111 II 206
43. Verfügung des Präsidenten der I. Zivilabteilung vom 5. September 1985 i.S. X. gegen Y. und Z. (Berufung)
Regeste (de):
- Art. 150 Abs. 2
OG.
- Erweisliche Zahlungsunfähigkeit im Sinne dieser Bestimmung ergibt sich in der Regel aus feststellbaren Betreibungshandlungen, ist aber nicht leichthin anzunehmen; insbesondere taugen Betreibungen, selbst häufige, nicht zum Beweis, wenn sie wegen Rechtsvorschlages des Schuldners weder zu einer Pfändung noch zu einer Konkursandrohung geführt haben.
Regeste (fr):
- Art. 150 al. 2 OJ.
- L'insolvabilité établie, au sens de cette disposition, résulte en règle générale d'actes de poursuite constatables, mais elle ne doit pas être admise à la légère; des poursuites, même fréquentes, ne suffisent pas à cette preuve lorsque, par suite d'opposition du débiteur, elles n'ont pas abouti à une saisie ni à une commination de faillite.
Regesto (it):
- Art. 150 cpv. 2
OG.
- L'accertata insolvenza, ai sensi di questa disposizione, risulta, di regola, da atti esecutivi accertabili, ma non va ammessa alla leggera; esecuzioni, anche frequenti, non bastano a fornire tale prova ove, in seguito ad opposizione del debitore, non abbiano dato luogo a pignoramento o a comminatoria di fallimento.
Erwägungen ab Seite 206
BGE 111 II 206 S. 206
Erwägungen:
1. Erweislich zahlungsunfähig ist nach Lehre und Rechtsprechung, wer weder über die Mittel verfügt, fällige Verbindlichkeiten zu erfüllen, noch über den erforderlichen Kredit, sich diese Mittel nötigenfalls zu beschaffen (Urteil des Kassationsgerichts Zürich in SJZ 77/1981 S. 198 ff. und dort zitierte Literatur). Die kantonalen Prozessgesetze, die neben oder anstelle des allgemeinen Kautionsgrundes der Zahlungsunfähigkeit enumerativ Einzelgründe aufführen, verlangen durchwegs das Vorliegen von Verlustscheinen, die Konkurseröffnung oder die Einreichung eines Gesuches um Nachlassstundung (§ 73 Ziff. 3 ZPO/ZH und STRÄULI/MESSMER, N. 18 dazu; Art. 70 Ziff. 2 ZPO/BE und LEUCH, N. 5 f. dazu; Art. 149 Ziff. 1-3 ZPO/SG). Das Bundesgericht hatte bisher einzig Gelegenheit, die Einreichung eines Gesuches um Nachlassstundung
BGE 111 II 206 S. 207
als Beweis für die Zahlungsunfähigkeit anzuerkennen (BGE 79 II 304 E. 3). Dass eine Zahlungsunfähigkeit nicht leichthin angenommen werden darf, folgt einerseits aus dem Wortlaut von Art. 150 Abs. 2


2. Die Gesuchsteller berufen sich darauf, der Berufungsbeklagte sei in den letzten Jahren häufig betrieben worden. Der eingereichte Auszug aus dem Register des Betreibungsamtes Wil weist für das Jahr 1982 fünfzehn, für das Jahr 1983 zwei, für das Jahr 1984 drei und für das Jahr 1985 (bis Ende August) fünf Betreibungen aus. Es erscheint fraglich, ob bei diesen Zahlen, besonders was die Jahre 1983 bis 1985 betrifft, bereits von aussergewöhnlich häufigen Betreibungen gesprochen werden kann, wobei insbesondere bei den fünf Betreibungen aus dem Jahr 1985 auffällt, dass vier davon von der gleichen Gläubigerin für einen nahezu gleichen Betrag in regelmässigen Abständen angehoben worden sind. Die Frage braucht indessen nicht beantwortet zu werden. Entscheidend ist, dass der Berufungsbeklagte in sämtlichen Betreibungen Rechtsvorschlag erhoben hat und dass keine von ihnen zu einer Pfändung oder Konkursandrohung geführt hat. Unter solchen Umständen vermögen zwar häufige Betreibungen allenfalls einen gewissen Verdacht, keinesfalls aber den von Art. 150 Abs. 2

3. Auch die weitern im Gesuch aufgeführten Argumente sind nicht geeignet, den verlangten Nachweis zu erbringen: a) Bei der heute bloss summarisch vorzunehmenden Prüfung kann nicht gesagt werden, die Berufung sei offensichtlich aussichtslos. Wäre das übrigens der Fall, bestünde für die Berufungsbeklagten kein Anlass, eine Berufungsantwort einzureichen, und die Sicherstellung von Parteikosten würde sich erübrigen. Unzutreffend
BGE 111 II 206 S. 208
ist, dass der Berufungskläger in seiner kantonalen Kassationsbeschwerde keinen einzigen zulässigen Nichtigkeitsgrund angerufen habe; das Kassationsgericht hat die Beschwerde nicht ausschliesslich durch Nichteintreten, sondern teilweise durch Abweisung erledigt. b) In der Berufungsschrift ist nicht von der Sicherstellung einer allfälligen Parteientschädigung im Sinne von Art. 150 Abs. 2

Dispositiv
Demnach wird verfügt:
Das Gesuch um Sicherstellung einer allfälligen Parteientschädigung wird abgewiesen.