115 II 175
30. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 27. April 1989 i.S. W. gegen W. und Kons. (Berufung)
Regeste (de):
- Vorkaufsrecht der Verwandten gemäss Art. 6
und 11
EGG.
- 1. Vorkaufsberechtigte können sich auf ihr Recht berufen, wenn ihnen der Erwerber gemäss Art. 11
EGG im Range nachgeht (E. 3).
- 2. Die Annahme eines Vorkaufsfalles oder eines Umgehungsgeschäftes ist nicht gerechtfertigt, wenn der in seinen wesentlichen Punkten ernst gemeinte Vertrag nach seinem wirtschaftlichen Gehalt einem Kauf nicht entspricht (E. 4).
Regeste (fr):
- Droit de préemption des parents selon les art. 6 et 11 LPR.
- 1. Les titulaires du droit de préemption peuvent exciper de leur droit lorsque l'acquéreur occupe un rang postérieur au leur selon l'art. 11 LPR (consid. 3).
- 2. L'admission d'un cas de préemption ou d'une transaction destinée à l'éluder n'est pas justifiée lorsque le contrat réellement voulu dans ses points essentiels ne correspond pas à une vente d'après son contenu économique (consid. 4).
Regesto (it):
- Diritto di prelazione dei parenti secondo gli art. 6 e 11 LPF.
- 1. I titolari del diritto di prelazione possono eccepire il loro diritto ove l'acquirente occupi un posto posteriore al loro nell'ordine stabilito dall'art. 11 LPF (consid. 3).
- 2. Non si giustifica di ammettere un caso di prelazione o di un negozio destinato ad eludere quest'ultima se il contratto realmente voluto nei suoi punti essenziali non corrisponde a una compravendita alla stregua del suo contenuto economico (consid. 4).
Sachverhalt ab Seite 176
BGE 115 II 175 S. 176
A.- Mit Abtretungsvertrag vom 20. Januar 1972 übertrug W. senior sein in der Gemeinde H. gelegenes Heimwesen samt Vieh und Fahrhabe auf seinen Sohn W. junior. Vom Übernahmepreis von insgesamt Fr. 139'500.-- entfielen Fr. 71'800.-- auf den Hof, der Rest von Fr. 67'700.-- bezog sich auf Vieh und Fahrhabe. W. junior wurde am 12. Dezember 1978 von seiner Frau R. W.-M. geschieden. Die drei gemeinsamen Töchter gelangten unter die elterliche Gewalt ihrer Mutter. Der Hof verblieb im Eigentum von W. junior, wurde aber fortan von der geschiedenen Frau in Pacht bewirtschaftet. Nachdem diese schliesslich zu ihrem Freund H. V. auf das benachbarte Gut gezogen war, ersetzte W. junior den laufenden Vertrag durch zwei neue Pachtverträge für die Dauer von je 20 Jahren und durch einen Mietvertrag betreffend das Wohnhaus, die er am 11. Oktober und am 24. Dezember 1979 sowie am 10. Januar 1981 mit H. V. abschloss.
Am 11. Juli 1983 einigte sich W. junior mit seinem Vater in einem mit "Vergleich" benannten, öffentlich beurkundeten Vertrag auf die Rückgabe des Heimwesens für Fr. 71'800.--. Die Übernahme bestehender Pachtverhältnisse schlossen sie dabei ausdrücklich aus. Das Grundbuchamt trug W. senior noch gleichentags als neuen Eigentümer ins Grundregister ein. Gleichzeitig unterrichtete es R. W.-M. über die Handänderung unter Hinweis darauf, dass möglicherweise die Voraussetzungen zur Ausübung des Verwandtenvorkaufsrechts nach Art. 6

B.- In der Folge klagten die drei Töchter beim Bezirksgericht Pfäffikon/ZH gegen W. senior unter anderem auf Feststellung, dass sie durch Ausübung des ihnen zustehenden gesetzlichen Vorkaufsrechts an Stelle des W. senior in den mit W. junior am 11. Juli 1983 abgeschlossenen Kaufvertrag betreffend Rückübertragung der fraglichen Liegenschaften eingetreten seien. Das Bezirksgericht hiess die Klage am 19. März 1985 teilweise gut, indem es dem Feststellungsbegehren stattgab und das zuständige Grundbuchamt anwies, die Klägerinnen als Eigentümerinnen des umstrittenen Heimwesens einzutragen.
BGE 115 II 175 S. 177
C.- W. senior erklärte Berufung an das Obergericht des Kantons Zürich. Seine Anträge lauteten auf Klageabweisung und Feststellung, dass den Klägerinnen kein Vorkaufsrecht zustehe. Mit Urteil vom 31. August 1987 wies das Obergericht die Berufung ab und sprach den Klägerinnen das Eigentum an den streitigen Liegenschaften zu. Letztere wurden sodann verpflichtet, dem Beklagten Fr. 71'800.-- zu bezahlen.
D.- Gegen dieses Urteil hat W. senior Berufung an das Bundesgericht erhoben. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und wiederholt die im kantonalen Verfahren gestellten Anträge. Die Klägerinnen schliessen auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. Wird ein landwirtschaftliches Gewerbe oder werden wesentliche Teile davon verkauft, so steht gemäss Art. 6





BGE 115 II 175 S. 178
vereitelt wird, dringt das Vorkaufsrecht je nach dem Rangverhältnis des Vorkaufsberechtigten gegenüber dem "Käufer" durch (JENNY, Das bäuerliche Vorkaufsrecht, Diss. Freiburg, Beromünster 1955, S. 84). Dass das Vorkaufsrecht immer dann versagen soll, wenn die Veräusserung an einen der gesetzlichen Vorkaufsberechtigten erfolgt (vgl. MEIER-HAYOZ, Kommentar, 3. A. Bern 1975, N. 64 zu Art. 682

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 682 - 1 Miteigentümer haben ein Vorkaufsrecht gegenüber jedem Nichtmiteigentümer, der einen Anteil erwirbt. Machen mehrere Miteigentümer ihr Vorkaufsrecht geltend, so wird ihnen der Anteil im Verhältnis ihrer bisherigen Miteigentumsanteile zugewiesen.603 |
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1 | Miteigentümer haben ein Vorkaufsrecht gegenüber jedem Nichtmiteigentümer, der einen Anteil erwirbt. Machen mehrere Miteigentümer ihr Vorkaufsrecht geltend, so wird ihnen der Anteil im Verhältnis ihrer bisherigen Miteigentumsanteile zugewiesen.603 |
2 | Ein Vorkaufsrecht gegenüber jedem Erwerber haben auch der Eigentümer eines Grundstückes, das mit einem selbständigen und dauernden Baurecht belastet ist, an diesem Recht und der Inhaber dieses Rechts am belasteten Grundstück, soweit dieses durch die Ausübung seines Rechtes in Anspruch genommen wird. |
3 | ...604 |


SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 682 - 1 Miteigentümer haben ein Vorkaufsrecht gegenüber jedem Nichtmiteigentümer, der einen Anteil erwirbt. Machen mehrere Miteigentümer ihr Vorkaufsrecht geltend, so wird ihnen der Anteil im Verhältnis ihrer bisherigen Miteigentumsanteile zugewiesen.603 |
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1 | Miteigentümer haben ein Vorkaufsrecht gegenüber jedem Nichtmiteigentümer, der einen Anteil erwirbt. Machen mehrere Miteigentümer ihr Vorkaufsrecht geltend, so wird ihnen der Anteil im Verhältnis ihrer bisherigen Miteigentumsanteile zugewiesen.603 |
2 | Ein Vorkaufsrecht gegenüber jedem Erwerber haben auch der Eigentümer eines Grundstückes, das mit einem selbständigen und dauernden Baurecht belastet ist, an diesem Recht und der Inhaber dieses Rechts am belasteten Grundstück, soweit dieses durch die Ausübung seines Rechtes in Anspruch genommen wird. |
3 | ...604 |
4. a) Das Vorkaufsrecht räumt seinem Inhaber die Befugnis ein, durch einseitige, vorbehalt- und bedingungslose Erklärung gegenüber dem Verpflichteten das Eigentum an einer Sache zu erwerben, sofern der Verpflichtete diese Sache an einen Dritten verkauft. Auch das Vorkaufsrecht gemäss Art. 6


SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 682 - 1 Miteigentümer haben ein Vorkaufsrecht gegenüber jedem Nichtmiteigentümer, der einen Anteil erwirbt. Machen mehrere Miteigentümer ihr Vorkaufsrecht geltend, so wird ihnen der Anteil im Verhältnis ihrer bisherigen Miteigentumsanteile zugewiesen.603 |
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1 | Miteigentümer haben ein Vorkaufsrecht gegenüber jedem Nichtmiteigentümer, der einen Anteil erwirbt. Machen mehrere Miteigentümer ihr Vorkaufsrecht geltend, so wird ihnen der Anteil im Verhältnis ihrer bisherigen Miteigentumsanteile zugewiesen.603 |
2 | Ein Vorkaufsrecht gegenüber jedem Erwerber haben auch der Eigentümer eines Grundstückes, das mit einem selbständigen und dauernden Baurecht belastet ist, an diesem Recht und der Inhaber dieses Rechts am belasteten Grundstück, soweit dieses durch die Ausübung seines Rechtes in Anspruch genommen wird. |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 682 - 1 Miteigentümer haben ein Vorkaufsrecht gegenüber jedem Nichtmiteigentümer, der einen Anteil erwirbt. Machen mehrere Miteigentümer ihr Vorkaufsrecht geltend, so wird ihnen der Anteil im Verhältnis ihrer bisherigen Miteigentumsanteile zugewiesen.603 |
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1 | Miteigentümer haben ein Vorkaufsrecht gegenüber jedem Nichtmiteigentümer, der einen Anteil erwirbt. Machen mehrere Miteigentümer ihr Vorkaufsrecht geltend, so wird ihnen der Anteil im Verhältnis ihrer bisherigen Miteigentumsanteile zugewiesen.603 |
2 | Ein Vorkaufsrecht gegenüber jedem Erwerber haben auch der Eigentümer eines Grundstückes, das mit einem selbständigen und dauernden Baurecht belastet ist, an diesem Recht und der Inhaber dieses Rechts am belasteten Grundstück, soweit dieses durch die Ausübung seines Rechtes in Anspruch genommen wird. |
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BGE 115 II 175 S. 179
ferner darf die Festsetzung dieser Gegenleistung nicht wesentlich von der Person des Leistungsgegners abhängen (BGE 94 II 343 E. 2). Nicht als Vorkaufsfall gelten darum etwa die Schenkung, der Erbfall und die Erbteilung sowie der Verpfründungsvertrag; auch die gemischte Schenkung wird von der Rechtsprechung und der herrschenden Lehre nicht als Vorkaufsfall betrachtet (BGE 102 II 250 E. 4, BGE 101 II 62; anders JENNY, a.a.O., S. 84). b) Diese Umschreibung des Vorkaufsfalles vermag all jene rechtsgeschäftlichen Vorgänge zu erfassen, die - bezogen auf den wirtschaftlichen Erfolg - einem Kauf gleichkommen. Das ist auch für die Frage des Umgehungsgeschäftes zu beachten. Durch die generell an Sinn und Zweck, insbesondere am wirtschaftlichen Gehalt des Geschäftes anknüpfende Betrachtungsweise kann sich daher ein selbständiger Tatbestand der Umgehung gar als entbehrlich erweisen (MERZ, Kommentar Bern 1966, N. 91 zu Art. 2

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
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1 | Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln. |
2 | Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz. |

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 18 - 1 Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen. |
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1 | Bei der Beurteilung eines Vertrages sowohl nach Form als nach Inhalt ist der übereinstimmende wirkliche Wille und nicht die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise zu beachten, die von den Parteien aus Irrtum oder in der Absicht gebraucht wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen. |
2 | Dem Dritten, der die Forderung im Vertrauen auf ein schriftliches Schuldbekenntnis erworben hat, kann der Schuldner die Einrede der Simulation nicht entgegensetzen. |
BGE 115 II 175 S. 180
angestrebte Erfolg noch mit demjenigen eines Kaufes verglichen werden kann, bleibt näher zu prüfen. Dabei muss zwar befremden, dass - offensichtlich zur Vermeidung jeglicher Diskussion über einen Vorkaufsfall der Anschein der unfreiwilligen Rückübertragung erweckt werden sollte. Dies allein vermag indessen die Anwendung von Art. 6

BGE 115 II 175 S. 181
unentgeltlichen Zuwendung wegleitend gewesen ist. Würde man - wie das Obergericht - der Handlungsweise der Vertragsparteien den Schutz versagen, bewirkte dies, dass schliesslich sämtliche zwischen Verwandten abgeschlossenen Übereignungsgeschäfte als Vorkaufsfälle oder als Umgehungsgeschäfte qualifiziert werden müssten. Dies stünde in unhaltbarem Widerspruch zur Begrenzung des Vorkaufsfalles seitens des Gesetzgebers und schliesslich auch zum Grundsatz der Privatautonomie. Dies ist vom Obergericht verkannt worden; durch die Annahme eines Vorkaufsfalles oder vielmehr eines Umgehungsgeschäftes hat es die Verfügungsfreiheit des Beklagten allzusehr eingeschränkt und darum Bundesrecht verletzt. Erweist sich daher die Handlungsweise der Vertragsparteien als schützenswert und die Annahme eines Vorkaufsfalles als unbegründet, erübrigen sich auch zusätzliche Erwägungen zu den weiteren Rügen des Beklagten. Der angefochtene Entscheid ist als bundesrechtswidrig aufzuheben und die Klage abzuweisen.