110 V 36
7. Auszug aus dem Urteil vom 10. Januar 1984 i.S. Renner gegen Ausgleichskasse des Schweizer Hotelier-Vereins und Rekurskommission Uri für die AHV/IV/EO
Regeste (de):
- Art. 84
SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)
AHVG Art. 84 Besondere Zuständigkeit - Über Beschwerden gegen Verfügungen und Einspracheentscheide kantonaler Ausgleichskassen entscheidet in Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG387 das Versicherungsgericht am Ort der Ausgleichskasse.
- Art. 20 Abs. 3
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 20 - 1 Berechnet sich eine Frist nach Tagen und bedarf sie der Mitteilung an die Parteien, so beginnt sie an dem auf ihre Mitteilung folgenden Tage zu laufen.
1 Berechnet sich eine Frist nach Tagen und bedarf sie der Mitteilung an die Parteien, so beginnt sie an dem auf ihre Mitteilung folgenden Tage zu laufen. 2 Bedarf sie nicht der Mitteilung an die Parteien, so beginnt sie an dem auf ihre Auslösung folgenden Tage zu laufen. 2bis Eine Mitteilung, die nur gegen Unterschrift des Adressaten oder einer anderen berechtigten Person überbracht wird, gilt spätestens am siebenten Tag nach dem ersten erfolglosen Zustellungsversuch als erfolgt.51 3 Ist der letzte Tag der Frist ein Samstag, ein Sonntag oder ein vom Bundesrecht oder vom kantonalen Recht anerkannter Feiertag, so endet sie am nächstfolgenden Werktag. Massgebend ist das Recht des Kantons, in dem die Partei oder ihr Vertreter Wohnsitz oder Sitz hat.52
Regeste (fr):
- Art. 84 LAVS: Régularité de la notification. Est valable la notification d'une décision recommandée, remise au guichet postal à un tiers qui est titulaire d'une simple procuration tacite, résultant des circonstances (consid. 3b).
- Art. 20 al. 3 PA: Calcul du délai. Cette disposition a un caractère exhaustif. Pas de prolongation d'un délai dont le dernier jour échoit la veille d'un jour férié selon le droit cantonal (consid. 3c).
Regesto (it):
- Art. 84 LAVS: Regolarità della notificazione. È valida la notificazione di una decisione raccomandata consegnata allo sportello postale ad un terzo titolare di un semplice mandato tacito, risultante dalle circostanze (consid. 3b).
- Art. 20 cpv. 3 PA: Computo del termine. Detta disposizione è di carattere esaustivo. Nessuna proroga del termine il cui ultimo giorno scade alla vigilia di un giorno festivo secondo il diritto cantonale (consid. 3c).
Sachverhalt ab Seite 36
BGE 110 V 36 S. 36
Aufgrund einer Arbeitgeberkontrolle erliess die Ausgleichskasse HOTELA am 7. Mai 1982 gegenüber Felix und Silvan Renner, Inhaber des Hotels T., eine Nachzahlungsverfügung für die Jahre 1977 bis 1980. Auf die hiegegen eingereichte Beschwerde trat die Rekurskommission Uri für die AHV/IV/EO wegen Verspätung nicht ein (Entscheid vom 17. Februar 1983).
BGE 110 V 36 S. 37
Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde lassen Felix und Silvan Renner beantragen, der Entscheid der Rekurskommission und die Kassenverfügung seien aufzuheben und das Eidg. Versicherungsgericht habe über die Höhe der geschuldeten Beiträge zu urteilen bzw. die Sache zu neuer Verfügung an die Ausgleichskasse, eventualiter an die Rekurskommission zurückzuweisen. Ausgleichskasse und Bundesamt für Sozialversicherung schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Der Instruktionsrichter hat beim Postamt A. eine Auskunft eingeholt und dem Rechtsvertreter von Felix und Silvan Renner Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Dieser hält an den gestellten Anträgen fest.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Nach Art. 84 Abs. 1
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SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 84 Besondere Zuständigkeit - Über Beschwerden gegen Verfügungen und Einspracheentscheide kantonaler Ausgleichskassen entscheidet in Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG387 das Versicherungsgericht am Ort der Ausgleichskasse. |
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SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 84 Besondere Zuständigkeit - Über Beschwerden gegen Verfügungen und Einspracheentscheide kantonaler Ausgleichskassen entscheidet in Abweichung von Artikel 58 Absatz 1 ATSG387 das Versicherungsgericht am Ort der Ausgleichskasse. |
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SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 96 |
3. a) Die Vorinstanz stellt in ihrem Entscheid fest, dass die Kassenverfügung den Beschwerdeführern am 10. Mai 1982 zugestellt worden sei, dass die 30tägige Frist demnach am folgenden Tag zu laufen begonnen und am 9. Juni 1982 geendet habe. Die erst am 11. Juni 1982 der Post übergebene Beschwerde sei damit verspätet. Für den Beginn der Frist beruft sich die Vorinstanz dabei zu Unrecht auf kantonales Recht, was allerdings, da es mit dem Bundesrecht in diesem Punkt übereinstimmt, im Ergebnis ohne Bedeutung ist.
b) In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde bringen die Beschwerdeführer zunächst vor, die Kassenverfügung sei ihnen nicht ordnungsgemäss zugestellt worden; die Post habe die Verfügung am 10. Mai 1982 "einem gewissen Franz Lorber" ausgehändigt, der weder Angestellter des Hotels T. sei noch eine Zeichnungsberechtigung für den Betrieb besitze; die Beschwerdeführer hätten
BGE 110 V 36 S. 38
die Verfügung nach mehrtägiger Abwesenheit in jener Zeit erst am 15. Mai 1982 erhalten. Damit ziehen sie die Richtigkeit der vorinstanzlichen Feststellung über den Zustellungszeitpunkt in Zweifel. Laut Akten übergab die Ausgleichskasse ihre Verfügung am 7. Mai 1982 eingeschrieben der Post in Montreux. Da der Postbote in A. beim Zustellungsversuch anscheinend keine empfangsberechtigte Person antraf, brachte er auf dem Briefumschlag den Vermerk "Frist 17.5." an und hinterliess eine Abholungseinladung (vgl. Art. 157 Verordnung 1 zum Postverkehrsgesetz, SR 783.01). Wie das Postamt A. auf Anfrage am 5. September 1983 mitteilte, habe Franz Lorber diese Abholungseinladung am 10. Mai 1982 am Schalter vorgewiesen und erklärt, von einem der Beschwerdeführer mit der Abholung der Sendung beauftragt worden zu sein, worauf ihm die Schalterbeamtin den Brief der Ausgleichskasse ausgehändigt habe. Das Postamt fügte bei, dass Franz Lorber "zeitweise Postkommissionen für das Hotel T." besorge. Dem halten die Beschwerdeführer im zweiten Schriftenwechsel entgegen, Franz Lorber sei nicht empfangsbevollmächtigt gewesen; zwar sei er in den Besitz der Abholungseinladung gekommen, doch sei ihm diese nicht von den Beschwerdeführern ausgehändigt worden. Die Einwendungen der Beschwerdeführer sind nicht stichhaltig. Ob Franz Lorber die Abholungseinladung von einem der Beschwerdeführer oder - in ihrer Abwesenheit - allenfalls von einem Angestellten des Betriebs erhalten hat, ist unerheblich; die Beschwerdeführer machen jedenfalls nicht geltend, Franz Lorber sei unbefugterweise in den Besitz der Abholungseinladung gelangt. Auch wird von ihnen nicht bestritten, dass Franz Lorber für ihren Betrieb zuweilen Postkommissionen besorgt und dass er in dieser Eigenschaft dem Personal des Postamtes in A. bekannt ist. Wenn die Schalterbeamtin unter diesen Umständen gegen die Vorweisung der Abholungseinladung die Sendung ohne schriftliche Vollmacht der Beschwerdeführer aushändigte, so kann darin kein Verstoss gegen einschlägige Vorschriften erblickt werden. Art. 149 Verordnung 1 zum Postverkehrsgesetz sieht die Schriftlichkeit nur als Regelfall vor und schliesst eine stillschweigende Bevollmächtigung aufgrund eines bestimmten Verhaltens des Adressaten nicht aus (TUASON/ROMANENS, Das Recht der Schweizerischen PTT-Betriebe, 3. Aufl., S. 75 f.). Demnach ist davon auszugehen, dass die Kassenverfügung vom 7. Mai 1982 den Beschwerdeführern am 10. Mai 1982 rechtsgültig zugestellt worden ist. c) Gemäss Art. 20 Abs. 1
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SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 20 - 1 Berechnet sich eine Frist nach Tagen und bedarf sie der Mitteilung an die Parteien, so beginnt sie an dem auf ihre Mitteilung folgenden Tage zu laufen. |
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1 | Berechnet sich eine Frist nach Tagen und bedarf sie der Mitteilung an die Parteien, so beginnt sie an dem auf ihre Mitteilung folgenden Tage zu laufen. |
2 | Bedarf sie nicht der Mitteilung an die Parteien, so beginnt sie an dem auf ihre Auslösung folgenden Tage zu laufen. |
2bis | Eine Mitteilung, die nur gegen Unterschrift des Adressaten oder einer anderen berechtigten Person überbracht wird, gilt spätestens am siebenten Tag nach dem ersten erfolglosen Zustellungsversuch als erfolgt.51 |
3 | Ist der letzte Tag der Frist ein Samstag, ein Sonntag oder ein vom Bundesrecht oder vom kantonalen Recht anerkannter Feiertag, so endet sie am nächstfolgenden Werktag. Massgebend ist das Recht des Kantons, in dem die Partei oder ihr Vertreter Wohnsitz oder Sitz hat.52 |
BGE 110 V 36 S. 39
Falle am 11. Mai 1982 zu laufen. Der 30. Tag fiel somit auf den Mittwoch, 9. Juni 1982. Die Beschwerdeführer machen jedoch geltend, die Frist habe erst am Freitag, 11. Juni 1982, geendet. Zur Begründung führen sie aus, der Donnerstag, 10. Juni 1982, sei ein kantonal anerkannter Feiertag (Fronleichnam) gewesen; der Vortag müsse darum wie ein ordentlicher Samstag behandelt, d.h. einem anerkannten Feiertag gleichgestellt werden, weil auch an solchen Vortagen Geschäfte, Postbetriebe sowie Industrie- und Gewerbebetriebe ebenso frühzeitig schlössen. Dabei berufen sie sich auf das Bundesgesetz über den Fristenlauf an Samstagen vom 21. Juni 1963 (SR 173.110.3). Laut dem hier gemäss Art. 96
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SR 831.10 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) AHVG Art. 96 |
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SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 20 - 1 Berechnet sich eine Frist nach Tagen und bedarf sie der Mitteilung an die Parteien, so beginnt sie an dem auf ihre Mitteilung folgenden Tage zu laufen. |
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1 | Berechnet sich eine Frist nach Tagen und bedarf sie der Mitteilung an die Parteien, so beginnt sie an dem auf ihre Mitteilung folgenden Tage zu laufen. |
2 | Bedarf sie nicht der Mitteilung an die Parteien, so beginnt sie an dem auf ihre Auslösung folgenden Tage zu laufen. |
2bis | Eine Mitteilung, die nur gegen Unterschrift des Adressaten oder einer anderen berechtigten Person überbracht wird, gilt spätestens am siebenten Tag nach dem ersten erfolglosen Zustellungsversuch als erfolgt.51 |
3 | Ist der letzte Tag der Frist ein Samstag, ein Sonntag oder ein vom Bundesrecht oder vom kantonalen Recht anerkannter Feiertag, so endet sie am nächstfolgenden Werktag. Massgebend ist das Recht des Kantons, in dem die Partei oder ihr Vertreter Wohnsitz oder Sitz hat.52 |
Auszugehen ist somit davon, dass die am 11. Mai 1982 eröffnete 30tägige Frist am 9. Juni 1982 ablief. Die erst am 11. Juni 1982 der Post übergebene Beschwerde erweist sich damit als verspätet, wie die Vorinstanz in ihrem Entscheid zutreffend ausführt.