Urteilskopf

108 II 325

63. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 18. Oktober 1982 i.S. Europea Tosolini und Mitbeteiligte gegen EVG Entwicklungs- und Verwaltungsgesellschaft mbH (Berufung)
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Erwägungen ab Seite 325

BGE 108 II 325 S. 325

Aus den Erwägungen:

1. Gegenstand der Berufung ist nach übereinstimmender Erklärung der Parteien ausschliesslich die Frage, ob das Handelsgericht durch Verneinung der Erfindungshöhe Bundesrecht verletzt hat. Während dem angefochtenen Urteil das Patentgesetz in der Fassung von 1954 zugrunde liegt, berufen sich die Beklagten auf die Fassung von 1976, wonach nicht patentfähig ist, was sich in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt (Art. 1 Abs. 2
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 1
1    Für neue gewerblich anwendbare Erfindungen werden Erfindungspatente erteilt.
2    Was sich in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik (Art. 7 Abs. 2) ergibt, ist keine patentierbare Erfindung.7
3    Die Patente werden ohne Gewährleistung des Staates erteilt.8
PatG). a) Auch die Beklagten gehen zutreffend davon aus, dass sich für das Streitpatent die "Nichtigkeitsgründe" weiterhin nach altem Recht beurteilen (Art. 142 Abs. 2 lit. c
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 142 - Patente, die beim Inkrafttreten der Änderung vom 22. Juni 2007 dieses Gesetzes noch nicht erloschen sind, unterstehen von diesem Zeitpunkt an dem neuen Recht. Die Nichtigkeitsgründe richten sich weiterhin nach dem alten Recht.284
PatG). Sie wollen das jedoch nur insoweit gelten lassen, als es sich um den Katalog der Nichtigkeitsgründe in Art. 26
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 26
1    Der Richter stellt auf Klage hin die Nichtigkeit des Patents fest, wenn:
a  der Gegenstand des Patents nach den Artikeln 1, 1a, 1b und 2 nicht patentierbar ist;
b  die Erfindung in der Patentschrift nicht so dargelegt ist, dass der Fachmann sie ausführen kann;
c  der Gegenstand des Patents über den Inhalt des Patentgesuchs in der für das Anmeldedatum massgebenden Fassung hinausgeht;
d  der Patentinhaber weder der Erfinder noch dessen Rechtsnachfolger ist noch aus einem andern Rechtsgrund ein Recht auf das Patent hatte.69
2    Ist ein Patent unter Anerkennung einer Priorität erteilt worden und hat die Anmeldung, deren Priorität beansprucht ist, nicht zum Patent geführt, so kann der Richter vom Patentinhaber verlangen, die Gründe anzugeben und Beweismittel vorzulegen; wird die Auskunft verweigert, so würdigt dies der Richter nach freiem Ermessen.70
PatG handelt, nicht aber für die Definition der Erfindung in Art. 1
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 1
1    Für neue gewerblich anwendbare Erfindungen werden Erfindungspatente erteilt.
2    Was sich in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik (Art. 7 Abs. 2) ergibt, ist keine patentierbare Erfindung.7
3    Die Patente werden ohne Gewährleistung des Staates erteilt.8
PatG. Einer solchen Differenzierung
BGE 108 II 325 S. 326

dürfte indes schon der Wortlaut von Art. 26 Ziff. 1 aPatG entgegenstehen, wonach ein Patent nichtig zu erklären ist, "wenn die Voraussetzungen des ersten Absatzes von Art. 1 nicht erfüllt sind". Welches diese Voraussetzungen sind, bildet demnach Teil des Nichtigkeitsgrundes, für den insgesamt altes Recht anzuwenden ist. Richtig ist freilich, dass mit dem Beitritt zum Europäischen Patentharmonisierungsabkommen und mit der Anpassung des Patentgesetzes die bisherigen Anforderungen an die Erfindungshöhe gemildert werden sollten (Botschaft des Bundesrates zur Änderung des Patentgesetzes vom 24. März 1976, BBl 1976 II 67). Entgegen der Meinung der Beklagten heisst das keineswegs, dass diese Grundsätze auch auf Altpatente anzuwenden seien. Die Übergangsbestimmung von Artikel 12 des Abkommens (BBl 1976 II 135 f.) bezieht sich nur auf neue Patenterteilungen und besagt nichts für die Behandlung von Altpatenten.
Entscheidend ist jedoch der zutreffende Hinweis der Klägerin, dass bei der Revision des Patentgesetzes die Beibehaltung der bisherigen Nichtigkeitsgründe für Altpatente ausdrücklich damit begründet wurde, nur so werde "eine nicht beabsichtigte Rückwirkung des neuen Gesetzes", das die Patentierbarkeitsvoraussetzungen ändere, vermieden (BBl 1976 II 115). Dies setzt indessen voraus, dass Art. 1 ebenfalls in der früheren Fassung angewandt wird. Das entspricht denn auch Lehre und Rechtsprechung zu Art. 112 lit. a
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 1
1    Für neue gewerblich anwendbare Erfindungen werden Erfindungspatente erteilt.
2    Was sich in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik (Art. 7 Abs. 2) ergibt, ist keine patentierbare Erfindung.7
3    Die Patente werden ohne Gewährleistung des Staates erteilt.8
aPatG, der gleich lautet wie die Übergangsbestimmung von Art. 142 Abs. 1 lit. c
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 142 - Patente, die beim Inkrafttreten der Änderung vom 22. Juni 2007 dieses Gesetzes noch nicht erloschen sind, unterstehen von diesem Zeitpunkt an dem neuen Recht. Die Nichtigkeitsgründe richten sich weiterhin nach dem alten Recht.284
PatG (BGE 89 II 164 E. 3, BGE 93 II 509 E. 3). In Übereinstimmung mit dem angefochtenen Urteil ist daher die Frage der Erfindungshöhe nach altem Recht zu beurteilen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 108 II 325
Datum : 18. Oktober 1982
Publiziert : 31. Dezember 1982
Quelle : Bundesgericht
Status : 108 II 325
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Erfindungshöhe, Übergangsrecht. Die Frage der Erfindungshöhe beurteilt sich für Altpatente nicht nach Art. 1 des Patentgesetzes


Gesetzesregister
PatG: 1 
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 1
1    Für neue gewerblich anwendbare Erfindungen werden Erfindungspatente erteilt.
2    Was sich in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik (Art. 7 Abs. 2) ergibt, ist keine patentierbare Erfindung.7
3    Die Patente werden ohne Gewährleistung des Staates erteilt.8
26 
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 26
1    Der Richter stellt auf Klage hin die Nichtigkeit des Patents fest, wenn:
a  der Gegenstand des Patents nach den Artikeln 1, 1a, 1b und 2 nicht patentierbar ist;
b  die Erfindung in der Patentschrift nicht so dargelegt ist, dass der Fachmann sie ausführen kann;
c  der Gegenstand des Patents über den Inhalt des Patentgesuchs in der für das Anmeldedatum massgebenden Fassung hinausgeht;
d  der Patentinhaber weder der Erfinder noch dessen Rechtsnachfolger ist noch aus einem andern Rechtsgrund ein Recht auf das Patent hatte.69
2    Ist ein Patent unter Anerkennung einer Priorität erteilt worden und hat die Anmeldung, deren Priorität beansprucht ist, nicht zum Patent geführt, so kann der Richter vom Patentinhaber verlangen, die Gründe anzugeben und Beweismittel vorzulegen; wird die Auskunft verweigert, so würdigt dies der Richter nach freiem Ermessen.70
112  142
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 142 - Patente, die beim Inkrafttreten der Änderung vom 22. Juni 2007 dieses Gesetzes noch nicht erloschen sind, unterstehen von diesem Zeitpunkt an dem neuen Recht. Die Nichtigkeitsgründe richten sich weiterhin nach dem alten Recht.284
BGE Register
108-II-325 • 89-II-156 • 93-II-504
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • frage • nicht naheliegen • entscheid • bundesgesetz über die erfindungspatente • voraussetzung • mais • richtigkeit • nichtigkeit • handelsgericht • erfinder • stand der technik
BBl
1976/II/115 • 1976/II/135 • 1976/II/67