116 Ib 185
25. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 6. August 1990 i.S. Migros Bank Basel und Bürgergemeinde Ettingen gegen Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft und Einwohnergemeinde Ettingen (Verwaltungsgerichtsbeschwerden)
Regeste (de):
- Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
- 1. Anwendung des Prinzips von Treu und Glauben auf unrichtige behördliche Auskünfte (Bestätigung der Rechtsprechung). Diese Grundsätze sind auch bei der Beurteilung von Nutzungsplanfestsetzungen zu beachten (E. 3c).
- 2. Die Waldfeststellung auf Parzellen, welche in den Jahren 1973 bis 1976 bei der Ausarbeitung eines Quartierplanes als waldfrei erklärt wurden, verletzt den Grundsatz von Treu und Glauben nicht. Die Rechtsänderung, die mit dem Inkrafttreten des Raumplanungsgesetzes eingetreten ist und dem der Quartierplan kaum entspricht, ist zu berücksichtigen. Auch schliesst der dynamische Waldbegriff nach 10-15 Jahren die Berufung auf den Vertrauensschutz aus.
Regeste (fr):
- Art. 4 Cst.; principe de la bonne foi; application au cas d'une décision constatant la nature forestière de parcelles considérées comme libres de forêt selon un plan de quartier adopté antérieurement.
- 1. Le principe de la bonne foi s'applique aux renseignements erronés donnés par l'autorité (confirmation de la jurisprudence). Il doit aussi être respecté lors de l'adoption des plans d'affectation (consid. 3c).
- 2. Le principe de la bonne foi n'est pas violé par la constatation de la nature forestière de parcelles bien que, de 1973 à 1976, celles-ci ont été considérées comme libres de forêt au cours de l'élaboration du plan de quartier. A cet égard, il y a lieu en effet de tenir compte de la modification de la législation, résultant de l'entrée en vigueur de la loi sur l'aménagement du territoire, aux exigences de laquelle le plan de quartier ne répond guère. L'application du concept dynamique de la forêt, 10 ou 15 ans plus tard, exclut aussi d'invoquer la protection de la confiance.
Regesto (it):
- Art. 4 Cost.; principio della buona fede; applicazione nel caso di una decisione con cui è accertata la natura boschiva di particelle considerate come non boscate in un piano particolareggiato adottato anteriormente.
- 1. Il principio della buona fede si applica alle informazioni inesatte fornite dall'autorità (conferma della giurisprudenza). Esso va rispettato anche quando si tratti di decidere su attribuzioni effettuate nel quadro di un piano di utilizzazione (consid. 3c).
- 2. Il principio della buona fede non è violato dall'accertamento della natura boschiva di particelle considerate come non boscate, dal 1973 al 1976, nel corso dell'elaborazione di un piano particolareggiato. Al riguardo va infatti tenuto conto della modifica della legislazione risultante dall'entrata in vigore della legge federale sulla pianificazione del territorio, ai cui requisiti non soddisfa il piano particolareggiato in questione. Anche l'applicazione della nozione dinamica del bosco esclude, 10-15 anni più tardi, la possibilità d'invocare la protezione della buona fede.
Sachverhalt ab Seite 186
BGE 116 Ib 185 S. 186
Die Migros Bank Basel ist Eigentümerin der Parzelle Nr. 1252 im Ausmass von 5557 m2 im Gebiet unter der Holle in der Gemeinde Ettingen. An ihr Grundstück stösst die Parzelle Nr. 1253 im Ausmass von 3217 m2 an, welche im Eigentum der Bürgergemeinde Ettingen steht. Beide Grundstücke, welche zusammen die Form eines Dreiecks aufweisen, liegen an einem nach Norden orientierten schattigen Abhang. Sie stossen auf der Südseite mit ihrer oberen Begrenzung an die im Eigentum des Kantons Basel-Landschaft stehende Hofstettenstrasse an. Am 16. Februar 1976 stimmte die Einwohnergemeindeversammlung Ettingen einem Quartierplan für die Erstellung einer Treppenhaussiedlung auf den Parzellen Nr. 1252 und 1253 zu. Der Regierungsrat genehmigte diesen Quartierplan mit Beschluss vom 6. Juli 1976. Im Rahmen der Überbauungsstudien hatte am 9. Oktober 1974 eine Besprechung mit dem damaligen kantonalen Oberförster stattgefunden, bei welcher davon ausgegangen wurde, die beiden Grundstücke seien nicht bewaldet. Als Waldgrenze wurde im Westen die Parzellengrenze, im Süden die gegenüberliegende Strassenseite der Hofstettenstrasse angenommen. Der Kantonsförster verlangte die Einhaltung des Waldabstandes von 20 m, wovon in der Folge bei der Ausarbeitung des Quartierplanes ausgegangen wurde. Am 20. Juni 1989 fasste der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft gemäss dem Antrag des Kantonsforstamtes einen Waldfeststellungsbeschluss, wonach auf Parzelle Nr. 1252 1280 m2 und auf Parzelle Nr. 1253 1152 m2 Wald bestünden. Dagegen erhoben die Migros Bank Basel und die Bürgergemeinde Ettingen je Verwaltungsgerichtsbeschwerde, welche vom
BGE 116 Ib 185 S. 187
Bundesgericht nach Durchführung eines Augenscheins aus den folgenden Erwägungen abgewiesen werden:
Erwägungen
Erwägungen:
3. c) Das in Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz RPG Art. 21 Verbindlichkeit und Anpassung - 1 Nutzungspläne sind für jedermann verbindlich. |
|
1 | Nutzungspläne sind für jedermann verbindlich. |
2 | Haben sich die Verhältnisse erheblich geändert, so werden die Nutzungspläne überprüft und nötigenfalls angepasst. |
4. b) Die Rüge, die Waldfeststellungsverfügung verletze den Grundsatz von Treu und Glauben, begründet die Bürgergemeinde mit dem Hinweis auf den im Jahre 1976 genehmigten Quartierplan.
BGE 116 Ib 185 S. 188
Zutreffend legt sie dar, es handle sich bei diesem Quartierplan um einen Sondernutzungsplan im Sinne der heutigen Raumplanungsgesetzgebung. Sie ist der Meinung, das Vertrauen in die Beständigkeit dieses Sondernutzungsplanes müsse gegenüber einer möglichen Durchsetzung von Art. 1
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz RPG Art. 21 Verbindlichkeit und Anpassung - 1 Nutzungspläne sind für jedermann verbindlich. |
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1 | Nutzungspläne sind für jedermann verbindlich. |
2 | Haben sich die Verhältnisse erheblich geändert, so werden die Nutzungspläne überprüft und nötigenfalls angepasst. |
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz RPG Art. 35 - 1 Die Kantone sorgen dafür, dass: |
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1 | Die Kantone sorgen dafür, dass: |
a | ... |
b | die Nutzungspläne rechtzeitig erstellt werden, spätestens jedoch acht Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes vorliegen. |
2 | ...85 |
3 | Nutzungspläne, die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes gültig sind, bleiben nach kantonalem Recht in Kraft bis zur Genehmigung durch die zuständige Behörde.86 |
BGE 116 Ib 185 S. 189
baselstädtischen Bauverordnung vom 27. Januar 1976, wonach ein Vorentscheid die Behörden nicht mehr bindet, wenn innert eines Jahres seit seiner Erteilung kein definitives Baubegehren eingereicht wird). Für Sondernutzungspläne im Sinne von Quartierplänen, welche die Art und Lage der Bauten detailliert festlegen, ist ein längerer Bestand dann gerechtfertigt, wenn gestützt darauf gebaut worden ist (so ausdrücklich ERICH ZIMMERLIN, a.a.O., N 3 zu § 120). Wird jedoch nicht gebaut und dient der Plan vielmehr - wie dies im vorliegenden Falle für die Parzelle Nr. 1252 zutrifft - als Grundlage eines wiederholten Verkaufes, so können sich die Eigentümer jedenfalls nach einem Zeitablauf von über 10 Jahren nicht mehr auf die Beständigkeit dieser speziellen Planung berufen. Das Raumplanungsgesetz verlangt in der Regel alle 10 Jahre eine gesamthafte Überprüfung der Richtpläne. Aus dieser Überprüfung können Anpassungen der Nutzungspläne im Sinne von Art. 21
SR 700 Bundesgesetz vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG) - Raumplanungsgesetz RPG Art. 21 Verbindlichkeit und Anpassung - 1 Nutzungspläne sind für jedermann verbindlich. |
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1 | Nutzungspläne sind für jedermann verbindlich. |
2 | Haben sich die Verhältnisse erheblich geändert, so werden die Nutzungspläne überprüft und nötigenfalls angepasst. |