113 III 20
7. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 15. Januar 1987 i.S. Gautschi und Gautschi gegen Noldin, Einzelrichter im beschleunigten Verfahren am Bezirksgericht Zürich und Obergericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Abtretung von Rechtsansprüchen der Masse (Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet. 2 Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern. 3 Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.465 - Die Abtretung eines Rechtsanspruchs der Masse an einen Konkursgläubiger fällt mit dessen vollständiger Befriedigung nicht von selbst dahin. Solange die Abtretungsverfügung nicht widerrufen worden ist, bleibt der Abtretungsgläubiger zur Verfolgung des abgetretenen Anspruchs legitimiert.
Regeste (fr):
- Cession de prétentions de la masse (art. 260 LP).
- La cession d'une prétention de la masse à un créancier ne tombe pas automatiquement dès que celui-ci a été complètement désintéressé. Tant que l'ordonnance de cession n'a pas été révoquée, le créancier cessionnaire demeure en droit de poursuivre le recouvrement de la créance cédée.
Regesto (it):
- Cessione di pretese della massa (art. 260 LEF).
- La cessione di una pretesa della massa a un creditore non viene automaticamente meno al momento in cui quest'ultimo è stato integralmente soddisfatto. Sino a che la decisione con cui è stata disposta la cessione non sia stata revocata, il creditore resta legittimato ad agire per ottenere il pagamento del credito ceduto.
Sachverhalt ab Seite 20
BGE 113 III 20 S. 20
Im Konkurs über die Paul Gautschi AG wurde die Konkursmasse Autopark AG mit einer Forderung von Fr. 3'537'417.50 in der 5. Klasse kolloziert. Mit Kollokationsklage vom 4. September 1984 verlangten Max und Yvon Gautschi beim Einzelrichter im beschleunigten Verfahren am Bezirksgericht Zürich die Wegweisung dieser Forderung. Am 26. April 1985 teilte die Konkursverwaltung der Autopark AG dem Einzelrichter mit, dass die Gläubiger in deren Konkurs am 25. September 1984 auf die Geltendmachung des streitigen Anspruchs verzichtet hätten und dass dieser im Sinne von Art. 260
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SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet. |
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1 | Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet. |
2 | Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern. |
3 | Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.465 |
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 113 III 20 S. 21
Max und Yvon Gautschi die Aufhebung der Entscheide des Obergerichts und des Einzelrichters. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. In seiner Nichtigkeitsbeschwerde hatte auch Max Gautschi die Passivlegitimation der Beschwerdegegnerin bestritten, mit der Begründung, diese könne unmöglich Abtretungsgläubigerin sein, da sie gemäss der provisorischen Verteilungsliste im Konkurs der Autopark AG vom 10. Januar 1986 vollständig befriedigt worden sei. Das Obergericht hat dazu ausgeführt, dass eine Gutheissung der Klage im Prozess gegen die Beschwerdegegnerin nicht möglich gewesen wäre, wenn deren Passivlegitimation zu verneinen gewesen wäre. Mit der Abweisung der Klage sei der Beschwerdeführer demzufolge nicht schlechter gestellt, als wenn die Passivlegitimation der Beschwerdegegnerin verneint worden wäre, weshalb es an einem Nachteil im Sinne von § 281 ZPO ZH fehle. Es erübrige sich deshalb, näher darzulegen, dass die Bejahung der Passivlegitimation der Beschwerdegegnerin nicht an einem Nichtigkeitsgrund gelitten habe, solange die Verteilungsliste - ungeachtet ihres Inhaltes - jedenfalls eine erst provisorische gewesen sei. Die Hauptbegründung des Obergerichts ist fragwürdig. Die Beschwerdeführer weisen zu Recht darauf hin, dass die Klage im Falle der Verneinung der Passivlegitimation der Beschwerdegegnerin gegen die ursprüngliche Beklagte, die Konkursmasse Autopark AG, hätte gutgeheissen werden müssen, nachdem diese auf die Geltendmachung des streitigen Anspruchs verzichtet und damit die Kollokationsklage - unter Vorbehalt der Abtretung an die Gläubiger - sinngemäss anerkannt hatte. Seinen Eventualstandpunkt hat das Obergericht anderseits nicht näher begründet. Wie es sich mit der Tragweite der provisorischen Verteilungsliste verhält, kann indessen dahingestellt bleiben, da die Bejahung der Passivlegitimation der Beschwerdegegnerin jedenfalls im Ergebnis nicht willkürlich ist. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer trifft es nämlich nicht zu, dass die Abtretung eines Rechtsanspruchs der Masse an einen Konkursgläubiger mit dessen vollständiger Befriedigung von selbst dahinfiele. Zwar setzt die Abtretung gemäss Art. 260
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SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet. |
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1 | Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet. |
2 | Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern. |
3 | Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.465 |
BGE 113 III 20 S. 22
zur weiteren Verfolgung des abgetretenen Rechtsanspruchs der Masse, wenn im Kollokationsprozess festgestellt wird, dass eine Konkursforderung gar nie bestanden hat, oder wenn der Gläubiger nachträglich auf seine Forderung verzichtet (BGE 109 III 27 ff.). Im vorliegenden Fall ist aber nie behauptet worden, die Beschwerdegegnerin sei im Konkurs der Autopark AG nicht mehr kolloziert. Sie hat daher ihre Eigenschaft als Gläubigerin in diesem Konkurs nicht verloren, selbst wenn sie durch die provisorische Verteilung voll befriedigt worden sein sollte. Dazu kommt, dass es sich bei der Abtretung von Rechtsansprüchen der Masse um eine besondere Art der Aktivenverwertung handelt, die für den Fall vorgesehen ist, dass die Gesamtheit der Gläubiger auf die Realisierung verzichtet, und die der Verbesserung des Konkurserlöses dient (BGE BGE 111 II 85, BGE 103 III 50). Die Besonderheit dieser Verwertungsart besteht darin, dass das Verwertungsergebnis in erster Linie den das Risiko der Prozessführung übernehmenden Konkursgläubigern zukommt und die Masse nur den Überschuss erhält. Ist ein Abtretungsgläubiger bereits anderweitig befriedigt worden, so hat dies daher nur zur Folge, dass er der Masse den gesamten Prozessgewinn abliefern muss. Die allfällige Befriedigung des Abtretungsgläubigers hat somit nur einen Einfluss auf die Verteilung. Dabei handelt es sich jedoch um eine interne Angelegenheit des Konkursverfahrens, die den Prozessgegner des Abtretungsgläubigers nichts angeht. Mit der Vorlegung der Bestätigung der Konkursverwaltung, wonach ihr der streitige Anspruch abgetreten worden sei, hat sich die Beschwerdegegnerin im vorliegenden Prozess hinreichend legitimiert. Der Richter ist nicht befugt, die Abtretungsverfügung auf ihre Gültigkeit hin zu überprüfen (BGE 111 II 85); er hat sich vielmehr daran zu halten, solange sie nicht von der Konkursverwaltung oder auf Beschwerde hin von der Aufsichtsbehörde widerrufen worden ist. Dass ein Widerruf der Abtretung an die Beschwerdegegnerin erfolgt sei, behaupten die Beschwerdeführer nicht. Im übrigen hat die Beschwerdegegnerin zumindest insoweit auch ein eigenes Interesse am Ausgang des Prozesses, als sie das Ergebnis zur Deckung der Prozesskosten verwenden kann (Art. 260 Abs. 2
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SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet. |
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1 | Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet. |
2 | Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern. |
3 | Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.465 |