BGE-114-IV-36
Urteilskopf
114 IV 36
13. Urteil des Kassationshofes vom 10. Juni 1988 in Sachen X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):
- Art. 305
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 305 - 1 Wer jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug einer der in den Artikeln 59-61, 63 und 64 vorgesehenen Massnahmen entzieht,419 wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
- Begünstigung durch Beherbergen einer polizeilich gesuchten Person für die Dauer einer Nacht.
Regeste (fr):
- Art. 305 CP; entrave à l'action pénale.
- Entrave à l'action pénale réalisée par le fait d'héberger pour une nuit une personne recherchée par la police.
Regesto (it):
- Art. 305 CP; favoreggiamento.
- Favoreggiamento commesso per il fatto di alloggiare per una notte una persona ricercata dalla polizia.
Sachverhalt ab Seite 37
BGE 114 IV 36 S. 37
A.- X. machte zusammen mit seiner Ehefrau anlässlich eines Ferienaufenthalts in Paris im Frühjahr 1985 die Bekanntschaft mit S. und dessen Freundin R. Zu einem späteren Zeitpunkt im Verlaufe des Jahres 1985 übergab er S. auf dessen Bitten darlehensweise Fr. 1'000.-- als Startkapital für ein neues Geschäft, obschon er vermutete, dass er das Geld nicht zurückerhalten werde. Anfang Dezember 1986 meldete sich S. wieder bei X. Er teilte ihm mit, dass seine Freundin für längere Zeit nach Amerika verreist sei und er daher keine Bleibe mehr habe. X. nahm S. in sein Einfamilienhaus in Z. auf, das er zusammen mit seiner Ehefrau und seinen zwei Kindern bewohnte. Am 1. Februar 1987 setzte er S. vor die Tür, nachdem in seinem Haus eine tätliche Auseinandersetzung zwischen S. und dessen Freundin, die inzwischen aus Amerika zurückgekehrt war, stattgefunden hatte. Am 4. Februar 1987 erstattete X. Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Diebstahls von Silbermünzen und 2'000 Franken Bargeld etc., wobei er in der Folge S. als möglichen Täter bezeichnete. Im Rahmen der Ermittlungen wurde bei der Durchsicht des schweizerischen Fahndungsregisters festgestellt, dass S. steckbrieflich gesucht wurde und zur Verhaftung ausgeschrieben war. Dies wurde X. noch am 4. Februar 1987 mitgeteilt. X. machte sich daraufhin sofort auf die Suche nach S. und fand diesen in Begleitung seiner Freundin am späten Abend des 4. Februar 1987 in einem Restaurant in Richterswil. S. wusste nicht, wo er die Nacht verbringen sollte, da seine Freundin ihn nicht in ihrer Wohnung übernachten lassen wollte. X. gewährte S. daher auf dessen Bitten hin für die Dauer einer Nacht in seinem Haus Unterkunft, nachdem er ihn erfolglos aufgefordert hatte, sich der Polizei zu stellen. Am nächsten Morgen verliess S. das Haus um 6.45 Uhr, noch bevor ein Mitglied der Familie X. aufgestanden war. S. konnte am 6. Februar 1987 aufgrund eines anonymen Hinweises in einem Restaurant in Wädenswil verhaftet werden.
B.- Das Bezirksgericht Höfe verurteilte X. am 23. November 1987 wegen Begünstigung zu einer Gefängnisstrafe von 5 Tagen, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von 2 Jahren. Das Kantonsgericht des Kantons Schwyz bestätigte am 15. März 1988 im Berufungsverfahren den Schuldspruch und reduzierte die Strafe
BGE 114 IV 36 S. 38
auf 3 Tage Gefängnis, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von 2 Jahren.
C.- Der Verurteilte führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid des Kantonsgerichts des Kantons Schwyz vom 15. März 1988 sei aufzuheben und die Sache sei zu seiner Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Wer jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug einer der in Art. 42

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33 |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 44 - 1 Schiebt das Gericht den Vollzug einer Strafe ganz oder teilweise auf, so bestimmt es dem Verurteilten eine Probezeit von zwei bis fünf Jahren. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 44 - 1 Schiebt das Gericht den Vollzug einer Strafe ganz oder teilweise auf, so bestimmt es dem Verurteilten eine Probezeit von zwei bis fünf Jahren. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 305 - 1 Wer jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug einer der in den Artikeln 59-61, 63 und 64 vorgesehenen Massnahmen entzieht,419 wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 305 - 1 Wer jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug einer der in den Artikeln 59-61, 63 und 64 vorgesehenen Massnahmen entzieht,419 wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 305 - 1 Wer jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug einer der in den Artikeln 59-61, 63 und 64 vorgesehenen Massnahmen entzieht,419 wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
BGE 114 IV 36 S. 39
verneinen. Seines Erachtens ist angesichts der Tatsachen, dass S. sich bereits seit Monaten auf der Flucht befand, zweimal unbehelligt die Landesgrenze überschritt, sich seit längerer Zeit im Raum Ausserschwyz/linkes Zürichseeufer aufhielt, sowie unter Berücksichtigung der Umstände, dass die Polizei nachts lediglich einen Bereitschaftsdienst für Notfälle unterhält und wegen der Kälte naturgemäss nur wenige Personen unterwegs waren, durch die Gewährung von Unterkunft für 6 bis 7 Nachtstunden die Wahrscheinlichkeit, dass S. von der Polizei gefunden werde, nur unwesentlich reduziert worden.
b) Diese Ausführungen des Beschwerdeführers geben keinen Anlass zur Änderung der im Urteil des Kassationshofes vom 6. November 1987 in Sachen M. wiedergegebenen Rechtsprechung. Nach der in BJM 1988 S. 95 ff. nicht veröffentlichten Erwägung 5a dieses Entscheides ist es in vielen Fällen schwierig und oft unmöglich abzuschätzen, was geschehen wäre, wenn die Tathandlung unterblieben wäre. Zur Bejahung des objektiven Tatbestandes der Begünstigung reicht es aus, dass die Tathandlung geeignet ist, den Flüchtigen für eine gewisse Zeit der Strafverfolgung oder dem Strafvollzug zu entziehen. Es ist nicht erforderlich, dass diese Folge tatsächlich eintrat, sondern es genügt eine diesbezügliche Gefahr. Andernfalls wäre der Anwendungsbereich von Art. 305

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 305 - 1 Wer jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug einer der in den Artikeln 59-61, 63 und 64 vorgesehenen Massnahmen entzieht,419 wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 305 - 1 Wer jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug einer der in den Artikeln 59-61, 63 und 64 vorgesehenen Massnahmen entzieht,419 wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2. a) Der Beschwerdeführer wusste unbestrittenermassen, dass S. polizeilich gesucht wurde. Ihm war sodann, wie jedermann, bekannt, dass das Beherbergen einer flüchtigen Person in einer Privatwohnung für die Dauer einer Nacht seiner Natur nach geeignet ist, den behördlichen Zugriff auf die gesuchte Person zu erschweren
BGE 114 IV 36 S. 40
bzw. zeitlich zu verzögern. Damit ist der Vorsatz gegeben. Da der tatsächliche Eintritt jenes Erfolges nach dem Gesagten zur Erfüllung des objektiven Tatbestandes von Art. 305

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 305 - 1 Wer jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug einer der in den Artikeln 59-61, 63 und 64 vorgesehenen Massnahmen entzieht,419 wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 305 - 1 Wer jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug einer der in den Artikeln 59-61, 63 und 64 vorgesehenen Massnahmen entzieht,419 wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 305 - 1 Wer jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug einer der in den Artikeln 59-61, 63 und 64 vorgesehenen Massnahmen entzieht,419 wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 305 - 1 Wer jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug einer der in den Artikeln 59-61, 63 und 64 vorgesehenen Massnahmen entzieht,419 wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 34 - 1 Bestimmt es das Gesetz nicht anders, so beträgt die Geldstrafe mindestens drei und höchstens 180 Tagessätze.24 Das Gericht bestimmt deren Zahl nach dem Verschulden des Täters. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 64 - 1 Das Gericht ordnet die Verwahrung an, wenn der Täter einen Mord, eine vorsätzliche Tötung, eine schwere Körperverletzung, eine Vergewaltigung, einen Raub, eine Geiselnahme, eine Brandstiftung, eine Gefährdung des Lebens oder eine andere mit einer Höchststrafe von fünf oder mehr Jahren bedrohte Tat begangen hat, durch die er die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer andern Person schwer beeinträchtigt hat oder beeinträchtigen wollte, und wenn:59 |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn: |
BGE 114 IV 36 S. 41
dadurch berücksichtigt, dass sie die Mindeststrafe von 3 Tagen Gefängnis (Art. 305 Abs. 1

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 305 - 1 Wer jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug einer der in den Artikeln 59-61, 63 und 64 vorgesehenen Massnahmen entzieht,419 wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 36 - 1 Soweit der Verurteilte die Geldstrafe nicht bezahlt und sie auf dem Betreibungsweg (Art. 35 Abs. 3) uneinbringlich ist, tritt an die Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe. Ein Tagessatz entspricht einem Tag Freiheitsstrafe. Die Ersatzfreiheitsstrafe entfällt, soweit die Geldstrafe nachträglich bezahlt wird. |
Gesetzesregister
BStP 273BStP 277 bis
StGB 34
StGB 36
StGB 42
StGB 44
StGB 63
StGB 64
StGB 100 bis
StGB 305
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 34 - 1 Bestimmt es das Gesetz nicht anders, so beträgt die Geldstrafe mindestens drei und höchstens 180 Tagessätze.24 Das Gericht bestimmt deren Zahl nach dem Verschulden des Täters. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 36 - 1 Soweit der Verurteilte die Geldstrafe nicht bezahlt und sie auf dem Betreibungsweg (Art. 35 Abs. 3) uneinbringlich ist, tritt an die Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe. Ein Tagessatz entspricht einem Tag Freiheitsstrafe. Die Ersatzfreiheitsstrafe entfällt, soweit die Geldstrafe nachträglich bezahlt wird. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 42 - 1 Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten.33 |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 44 - 1 Schiebt das Gericht den Vollzug einer Strafe ganz oder teilweise auf, so bestimmt es dem Verurteilten eine Probezeit von zwei bis fünf Jahren. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn: |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 64 - 1 Das Gericht ordnet die Verwahrung an, wenn der Täter einen Mord, eine vorsätzliche Tötung, eine schwere Körperverletzung, eine Vergewaltigung, einen Raub, eine Geiselnahme, eine Brandstiftung, eine Gefährdung des Lebens oder eine andere mit einer Höchststrafe von fünf oder mehr Jahren bedrohte Tat begangen hat, durch die er die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer andern Person schwer beeinträchtigt hat oder beeinträchtigen wollte, und wenn:59 |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 305 - 1 Wer jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug einer der in den Artikeln 59-61, 63 und 64 vorgesehenen Massnahmen entzieht,419 wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
BGE Register
BJM
1988 S.951988 S.96