113 Ia 286
45. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 21. Dezember 1987 i.S. X. gegen Obergericht des Kantons Schaffhausen (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Anwaltsprüfung; rechtliches Gehör, Zusammensetzung der Prüfungskommission, Prüfungsanforderungen (Art. 4
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999
Cst. Art. 4 Langues nationales - Les langues nationales sont l'allemand, le français, l'italien et le romanche.
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999
Cst. Art. 31 Privation de liberté - 1 Nul ne peut être privé de sa liberté si ce n'est dans les cas prévus par la loi et selon les formes qu'elle prescrit.
1 Nul ne peut être privé de sa liberté si ce n'est dans les cas prévus par la loi et selon les formes qu'elle prescrit. 2 Toute personne qui se voit privée de sa liberté a le droit d'être aussitôt informée, dans une langue qu'elle comprend, des raisons de cette privation et des droits qui sont les siens. Elle doit être mise en état de faire valoir ses droits. Elle a notamment le droit de faire informer ses proches. 3 Toute personne qui est mise en détention préventive a le droit d'être aussitôt traduite devant un ou une juge, qui prononce le maintien de la détention ou la libération. Elle a le droit d'être jugée dans un délai raisonnable. 4 Toute personne qui se voit privée de sa liberté sans qu'un tribunal l'ait ordonné a le droit, en tout temps, de saisir le tribunal. Celui-ci statue dans les plus brefs délais sur la légalité de cette privation. - 1. Der Minimalanspruch aus Art. 4
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999
Cst. Art. 4 Langues nationales - Les langues nationales sont l'allemand, le français, l'italien et le romanche.
- 2. Der Anspruch auf Unabhängigkeit und Unbefangenheit ist nicht verletzt, wenn bei einer Anwaltsprüfung praktizierende Anwälte als Experten beigezogen werden (E. 3a).
- 3. Zulässige Anforderungen an eine Anwaltsprüfung im Lichte der Handels- und Gewerbefreiheit (E. 4 und 5).
Regeste (fr):
- Examen d'avocat; droit d'être entendu, composition de la commission d'examen, exigences requises pour l'examen (art. 4 et 31 Cst.).
- 1. Les garanties minimales du droit d'être entendu découlant de l'art. 4 Cst. n'imposent pas que celui qui a passé un examen ait la faculté de s'exprimer sur ses prestations avant une décision négative au sujet de cet examen (consid. 2c); de même il n'y a pas lieu de lui permettre de prendre connaissance du rapport de la commission d'examen avant la décision refusant la patente prise par le Tribunal supérieur du canton de Schaffhouse (consid. 2d).
- 2. Le droit à ce qu'une décision soit rendue par une autorité indépendante et impartiale n'est pas violé lorsque des avocats pratiquants sont experts à un examen d'avocat (consid. 3a).
- 3. Exigences admissibles pour un examen d'avocat au regard du principe de la liberté du commerce et de l'industrie (consid. 4 et 5).
Regesto (it):
- Esame d'avvocato; diritto di essere sentito, composizione della commissione d'esame, requisiti dell'esame (art. 4 e 31 Cost.).
- 1. Le garanzie minime del diritto di essere sentito sgorgante dall'art. 4 Cost. non impongono che chi ha sostenuto un esame abbia la possibilità di esprimersi sulle proprie prestazioni prima che sia adottata una decisione negativa sull'esito di tale esame (consid. 2c); né è necessario permettere al candidato di prendere conoscenza del rapporto della commissione d'esame prima della decisione con cui il Tribunale superiore del Cantone di Sciaffusa gli ha negato la patente di avvocato (consid. 2d).
- 2. Il diritto a una decisione presa da un organo indipendente e imparziale non è violato laddove in un esame d'avvocato fungano come periti avvocati che praticano la loro professione (consid. 3a).
- 3. Requisiti per un esame d'avvocato ammissibili sotto il profilo della libertà di commercio e d'industria (consid. 4 e 5).
Sachverhalt ab Seite 287
BGE 113 Ia 286 S. 287
Am 4. und 15. Mai 1987 legte lic.iur. X. zum zweiten Mal die schriftliche Anwaltsprüfung im Kanton Schaffhausen ab. Mit Beschluss vom 19. Juni 1987 wies das Obergericht des Kantons Schaffhausen sein Gesuch um Erteilung des Anwaltspatentes definitiv ab. Unter Hinweis auf den Bericht der Prüfungskommission vom 11. Juni 1987 führte es aus, die beiden schriftlichen Arbeiten enthielten gravierende Mängel und seien als ungenügend zu qualifizieren. Mit staatsrechtlicher Beschwerde macht X. geltend, sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt, weil er keine Gelegenheit erhalten habe, vor dem Entscheid des Obergerichts zum Bericht der Prüfungskommission Stellung zu nehmen. Die Unabhängigkeit der Prüfungskommission sei nicht sichergestellt, weil sie sich mehrheitlich aus Anwälten zusammensetze. Die Prüfungsfälle eigneten sich für eine objektive Feststellung der für den Anwaltsberuf erforderlichen Fähigkeiten nicht, und die gestellten Anforderungen seien zu hoch, was mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit unvereinbar erscheine und vor der Handels- und Gewerbefreiheit nicht standhalte. Schliesslich erachtet der Beschwerdeführer die Bewertung seiner Arbeiten als willkürlich. Das Bundesgericht weist die staatsrechtliche Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. a) Der Beschwerdeführer macht geltend, das Obergericht habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es ihm keine Möglichkeit gegeben habe, zum Bericht der Prüfungskommission
BGE 113 Ia 286 S. 288
Stellung zu nehmen. Er behauptet nicht, kantonale Verfahrensvorschriften seien verletzt worden. Es ist daher einzig - und zwar mit freier Kognition - zu prüfen, ob das Obergericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör, wie er unmittelbar aus Art. 4
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c) Die Frage ist, ob der Anspruch auf rechtliches Gehör gebietet, dem Prüfling vor Erlass eines negativen Examensentscheides die Möglichkeit zu geben, sich zu seiner Prüfungsleistung zu äussern. In Betracht fällt hiebei, dass der Prüfling selber ein Gesuch um Erteilung des Fähigkeitsausweises stellt und mit der Prüfung, die auf sein Begehren durchgeführt wird, seine Befähigung nachzuweisen versucht. Er schafft also sämtliche Unterlagen selber, auf Grund derer über die Erteilung des Fähigkeitsausweises entschieden wird. Der Anspruch auf rechtliches Gehör in seiner Funktion als persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht ist damit gewahrt. Einer erweiterten Sachaufklärung bedarf es nach abgelegtem Examen sodann regelmässig nicht, weil die Leistung ohne nähere Erklärung des Prüflings durch den Experten im Lichte der Prüfungskriterien bewertet werden kann. Die konkrete Situation und Interessenlage nach Ablegung eines Examens gebietet also im Lichte des bundesgerichtlichen Gehörsanspruchs im allgemeinen nicht, den Betroffenen vor Erlass eines negativen Examensentscheides zu seiner Leistung anzuhören. d) Im vorliegenden Fall stellt sich nun allerdings insofern ein spezielles Problem, als nicht die Prüfungskommission selber, sondern auf deren Antrag und Bericht hin das Obergericht über die Erteilung des Fähigkeitsausweises entschieden hat (§ 9 des Dekretes betreffend das Anwaltswesen vom 30. Juni 1930, Anwaltsdekret). Fraglich ist, ob der Bericht der Prüfungskommission dem Beschwerdeführer zu unterbreiten sei. Das Akteneinsichtsrecht besteht dann, wenn es sich bei diesem Bericht um ein beweiserhebliches Dokument und nicht bloss um ein verwaltungsinternes Papier handelt (BGE 103 Ia 492). Wie das Bundesgericht bereits im
BGE 113 Ia 286 S. 289
unveröffentlichten Urteil A. vom 28. Juni 1985 festgehalten hat, ist indessen die Einstufung des Berichts der Prüfungskommission als rein internes Papier nicht zu beanstanden. Die Prüfungskommission wird vom Obergericht ernannt (§ 11 Anwaltsdekret) und ist von diesem abhängig, was sich auch darin äussert, dass in der Regel ein Mitglied der Kommission Oberrichter ist und als Sekretär ein Obergerichtsschreiber amtet (Ziff. 1.3 und 4 der Richtlinien des Obergerichtes des Kantons Schaffhausen über die Durchführung der Anwaltsprüfungen vom 28. Oktober 1977). Organisatorisch liegt keine Verselbständigung vor. Die Kommissionsberichte dienen somit der internen Vorbereitung des Patentierungsentscheides. Sie haben eine Würdigung der Prüfungsleistungen zum Inhalt, die das Obergericht auch selber vornehmen könnte. Sie stellen also keine Beweismittel dar. Es kann daher nicht beanstandet werden, dass das Obergericht dem Beschwerdeführer vor Erlass seines Entscheides keine Einsicht in den Prüfungsbericht gewährt hat. Verfassungsrecht ist nicht verletzt.
3. a) Der Beschwerdeführer bemängelt die Zusammensetzung der Prüfungskommission, welcher mehrheitlich Anwälte angehören. Die Rüge ist unbegründet. Wohl leitet sich aus Art. 4
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4. Der Beschwerdeführer erachtet die Handels- und Gewerbefreiheit als verletzt, weil die Prüfung zu hohe Anforderungen stelle und zum Fähigkeitsnachweis nicht geeignet sei. a) Bei der Festlegung der Anforderungen für das Bestehen einer Prüfung kommt den kantonalen Behörden ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Die Prüfungsanforderungen haben jedoch den zu schützenden polizeilichen Rechtsgütern zu dienen. Unter dem Gesichtspunkt des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes müssen sie geeignet sein, den mit der Prüfung verfolgten Zweck zu erreichen. Die Prüfungsordnung darf nicht unnötige oder übertriebene Erfordernisse aufstellen, muss anderseits aber den Schutzbedürfnissen des Publikums ausreichend Rechnung tragen (vgl. BGE 112 Ia 325).
BGE 113 Ia 286 S. 290
b) Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass Klausuren, wie sie vorliegend durchgeführt wurden, an sich geeignet sind, die fachliche Befähigung eines Kandidaten für den Anwaltsberuf festzustellen. Er macht auch nicht geltend, der gewählte Prüfungsstoff lasse keine diesbezüglichen Schlüsse zu. Vielmehr erachtet er lediglich den Sachverhalt, wie er den Prüfungsfällen zugrunde gelegt wurde, als unvollständig. So aber verhält es sich - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - mitunter auch in der praktischen Tätigkeit des Anwaltes. Der Anwalt wird häufig Klienten aufgrund unvollständiger oder einseitiger Angaben zu beraten oder vor Gericht zu vertreten haben. Aus allenfalls unvollständigen Sachverhaltsangaben kann daher noch nicht auf eine mangelnde Eignung der Prüfungsfälle zum Fähigkeitsnachweis und damit auf einen Verstoss gegen den Verhältnismässigkeitsgrundsatz geschlossen werden. Die Frage hingegen, ob der Beschwerdeführer mit seiner Lösung der Prüfungsfälle seine Befähigung zum Anwaltsberuf nachgewiesen hat, ist im Lichte der konkreten Aufgabenstellung und der dort gemachten Sachverhaltsangaben zu beurteilen. Dies ist Gegenstand der Bewertung der Examensleistung, die vom Bundesgericht auf Willkür hin überprüft wird (E. 6). c) Der Beschwerdeführer trägt vor, die Anwaltsprüfung dürfe keine höheren Anforderungen stellen, als dies die Universität Zurich für das juristische Lizentiat tue. Diese Auffassung ist verfehlt. Ein Hochschulabschluss stellt keine Polizeibewilligung für eine Tätigkeit dar, bei der Schutzbedürfnisse des Publikums zu beachten wären. Der Vergleich des Beschwerdeführers mit seinen Leistungen an der Universität entbehrt damit zum vornherein der Grundlage. Im übrigen behauptet der Beschwerdeführer mit Recht nicht, der Prüfungsstoff habe übertriebene Anforderungen - etwa auf einem Spezialgebiet - gestellt, die von einem Anwalt nicht erwartet werden könnten. Ob die Prüfungskommission und das Obergericht die erbrachten Leistungen gemessen an der Aufgabenstellung zu streng beurteilt haben, ist wiederum Frage der Bewertung (E. 6) und nicht der Verhältnismässigkeit.
5. Unter dem Gesichtspunkt des aus Art. 31
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999 Cst. Art. 31 Privation de liberté - 1 Nul ne peut être privé de sa liberté si ce n'est dans les cas prévus par la loi et selon les formes qu'elle prescrit. |
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1 | Nul ne peut être privé de sa liberté si ce n'est dans les cas prévus par la loi et selon les formes qu'elle prescrit. |
2 | Toute personne qui se voit privée de sa liberté a le droit d'être aussitôt informée, dans une langue qu'elle comprend, des raisons de cette privation et des droits qui sont les siens. Elle doit être mise en état de faire valoir ses droits. Elle a notamment le droit de faire informer ses proches. |
3 | Toute personne qui est mise en détention préventive a le droit d'être aussitôt traduite devant un ou une juge, qui prononce le maintien de la détention ou la libération. Elle a le droit d'être jugée dans un délai raisonnable. |
4 | Toute personne qui se voit privée de sa liberté sans qu'un tribunal l'ait ordonné a le droit, en tout temps, de saisir le tribunal. Celui-ci statue dans les plus brefs délais sur la légalité de cette privation. |
BGE 113 Ia 286 S. 291
werden kann, hat dies nichts mit der Situation eines jungen Juristen zu tun, der erst auf eine kurze praktische Tätigkeit zurückblicken kann. Der Beschwerdeführer wirft den kantonalen Behörden weiter vor, sie würden mit der Anwaltsprüfung wirtschaftspolitische Zielsetzungen verfolgen, indem sie die praktizierenden Anwälte vor Konkurrenz zu schützen suchten. Aus der Tatsache allein, dass heute mehr Kandidaten als früher die Prüfung nicht bestehen, kann dieser Schluss allerdings nicht gezogen werden. Das Obergericht führt diesbezüglich mit Recht an, die Anforderungen der Praxis an die beruflichen Fähigkeiten der Anwälte seien zufolge einer vielfältigeren und differenzierteren Gesetzgebung heute höher als früher. Die Rüge erweist sich damit, soweit sie in einer Art. 90 Abs. 1 lit. b
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999 Cst. Art. 31 Privation de liberté - 1 Nul ne peut être privé de sa liberté si ce n'est dans les cas prévus par la loi et selon les formes qu'elle prescrit. |
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1 | Nul ne peut être privé de sa liberté si ce n'est dans les cas prévus par la loi et selon les formes qu'elle prescrit. |
2 | Toute personne qui se voit privée de sa liberté a le droit d'être aussitôt informée, dans une langue qu'elle comprend, des raisons de cette privation et des droits qui sont les siens. Elle doit être mise en état de faire valoir ses droits. Elle a notamment le droit de faire informer ses proches. |
3 | Toute personne qui est mise en détention préventive a le droit d'être aussitôt traduite devant un ou une juge, qui prononce le maintien de la détention ou la libération. Elle a le droit d'être jugée dans un délai raisonnable. |
4 | Toute personne qui se voit privée de sa liberté sans qu'un tribunal l'ait ordonné a le droit, en tout temps, de saisir le tribunal. Celui-ci statue dans les plus brefs délais sur la légalité de cette privation. |
6. (Die Examensleistung konnte ohne Willkür als ungenügend gewertet werden.)