Urteilskopf

114 IV 63

20. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 22. Januar 1988 i.S. Polizeiamt der Stadt Winterthur gegen B. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 63

BGE 114 IV 63 S. 63

A.- Mit Verfügung vom 30. Oktober 1985 büsste das Polizeiamt der Stadt Winterthur B. gestützt auf Art. 27 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 27 - 1 Signale und Markierungen sowie die Weisungen der Polizei sind zu befolgen. Die Signale und Markierungen gehen den allgemeinen Regeln, die Weisungen der Polizei den allgemeinen Regeln, Signalen und Markierungen vor.
1    Signale und Markierungen sowie die Weisungen der Polizei sind zu befolgen. Die Signale und Markierungen gehen den allgemeinen Regeln, die Weisungen der Polizei den allgemeinen Regeln, Signalen und Markierungen vor.
2    Den Feuerwehr-, Sanitäts-, Polizei- und Zollfahrzeugen ist beim Wahrnehmen der besonderen Warnsignale die Strasse sofort freizugeben. Fahrzeuge sind nötigenfalls anzuhalten.99
SVG und Art. 68 Abs. 1
SR 741.21 Signalisationsverordnung vom 5. September 1979 (SSV)
SSV Art. 68 Art und Bedeutung der Lichtsignale - 1 Lichtsignale gehen den allgemeinen Vortrittsregeln, den Vortrittssignalen und Markierungen vor.180
1    Lichtsignale gehen den allgemeinen Vortrittsregeln, den Vortrittssignalen und Markierungen vor.180
1bis    Rotes Licht bedeutet «Halt». Erscheint im roten Licht ein schwarzer Konturpfeil, gilt das Haltegebot nur für die angezeigte Richtung. Rotes Blinklicht wird nur bei Bahnübergängen verwendet (Art. 93 Abs. 2).181
2    Grünes Licht gibt den Verkehr frei. Abbiegende Fahrzeuge müssen dem Gegenverkehr (Art. 36 Abs. 3 SVG) und den Fussgängern oder Benützern von fahrzeugähnlichen Geräten auf der Querstrasse den Vortritt lassen (Art. 6 Abs. 2 VRV182).183
3    Grüne Pfeile gestatten den Verkehr in der angezeigten Richtung. Blinkt daneben gleichzeitig ein gelbes Licht, müssen abbiegende Fahrzeuge dem Gegenverkehr (Art. 36 Abs. 3 SVG) und den Fussgängern oder Benützern von fahrzeugähnlichen Geräten auf der Querstrasse den Vortritt lassen (Art. 6 Abs. 2 VRV).184
4    Gelbes Licht bedeutet:
a  wenn es auf das grüne Licht folgt: Halt für Fahrzeuge, die noch vor der Verzweigung halten können;
b  wenn es zusammen mit rotem Licht erscheint: Sich für die Weiterfahrt bereithalten und die Freigabe des Verkehrs durch das grüne Licht abwarten.
5    Erscheint im gelben Licht ein schwarzer Konturpfeil, gilt es nur für die angezeigte Richtung.
6    Gelbes Blinklicht (Art. 70 Abs. 1) mahnt den Führer zu besonderer Vorsicht.
7    Lichter mit Fussgängersymbol richten sich an Fussgänger; diese dürfen die Fahrbahn oder den Gleisbereich nur betreten, wenn das Symbol grün aufleuchtet. Beginnt es zu blinken oder erscheint ein gelbes Zwischenlicht oder sofort das rote Licht, müssen die Fussgänger die Fahrbahn oder den Gleisbereich ohne Verzug verlassen.185
8    Lichter mit Fahrradsymbol richten sich an Führer von Fahrrädern und Motorfahrrädern. Für die Bedeutung der Lichter gelten die Absätze 1-4.186
9    Schwarze Pfeile auf weisser Zusatztafel unter Lichtsignalen zeigen an, dass diese nur für die angezeigte Richtung gelten.
SSV (Missachtung eines Rotlichts; Verzugszeit 18,3 Sekunden) mit Fr. 150.--. Auf Begehren um gerichtliche Beurteilung fällte der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirks Winterthur am 25. Juli 1986 im Ordnungsbussenverfahren eine Busse von Fr. 50.-- aus. Die vom Polizeiamt der Stadt Winterthur gegen dieses Urteil eingereichte kantonale Nichtigkeitsbeschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich am 15. Mai 1987 ab.
B.- Das Polizeiamt der Stadt Winterthur führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache sei zwecks Ausfällung einer Busse von Fr. 150.-- im ordentlichen Verfahren an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. Gemäss Art. 2
SR 741.21 Signalisationsverordnung vom 5. September 1979 (SSV)
SSV Art. 68 Art und Bedeutung der Lichtsignale - 1 Lichtsignale gehen den allgemeinen Vortrittsregeln, den Vortrittssignalen und Markierungen vor.180
1    Lichtsignale gehen den allgemeinen Vortrittsregeln, den Vortrittssignalen und Markierungen vor.180
1bis    Rotes Licht bedeutet «Halt». Erscheint im roten Licht ein schwarzer Konturpfeil, gilt das Haltegebot nur für die angezeigte Richtung. Rotes Blinklicht wird nur bei Bahnübergängen verwendet (Art. 93 Abs. 2).181
2    Grünes Licht gibt den Verkehr frei. Abbiegende Fahrzeuge müssen dem Gegenverkehr (Art. 36 Abs. 3 SVG) und den Fussgängern oder Benützern von fahrzeugähnlichen Geräten auf der Querstrasse den Vortritt lassen (Art. 6 Abs. 2 VRV182).183
3    Grüne Pfeile gestatten den Verkehr in der angezeigten Richtung. Blinkt daneben gleichzeitig ein gelbes Licht, müssen abbiegende Fahrzeuge dem Gegenverkehr (Art. 36 Abs. 3 SVG) und den Fussgängern oder Benützern von fahrzeugähnlichen Geräten auf der Querstrasse den Vortritt lassen (Art. 6 Abs. 2 VRV).184
4    Gelbes Licht bedeutet:
a  wenn es auf das grüne Licht folgt: Halt für Fahrzeuge, die noch vor der Verzweigung halten können;
b  wenn es zusammen mit rotem Licht erscheint: Sich für die Weiterfahrt bereithalten und die Freigabe des Verkehrs durch das grüne Licht abwarten.
5    Erscheint im gelben Licht ein schwarzer Konturpfeil, gilt es nur für die angezeigte Richtung.
6    Gelbes Blinklicht (Art. 70 Abs. 1) mahnt den Führer zu besonderer Vorsicht.
7    Lichter mit Fussgängersymbol richten sich an Fussgänger; diese dürfen die Fahrbahn oder den Gleisbereich nur betreten, wenn das Symbol grün aufleuchtet. Beginnt es zu blinken oder erscheint ein gelbes Zwischenlicht oder sofort das rote Licht, müssen die Fussgänger die Fahrbahn oder den Gleisbereich ohne Verzug verlassen.185
8    Lichter mit Fahrradsymbol richten sich an Führer von Fahrrädern und Motorfahrrädern. Für die Bedeutung der Lichter gelten die Absätze 1-4.186
9    Schwarze Pfeile auf weisser Zusatztafel unter Lichtsignalen zeigen an, dass diese nur für die angezeigte Richtung gelten.
des Bundesgesetzes über die Ordnungsbussen (OBG; SR 741.03) ist das Verfahren nach diesem Gesetz unter
BGE 114 IV 63 S. 64

anderem ausgeschlossen bei Widerhandlungen, durch die der Täter Personen gefährdet oder verletzt oder Sachschaden verursacht hat. Das Obergericht gelangte zum Schluss, nur die konkrete Gefährdung von Personen führe zum Ausschluss des Ordnungsbussenverfahrens, während der Beschwerdeführer die Auffassung vertritt, dafür genüge bereits eine erhöhte abstrakte Gefährdung.
3. Dem Wortlaut von Art. 2 lit. a OBG, der Ausgangspunkt der Gesetzesanwendung bildet, lässt sich nicht schlüssig entnehmen, ob das Ordnungsbussenverfahren nur bei konkreter Gefährdung oder bereits bei erhöhter abstrakter Gefährdung von Personen ausgeschlossen sein soll. Die Bestimmung bedarf daher insoweit der Auslegung, die nach dem Sinn vorzunehmen ist, wie er sich aus den ihr zugrunde liegenden Zwecken und Wertungen ergibt (BGE 109 IV 124 E. a mit Hinweisen). Dabei kann sowohl die Entstehungsgeschichte wie der Zusammenhang mit anderen Gesetzesbestimmungen berücksichtigt werden (BGE 111 Ia 297 mit Hinweisen).
Mit der bundesrechtlichen Einführung von Ordnungsbussen im Strassenverkehr wurde die Verfolgung von geringfügigen, aber häufigen Verstössen gegen Verkehrsvorschriften in einem vereinfachten Verfahren angestrebt, welches sich aus praktischen Gründen und unter dem Druck der Tatsachen als notwendig aufdrängte. Wo das zu ahndende Unrecht minim ist, die Schuld nach Art und Intensität wenig Unterschiede aufweist, die Busse im untersten Bereich liegen muss, so dass für irgendwelche Abstufungen nur wenig Raum bleibt, ist auch der Richter gezwungen, auf die Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse und der Vorstrafen des Täters zu verzichten, die Busse nach äusseren Tatmerkmalen routinemässig zu bemessen. Nachdem sich dessen Entscheidung in solchen Fällen praktisch auf einen mechanischen Vorgang reduziert, wurde mit dem Bundesgesetz über die Ordnungsbussen die Konsequenz aus dieser Entwicklung gezogen und die Entscheidung bei Einverständnis des Täters der Polizei übertragen. Es wurde dadurch ferner dem Umstand Beachtung geschenkt, dass die Mehrheit der Kantone, verschiedene Städte, alle Nachbarstaaten der Schweiz und weitere europäische Länder ein ordnungsbussenähnliches Verfahren bereits längst eingeführt hatten. Zu verhindern galt es anderseits aber, dass ernsthafte Verstösse gegen die Verkehrssicherheit der Einfachheit halber durch Ordnungsbusse erledigt und so der richterlichen Beurteilung entzogen werden
BGE 114 IV 63 S. 65

(BBl 1969 I/2 S. 1091, 1092 und 1094). Diese dem Bundesgesetz über die Ordnungsbussen zugrunde liegenden Zwecke und Wertungen lassen eher darauf schliessen, das Ordnungsbussenverfahren solle nicht erst bei konkreter, sondern bereits bei erhöhter abstrakter Gefährdung von Personen nicht zur Anwendung gelangen; schon damit fehlen effektiv jene erwähnten Umstände, die aus praktischen Gründen und unter dem Zwang der Tatsachen zur Einführung des Ordnungsbussenverfahrens Anlass gaben. Nach dem Amtsbericht des Bundesamtes für Polizeiwesen sprach sich die Expertengruppe für Strafrechtsfragen des Strassenverkehrs dafür aus, das Ordnungsbussenverfahren nur bei konkreter Gefährdung von Personen auszuschliessen. Bereits in der bundesrätlichen Botschaft zum Entwurf des Bundesgesetzes über die Ordnungsbussen ist im Zusammenhang mit der vom Bundesrat aufzustellenden Bussenliste die Rede davon, diese dürfe keine groben Verstösse, vor allem keine konkreten Gefährdungen und bei Motorfahrzeugführern keine erhöhten abstrakten Gefährdungen enthalten (BBl 1969 I/2 S. 1094). Damit wird, wenn auch bloss in indirekter Weise, unverkennbar und deutlich zum Ausdruck gebracht, bei Verkehrswiderhandlungen von Motorfahrzeugführern sei in Fällen erhöhter abstrakter Gefährdung keine Ordnungsbusse zu erheben. Ein Abänderungsantrag von Nationalrat Renschler zu Art. 2 lit. a des Entwurfs, mit der "eine schärfere Formulierung dieser Gefährdung" vorgesehen werden sollte durch die Formulierung "... in grober Verletzung der Verkehrsregeln eine ernsthafte Gefährdung von Personen hervorgerufen hat", wurde mit offensichtlichem Mehr zugunsten der Fassung des Bundesrats abgelehnt. Fürsprecher Bühler, Sektionschef der eidgenössischen Polizeiabteilung, bemerkte in diesem Zusammenhang, mit Gefährdung sei die konkrete Gefährdung einer oder mehrerer Personen gemeint, nicht jede abstrakte Gefährdung; viele in der provisorischen Bussenliste enthaltenen Tatbestände schlössen "irgendeine abstrakte Gefährdung in sich" (Protokoll der Sitzung vom 13./14. August 1969 der nationalrätlichen Kommission, S. 20/21). In beiden Räten wurde Art. 2 lit. a des Entwurfs diskussionslos angenommen. Aufgrund der Entstehungsgeschichte ist trotz der klaren Aussage in der Botschaft nicht eindeutig auszumachen, ob das Ordnungsbussenverfahren nur bei konkreter oder auch schon bei erhöhter abstrakter Gefährdung ausgeschlossen sein soll. Andere Bestimmungen des Strassenverkehrsrechts, und zwar früher in Kraft getretene als Art. 2
SR 741.21 Signalisationsverordnung vom 5. September 1979 (SSV)
SSV Art. 68 Art und Bedeutung der Lichtsignale - 1 Lichtsignale gehen den allgemeinen Vortrittsregeln, den Vortrittssignalen und Markierungen vor.180
1    Lichtsignale gehen den allgemeinen Vortrittsregeln, den Vortrittssignalen und Markierungen vor.180
1bis    Rotes Licht bedeutet «Halt». Erscheint im roten Licht ein schwarzer Konturpfeil, gilt das Haltegebot nur für die angezeigte Richtung. Rotes Blinklicht wird nur bei Bahnübergängen verwendet (Art. 93 Abs. 2).181
2    Grünes Licht gibt den Verkehr frei. Abbiegende Fahrzeuge müssen dem Gegenverkehr (Art. 36 Abs. 3 SVG) und den Fussgängern oder Benützern von fahrzeugähnlichen Geräten auf der Querstrasse den Vortritt lassen (Art. 6 Abs. 2 VRV182).183
3    Grüne Pfeile gestatten den Verkehr in der angezeigten Richtung. Blinkt daneben gleichzeitig ein gelbes Licht, müssen abbiegende Fahrzeuge dem Gegenverkehr (Art. 36 Abs. 3 SVG) und den Fussgängern oder Benützern von fahrzeugähnlichen Geräten auf der Querstrasse den Vortritt lassen (Art. 6 Abs. 2 VRV).184
4    Gelbes Licht bedeutet:
a  wenn es auf das grüne Licht folgt: Halt für Fahrzeuge, die noch vor der Verzweigung halten können;
b  wenn es zusammen mit rotem Licht erscheint: Sich für die Weiterfahrt bereithalten und die Freigabe des Verkehrs durch das grüne Licht abwarten.
5    Erscheint im gelben Licht ein schwarzer Konturpfeil, gilt es nur für die angezeigte Richtung.
6    Gelbes Blinklicht (Art. 70 Abs. 1) mahnt den Führer zu besonderer Vorsicht.
7    Lichter mit Fussgängersymbol richten sich an Fussgänger; diese dürfen die Fahrbahn oder den Gleisbereich nur betreten, wenn das Symbol grün aufleuchtet. Beginnt es zu blinken oder erscheint ein gelbes Zwischenlicht oder sofort das rote Licht, müssen die Fussgänger die Fahrbahn oder den Gleisbereich ohne Verzug verlassen.185
8    Lichter mit Fahrradsymbol richten sich an Führer von Fahrrädern und Motorfahrrädern. Für die Bedeutung der Lichter gelten die Absätze 1-4.186
9    Schwarze Pfeile auf weisser Zusatztafel unter Lichtsignalen zeigen an, dass diese nur für die angezeigte Richtung gelten.
OBG, die wie dieser ohne
BGE 114 IV 63 S. 66

nähere Kennzeichnung von einer Gefährdung sprechen, kommen nach ständiger Rechtsprechung bereits bei Vorliegen einer erhöhten abstrakten Gefährdung zur Anwendung. Das trifft auf Art. 90 Ziff. 2
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 90 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer Verkehrsregeln dieses Gesetzes oder der Vollziehungsvorschriften des Bundesrates verletzt.
1    Mit Busse wird bestraft, wer Verkehrsregeln dieses Gesetzes oder der Vollziehungsvorschriften des Bundesrates verletzt.
2    Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer durch grobe Verletzung der Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt.
3    Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu vier Jahren wird bestraft, wer durch vorsätzliche Verletzung elementarer Verkehrsregeln das hohe Risiko eines Unfalls mit Schwerverletzten oder Todesopfern eingeht, namentlich durch besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, waghalsiges Überholen oder Teilnahme an einem nicht bewilligten Rennen mit Motorfahrzeugen.
3bis    Die Mindeststrafe von einem Jahr kann bei Widerhandlungen gemäss Absatz 3 unterschritten werden, wenn ein Strafmilderungsgrund nach Artikel 48 StGB235 vorliegt, insbesondere wenn der Täter aus achtenswerten Beweggründen gehandelt hat.236
3ter    Der Täter kann bei Widerhandlungen gemäss Absatz 3 mit Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren oder Geldstrafe bestraft werden, wenn er nicht innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Tat wegen eines Verbrechens oder Vergehens im Strassenverkehr mit ernstlicher Gefahr für die Sicherheit anderer, respektive mit Verletzung oder Tötung anderer verurteilt wurde.237
4    Eine besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit liegt vor, wenn diese überschritten wird um:
a  mindestens 40 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 30 km/h beträgt;
b  mindestens 50 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 50 km/h beträgt;
c  mindestens 60 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 80 km/h beträgt;
d  mindestens 80 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit mehr als 80 km/h beträgt.238
5    Artikel 237 Ziffer 2 des Strafgesetzbuches239 findet in diesen Fällen keine Anwendung.
SVG zu, nach welchem mit Gefängnis oder Busse bestraft wird, wer durch grobe Verletzung von Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt (BGE 106 IV 49 E. a mit Hinweisen); das gleiche gilt für Art. 16 Abs. 2
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 16 - 1 Ausweise und Bewilligungen sind zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen; sie können entzogen werden, wenn die mit der Erteilung im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen missachtet werden.
1    Ausweise und Bewilligungen sind zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen; sie können entzogen werden, wenn die mit der Erteilung im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen missachtet werden.
2    Nach Widerhandlungen gegen die Strassenverkehrsvorschriften, bei denen das Verfahren nach dem Ordnungsbussengesetz vom 18. März 201659 ausgeschlossen ist, wird der Lernfahr- oder Führerausweis entzogen oder eine Verwarnung ausgesprochen.60
3    Bei der Festsetzung der Dauer des Lernfahr- oder Führerausweisentzugs sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, namentlich die Gefährdung der Verkehrssicherheit, das Verschulden, der Leumund als Motorfahrzeugführer sowie die berufliche Notwendigkeit, ein Motorfahrzeug zu führen. Die Mindestentzugsdauer darf jedoch nicht unterschritten werden, ausser wenn die Strafe nach Artikel 100 Ziffer 4 dritter Satz gemildert wurde.61 62
4    Der Fahrzeugausweis kann auf angemessene Dauer entzogen werden:
a  wenn Ausweis oder Kontrollschilder missbräuchlich verwendet wurden;
b  solange die Verkehrssteuern oder -gebühren für Fahrzeuge desselben Halters nicht entrichtet sind.63
5    Der Fahrzeugausweis wird entzogen, wenn:
a  die gegebenenfalls nach dem Schwerverkehrsabgabegesetz vom 19. Dezember 199764 für das Fahrzeug geschuldete Abgabe oder die geschuldeten Sicherheitsleistungen nicht bezahlt und der Halter erfolglos gemahnt worden ist; oder
b  das Fahrzeug nicht mit dem vorgeschriebenen Erfassungsgerät zur Abgabeerhebung ausgerüstet ist.65
SVG, der den Entzug des Führer- oder Lernfahrausweises zulässt, wenn der Führer Verkehrsregeln verletzt und dadurch den Verkehr gefährdet, sowie für Art. 16 Abs. 3 lit. a
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 16 - 1 Ausweise und Bewilligungen sind zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen; sie können entzogen werden, wenn die mit der Erteilung im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen missachtet werden.
1    Ausweise und Bewilligungen sind zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung nicht oder nicht mehr bestehen; sie können entzogen werden, wenn die mit der Erteilung im Einzelfall verbundenen Beschränkungen oder Auflagen missachtet werden.
2    Nach Widerhandlungen gegen die Strassenverkehrsvorschriften, bei denen das Verfahren nach dem Ordnungsbussengesetz vom 18. März 201659 ausgeschlossen ist, wird der Lernfahr- oder Führerausweis entzogen oder eine Verwarnung ausgesprochen.60
3    Bei der Festsetzung der Dauer des Lernfahr- oder Führerausweisentzugs sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, namentlich die Gefährdung der Verkehrssicherheit, das Verschulden, der Leumund als Motorfahrzeugführer sowie die berufliche Notwendigkeit, ein Motorfahrzeug zu führen. Die Mindestentzugsdauer darf jedoch nicht unterschritten werden, ausser wenn die Strafe nach Artikel 100 Ziffer 4 dritter Satz gemildert wurde.61 62
4    Der Fahrzeugausweis kann auf angemessene Dauer entzogen werden:
a  wenn Ausweis oder Kontrollschilder missbräuchlich verwendet wurden;
b  solange die Verkehrssteuern oder -gebühren für Fahrzeuge desselben Halters nicht entrichtet sind.63
5    Der Fahrzeugausweis wird entzogen, wenn:
a  die gegebenenfalls nach dem Schwerverkehrsabgabegesetz vom 19. Dezember 199764 für das Fahrzeug geschuldete Abgabe oder die geschuldeten Sicherheitsleistungen nicht bezahlt und der Halter erfolglos gemahnt worden ist; oder
b  das Fahrzeug nicht mit dem vorgeschriebenen Erfassungsgerät zur Abgabeerhebung ausgerüstet ist.65
SVG, der den Führer- oder Lernfahrausweis zu entziehen vorschreibt, wenn der Führer den Verkehr in schwerer Weise gefährdet hat (BGE 105 Ib 257 E. b mit Hinweisen). Im Zusammenhang mit diesen anderen Bestimmungen des Strassenverkehrsrechts betrachtet, muss im Interesse einheitlicher Auslegung gleichartiger Bestimmungen Art. 2 lit. a OBG dahin verstanden werden, dass bereits bei Vorliegen einer erhöhten abstrakten Gefahr für Personen das Ordnungsbussenverfahren ausgeschlossen sei. Zu diesem Ergebnis muss auch eine gesamthafte Würdigung der Einzelelemente der Auslegung führen, nachdem insbesondere die dem Bundesgesetz über die Ordnungsbussen zugrunde liegenden Zwecke und Wertungen deutlich in diese Richtung weisen und der Vergleich mit anderen Bestimmungen des Strassenverkehrsrechts diesen Schluss unverkennbar nahelegt. Der Hinweis des Obergerichts, in die Bussenliste seien im vornherein keine Tatbestände aufgenommen worden, welche eine erhöhte abstrakte Gefährdung zu bewirken geeignet seien, weshalb das Ordnungsbussenverfahren einzig bei konkreter Gefährdung von Personen keine Anwendung finde, erweist sich demzufolge als unrichtig. Ob eine konkrete, eine erhöhte abstrakte oder eine nur abstrakte Gefahr geschaffen werde, hängt nicht von der übertretenen Verkehrsregel, sondern von der Situation ab, in welcher die Übertretung geschieht (BBl 1969 I/2 S. 1096; vgl. SCHULTZ, Die Strafbestimmungen des Bundesgesetzes über den Strassenverkehr, S. 166/67). Der Vorbehalt von Art. 2 lit. a OBG aber zeigt gerade, wenn er nicht im vornherein bedeutungslos sein soll, dass die in der Bussenliste aufgezählten Verkehrswiderhandlungen je nach der konkreten Situation zu abstrakter, erhöhter abstrakter oder konkreter Gefährdung von Personen führen können. Inwiefern in dessen Anwendungsbereich Motorfahrzeugführer hinsichtlich des Gefährdungsgrades grundsätzlich anders behandelt werden müssten als die übrigen Verkehrsteilnehmer,
BGE 114 IV 63 S. 67

die eine in der Bussenliste genannte Verkehrswiderhandlung begehen, ist nicht einzusehen und selbst mittels Auslegung dem Gesetz nicht zu entnehmen; das Ordnungsbussenverfahren ist daher bei erhöhter abstrakter Gefährdung nicht nur für Motorfahrzeugführer (BBl 1969 I/2 S. 1094), sondern generell ausgeschlossen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 114 IV 63
Date : 22. Januar 1988
Published : 31. Dezember 1988
Source : Bundesgericht
Status : 114 IV 63
Subject area : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Subject : Art. 2 lit. a OBG (SR 741.03); Art. 27 Abs. 1 SVG. Das Ordnungsbussenverfahren ist nicht nur bei konkreter, sondern bereits


Legislation register
OBG: 2
SSV: 68
SVG: 16  27  90
BGE-register
105-IB-255 • 106-IV-48 • 109-IV-121 • 111-IA-292 • 114-IV-63
Keyword index
Sorted by frequency or alphabet
forfeit • federal council of switzerland • decision • pressure • road traffic act • administrative fine law • traffic system • need • driver • judicial agency • language • criminal matter • district • national council • federal court • court of cassation • corn • due process of law • infringement of traffic regulations • lower instance
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