112 Ia 240
38. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 9. Dezember 1986 i.S. B. und Mitbeteiligte gegen Grosser Rat des Kantons St. Gallen (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Art. 85 lit. a OG; Initiative auf Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung; Art. 4
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999
Cst. Art. 4 Langues nationales - Les langues nationales sont l'allemand, le français, l'italien et le romanche.
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999
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SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999
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- Eine vollständige und undifferenzierte Abschaffung der Besteuerung des Eigenmietwertes verstösst gegen das Rechtsgleichheitsgebot (E. 3-5).
- Verhältnis der Initiative zu Art. 22ter
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999
Cst. Art. 4 Langues nationales - Les langues nationales sont l'allemand, le français, l'italien et le romanche.
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999
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Regeste (fr):
- Art. 85 lit. a OJ; initiative tendant à l'abolition de l'impôt sur la valeur locative du logement; art. 4, 22ter et 34sexies Cst.
- L'égalité devant la loi s'oppose à une suppression complète et indifférenciée de l'imposition de la valeur locative du logement occupé par son propriétaire (consid. 3-5).
- Rapport de l'initiative avec les art. 22ter
SR 101 Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999
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Regesto (it):
- Art. 85 lett. a OG; iniziativa tendente alla soppressione dell'imposizione del valore locativo dell'abitazione propria; art. 4, 22ter e 34sexies Cost.
- La soppressione completa e indifferenziata dell'imposizione del valore locativo dell'abitazione occupata dal suo proprietario è contraria al principio dell'uguaglianza dinanzi alla legge (consid. 3-5).
- Relazione della menzionata iniziativa con gli art. 22ter (garanzia della proprietà) e 34sexies Cost. (promovimento dell'accessione alla proprietà dell'abitazione) (consid. 6).
Sachverhalt ab Seite 240
BGE 112 Ia 240 S. 240
Die in Form einer allgemeinen Anregung gehaltene Gesetzesinitiative "Volksinitiative für breitere Streuung und massvolle
BGE 112 Ia 240 S. 241
Besteuerung von Wohnungseigentum" umfasst die folgenden Begehren: 1. Sparförderung
Der Kanton fördert eine stärkere Verankerung und breitere Streuung des selbstgenutzten Wohneigentums, indem er das Sparen zum Zweck des Erwerbs von Wohneigentum für den Eigenbedarf steuerlich entlastet. Dadurch sollen vermehrt einkommensschwächere und jüngere Familien Wohneigentum erwerben können. 2. Entlastungsmassnahmen
Der Kanton verzichtet darauf, das Wohnen im eigenen Heim mit Einkommenssteuer zu belasten. Dafür können Schuldzinsen und Unterhaltskosten nur abgezogen werden, soweit sie einen im Gesetz festzulegenden Betrag oder Anteil übersteigen. In den ersten Jahren nach dem Erwerb von Wohnungseigentum für den Eigenbedarf wird auf die Vermögenssteuer verzichtet, soweit das Vermögen einen im Gesetz festzulegenden Betrag nicht übersteigt. Die Grundsteuer wird aufgehoben.
3. Wohneigentümer im Pensionsalter
Bei der steuerlichen Veranlagung von selbstgenutztem Wohneigentum ist angemessen Rücksicht zu nehmen auf die persönlichen Verhältnisse von Eigenheimbesitzern und deren Ehegatten im Pensionsalter. Der Grosse Rat des Kantons St. Gallen erklärte mit Beschluss vom 7. Mai 1985 das Initiativbegehren wegen Verstosses gegen Art. 4
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Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. Umstritten und zu prüfen ist lediglich die Frage, ob der Verzicht auf die Belastung des Wohnens im eigenen Heim mit der Einkommenssteuer gemäss Ziffer 2 des Initiativbegehrens die Rechtsgleichheit verletzt und gegen Art. 4
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BGE 112 Ia 240 S. 242
so stelle deren Preisgabe die Allgemeinheit der Steuer, die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und die Steuergerechtigkeit in Frage. Dies bedeute einen einschneidenden Einbruch in das heute in allen Kantonen verankerte System der Gesamtreineinkommensbesteuerung, wonach ohne Unterschied, ob das Einkommen dem Steuerpflichtigen in Form von Geld oder von Naturalien zufliesse, alle Einkünfte der Steuerpflicht unterstellt seien. Auch die Nutzung von Grundeigentum stelle aber eine Einkunft dar. b) Das Bundesgericht hat im Entscheid vom 13. April 1983 i.S. AVLOCA ausgeführt, die Besteuerung des Eigenmietwertes sei eine Besonderheit, weil andere Nutzungserträge nicht steuerrechtlich erfasst werden. Der Mietwert einer Liegenschaft sei jedoch nicht, wie von gewisser Seite behauptet werde, ein fiktives Einkommen. Der Eigentümer, der seine eigene Wohnung bewohne, ziehe daraus zwar kein Bareinkommen; er erhalte hingegen aus seinem Immobiliarvermögen ein Naturaleinkommen, das zu seinen übrigen Einkünften hinzukomme. Dabei handle es sich um einen Nutzungsertrag, der einen wirtschaftlichen Wert habe und der dem Mietzins entspreche, den der Eigentümer bei der Vermietung seiner Liegenschaft an einen Dritten hätte erzielen können. Mit der Benützung spare der Eigentümer eine unerlässliche Ausgabe - die Miete -, die jeder andere Steuerpflichtige aufwenden müsse. Die Besteuerung des Mietwertes stelle so einen integrierenden Bestandteil der Gesamtreineinkommensbesteuerung dar (Steuer Revue 1984, S. 139 ff. E. 5). Diese Ausführungen sind überzeugend, weshalb kein Anlass besteht, von dieser Beurteilung abzuweichen. Sie entspricht auch der herrschenden Lehre. Es sei hierfür verwiesen auf folgende Autoren und Publikationen: ERICH SUTER, Die Besteuerung der Selbstnutzung von Grundeigentum als Einkommen, Diss. Zürich 1958, namentlich S. 16 ff., 23 und 25; URS BÖLSTERLI, Die steuerliche Behandlung der Eigennutzung von Wohnliegenschaften in rechtsvergleichender Sicht, ASA Bd. 48 (1979/80) S. 225 ff.; HEINZ WEIDMANN, Besteuerung des Eigenmietwertes und Förderung des Wohneigentums, Steuer Revue 1980, S. 342 ff., insbesondere S. 345 f. mit Hinweisen auf weitere Autoren wie Höhn und Reimann/Zuppinger/Schärer; SILVIO GRAF, Einkommenssteuerliche Erfassung der Nutzung von Wohnraum durch den Eigentümer, ASA Bd. 54 (1985/86) S. 177 ff.; Gutachten F. Zuppinger von Ende August 1984, erstattet in dieser Sache, S. 16 ff.;
BGE 112 Ia 240 S. 243
Gutachten Daniel Thürer vom 31. Mai 1985 an die Finanzdirektion des Kantons Bern zu Volksbegehren für Sparen und Wohneigentum, S. 19 ff. c) Das St. Galler Steuergesetz steht auf dem in der Schweiz herrschenden Standpunkt der Gesamtreineinkommensbesteuerung, nach welchem grundsätzlich alles Einkommen, sei es Bar- oder Naturaleinkommen, unabhängig von der Quelle, aus welcher es fliesst, der Einkommenssteuer unterliegt (Art. 20). Mit dem Verzicht auf die Besteuerung des Ertrages aus dem selbstbenutzten Wohnungseigentum wird in dieses System in nicht leicht zu nehmender Weise eingebrochen, was zu Ungleichheiten in der Besteuerung führt. Muss der Haus- oder Wohnungseigentümer den Nutzen, den er aus dem selbstbewohnten Heim zieht, nicht als Einkommen versteuern, so bleibt der Ertrag des investierten Eigentums unbelastet und wird der Eigentümer gegenüber dem Mieter, der seinen Wohnaufwand, den Mietzins, nicht von Einkommen abziehen kann, begünstigt. Dies gilt erst recht dann, wenn der Wohnungseigentümer, wie es die Initiative in Satz 2 von Ziffer 2 vorsieht, Schuldzinsen und Unterhaltskosten, welche einen bestimmten Betrag oder Anteil übersteigen, vom Einkommen abziehen darf (Gutachten Zuppinger, S. 18 ff.). Eine Ungleichbehandlung entsteht aber auch gegenüber dem Einkommen aus vermieteten Liegenschaften, deren Ertrag versteuert werden muss (Gutachten Thürer, S. 21 f.), ferner unter den Wohnungseigentümern selbst, je nachdem ob ihre Liegenschaften mehr oder weniger hypothekarisch belastet sind. Wird das Wohneigentum durch Eigenkapital und nicht durch Hypotheken finanziert, so entgeht dieses Eigenkapital der Ertragsbesteuerung, wogegen derjenige, der zur Finanzierung durch Aufnahme von Hypotheken gezwungen ist, von der Befreiung nicht profitiert. Der vorgeschlagene Besteuerungsverzicht begünstigt demnach vor allem den wohlhabenden Hauseigentümer (Gutachten Zuppinger, S. 18 und 20 mit Beispielen, S. 23 ff., Gutachten Thürer, S. 26 f.).
4. Im Hinblick auf die Beurteilung, ob die aufgezeigten Ungleichbehandlungen eine Art. 4
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BGE 112 Ia 240 S. 244
aufdrängen, wenn also Gleiches nicht nach Massgabe seiner Gleichheit gleich und Ungleiches nicht nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandelt wird, wobei sich dies auf wesentliche Tatsachen beziehen muss. Die Frage, ob für eine rechtliche Unterscheidung ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen ersichtlich ist, kann zu verschiedenen Zeiten verschieden beantwortet werden, je nach den herrschenden Anschauungen und Zeitverhältnissen. Dem Gesetzgeber bleibt damit im Rahmen der aufgeführten Grundsätze ein weiter Spielraum der Gestaltung, den das Bundesgericht nicht durch eigene Gestaltungsvorstellungen schmälert (BGE 110 Ia 13 E. 2b mit Hinweisen). b) Bezüglich der Steuern wird Art. 4
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5. a) Im Lichte dieser Grundsätze kann nicht zweifelhaft sein, dass die vollständige und undifferenzierte Abschaffung der Besteuerung des Eigenmietwertes ohne ausgleichende Massnahmen den
BGE 112 Ia 240 S. 245
Wohnungseigentümer mit hohem Selbstfinanzierungsgrad gegenüber andern Steuerpflichtigen mit gleicher finanzieller Leistungsfähigkeit in einer Weise begünstigt, welche vor Art. 4
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c) Auf eine solche unzulässige Umdeutung des Initiativbegehrens würde es hinauslaufen, wenn man die Anregung, auf die
BGE 112 Ia 240 S. 246
Eigenmietwertbesteuerung zu verzichten, so auslegen würde, dass dem Begehren auch mit einer Milderung der Besteuerung Rechnung getragen werden könnte. Auch wenn bei der gesetzgeberischen Konkretisierung einer als allgemeine Anregung formulierten Initiative ein gewisser Gestaltungsspielraum besteht, so heisst dies nicht, dass klar formulierte Begehren beliebig verwässert werden dürften. Dem Begehren der Initiative auf Besteuerungsverzicht kann nur eine vollständige Entlastung, nicht aber eine Teilentlastung im Rahmen des unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung noch Zulässigen Rechnung tragen.
Aber auch die Kompensation der Steuerbegünstigung des Wohneigentümers durch eine steuerliche Entlastung der Mieter würde den Spielraum überschreiten, der dem Gesetzgeber bei der Konkretisierung der Initiative zusteht. Der Initiativtext sieht nicht vor, dass dem Mieter ein Abzug von Mietkosten zugestanden werden soll. Die Einfügung einer solchen Bestimmung käme einer zusätzlichen Bedingung gleich, welche die von den Initianten gewünschte steuerliche Förderung des Wohnungseigentums beeinträchtigen und die Natur der Initiative tiefgreifend verändern würde. Die Unterzeichner der Initiative durften damit rechnen, dass bei deren Annahme die Besteuerung des Wohnwertes als Einkommen vollständig entfallen werde, und sie gaben nicht ihr Einverständnis, dass diese Begünstigung durch eine entsprechende Entlastung der Mieter ganz oder teilweise ausgeglichen werde. Eine solche Entlastung der Mieter ist im Initiativbegehren in keiner Weise enthalten und darf daher bei der Beurteilung der Verfassungsmässigkeit nicht in Betracht gezogen werden. Gestützt auf die Initiative ist deshalb keine die Rechtsgleichheit wahrende und damit verfassungskonforme Regelung möglich.
6. Die Beschwerdeführer machen geltend, das Initiativbegehren dürfe nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Steuergerechtigkeit beurteilt werden. Das geltende Verfassungsrecht gewährleiste nicht nur die Allgemeinheit, Gleichmässigkeit und Verhältnismässigkeit der Besteuerung, sondern auch das Eigentum (Art. 22ter Abs. 1
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BGE 112 Ia 240 S. 247
vornehme. Das in Frage stehende Initiativbegehren verstosse demnach nicht gegen das Verbot sachfremder Differenzierung. Die Beschwerdeführer behaupten damit nicht expressis verbis, die steuerliche Belastung des Wohnens im eigenen Heim verletzte die Eigentumsgarantie. Wohl kann die Eigentumsgarantie nach der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung Schutz gegen eine konfiskatorische Besteuerung bieten (BGE 105 Ia 140; ferner BGE 106 Ia 348 E. 6a). Weiter geht aber die Bedeutung dieser Verfassungsgarantie im Steuerwesen nicht. Von einem konfiskatorischen Charakter der Besteuerung des Eigenmietwertes als Einkommen kann aber keine Rede sein. Die Beschwerdeführer machen auch keine entsprechenden Ausführungen. Wenn der Bund durch Art. 34sexies
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