113 II 59
11. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 24. Februar 1987 i.S. R. gegen A. AG (Berufung)
Regeste (de):
- Art. 218 ff. OR. Sperrfrist für landwirtschaftliche Grundstücke.
- 1. Ungültigkeit eines Kaufrechtsvertrags, wenn der Abschluss des Vertrags und die Erklärung der Ausübung des Kaufsrechts innerhalb der Sperrfrist des Art. 218 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 218 - Für die Veräusserung von landwirtschaftlichen Grundstücken gilt zudem das Bundesgesetz vom 4. Oktober 199184 über das bäuerliche Bodenrecht.
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 218 - Für die Veräusserung von landwirtschaftlichen Grundstücken gilt zudem das Bundesgesetz vom 4. Oktober 199184 über das bäuerliche Bodenrecht.
- 2. Die blosse Möglichkeit der Erteilung einer Ausnahmebewilligung vermag das Bewilligungserfordernis ebensowenig zu ersetzen wie das Verbot des Rechtsmissbrauchs (E. 4c und d).
- 3. Anwendbarkeit der Ausnahmevorschriften auf die Abtretung von Kaufsrechten (E. 4b und c).
Regeste (fr):
- Art. 218 ss CO. Délai d'interdiction pour la vente d'immeubles agricoles.
- 1. Nullité d'un pacte d'emption, lorsque la conclusion du contrat et la déclaration d'exercice du droit d'emption interviennent dans le délai d'interdiction de l'art. 218 al. 1 CO, sans qu'une autorisation exceptionnelle selon l'art. 218bis CO ait effectivement été délivrée (confirmation de la jurisprudence) (consid. 4b).
- 2. On ne peut invoquer ni la simple possibilité de l'octroi d'une autorisation exceptionnelle, ni l'interdiction de l'abus de droit pour suppléer à l'exigence de l'autorisation (consid. 4c et d).
- 3. Application des dispositions d'exception à la cession de droits d'emption (consid. 4b et c).
Regesto (it):
- Art. 218 segg. CO. Termine di divieto di rivendita di fondi agricoli.
- 1. Nullità di un contratto con cui è stipulato un diritto di compera, ove la conclusione del contratto e la dichiarazione di voler esercitare il diritto di compera intervengano durante il termine di divieto di cui all'art. 218 cpv. 1 CO, senza che un'autorizzazione eccezionale ai sensi dell'art. 218bis CO sia stata effettivamente accordata (conferma della giurisprudenza) (consid. 4b).
- 2. Per supplire al requisito dell'autorizzazione non possono essere invocati la mera possibilità del rilascio di un'autorizzazione eccezionale, né il divieto dell'abuso di diritto (consid. 4c, d).
- 3. Applicazione delle disposizioni d'eccezione alla cessione di diritti di compera (consid. 4b, c).
Sachverhalt ab Seite 60
BGE 113 II 59 S. 60
A.- R. ist Eigentümer verschiedener Grundstücke in Erlen und Umgebung. Aufgrund eines wegen finanzieller Schwierigkeiten am 10. Februar 1984 abgeschlossenen Darlehensvertrags erhielt er von der durch P. kontrollierten Firma G. AG in Liquidation ein Darlehen über Fr. 2'800'000.--. Zur Sicherstellung des Darlehens räumte R. dem P. mit Kaufrechtsvertrag vom 13. Februar 1984 ein bis 15. Juni 1985 befristetes und übertragbares Kaufsrecht an verschiedenen ihm gehörenden Parzellen ein, das der Berechtigte ab 15. März 1985 für den Fall der nicht vollständigen Rückzahlung des Darlehens sollte ausüben können. Für die Ausübungserklärung sah der Vertrag einen eingeschriebenen Brief an den Verkäufer vor. Den Kaufpreis setzten die Parteien auf Fr. 5'600'000.-- fest, der durch die Übernahme von Grundpfandschulden von höchstens Fr. 2'600'000.--, durch Verrechnung mit dem gewährten Darlehen und im übrigen in bar bezahlt werden sollte. Mit Schreiben vom 22. April 1985 trat P. das Kaufsrecht an die in Appenzell domizilierte Firma A. AG ab, die R. am 29. April 1985 davon Kenntnis gab und gleichzeitig die Ausübung des Kaufsrechts erklärte. Die Abtretung wurde am 2. Mai 1985 öffentlich beurkundet. R. verweigerte die Anmeldung beim Grundbuchamt.
B.- Die Mitte Mai und anfangs Juli 1985 durch die A. AG gegen R. eingeleitete Klage auf Ausübung des Kaufsrechts hiessen das Bezirksgericht Bischofszell und am 10. April 1986 das Obergericht des Kantons Thurgau gut. Das Bundesgericht heisst die vom Beklagten gegen das Urteil des Obergerichts eingereichte Berufung gut, hebt das angefochtene Urteil auf und weist die Klage ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Das Obergericht nimmt an, das zwischen P. und dem Beklagten vereinbarte Kaufsrecht sei ebenso gültig wie dessen Abtretung an die Klägerin und die durch diese abgegebene Ausübungserklärung. Unbegründet sei der Einwand des Beklagten, der Kaufrechtsvertrag vom 13. Februar 1984 und die Übertragung des Kaufsrechts an die Klägerin verstiessen mangels Ausnahmebewilligung gemäss Art. 218bis
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SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 218 - Für die Veräusserung von landwirtschaftlichen Grundstücken gilt zudem das Bundesgesetz vom 4. Oktober 199184 über das bäuerliche Bodenrecht. |
BGE 113 II 59 S. 61
Volkswirtschaftsdepartement um eine Ausnahmebewilligung ersuchen müssen, die auch ohne weiteres erteilt worden wäre, sei doch dank des Darlehens die Zwangsverwertung verhindert worden und damit ein Ausnahmetatbestand des Art. 218bis
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 816 - 1 Der Gläubiger hat ein Recht darauf, im Falle der Nichtbefriedigung sich aus dem Erlöse des Grundstückes bezahlt zu machen. |
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1 | Der Gläubiger hat ein Recht darauf, im Falle der Nichtbefriedigung sich aus dem Erlöse des Grundstückes bezahlt zu machen. |
2 | Die Abrede, wonach das Grundpfand dem Gläubiger, wenn er nicht befriedigt wird, als Eigentum zufallen soll, ist ungültig. |
3 | Sind mehrere Grundstücke für die gleiche Forderung verpfändet, so ist die Betreibung auf Pfandverwertung gleichzeitig gegen alle zu richten, die Verwertung aber nach Anordnung des Betreibungsamtes nur soweit nötig durchzuführen. |
3. (Gültigkeit einer nach der öffentlichen Beurkundung des Abtretungsvertrags abgegebenen Ausübungserklärung bejaht.)
4. Der Beklagte wirft dem Obergericht vor, es hätte die Veräusserung landwirtschaftlicher Grundstücke vor Ablauf der Sperrfrist von 10 Jahren nicht mit der Begründung zulassen dürfen, die Einholung der Ausnahmebewilligung sei Sache des Beklagten gewesen, der diese auch ohne weiteres erhalten hätte. Eine Ausnahmebewilligung hätte vielmehr bereits im Zeitpunkt des Kaufrechtsvertrags vom 13. Februar 1984 tatsächlich vorliegen müssen. Das Fehlen dieser Bewilligung ziehe die Nichtigkeit des Vertrags nach sich. Mit diesem Problem habe sich die Vorinstanz ebensowenig befasst wie mit dem Einwand, die Nichtigkeit treffe auch die Abtretung des Kaufsrechts von P. an die Klägerin. Angesichts der Nichtigkeit beider Grundgeschäfte seien die Mutmassungen der Vorinstanz über die Möglichkeit, dass eine Ausnahmebewilligung erteilt werde, völlig unerheblich. Bei der Abtretung des Kaufsrechts an die Klägerin komme hinzu, dass von der Verhinderung
BGE 113 II 59 S. 62
einer Zwangsverwertung offensichtlich keine Rede habe sein können, weshalb dieses Geschäft keinesfalls bewilligt werden könnte. a) Gemäss Art. 218 Abs. 1
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b) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung unterliegen alle Arten der Veräusserung von landwirtschaftlichen Grundstücken der Sperrfrist (BGE 109 Ib 92 E. 1). Neben dem Verkauf fällt darunter auch das Kaufsrecht, wenn es innerhalb der Sperrfrist eingeräumt und ausgeübt wird (BGE 95 II 432 f. E. 3c, BGE 94 II 110 E. 2b, BGE 93 I 606 E. 8, BGE 92 I 337 E. 3; vgl. dazu auch CAVIN, Schweizerisches Privatrecht, Band VII/1, S. 142 Fussnote 4). In BGE 93 I 606 E. 8 wird das damit begründet, dass mit dem Kaufrechtsvertrag die Befugnis zur Verfügung über das Grundstück auf den Vertragspartner übertragen worden sei. Ein während der Sperrfrist eingeräumtes Kaufsrecht wird deshalb nur insoweit als zulässig erachtet, als die Frist zur Ausübung über das Ende der Sperrfrist hinausreicht (BGE 94 II 112 f.). Fallen Kaufrechtsverträge in die gesetzliche Sperrfrist, so sind sie nichtig und geben solange kein Recht auf Eintragung in das Grundbuch, bis neben dem öffentlich beurkundeten Vertrag als Zulässigkeitsvoraussetzung für die Anmeldung beim Grundbuchamt eine amtliche Bescheinigung über die behördliche Bewilligung beigelegt werden kann (BGE 84 II 195).
BGE 113 II 59 S. 63
Da vorliegend sowohl der Abschluss des Kaufrechtsvertrags als auch die Ausübungserklärung innerhalb der Sperrfrist erfolgt sind, ohne dass eine Ausnahmebewilligung vorgelegen hat, ist am 13. Februar 1984 kein gültiges Kaufsrecht begründet worden. Damit steht unabhängig von den Formerfordernissen einer Abtretung fest, dass P. kein Kaufsrecht auf die Klägerin übertragen konnte. Ob in dieser Abtretung ein weiteres, Art. 218 ff
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BGE 113 II 59 S. 64
innert kurzer Zeit eine zweite Ausnahmebewilligung zu erteilen, was ohne zwingende Gründe mit dem Zweck der Sperrfrist kaum zu vereinbaren wäre. d) Auch das Verbot des Rechtsmissbrauchs gestattet es nicht, die Berufung des Beklagten auf die fehlende Ausnahmebewilligung zu übergehen. Ziffer XVIII des Kaufrechtsvertrags, die den Beklagten zur Einholung der Bewilligung verpflichtet, hätte P. nicht daran gehindert, selbst das Bewilligungsverfahren einzuleiten oder auf Erfüllung der Vertragspflichten durch den Beklagten zu klagen. Überdies wäre es Sache der Klägerin gewesen, sich anlässlich des Vertragsschlusses mit P. über die Gültigkeit des Kaufsrechts zu vergewissern. Schliesslich hätte es der Behörde selbst dann freistehen müssen, die Ausnahmebewilligung im öffentlichen Interesse zu verweigern, wenn das Verhalten des Beklagten als rechtsmissbräuchlich erschienen wäre.