109 IV 65
19. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 17. November 1983 i.S. R. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):
- Art. 19
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 19 - 1 War der Täter zur Zeit der Tat nicht fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so ist er nicht strafbar.
1 War der Täter zur Zeit der Tat nicht fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so ist er nicht strafbar. 2 War der Täter zur Zeit der Tat nur teilweise fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so mildert das Gericht die Strafe. 3 Es können indessen Massnahmen nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b und 67e getroffen werden.15 4 Konnte der Täter die Schuldunfähigkeit oder die Verminderung der Schuldfähigkeit vermeiden und dabei die in diesem Zustand begangene Tat voraussehen, so sind die Absätze 1-3 nicht anwendbar. SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 20 - Besteht ernsthafter Anlass, an der Schuldfähigkeit des Täters zu zweifeln, so ordnet die Untersuchungsbehörde oder das Gericht die sachverständige Begutachtung durch einen Sachverständigen an.
- Wer sich über Lebensvorgänge oder Umstände irrt, welche einem objektiven Tatbestandsmerkmal entsprechen (z.B. über die Fremdheit einer weggenommenen Sache), befindet sich in einer irrigen Vorstellung über den rechtserheblichen Sachverhalt im Sinne von Art. 19
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 19 - 1 War der Täter zur Zeit der Tat nicht fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so ist er nicht strafbar.
1 War der Täter zur Zeit der Tat nicht fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so ist er nicht strafbar. 2 War der Täter zur Zeit der Tat nur teilweise fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so mildert das Gericht die Strafe. 3 Es können indessen Massnahmen nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b und 67e getroffen werden.15 4 Konnte der Täter die Schuldunfähigkeit oder die Verminderung der Schuldfähigkeit vermeiden und dabei die in diesem Zustand begangene Tat voraussehen, so sind die Absätze 1-3 nicht anwendbar. SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 20 - Besteht ernsthafter Anlass, an der Schuldfähigkeit des Täters zu zweifeln, so ordnet die Untersuchungsbehörde oder das Gericht die sachverständige Begutachtung durch einen Sachverständigen an.
Regeste (fr):
- Art. 19, 20 CP.
- Celui qui se méprend sur des circonstances personnelles ou matérielles qui constituent l'élément objectif d'une infraction (par exemple l'appartenance à autrui d'un objet que l'on emporte) se trouve sous l'influence d'une appréciation erronée des faits au sens de l'art. 19 CP. L'art. 20 CP en revanche ne s'applique qu'à l'erreur sur l'illicéité d'un comportement déterminé.
Regesto (it):
- Art. 19, 20 CP.
- Chi versa in errore su circostanze personali o sostanziali che costituiscono l'elemento obiettivo di un reato (ad esempio, l'appartenenza ad altri di una cosa sottratta) suppone erroneamente circostanze di fatto ai sensi dell'art. 19 CP. L'art. 20 CP si applica esclusivamente laddove l'errore verte sull'illiceità di un determinato comportamento.
Sachverhalt ab Seite 65
BGE 109 IV 65 S. 65
A.- Am 17. August 1979 wurde vom Schweinehändler G. eine als Auftragsbestätigung bezeichnete vertragliche Abmachung mit der Firma R. AG unterzeichnet. Nach dem Inhalt dieses Schriftstückes verpflichtete sich die Firma R. zur Lieferung der Bauelemente für den Neubau eines Schweinezuchtstalles; zu den vertraglich versprochenen Leistungen gehörte auch das Anfertigen und Vervielfältigen sämtlicher Ausführungs- und Armierungspläne sowie die Bauleitung bis zur schlüsselfertigen Übergabe der Anlage. Als Bauherr war S. angeführt. Die Auftragsbestätigung der Firma R. richtete sich an den Geldgeber G. und wurde nur von diesem unterschrieben, nicht vom Grundeigentümer S.
BGE 109 IV 65 S. 66
Nach Lieferung der Elemente und nachdem der Bau des Schweinestalles begonnen war, wurde die Liegenschaft des S. betreibungsrechtlich verwertet. Neuer Eigentümer des Grundstückes wurde O. Die Firma R. erhielt aus dem Verwertungserlös aufgrund eines Bauhandwerkerpfandrechtes Fr. 20'287.--. Auf dem versteigerten Grundstück blieb verschiedenes Baumaterial zurück, das nicht Gegenstand der Versteigerung gebildet hatte und vom neuen Eigentümer O. nicht übernommen wurde. Nach Korrespondenz mit dem Anwalt des G. und Konsultation des eigenen Rechtsvertreters beauftragte R. als verantwortlicher Geschäftsführer der Firma R. AG einen Angestellten, das restliche Baumaterial (im angeblichen Wert von Fr. 24'151.60) auf der Baustelle abzuholen. - S., der frühere Eigentümer der Liegenschaft, erstattete in der Folge Strafanzeige und machte geltend, er sei Eigentümer des abtransportierten Materials.
B.- Das Bezirksgericht Steckborn sprach R. mit Entscheid vom 26. Mai/20. Juni 1983 des Diebstahls schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingt aufgeschobenen Strafe von 20 Tagen Gefängnis. Auf Berufung des R. erkannte das Obergericht des Kantons Thurgau am 27. September 1983, dieser sei im Sinne der Art. 137 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 137 - 1. Wer sich eine fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird, wenn nicht die besonderen Voraussetzungen der Artikel 138-140 zutreffen, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer sich eine fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird, wenn nicht die besonderen Voraussetzungen der Artikel 138-140 zutreffen, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Hat der Täter die Sache gefunden oder ist sie ihm ohne seinen Willen zugekommen, |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 143 - 1 Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, sich oder einem andern elektronisch oder in vergleichbarer Weise gespeicherte oder übermittelte Daten beschafft, die nicht für ihn bestimmt und gegen seinen unbefugten Zugriff besonders gesichert sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, sich oder einem andern elektronisch oder in vergleichbarer Weise gespeicherte oder übermittelte Daten beschafft, die nicht für ihn bestimmt und gegen seinen unbefugten Zugriff besonders gesichert sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Die unbefugte Datenbeschaffung zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 20 - Besteht ernsthafter Anlass, an der Schuldfähigkeit des Täters zu zweifeln, so ordnet die Untersuchungsbehörde oder das Gericht die sachverständige Begutachtung durch einen Sachverständigen an. |
C.- R. führt gegen dieses Urteil des Obergerichtes Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben, und die Sache sei zur Neubeurteilung im Sinne eines Freispruches von sämtlichen Anklagepunkten an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. Wie auch immer die getroffene Vereinbarung unter zivilrechtlichen Aspekten letztlich einzuordnen sein mag, auf jeden Fall ist dem Beschwerdeführer nach den Feststellungen der Vorinstanz zugute zu halten, dass er nicht eine fremde Sache rechtswidrig wegnehmen und sich aneignen wollte, sondern nach Fühlungnahme mit dem eigenen Anwalt und dem Rechtsvertreter des Vertragspartners G. davon ausging, er nehme Ware zurück, die im Rahmen eines Werkvertrages vor der Verarbeitung gar nie in das Eigentum des Bestellers übergegangen war oder im Rahmen eines Kaufvertrages zwar geliefert, aber mit Zustimmung des vom Vertrag
BGE 109 IV 65 S. 67
zurücktretenden Käufers G. wieder abzuholen sei. Die Vorinstanz betrachtete dies als Rechtsirrtum und brachte daher Art. 20
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 20 - Besteht ernsthafter Anlass, an der Schuldfähigkeit des Täters zu zweifeln, so ordnet die Untersuchungsbehörde oder das Gericht die sachverständige Begutachtung durch einen Sachverständigen an. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 20 - Besteht ernsthafter Anlass, an der Schuldfähigkeit des Täters zu zweifeln, so ordnet die Untersuchungsbehörde oder das Gericht die sachverständige Begutachtung durch einen Sachverständigen an. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 19 - 1 War der Täter zur Zeit der Tat nicht fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so ist er nicht strafbar. |
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1 | War der Täter zur Zeit der Tat nicht fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so ist er nicht strafbar. |
2 | War der Täter zur Zeit der Tat nur teilweise fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so mildert das Gericht die Strafe. |
3 | Es können indessen Massnahmen nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b und 67e getroffen werden.15 |
4 | Konnte der Täter die Schuldunfähigkeit oder die Verminderung der Schuldfähigkeit vermeiden und dabei die in diesem Zustand begangene Tat voraussehen, so sind die Absätze 1-3 nicht anwendbar. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 20 - Besteht ernsthafter Anlass, an der Schuldfähigkeit des Täters zu zweifeln, so ordnet die Untersuchungsbehörde oder das Gericht die sachverständige Begutachtung durch einen Sachverständigen an. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 19 - 1 War der Täter zur Zeit der Tat nicht fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so ist er nicht strafbar. |
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1 | War der Täter zur Zeit der Tat nicht fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so ist er nicht strafbar. |
2 | War der Täter zur Zeit der Tat nur teilweise fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so mildert das Gericht die Strafe. |
3 | Es können indessen Massnahmen nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b und 67e getroffen werden.15 |
4 | Konnte der Täter die Schuldunfähigkeit oder die Verminderung der Schuldfähigkeit vermeiden und dabei die in diesem Zustand begangene Tat voraussehen, so sind die Absätze 1-3 nicht anwendbar. |
BGE 109 IV 65 S. 68
Auffassung der Vorinstanz sich als richtig erweisen sollte, so hat der Beschwerdeführer aufgrund seiner - unter diesen Umständen irrigen - Vorstellung über den Sachverhalt, insbesondere über die Gewahrsams- und Eigentumsverhältnisse, durch den Abtransport des Materials weder Art. 137
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 137 - 1. Wer sich eine fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird, wenn nicht die besonderen Voraussetzungen der Artikel 138-140 zutreffen, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer sich eine fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird, wenn nicht die besonderen Voraussetzungen der Artikel 138-140 zutreffen, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Hat der Täter die Sache gefunden oder ist sie ihm ohne seinen Willen zugekommen, |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 143 - 1 Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, sich oder einem andern elektronisch oder in vergleichbarer Weise gespeicherte oder übermittelte Daten beschafft, die nicht für ihn bestimmt und gegen seinen unbefugten Zugriff besonders gesichert sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, sich oder einem andern elektronisch oder in vergleichbarer Weise gespeicherte oder übermittelte Daten beschafft, die nicht für ihn bestimmt und gegen seinen unbefugten Zugriff besonders gesichert sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Die unbefugte Datenbeschaffung zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt. |
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
In Gutheissung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 27. September 1983 aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen zur Freisprechung des Beschwerdeführers.