rechtfertigt die Betrachtungsweise des Betreibungsamtes und der kantonalen Aufsichtsbehörden, dass die Pflicht des Schuldners zur Verzinsung seiner Schuld in dem Umfang und von dem Zeitpunkt an aufhöre, da beim Betreibungsamt Lohnquoten des Schuldners eingehen. Wie im kantonalen Verfahren zutreffend erkannt worden ist, lässt sich diese Auffassung auf Art. 12 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 12 - 1 Das Betreibungsamt hat Zahlungen für Rechnung des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen.
1    Das Betreibungsamt hat Zahlungen für Rechnung des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen.
2    Die Schuld erlischt durch die Zahlung an das Betreibungsamt.
SchKG stützen, wonach die Schuld durch die Zahlung an das Betreibungsamt erlischt. In diesem Sinne führt denn auch der Kommentar JAEGER (N. 5 zu Art. 12
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 12 - 1 Das Betreibungsamt hat Zahlungen für Rechnung des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen.
1    Das Betreibungsamt hat Zahlungen für Rechnung des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen.
2    Die Schuld erlischt durch die Zahlung an das Betreibungsamt.
SchKG) aus, die Schuld erlösche mit dem Tag der Zahlung an das Betreibungsamt ohne Rücksicht darauf, ob überhaupt und wann das Geld von diesem dem Gläubiger abgeliefert werde (ebenso, schon von der Vorinstanz zitiert, BLUMENSTEIN, Handbuch des Schweizerischen Schuldbetreibungsrechtes, Bern 1911, S. 47; FRITZSCHE/ WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs, Band I, Zürich 1984, § 12 Rz. 2; AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 4. Auflage Bern 1988, § 4 N. 18). Mögen wohl die zitierten Autoren nur oder in erster Linie den Fall vor Augen haben, wo der Schuldner aus eigenem Antrieb seine Schuld durch vollständige Zahlung an das Betreibungsamt begleicht, so ist doch nicht einzusehen, weshalb nicht durch die Zahlung von Lohnquoten in der Lohnpfändung die Schuld als teilgetilgt betrachtet werden sollte (vgl. zur teilweisen Befreiung durch Teilzahlung GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 2. Auflage Lausanne 1988, S. 48 oben).
BGE 116 III 56 S. 59

Zu beachten ist nun aber vor allem, dass es bei einer Lohnpfändung nicht zu einer Versteigerung der gepfändeten Vermögenswerte kommt. Der Einzug der fälligen Beträge erübrigt die Verwertung (AMONN, a.a.O., §§ 65 f.). Charakteristischer Zeitpunkt ist somit nicht der Zeitpunkt, wo zur Verwertung und Verteilung geschritten wird, sondern der Augenblick, wo die Lohnquoten beim Betreibungsamt eingehen. Es ist daher auch aus dieser Sicht folgerichtig, wenn der Schuldner entsprechend der Zahlung von Lohnquoten von der Schuld und der damit verbundenen Zinspflicht befreit wird.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 116 III 56
Date : 05. September 1990
Published : 31. Dezember 1991
Source : Bundesgericht
Status : 116 III 56
Subject area : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Subject : Verzinsung der Schuld bei der Lohnpfändung (Art. 12 Abs. 2 SchKG). Bei der Lohnpfändung hört die Pflicht des Schuldners


Legislation register
SchKG: 12  67  68  107  144  157  209
BGE-register
116-III-56
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