114 II 418
80. Urteil der II. Zivilabteilung vom 1. Dezember 1988 i.S. X. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):
- Teilung der Erbschaft; Mitwirkung der Behörde (Art. 609 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 609 - 1 Auf Verlangen eines Gläubigers, der den Anspruch eines Erben auf eine angefallene Erbschaft erworben oder gepfändet hat, oder der gegen ihn Verlustscheine besitzt, hat die Behörde an Stelle dieses Erben bei der Teilung mitzuwirken.
1 Auf Verlangen eines Gläubigers, der den Anspruch eines Erben auf eine angefallene Erbschaft erworben oder gepfändet hat, oder der gegen ihn Verlustscheine besitzt, hat die Behörde an Stelle dieses Erben bei der Teilung mitzuwirken. 2 Dem kantonalen Recht bleibt es vorbehalten, noch für weitere Fälle eine amtliche Mitwirkung bei der Teilung vorzusehen. - Der Art. 86 des appenzell-ausserrhodischen Gesetzes vom 27. April 1969 über die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches ist insofern mit dem im Zivilgesetzbuch verankerten Grundsatz der freien vertraglichen Erbteilung, insbesondere mit Art. 634 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 634 - 1 Die Teilung wird für die Erben verbindlich mit der Aufstellung und Entgegennahme der Lose oder mit dem Abschluss des Teilungsvertrages.
1 Die Teilung wird für die Erben verbindlich mit der Aufstellung und Entgegennahme der Lose oder mit dem Abschluss des Teilungsvertrages. 2 Der Teilungsvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der schriftlichen Form.
Regeste (fr):
- Partage successoral; concours de l'autorité (art. 609 al. 2 CC).
- L'art. 86 de la loi du canton d'Appenzell Rhodes-Extérieures du 27 avril 1969 sur l'application du Code civil suisse n'est pas compatible avec le principe du libre partage contractuel, ancré dans le Code civil, en particulier avec l'art. 634 al. 1 CC, dans la mesure où il prévoit que tout partage doit avoir lieu sous la surveillance et avec le concours de la commission de partage.
Regesto (it):
- Divisione ereditaria; intervento dell'autorità (art. 609 cpv. 2 CC).
- L'art. 86 della legge del cantone di Appenzello Esterno del 27 aprile 1969 sull'applicazione del codice civile svizzero è incompatibile con il principio della libera divisione contrattuale stabilito nel codice civile, in particolare con l'art. 634 cpv. 1 CC, nella misura in cui prevede che ogni divisione deve aver luogo sotto la vigilanza e con il concorso della commissione di divisione.
Sachverhalt ab Seite 418
BGE 114 II 418 S. 418
Der am 14. Juni 1986 verstorbene A. hatte Rechtsanwalt X. zu seinem Willensvollstrecker eingesetzt. Dieser hat den Auftrag angenommen. Mit Schreiben vom 17. Juli 1986 forderte die Gemeindekanzlei Z. Rechtsanwalt X. unter anderem auf, nach erfolgter Erbteilung zwei Exemplare des Teilungsvertrages "zur Genehmigung und Berechnung der Erbschaftssteuern" einzureichen. Rechtsanwalt X. stellte sich auf den Standpunkt, die Einsetzung eines Willensvollstreckers schliesse die Mitwirkung der Teilungsbehörde aus. In einer formellen Verfügung vom 6. November 1987 bestätigte hierauf die Erbteilungskommission Z. die Aufforderung
BGE 114 II 418 S. 419
vom 17. Juli 1986. Den von Rechtsanwalt X. hiergegen erhobenen Rekurs wies der Regierungsrat von Appenzell A.Rh. durch Beschluss vom 9. August 1988 ab. Mit Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht stellt Rechtsanwalt X. das Begehren, er sei in Aufhebung des regierungsrätlichen Entscheids von der Verpflichtung zur Einreichung des Teilungsvertrages zu befreien.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Seinen Entscheid stützt der Regierungsrat auf Art. 86 des appenzell-ausserrhodischen Gesetzes vom 27. April 1969 über die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, wonach jede Erbteilung unter der Aufsicht und Mitwirkung der Erbteilungskommission stattfindet. Er ist der Ansicht, dass der Erbteilungsvertrag auch bei Einsetzung eines Willensvollstreckers zur Genehmigung einzureichen sei. Bei Erlass des Einführungsgesetzes sei der mögliche Konflikt mit dem im Schweizerischen Zivilgesetzbuch niedergelegten Grundsatz der freien vertraglichen Erbteilung erkannt worden; dennoch habe man aber am Obligatorium der amtlichen Teilung festgehalten. Der Regierungsrat weist auf die guten Erfahrungen hin, die mit dem alten Recht, das Erbschaftsprozesse zur Seltenheit habe werden lassen, gemacht worden seien. Im übrigen ist die kantonale Instanz der Auffassung, aus Lehre und Rechtsprechung ergebe sich nicht eindeutig, dass Art. 86 EGzZGB bundesrechtswidrig sei. Der Umstand, dass das Einführungsgesetz von 1969 vom Bundesrat genehmigt worden sei, spreche gegen eine Bundesrechtswidrigkeit. Unter den gegebenen Umständen sei der klare Wortlaut des kantonalen Rechts vorzuziehen und die klare, seit Jahrzehnten unangefochtene Praxis der ausserrhodischen Erbteilungskommissionen zu schützen.
2. a) Das Zivilgesetzbuch wird vom Grundsatz der freien vertraglichen Erbteilung beherrscht (vgl. Art. 607 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 607 - 1 Gesetzliche Erben haben sowohl unter sich als mit eingesetzten Erben nach den gleichen Grundsätzen zu teilen. |
|
1 | Gesetzliche Erben haben sowohl unter sich als mit eingesetzten Erben nach den gleichen Grundsätzen zu teilen. |
2 | Sie können, wo es nicht anders angeordnet ist, die Teilung frei vereinbaren. |
3 | Miterben, die sich im Besitze von Erbschaftssachen befinden oder Schuldner des Erblassers sind, haben hierüber bei der Teilung genauen Aufschluss zu geben. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 634 - 1 Die Teilung wird für die Erben verbindlich mit der Aufstellung und Entgegennahme der Lose oder mit dem Abschluss des Teilungsvertrages. |
|
1 | Die Teilung wird für die Erben verbindlich mit der Aufstellung und Entgegennahme der Lose oder mit dem Abschluss des Teilungsvertrages. |
2 | Der Teilungsvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der schriftlichen Form. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 609 - 1 Auf Verlangen eines Gläubigers, der den Anspruch eines Erben auf eine angefallene Erbschaft erworben oder gepfändet hat, oder der gegen ihn Verlustscheine besitzt, hat die Behörde an Stelle dieses Erben bei der Teilung mitzuwirken. |
|
1 | Auf Verlangen eines Gläubigers, der den Anspruch eines Erben auf eine angefallene Erbschaft erworben oder gepfändet hat, oder der gegen ihn Verlustscheine besitzt, hat die Behörde an Stelle dieses Erben bei der Teilung mitzuwirken. |
2 | Dem kantonalen Recht bleibt es vorbehalten, noch für weitere Fälle eine amtliche Mitwirkung bei der Teilung vorzusehen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 609 - 1 Auf Verlangen eines Gläubigers, der den Anspruch eines Erben auf eine angefallene Erbschaft erworben oder gepfändet hat, oder der gegen ihn Verlustscheine besitzt, hat die Behörde an Stelle dieses Erben bei der Teilung mitzuwirken. |
|
1 | Auf Verlangen eines Gläubigers, der den Anspruch eines Erben auf eine angefallene Erbschaft erworben oder gepfändet hat, oder der gegen ihn Verlustscheine besitzt, hat die Behörde an Stelle dieses Erben bei der Teilung mitzuwirken. |
2 | Dem kantonalen Recht bleibt es vorbehalten, noch für weitere Fälle eine amtliche Mitwirkung bei der Teilung vorzusehen. |
BGE 114 II 418 S. 420
b) Die amtliche Mitwirkung nach kantonalem Recht besteht im wesentlichen darin, das Teilungsverfahren zu leiten und den Entwurf eines Teilungsvertrages vorzulegen. Anlass für das behördliche Eingreifen kann etwa sein, dass ein Erbe einen entsprechenden Antrag stellt oder handlungsunfähig oder unbekannten Aufenthalts ist (wobei in den beiden letzten Fällen vormundschaftliche Massnahmen zu treffen sind). Die kantonalen Vorschriften betreffend die amtliche Mitwirkung bei der Erbteilung dürfen das das Zivilgesetzbuch beherrschende Prinzip der freien privaten Teilung nicht beeinträchtigen. Namentlich ist es unzulässig, die Verbindlichkeit eines von allen Erben angenommenen und unterzeichneten Teilungsvertrages von der Genehmigung durch die Teilungsbehörde abhängig zu machen (vgl. BGE 62 II 130 E. 1; BGE 60 II 22; BGE 51 II 488 ff., insbesondere 492; ESCHER, N. 1 ff. und 22 f. zu Art. 609
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 609 - 1 Auf Verlangen eines Gläubigers, der den Anspruch eines Erben auf eine angefallene Erbschaft erworben oder gepfändet hat, oder der gegen ihn Verlustscheine besitzt, hat die Behörde an Stelle dieses Erben bei der Teilung mitzuwirken. |
|
1 | Auf Verlangen eines Gläubigers, der den Anspruch eines Erben auf eine angefallene Erbschaft erworben oder gepfändet hat, oder der gegen ihn Verlustscheine besitzt, hat die Behörde an Stelle dieses Erben bei der Teilung mitzuwirken. |
2 | Dem kantonalen Recht bleibt es vorbehalten, noch für weitere Fälle eine amtliche Mitwirkung bei der Teilung vorzusehen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 609 - 1 Auf Verlangen eines Gläubigers, der den Anspruch eines Erben auf eine angefallene Erbschaft erworben oder gepfändet hat, oder der gegen ihn Verlustscheine besitzt, hat die Behörde an Stelle dieses Erben bei der Teilung mitzuwirken. |
|
1 | Auf Verlangen eines Gläubigers, der den Anspruch eines Erben auf eine angefallene Erbschaft erworben oder gepfändet hat, oder der gegen ihn Verlustscheine besitzt, hat die Behörde an Stelle dieses Erben bei der Teilung mitzuwirken. |
2 | Dem kantonalen Recht bleibt es vorbehalten, noch für weitere Fälle eine amtliche Mitwirkung bei der Teilung vorzusehen. |
3. a) Die allgemeine Genehmigungspflicht, wie sie das Einführungsgesetz zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch von Appenzell A.Rh. vorsieht, ist mit Art. 634 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 634 - 1 Die Teilung wird für die Erben verbindlich mit der Aufstellung und Entgegennahme der Lose oder mit dem Abschluss des Teilungsvertrages. |
|
1 | Die Teilung wird für die Erben verbindlich mit der Aufstellung und Entgegennahme der Lose oder mit dem Abschluss des Teilungsvertrages. |
2 | Der Teilungsvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der schriftlichen Form. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 518 - 1 Die Willensvollstrecker stehen, soweit der Erblasser nichts anderes verfügt, in den Rechten und Pflichten des amtlichen Erbschaftsverwalters. |
|
1 | Die Willensvollstrecker stehen, soweit der Erblasser nichts anderes verfügt, in den Rechten und Pflichten des amtlichen Erbschaftsverwalters. |
2 | Sie haben den Willen des Erblassers zu vertreten und gelten insbesondere als beauftragt, die Erbschaft zu verwalten, die Schulden des Erblassers zu bezahlen, die Vermächtnisse auszurichten und die Teilung nach den vom Erblasser getroffenen Anordnungen oder nach Vorschrift des Gesetzes auszuführen. |
3 | Sind mehrere Willensvollstrecker bestellt, so stehen ihnen diese Befugnisse unter Vorbehalt einer anderen Anordnung des Erblassers gemeinsam zu. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 609 - 1 Auf Verlangen eines Gläubigers, der den Anspruch eines Erben auf eine angefallene Erbschaft erworben oder gepfändet hat, oder der gegen ihn Verlustscheine besitzt, hat die Behörde an Stelle dieses Erben bei der Teilung mitzuwirken. |
|
1 | Auf Verlangen eines Gläubigers, der den Anspruch eines Erben auf eine angefallene Erbschaft erworben oder gepfändet hat, oder der gegen ihn Verlustscheine besitzt, hat die Behörde an Stelle dieses Erben bei der Teilung mitzuwirken. |
2 | Dem kantonalen Recht bleibt es vorbehalten, noch für weitere Fälle eine amtliche Mitwirkung bei der Teilung vorzusehen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 609 - 1 Auf Verlangen eines Gläubigers, der den Anspruch eines Erben auf eine angefallene Erbschaft erworben oder gepfändet hat, oder der gegen ihn Verlustscheine besitzt, hat die Behörde an Stelle dieses Erben bei der Teilung mitzuwirken. |
|
1 | Auf Verlangen eines Gläubigers, der den Anspruch eines Erben auf eine angefallene Erbschaft erworben oder gepfändet hat, oder der gegen ihn Verlustscheine besitzt, hat die Behörde an Stelle dieses Erben bei der Teilung mitzuwirken. |
2 | Dem kantonalen Recht bleibt es vorbehalten, noch für weitere Fälle eine amtliche Mitwirkung bei der Teilung vorzusehen. |