116 Ib 65
8. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 26. Januar 1990 i.S. X. AG gegen Kommission für die Exportrisikogarantie sowie Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste (de):
- Leistungspflicht des Bundes aus einer gewährten Exportrisikogarantie. Bedeutung versehentlich falscher Angaben des Garantienehmers im Garantiegesuch. BG vom 26. September 1958 über die Exportrisikogarantie (SR 946.11).
- 1. Ist in der Garantieverfügung die Deckung einer Anzahlungssumme aufgrund der Angaben des Antragstellers im Garantiegesuch ausdrücklich ausgenommen worden, so ist dieser für einen durch Nichtleistung der Anzahlung eingetretenen Verlust nicht gedeckt, auch wenn seine Angaben versehentlich falsch waren (E. 2).
- 2. Eine Garantie entfällt überhaupt für das ganze Grundgeschäft, wenn der Garantienehmer die Bedingungen der Garantieverfügung nicht einhält, auch wenn diese auf seine versehentlich falschen Angaben zurückgehen (E. 3).
Regeste (fr):
- Obligation de la Confédération de fournir une prestation fondée sur une garantie octroyée pour des risques à l'exportation. Importance des fausses indications données par erreur par le bénéficiaire de la garantie dans sa demande. LF du 26 septembre 1958 sur la garantie contre les risques à l'exportation (SR 946.11).
- 1. Lorsque, dans la décision accordant la garantie, la couverture des acomptes est expressément exclue sur la base des informations données par le requérant dans sa demande de garantie, ce dernier n'est pas couvert en cas de survenance d'une perte due au non-paiement des acomptes, même si les fausses indications ont été données par erreur (consid. 2).
- 2. En général, une garantie s'éteint pour toute l'affaire, lorsque le bénéficiaire ne respecte pas les conditions fixées dans la décision de garantie; peu importe que ces conditions se rapportent à de fausses informations indiquées par erreur (consid. 3).
Regesto (it):
- Obbligo della Confederazione di fornire una prestazione fondata su di una garanzia concessa per i rischi delle esportazioni. Rilevanza di indicazioni inesatte date per errore dal beneficiario della garanzia nella propria domanda. LF del 26 settembre 1958 concernente la garanzia dei rischi delle esportazioni (RS 946.11).
- 1. Ove, in una decisione con cui è accordata la garanzia, la copertura degli acconti sia stata espressamente esclusa in base alle informazioni date dal richiedente nella sua domanda di garanzia, questi non è coperto nel caso in cui intervenga una perdita dovuta al mancato pagamento degli acconti, e ciò anche se le indicazioni inesatte siano state date per errore (consid. 2).
- 2. Una garanzia viene meno per l'intera ordinazione se il beneficiario non rispetta le condizioni fissate nella decisione di garanzia, anche laddove tali condizioni siano riconducibili a indicazioni inesatte da lui date per errore (consid. 3).
Sachverhalt ab Seite 66
BGE 116 Ib 65 S. 66
Am 17. November 1986 reichte die X. AG bei der Geschäftsstelle für die Exportrisikogarantie eine "Grundsätzliche Anfrage" ein betreffend den Bau eines schlüsselfertigen Postverwaltungsgebäudes in K. Der Lieferwert wurde mit Fr. 3'797'000.-- und eine Anzahlung (inkl. Subunternehmer) mit Fr. 1,5 Mio. deklariert. Am 26. November 1986 erfolgte seitens der Kommission für die Exportrisikogarantie die "Garantiezusage". Am 6. Februar 1987 stellte die X. AG das "Garantiegesuch". Am 9. Februar 1987 ersuchte die Geschäftsstelle für die Exportrisikogarantie die X. AG um ergänzende Angaben. Unter anderem wurde die X. AG aufgefordert zu präzisieren, wie hoch die Anzahlung bei Vertragsabschluss sei, ob diese Fr. 1,5 Mio. oder 19% betrage. Beigelegt war dem Schreiben eine Kopie der die Zahlungsbedingungen betreffenden Passage in der "Grundsätzlichen Anfrage", wobei von der Geschäftsstelle für die Exportrisikogarantie die Zahl "19%" eingesetzt und die Worte "bei Vertragsabschluss" unterstrichen worden waren. Im präzisierten Garantiegesuch vom 13. Februar 1987 gab die X. AG als Anzahlung "19%" der Vertragssumme (ohne ausländische Subunternehmer) oder Fr. 0,744 Mio. an; für den Zeitpunkt der Anzahlung unterstrich die X. AG die Worte "bei Vertragsabschluss" und strich die vorgedruckte Formulierung "... Tage nach Vertragsabschluss" durch. Am 5. März 1987 erliess das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement auf Antrag der Kommission für die Exportrisikogarantie eine Garantieverfügung für eine Garantiesumme von Fr. 2'526'863.--, die wie folgt errechnet wurde:
BGE 116 Ib 65 S. 67
Fakturabetrag Fr. 4'698'000.--
Anzahlung Fr. 743'850.--
Nicht garantiert Fr. 585'000.--
Massgebender Betrag Fr. 3'369'150.--
Garantiesumme (75%) Fr. 2'526'863.--
Als "zusätzliche Bedingung" war angemerkt: "Die Anzahlungsgarantie ist nicht gedeckt." Am 27. Oktober 1987 teilte die X. AG der Geschäftsstelle für die Exportrisikogarantie mit, sie habe die Bauarbeiten am 15. März 1987 begonnen, diese aber am 15. Mai 1987 eingestellt. Bisher sei noch keine Zahlung eingegangen; der Staat K. sei illiquid. Es werde um Zustimmung zur Vertragsauflösung und um Übernahme des Schadens ersucht. Am 19. November 1987 antwortete die Geschäftsstelle für die Exportrisikogarantie in einem als "Verfügung" bezeichneten Schreiben, die Kommission sehe keine Möglichkeit, auf das Gesuch einzutreten. Die X. AG habe die Arbeiten begonnen, bevor die Anzahlung eingegangen sei, obwohl diese nach ihrem Gesuch "bei Vertragsabschluss" hätte erfolgen müssen und in der Garantieverfügung auch ausdrücklich von der Garantiesumme ausgenommen worden sei. Auf ein Wiedererwägungsgesuch hin beschied die Geschäftsstelle für die Exportrisikogarantie der X. AG am 13. Januar 1988, die Kommission sei erneut zum Schluss gekommen, eine Vergütung komme nicht in Frage; auf das Gesuch könne nicht eingetreten werden. Am 10. Februar 1988 erhob die X. AG Verwaltungsbeschwerde beim Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement mit dem Antrag, die Verfügung der Kommission für die Exportrisikogarantie vom 13. Januar 1988 sei aufzuheben, und es sei für Fr. 4'113'000.-- Deckung zum Garantiesatz von 75% zu gewähren unter Nachbelastung der Prämie für die in Abzug gebrachte Anzahlung von Fr. 743'850.--; im übrigen sei die Geschäftsstelle für die Exportrisikogarantie zu verpflichten, das weitere Vorgehen zur Schadenminderung mit der Beschwerdeführerin abzusprechen. Mit Entscheid vom 8. Mai 1989 wies das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement die Beschwerde ab. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 2. Juni 1989 an das Bundesgericht beantragt die X. AG, der Entscheid des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements sei aufzuheben, und
BGE 116 Ib 65 S. 68
es sei ihr 75% des Schadens von Fr. 1'341'319.--, eventuell 75% des die Anzahlungssumme von Fr. 743'850.-- übersteigenden Schadensbetrages zu ersetzen. Das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement und die Geschäftsstelle für die Exportrisikogarantie beantragen Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab
Erwägungen
aus folgenden Erwägungen:
2. a) Nach Art. 1 Abs. 1
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
BGE 116 Ib 65 S. 69
indessen nichts zu ihren Gunsten ableiten. Ihre zur Anzahlung in der "Grundsätzlichen Anfrage" gemachten Angaben waren unklar und mussten durch eine Rückfrage geklärt werden. Die Annahme der Geschäftsstelle für die Exportrisikogarantie, die Anzahlung betrage "19%" und sei "bei Vertragsabschluss" geschuldet, wurde von der Beschwerdeführerin in ihrem präzisierten Garantiegesuch bestätigt. Sie hat es sich selber zuzuschreiben, wenn sie diese Frage nicht anhand der Abmachungen mit ihrem ausländischen Vertragspartner überprüfte. c) Gemäss dem bereinigten Gesuch der Beschwerdeführerin war die Anzahlung bei Vertragsabschluss zu leisten. Daraus, dass auf Seite 9 des Gesuchs vermerkt war "Erste Zahlung April 87", kann die Beschwerdeführerin nichts für sich ableiten. Sofern dies im Widerspruch zu den auf Seite 8 vermerkten Zahlungsbedingungen stehen sollte, hätte dies in erster Linie die Beschwerdeführerin selbst merken müssen. Seite 9 des Gesuchs handelt von den mutmasslichen Risiken während der Bauzeit. In diesem Zusammenhang hatten die Behörden keine - im Widerspruch zur vorhergehenden Seite stehenden - Angaben über den Zeitpunkt der Anzahlung zu suchen. Allenfalls konnte damit auch eine erste Teilzahlung (eben nach Baubeginn, wo man nicht mehr von "Anzahlung" spricht) gemeint sein. Aus der Garantieverfügung vom 5. März 1987 ergibt sich eindeutig, dass gestützt auf das Gesuch der Beschwerdeführerin die Anzahlungssumme von der Garantie ausgeschlossen war. Aus der dort festgehaltenen Berechnung des massgebenden Betrags ist ohne weiteres ersichtlich, dass die Anzahlung neben dem weiteren nicht garantierten Betrag von Fr. 585'000.-- vom Fakturabetrag abgezogen wurde. Zudem wird unter den zusätzlichen Bedingungen noch ausdrücklich gesagt: "Die Anzahlungsgarantie ist nicht gedeckt." Wenn die Beschwerdeführerin die massgebliche Verfügung vom 5. März 1987 richtig gelesen hat, musste sie - noch vor Baubeginn am 15. März - über den beschränkten Umfang der Garantie im Bilde sein. d) Bei dieser Sachlage ist der Verlust durch das Ausbleiben der ersten Zahlung von Fr. 743'850.-- von der Garantieverfügung nicht gedeckt, und die Kommission für die Exportrisikogarantie hat die Leistungspflicht des Bundes zu Recht abgelehnt.
3. a) Die den Betrag von Fr. 743'850.-- übersteigenden Verluste sind demgegenüber Gegenstand der Garantieverfügung. Allerdings fragt sich diesbezüglich, ob die Leistungspflicht zu
BGE 116 Ib 65 S. 70
verneinen ist, weil die Beschwerdeführerin ihr obliegende Verpflichtungen nicht erfüllt hat (Art. 18
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
BGE 116 Ib 65 S. 71
hätte anscheinend vertraglich unzulässige Terminüberschreitungen mit sich gebracht. Diese Darlegungen der Beschwerdeführerin sind schwer nachvollziehbar und jedenfalls auf der Grundlage der vorhandenen Akten nicht kontrollierbar. Wie es sich damit tatsächlich verhält, kann jedoch offen bleiben. c) Gemäss Art. 9
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
BGE 116 Ib 65 S. 72
Sonderbestimmungen in der Garantie selbst vor, welche die Art regeln, wie der zu garantierende Vertrag abzuwickeln ist. Im vorliegenden Fall deckte sich diese Regelung mit den Angaben im Gesuch. Daraus ergab sich, dass eine Anzahlung bei Vertragsabschluss zu leisten war. Selbst wenn man der These der Beschwerdeführerin folgt, dass die Anzahlung erst nach Vertragsabschluss hätte geleistet werden müssen, so hätte dies begriffsnotwendig vor oder spätestens mit der Gegenleistung, das heisst mit dem Baubeginn, geschehen sollen. Daran hatte sich die Beschwerdeführerin bei der Abwicklung des Geschäftes, für welches sie Garantie beanspruchen wollte, zu halten. Dies gilt unabhängig davon, ob die vertraglichen Abmachungen mit der Bauherrschaft allenfalls anders lauteten; denn nicht diese Vereinbarungen, sondern die diesbezüglich gemachten Angaben im Gesuch bildeten die Grundlage der Garantie. e) Gemäss Art. 18 Abs. 1
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
BGE 116 Ib 65 S. 73
f) Da sich die Beschwerdeführerin nicht an die Garantiemodalitäten gehalten hat, entfällt folglich die Leistungspflicht des Bundes überhaupt. Damit hat die Beschwerdeführerin auch keinen Anspruch auf Deckung des über die Anzahlungssumme hinausgehenden Schadens.