107 II 41
8. Urteil der II. Zivilabteilung vom 28. Januar 1981 i.S. M. gegen Autocenter T. AG (Berufung)
Regeste (de):
- Gutgläubiger Eigentumserwerb, Eigentumsvorbehalt.
- Ist der Gebrauchtwagenhändler unter dem Gesichtspunkt von Art. 3 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 3 - 1 Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten.
1 Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten. 2 Wer bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nicht berechtigt, sich auf den guten Glauben zu berufen.
Regeste (fr):
- Protection de l'acquéreur de bonne foi; réserve de propriété.
- L'art. 3 al. 2 CC oblige-t-il le marchand de voitures d'occasion à s'assurer, par la consultation du registre, que le véhicule qui lui est proposé n'est pas grevé d'une réserve de propriété et soustrait de ce fait au pouvoir de disposition du vendeur? On doit l'admettre en tout cas lorsque le prix demandé est exeptionnellement bas.
Regesto (it):
- Tutela dell'acquirente di buona fede. Riserva della proprietà.
- L'art. 3 cpv. 2 CC obbliga il commerciante di vetture d'occasione d'assicurarsi, mediante la consultazione del registro previsto dall'art. 715 CC, che il veicolo di cui gli è proposto l'acquisto non sia gravato da una riserva della proprietà e non sia quindi sottratto al potere di disposizione del venditore? Tale obbligo sussiste in ogni caso laddove il prezzo richiesto sia eccezionalmente basso.
Sachverhalt ab Seite 41
BGE 107 II 41 S. 41
A.- Die Autocenter T. AG verkaufte am 3. Juni 1975 ein neues Automobil Marke Ford Cougar XR 7, dessen Katalogpreis Fr. 25'000.- betrug, für Fr. 21'500.- an O., wobei sie sich bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises das Eigentum am verkauften Fahrzeug vorbehielt. Am 9. Juli 1975 wurde der Eigentumsvorbehalt ins Eigentumsvorbehaltsregister eingetragen. Obwohl O. noch keinen Rappen des Kaufpreises bezahlt hatte, verkaufte er den Wagen am 28. Oktober 1975 bei einem Kilometerstand von 12'000 zum Preise von
BGE 107 II 41 S. 42
Fr. 13'000.- dem Autohändler M. in Zürich. Dieser veräusserte ihn am folgenden Tag für Fr. 13'800.- an den Autohändler W., welcher seinerseits das Auto über den Händler H. zum Preise vom Fr. 18'000.- an einen Herrn X. weiterverkaufte.
B.- Mit Urteil vom 16. Dezember 1977 hiess das Bezirksgericht Zürich eine Schadenersatzklage der Autocenter T. AG teilweise gut und verpflichtete M., der Klägerin Fr. 18'000.- nebst 5% Zins seit 1. Juli 1976 und Fr. 20.- Zahlungsbefehlskosten zu bezahlen. Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte dieses Urteil am 2. Mai 1980 in Abweisung einer Berufung des Beklagten.
C.- Gegen das obergerichtliche Urteil hat der Beklagte kantonale Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung beim Bundesgericht eingereicht. Die erstere wurde vom Kassasionsgericht des Kantons Zürich am 27. Oktober 1980 abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden konnte. Mit der Berufung wird beantragt, das obergerichtliche Urteil sei aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin lässt Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils beantragen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Beklagte anerkennt, dass er der Klägerin schadenersatzpflichtig ist, sofern er sich nicht darauf berufen kann, er habe das Automobil gutgläubig erworben. Die Parteien sind sich auch darüber einig, dass der Beklagte vom rechtsgültig bestehenden Eigentumsvorbehalt keine Kenntnis hatte. Zu entscheiden bleibt somit einzig, ob ihm der gute Glaube im Sinne von Art. 3 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 3 - 1 Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten. |
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1 | Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten. |
2 | Wer bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nicht berechtigt, sich auf den guten Glauben zu berufen. |
2. Beide kantonalen Instanzen sind davon ausgegangen, es bestehe keine allgemeine Rechtspflicht, sich vor dem Kauf einer Sache durch Einsicht ins Eigentumsvorbehaltsregister davon zu überzeugen, dass der Dispositionsbefugnis des Verkäufers nicht ein Eigentumsvorbehalt entgegenstehe. Das ist zwar dem Grundsatz nach zutreffend; doch wird von namhaften Autoren die Auffassung vertreten, ein Kaufmann, der gewerbsmässig mit Occasionsautomobilen handle, sei unter dem Gesichtspunkt von Art. 3 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 3 - 1 Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten. |
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1 | Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten. |
2 | Wer bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nicht berechtigt, sich auf den guten Glauben zu berufen. |
BGE 107 II 41 S. 43
Einsicht zu nehmen (JÄGGI, N. 125 u. 146 zu Art. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 3 - 1 Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten. |
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1 | Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten. |
2 | Wer bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nicht berechtigt, sich auf den guten Glauben zu berufen. |
BGE 107 II 41 S. 44
vernünftigerweise bezahlt zu werden pflegte. In Zahlen belaufen sich die entsprechenden Differenzen auf Fr. 6'250.-. Fr. 3'300.- und Fr. 2'550.-. Der vom Obergericht angenommene Minimalpreis von Fr. 15'550.- trug bereits allen möglichen Herabsetzungsgründen Rechnung. Jede einigermassen ins Gewicht fallende Unterschreitung dieser Limite musste als ungewöhnlich erachtet werden und hätte dem Beklagten Anlass zu Misstrauen geben müssen. Mit Recht hat das Obergericht unter diesen Umständen weder den Preis, zu dem der Beklagte den Wagen weiterverkauft hat, noch auch die übrigen vom Beklagten angerufenen Umstände des Kaufgeschäftes als prozessentscheidend angesehen, so dass es darüber keinen Beweis abzunehmen brauchte. Schon der verdächtig tiefe Kaufpreis hätte den Beklagten veranlassen müssen, Einsicht in das Eigentumsvorbehaltsregister zu nehmen. Tat er dies nicht, so liess er es an der nach den Umständen gebotenen Aufmerksamkeit fehlen, weshalb ihm gemäss Art. 3 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 3 - 1 Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten. |
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1 | Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten. |
2 | Wer bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nicht berechtigt, sich auf den guten Glauben zu berufen. |
3. Die Höhe des vom Obergericht zugesprochenen Schadenersatzes ist vor Bundesgericht nicht mehr streitig. Die Berufung erweist sich somit als offensichtlich unbegründet.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen, und das Urteil des Obergerichts (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich vom 2. Mai 1980 wird bestätigt.