111 II 97
23. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 5. September 1985 i.S. S. gegen die Stiftung C.G. Jung-Institut Zürich und den Regierungsrat des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste (de):
- Stiftungsaufsicht über eine Schule (Art. 84 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 84 - 1 Die Stiftungen stehen unter der Aufsicht des Gemeinwesens (Bund, Kanton, Gemeinde), dem sie nach ihrer Bestimmung angehören.
1 Die Stiftungen stehen unter der Aufsicht des Gemeinwesens (Bund, Kanton, Gemeinde), dem sie nach ihrer Bestimmung angehören. 1bis Die Kantone können die ihren Gemeinden angehörenden Stiftungen der kantonalen Aufsichtsbehörde unterstellen.112 2 Die Aufsichtsbehörde hat dafür zu sorgen, dass das Stiftungsvermögen seinen Zwecken gemäss verwendet wird. 3 Begünstigte oder Gläubiger der Stiftung, der Stifter, Zustifter und ehemalige und aktuelle Stiftungsratsmitglieder, welche ein Interesse daran haben, dass die Verwaltung der Stiftung mit Gesetz und Stiftungsurkunde in Einklang steht, können gegen Handlungen und Unterlassungen der Stiftungsorgane Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde erheben.113 - Ist die Stiftung Trägerin einer Ausbildungsstätte, so erstreckt sich die Stiftungsaufsicht insofern auch auf die Art der Schulführung und die Prüfungsgestaltung, als sich diese auf die Vermögensverhältnisse der Stiftung auswirken, Statuten und Reglemente verletzen oder den Stiftungszweck generell in Frage stellen. Die Frage, ob in der Persönlichkeitsstruktur der Beschwerdeführerin genügend schwerwiegende Gründe liegen, um einen Ausschluss vom Institut zu rechtfertigen, entzieht sich hingegen der Prüfung der Aufsichtsbehörden (E. 3).
Regeste (fr):
- Surveillance des fondations sur une école (art. 84 al. 2 CC)
- Lorsqu'un centre de formation revêt la forme d'une fondation, la surveillance de celle-ci s'étend également à la manière de diriger l'école et d'organiser les examens, en tant qu'elle influe sur la situation patrimoniale de la fondation, viole les statuts et règlements ou remet d'une façon générale en question le but de la fondation. Le point de savoir si des motifs suffisamment graves, découlant de la personnalité de la recourante, permettent à l'institut de prononcer l'exclusion de celle-ci échappe à l'examen des autorités de surveillance (c. 3).
Regesto (it):
- Vigilanza sulle fondazioni riferita ad una scuola (art. 84 cpv. 2 CC)
- Ove un centro di formazione rivesta la forma di una fondazione, la vigilanza su quest'ultima si estende pure al modo in cui la scuola è diretta e in cui sono organizzati gli esami, nella misura in cui esso incida sulla situazione patrimoniale della fondazione, violi lo statuto e i regolamenti o, in generale, comprometta il perseguimento dello scopo della fondazione. Sfugge all'esame delle autorità di vigilanza la questione se motivi sufficientemente gravi, sgorganti dalla personalità della ricorrente, permettano all'istituto di pronunciarne l'esclusione (consid. 3).
Sachverhalt ab Seite 97
BGE 111 II 97 S. 97
A.- S. war von 1976 bis 1983 Studentin am "C.G. Jung-Institut Zürich" in Küsnacht. Am Studienende, zur Zeit der Diplomexamen, verschlechterten sich ihre Beziehungen zur Institutsleitung. Dies führte schliesslich zu ihrer Exmatrikulation.
BGE 111 II 97 S. 98
S. reichte bei der Erziehungsdirektion des Kantons Zürich stiftungsrechtliche Aufsichtsbeschwerde ein. Mit Verfügung vom 12. April 1984 hiess die Erziehungsdirektion die Beschwerde teilweise gut, hob den Exmatrikulationsbeschluss auf und lud das C.G. Jung-Institut ein, S. zu den weiteren Diplomprüfungen zuzulassen.
B.- Das C.G. Jung-Institut erhob gegen diese Verfügung beim Regierungsrat des Kantons Zürich Rekurs, der mit Beschluss vom 6. Februar 1985 gutgeheissen wurde. Die Verfügung der Erziehungsdirektion wurde aufgehoben, soweit darin auf die Aufsichtsbeschwerde eingetreten worden war.
C.- Gegen diesen Beschluss des Regierungsrates wendet sich S. mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 29. März 1985 an das Bundesgericht. Sie beantragt, der angefochtene Beschluss des Regierungsrates sei aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das C.G. Jung-Institut beantragt die Abweisung der Beschwerde. Die Direktion der Justiz des Kantons Zürich im Auftrage des Regierungsrates sowie das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement stellen ebenfalls Antrag auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab und bestätigt den angefochtenen Beschluss des Regierungsrates.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. a) Das C.G. Jung-Institut ist eine Stiftung im Sinne von Art. 80 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 80 - Zur Errichtung einer Stiftung bedarf es der Widmung eines Vermögens für einen besondern Zweck. |
BGE 111 II 97 S. 99
das Ausbildungsprogramm". Danach kann das Studium nach mindestens sechs Semestern mit dem Diplom als Analytiker abgeschlossen werden; indessen bietet selbst der erfolgreiche Abschluss des Diplomexamens gemäss ausdrücklicher Vorschrift keine Gewähr für die Verleihung des Diploms. Diesen Entscheid fällt in jedem Fall das gegenwärtig aus neun Mitgliedern bestehende Curatorium (Stiftungsrat) unter Berücksichtigung der Empfehlung der Auswahlkommission. Kommt diese Auswahlkommission zum Schluss, dass ein Kandidat die menschlichen oder fachlichen Voraussetzungen für die Diplomierung noch nicht erreicht hat, empfiehlt sie, den Kandidaten für die Diplomierung zurückzustellen und zu einem späteren Zeitpunkt erneut zu beurteilen. Aus sehr schwerwiegenden Gründen kann das Curatorium dem Kandidaten auch jederzeit ohne Angabe von Gründen die Fortsetzung der Ausbildung verweigern. b) Es zeigt sich somit, dass dem Curatorium bei der Verleihung des Diploms und bei der Exmatrikulation von Studenten nach den Bestimmungen des Regulativs ein weites Ermessen zusteht. Vor Bundesgericht ist einzig noch strittig, ob und gegebenenfalls in welchem Umfange sich die Stiftungsaufsicht gemäss Art. 84 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 84 - 1 Die Stiftungen stehen unter der Aufsicht des Gemeinwesens (Bund, Kanton, Gemeinde), dem sie nach ihrer Bestimmung angehören. |
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1 | Die Stiftungen stehen unter der Aufsicht des Gemeinwesens (Bund, Kanton, Gemeinde), dem sie nach ihrer Bestimmung angehören. |
1bis | Die Kantone können die ihren Gemeinden angehörenden Stiftungen der kantonalen Aufsichtsbehörde unterstellen.112 |
2 | Die Aufsichtsbehörde hat dafür zu sorgen, dass das Stiftungsvermögen seinen Zwecken gemäss verwendet wird. |
3 | Begünstigte oder Gläubiger der Stiftung, der Stifter, Zustifter und ehemalige und aktuelle Stiftungsratsmitglieder, welche ein Interesse daran haben, dass die Verwaltung der Stiftung mit Gesetz und Stiftungsurkunde in Einklang steht, können gegen Handlungen und Unterlassungen der Stiftungsorgane Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde erheben.113 |
3. Gemäss Art. 84 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 84 - 1 Die Stiftungen stehen unter der Aufsicht des Gemeinwesens (Bund, Kanton, Gemeinde), dem sie nach ihrer Bestimmung angehören. |
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1 | Die Stiftungen stehen unter der Aufsicht des Gemeinwesens (Bund, Kanton, Gemeinde), dem sie nach ihrer Bestimmung angehören. |
1bis | Die Kantone können die ihren Gemeinden angehörenden Stiftungen der kantonalen Aufsichtsbehörde unterstellen.112 |
2 | Die Aufsichtsbehörde hat dafür zu sorgen, dass das Stiftungsvermögen seinen Zwecken gemäss verwendet wird. |
3 | Begünstigte oder Gläubiger der Stiftung, der Stifter, Zustifter und ehemalige und aktuelle Stiftungsratsmitglieder, welche ein Interesse daran haben, dass die Verwaltung der Stiftung mit Gesetz und Stiftungsurkunde in Einklang steht, können gegen Handlungen und Unterlassungen der Stiftungsorgane Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde erheben.113 |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 84 - 1 Die Stiftungen stehen unter der Aufsicht des Gemeinwesens (Bund, Kanton, Gemeinde), dem sie nach ihrer Bestimmung angehören. |
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1 | Die Stiftungen stehen unter der Aufsicht des Gemeinwesens (Bund, Kanton, Gemeinde), dem sie nach ihrer Bestimmung angehören. |
1bis | Die Kantone können die ihren Gemeinden angehörenden Stiftungen der kantonalen Aufsichtsbehörde unterstellen.112 |
2 | Die Aufsichtsbehörde hat dafür zu sorgen, dass das Stiftungsvermögen seinen Zwecken gemäss verwendet wird. |
3 | Begünstigte oder Gläubiger der Stiftung, der Stifter, Zustifter und ehemalige und aktuelle Stiftungsratsmitglieder, welche ein Interesse daran haben, dass die Verwaltung der Stiftung mit Gesetz und Stiftungsurkunde in Einklang steht, können gegen Handlungen und Unterlassungen der Stiftungsorgane Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde erheben.113 |
BGE 111 II 97 S. 100
gesetzliche Grundlage in den Autonomiebereich der Stiftungsorgane ein, so verletzt sie Bundesrecht (BGE 108 II 500 mit Hinweis, BGE 106 II 269 unten; RIEMER, N. 123 zu Art. 84
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 84 - 1 Die Stiftungen stehen unter der Aufsicht des Gemeinwesens (Bund, Kanton, Gemeinde), dem sie nach ihrer Bestimmung angehören. |
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1 | Die Stiftungen stehen unter der Aufsicht des Gemeinwesens (Bund, Kanton, Gemeinde), dem sie nach ihrer Bestimmung angehören. |
1bis | Die Kantone können die ihren Gemeinden angehörenden Stiftungen der kantonalen Aufsichtsbehörde unterstellen.112 |
2 | Die Aufsichtsbehörde hat dafür zu sorgen, dass das Stiftungsvermögen seinen Zwecken gemäss verwendet wird. |
3 | Begünstigte oder Gläubiger der Stiftung, der Stifter, Zustifter und ehemalige und aktuelle Stiftungsratsmitglieder, welche ein Interesse daran haben, dass die Verwaltung der Stiftung mit Gesetz und Stiftungsurkunde in Einklang steht, können gegen Handlungen und Unterlassungen der Stiftungsorgane Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde erheben.113 |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 84 - 1 Die Stiftungen stehen unter der Aufsicht des Gemeinwesens (Bund, Kanton, Gemeinde), dem sie nach ihrer Bestimmung angehören. |
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1 | Die Stiftungen stehen unter der Aufsicht des Gemeinwesens (Bund, Kanton, Gemeinde), dem sie nach ihrer Bestimmung angehören. |
1bis | Die Kantone können die ihren Gemeinden angehörenden Stiftungen der kantonalen Aufsichtsbehörde unterstellen.112 |
2 | Die Aufsichtsbehörde hat dafür zu sorgen, dass das Stiftungsvermögen seinen Zwecken gemäss verwendet wird. |
3 | Begünstigte oder Gläubiger der Stiftung, der Stifter, Zustifter und ehemalige und aktuelle Stiftungsratsmitglieder, welche ein Interesse daran haben, dass die Verwaltung der Stiftung mit Gesetz und Stiftungsurkunde in Einklang steht, können gegen Handlungen und Unterlassungen der Stiftungsorgane Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde erheben.113 |
b) Wenn der Stiftungszweck wie im vorliegenden Fall in der Stiftungsurkunde und in sonstigen Anordnungen des Stifters nur sehr allgemein umschrieben ist, so ist es der Stiftungsaufsicht verwehrt, sich in konkrete Einzelanordnungen der zuständigen Stiftungsorgane einzumischen. Dies gilt jedenfalls so lange, als sich diese Einzelanordnungen nicht in einem offensichtlichen Widerspruch zu den Stiftungsstatuten befinden, offenbar dem Gesetz widersprechen oder in sachlich nicht gerechtfertigter und damit willkürlicher Weise den weitgesteckten Rahmen der Ermessensautonomie sprengen. Dieser Rahmen gilt auch unabhängig davon,
BGE 111 II 97 S. 101
ob die Stiftung in den letzten Jahren allenfalls ihre Tätigkeit wesentlich erweitert hat, ohne ihre Zweckbestimmung in der Stiftungsurkunde zu ändern, wie die Beschwerdeführerin geltend macht. Solange sich die Einzelanordnungen der Stiftungsorgane im Rahmen des geltenden Stiftungszweckes halten, bleibt es der Aufsichtsbehörde verwehrt, diese auf ihre Angemessenheit zu überprüfen. Ist die Stiftung Trägerin einer Ausbildungsstätte, so ist bei der Ausübung der Stiftungsaufsicht um so grössere Zurückhaltung am Platz, als die Beziehungen der Stiftung zu den Destinatären weitgehend auf einem privatrechtlichen Unterrichtsvertrag beruhen, worin die Schüler auch die Studiums- und Prüfungsgestaltung anerkennen. Soweit die Ansprüche der Beschwerdeführerin vertraglicher Natur sind, müsste sie daher den zivilprozessualen Weg beschreiten. Für den vorliegenden Fall gilt dies um so mehr, als die Verhältnisse zwischen der Beschwerdeführerin und dem Institut sehr komplex sind und deren Ansprüche nicht zum vornherein als ausgewiesen erscheinen. In Fällen, wo über die geltend gemachten Ansprüche der Destinatäre ernsthafte Zweifel bestehen, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts eine konkurrierende Zuständigkeit von Richter und Aufsichtsbehörde ausgeschlossen und der Entscheid dem Zivilrichter zu überlassen (BGE 108 II 500 E. 6). c) Zu beachten ist auch, dass anders organisierte - z.B. durch einen Verein getragene oder in die Form einer AG gekleidete - private Schulen nicht einer ähnlichen öffentlichen Aufsicht unterstehen. Es ist daher nicht einzusehen, weshalb im Bereich der konkreten Anwendung von Prüfungsreglementen auf einzelne Studierende eine staatliche Aufsicht über Stiftungsschulen gerechtfertigt sein soll, über anders organisierte private Schulen hingegen nicht. Dabei vermag auch der Hinweis der Beschwerdeführerin, das C.G. Jung-Institut befinde sich in einer Konkurrenzsituation zur öffentlichen Universität und es bestehe ein allgemeines öffentliches Interesse an den Geschehnissen an diesem Institut, nicht zu bewirken, dass die Aufsichtsbehörden Entscheide der Stiftungsorgane über den Ausschluss einzelner Absolventen von den Abschlussprüfungen zu überprüfen haben. Ebensowenig kann die Beschwerdeführerin etwas für ihren Standpunkt ableiten, indem sie eine solche Überprüfungspflicht auf die kantonalrechtliche Aufsicht über höhere öffentliche Lehranstalten abstützen will. Denn dies lässt den angefochtenen Entscheid des Regierungsrates,
BGE 111 II 97 S. 102
der sich zutreffenderweise ausschliesslich auf Bundesrecht stützt, nicht als bundesrechtswidrig erscheinen. d) Hinsichtlich der noch allein streitigen Frage, ob die Beschwerdeführerin auf willkürliche Weise exmatrikuliert worden sei, steht nun ganz offensichtlich kein konkretes öffentliches Interesse auf dem Spiel. Es geht auch nicht um ein Vorkommnis, das den Statuten, dem Stiftungszweck oder andern Anordnungen des Stifters entgegensteht. Wie die Beschwerdeführerin selbst darlegt, wurde sie aus persönlichen Gründen ausgeschlossen, die sie nach der Ansicht des Curatoriums als Jungsche Analytikerin ungeeignet erscheinen lassen. Derartige, mit der besonderen Art der Ausbildung zur Analytikerin eng zusammenhängende Kriterien der Persönlichkeitsbeurteilung lassen sich schlechterdings nicht zum Gegenstand einer Aufsichtsbeschwerde machen. Die Frage, ob in der Persönlichkeitsstruktur der Beschwerdeführerin genügend schwerwiegende Gründe liegen, um diese nicht zu den weiteren Diplomprüfungen zuzulassen und vom Institut auszuschliessen, entzieht sich der Prüfung der stiftungsrechtlichen Aufsichtsbehörden. Diese wären, wie gerade der vorliegende Fall zeigt, zu einer solchen Beurteilung fachlich auch kaum in der Lage.