114 IV 95
28. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 14. Dezember 1988 i.S. T. gegen Regierungsrat des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste (de):
- Art. 55 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 55 - 1 Das Gericht sieht bei der bedingten Strafe vom Widerruf und bei der bedingten Entlassung von der Rückversetzung ab, wenn die Voraussetzungen der Strafbefreiung gegeben sind.
1 Das Gericht sieht bei der bedingten Strafe vom Widerruf und bei der bedingten Entlassung von der Rückversetzung ab, wenn die Voraussetzungen der Strafbefreiung gegeben sind. 2 Als zuständige Behörden nach den Artikeln 52, 53 und 54 bezeichnen die Kantone Organe der Strafrechtspflege. - Diese Bestimmung findet nur Anwendung bei der bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug, nicht auch bei Ablauf der Probezeit für eine bedingt ausgesprochene Freiheitsstrafe.
Regeste (fr):
- Art. 55 al. 2 CP; remise à l'essai de l'expulsion.
- Cette disposition ne trouve application que lors de la libération qui intervient après l'exécution d'une peine privative de liberté et non pas à l'échéance du délai d'épreuve assortissant le sursis accordé pour l'exécution d'une telle peine.
Regesto (it):
- Art. 55 cpv. 2 CP; sospensione a titolo di prova dell'espulsione.
- Tale disposizione si applica soltanto in caso di liberazione condizionale avvenuta nel quadro dell'esecuzione di una pena privativa della libertà personale, e non alla scadenza del periodo di prova che accompagna la sospensione condizionale di una siffatta pena.
Sachverhalt ab Seite 95
BGE 114 IV 95 S. 95
A.- Der tunesische Staatsangehörige T. wurde vom Bezirksgericht Zürich am 26. März 1984 wegen wiederholter Widerhandlung gegen das BetmG (schwerer Fall im Sinne von Art. 19 Ziff. 2 lit. a
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SR 812.121 Bundesgesetz vom 3. Oktober 1951 über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (Betäubungsmittelgesetz, BetmG) - Betäubungsmittelgesetz BetmG Art. 19 - 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
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1 | Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
a | Betäubungsmittel unbefugt anbaut, herstellt oder auf andere Weise erzeugt; |
b | Betäubungsmittel unbefugt lagert, versendet, befördert, einführt, ausführt oder durchführt; |
c | Betäubungsmittel unbefugt veräussert, verordnet, auf andere Weise einem andern verschafft oder in Verkehr bringt; |
d | Betäubungsmittel unbefugt besitzt, aufbewahrt, erwirbt oder auf andere Weise erlangt; |
e | den unerlaubten Handel mit Betäubungsmitteln finanziert oder seine Finanzierung vermittelt; |
f | öffentlich zum Betäubungsmittelkonsum auffordert oder öffentlich eine Gelegenheit zum Erwerb oder Konsum von Betäubungsmitteln bekannt gibt; |
g | zu einer Widerhandlung nach den Buchstaben a-f Anstalten trifft. |
2 | Der Täter wird mit einer Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft, wenn er:92 |
a | weiss oder annehmen muss, dass die Widerhandlung mittelbar oder unmittelbar die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen kann; |
b | als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Ausübung des unerlaubten Betäubungsmittelhandels zusammengefunden hat; |
c | durch gewerbsmässigen Handel einen grossen Umsatz oder einen erheblichen Gewinn erzielt; |
d | in Ausbildungsstätten vorwiegend für Jugendliche oder in ihrer unmittelbaren Umgebung gewerbsmässig Betäubungsmittel anbietet, abgibt oder auf andere Weise zugänglich macht. |
3 | Das Gericht kann in folgenden Fällen die Strafe nach freiem Ermessen mildern: |
a | bei einer Widerhandlung nach Absatz 1 Buchstabe g; |
b | bei einer Widerhandlung nach Absatz 2, wenn der Täter von Betäubungsmitteln abhängig ist und diese Widerhandlung zur Finanzierung des eigenen Betäubungsmittelkonsums hätte dienen sollen. |
4 | Nach den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 ist auch strafbar, wer die Tat im Ausland begangen hat, sich in der Schweiz befindet und nicht ausgeliefert wird, sofern die Tat auch am Begehungsort strafbar ist. Ist das Gesetz des Begehungsortes für den Täter das mildere, so ist dieses anzuwenden. Artikel 6 des Strafgesetzbuches93 ist anwendbar. |
B.- Am 13. November 1987 stellte T. das Gesuch, die Landesverweisung sei nach Ablauf der dreijährigen Probezeit bedingt aufzuschieben. Am 10. Dezember 1987 trat die Direktion der Justiz des Kantons Zürich auf dieses Gesuch mangels Zuständigkeit nicht ein. Einen dagegen gerichteten Rekurs wies der Regierungsrat des Kantons Zürich am 18. Mai 1988 ab.
C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt T., es sei der angefochtene Beschluss aufzuheben und ihm der Aufschub der gerichtlichen Landesverweisung zu gewähren; eventuell sei die Vorinstanz anzuweisen, auf das Gesuch um probeweisen Aufschub der Landesverweisung einzutreten.
D.- Die Polizeidirektion des Kantons Zürich liess sich sinngemäss mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde vernehmen. Das Bundesamt für Justiz erachtete für diesen Fall einen probeweisen Aufschub als nicht zulässig und äusserte sich nur eventualiter zur Frage der Zuständigkeit.
BGE 114 IV 95 S. 96
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
Streitig ist die Frage, ob ein unbedingt des Landes Verwiesener nach Ablauf der Probezeit für die bedingte Hauptstrafe auf die Landesverweisung zurückkommen bzw. in der Schweiz deren probeweisen Aufschub für die restliche Dauer verlangen kann. Diese Frage wurde vom Gesetzgeber bisher nicht beantwortet. Weder in den Materialien zur Revision von 1950 noch in denjenigen zur Revision von 1971 finden sich diesbezügliche Anhaltspunkte. a) Das Bundesgericht hatte im Jahre 1945 zur alten Fassung von Art. 55 Abs. 2
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 55 - 1 Das Gericht sieht bei der bedingten Strafe vom Widerruf und bei der bedingten Entlassung von der Rückversetzung ab, wenn die Voraussetzungen der Strafbefreiung gegeben sind. |
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1 | Das Gericht sieht bei der bedingten Strafe vom Widerruf und bei der bedingten Entlassung von der Rückversetzung ab, wenn die Voraussetzungen der Strafbefreiung gegeben sind. |
2 | Als zuständige Behörden nach den Artikeln 52, 53 und 54 bezeichnen die Kantone Organe der Strafrechtspflege. |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
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1 | Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
a | eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten; oder |
b | eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann. |
2 | Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen. |
3 | Vorbehalten bleibt die Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36). |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 55 - 1 Das Gericht sieht bei der bedingten Strafe vom Widerruf und bei der bedingten Entlassung von der Rückversetzung ab, wenn die Voraussetzungen der Strafbefreiung gegeben sind. |
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1 | Das Gericht sieht bei der bedingten Strafe vom Widerruf und bei der bedingten Entlassung von der Rückversetzung ab, wenn die Voraussetzungen der Strafbefreiung gegeben sind. |
2 | Als zuständige Behörden nach den Artikeln 52, 53 und 54 bezeichnen die Kantone Organe der Strafrechtspflege. |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 55 - 1 Das Gericht sieht bei der bedingten Strafe vom Widerruf und bei der bedingten Entlassung von der Rückversetzung ab, wenn die Voraussetzungen der Strafbefreiung gegeben sind. |
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1 | Das Gericht sieht bei der bedingten Strafe vom Widerruf und bei der bedingten Entlassung von der Rückversetzung ab, wenn die Voraussetzungen der Strafbefreiung gegeben sind. |
2 | Als zuständige Behörden nach den Artikeln 52, 53 und 54 bezeichnen die Kantone Organe der Strafrechtspflege. |
BGE 114 IV 95 S. 97
Landesverweisung der bedingte Vollzug zu gewähren oder zu verweigern sei. Dies entscheidet sich einzig aufgrund von Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
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1 | Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
a | eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten; oder |
b | eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann. |
2 | Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen. |
3 | Vorbehalten bleibt die Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36). |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 55 - 1 Das Gericht sieht bei der bedingten Strafe vom Widerruf und bei der bedingten Entlassung von der Rückversetzung ab, wenn die Voraussetzungen der Strafbefreiung gegeben sind. |
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1 | Das Gericht sieht bei der bedingten Strafe vom Widerruf und bei der bedingten Entlassung von der Rückversetzung ab, wenn die Voraussetzungen der Strafbefreiung gegeben sind. |
2 | Als zuständige Behörden nach den Artikeln 52, 53 und 54 bezeichnen die Kantone Organe der Strafrechtspflege. |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
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1 | Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
a | eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten; oder |
b | eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann. |
2 | Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen. |
3 | Vorbehalten bleibt die Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36). |
Bei der Beurteilung der Bewährungsaussichten kann also gerade der Vollzug der Landesverweisung massgebend dafür sein, dass die Hauptstrafe bedingt ausgesprochen wird, wenn der Richter eine günstige Prognose nur für den Fall bejahen kann, dass der Verurteilte für die angeordnete Dauer der Landesverweisung in sein Heimatland bzw. sein angestammtes soziales Umfeld zurückkehrt. Der Verurteilte erleidet dann wohl den Nachteil der unbedingten Landesverweisung, erfährt aber anderseits gerade deswegen die Wohltat des bedingten Vollzugs für die Freiheitsstrafe. Schon unter diesem Gesichtspunkt verbietet sich nach der Revision von 1950 der Vergleich mit Art. 55 Abs. 2
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 55 - 1 Das Gericht sieht bei der bedingten Strafe vom Widerruf und bei der bedingten Entlassung von der Rückversetzung ab, wenn die Voraussetzungen der Strafbefreiung gegeben sind. |
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1 | Das Gericht sieht bei der bedingten Strafe vom Widerruf und bei der bedingten Entlassung von der Rückversetzung ab, wenn die Voraussetzungen der Strafbefreiung gegeben sind. |
2 | Als zuständige Behörden nach den Artikeln 52, 53 und 54 bezeichnen die Kantone Organe der Strafrechtspflege. |
BGE 114 IV 95 S. 98
nur zusammen mit einer unbedingten Landesverweisung rechtfertigen lässt. Dass ein solcher, auf einer Gesamtwürdigung beruhender Entscheid gesamthaft - sowohl zu Gunsten des Verurteilten (bedingte Hauptstrafe) wie auch zu seinen Ungunsten (unbedingte Landesverweisung) - in Rechtskraft erwachsen muss, liegt auf der Hand. Bei dieser Betrachtungsweise bleibt kein Raum für eine vom Gesetzgeber stillschweigend vorgesehene Möglichkeit, den in einem rechtskräftigen Urteil angeordneten Vollzug der Landesverweisung später neu beurteilen zu lassen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass er eine solche Möglichkeit auf den im Gesetz ausdrücklich erwähnten Fall (Art. 55 Abs. 2
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 55 - 1 Das Gericht sieht bei der bedingten Strafe vom Widerruf und bei der bedingten Entlassung von der Rückversetzung ab, wenn die Voraussetzungen der Strafbefreiung gegeben sind. |
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1 | Das Gericht sieht bei der bedingten Strafe vom Widerruf und bei der bedingten Entlassung von der Rückversetzung ab, wenn die Voraussetzungen der Strafbefreiung gegeben sind. |
2 | Als zuständige Behörden nach den Artikeln 52, 53 und 54 bezeichnen die Kantone Organe der Strafrechtspflege. |