106 IV 375
92. Urteil des Kassationshofes vom 12. Dezember 1980 i.S. M. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):
- Art. 251 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen,
1 Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, 2 ...330 - Unrechtmässig ist der mit einer inhaltlich unwahren Urkunde angestrebte Beweisvorteil auch dann, wenn der falsche Beleg der Durchsetzung eines berechtigten Anspruchs dienen soll (Bestätigung der Rechtsprechung).
Regeste (fr):
- Art. 251 ch. 1 CP.
- Est illicite l'avantage obtenu en matière de preuve au moyen d'un titre dont le contenu est inexact, même si le faux document doit permettre de faire triompher une prétention légitime (confirmation de jurisprudence).
Regesto (it):
- Art. 251 n. 1 CP.
- È indebito il profitto conseguito in materia di prove per mezzo di un documento il cui contenuto non corrisponde al vero, e ciò anche se il documento falso sia destinato al soddisfacimento di una pretesa legittima (conferma della giurisprudenza).
Sachverhalt ab Seite 375
BGE 106 IV 375 S. 375
A.- M. hat als Eigentümer über die in einem Mietobjekt ausgeführten Renovationsarbeiten eine Abrechnung erstellt und sie vom Maler N. quittieren lassen. Dieses Schriftstück verwendete er in der Auseinandersetzung mit einem ehemaligen Mieter als Beleg für die Höhe der von diesem zu bezahlenden Instandstellungskosten und reichte es als Beweismittel im Forderungsprozess dem Bezirksgericht Lenzburg ein. Die in der von M. erstellten Abrechnung aufgeführten Zahlen entsprechen - entgegen dem Anschein - nicht den effektiv an N. bezahlten Beträgen. M. liess die Arbeiten in Regie durch von ihm engagierte Kräfte (Maler N. und einen Hilfsarbeiter) ausführen und lieferte das Material. Nach den Feststellungen im kantonalen Verfahren entspricht die mit der Abrechnung geforderte Summe ungefähr den Kosten, welche bei Ausführung der Arbeiten durch ein Malergeschäft entstanden wären.
B.- Während das Bezirksgericht Lenzburg M. von der gegen ihn wegen dieser Sache erhobenen Anklage des Betruges und der Urkundenfälschung freisprach, erachtete das Obergericht den Tatbestand der Urkundenfälschung als erfüllt und verurteilte M. deswegen sowie wegen einer in diesem Verfahren nicht zur Diskussion stehender Sachbeschädigung zu 6 Wochen Gefängnis.
C.- Gegen den Schuldspruch wegen Urkundenfälschung führt M. Nichtigkeitsbeschwerde.
BGE 106 IV 375 S. 376
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Dass die von M. dem Bezirksgericht als Beweismittel eingereichte, durch N. unterzeichnete Abrechnung eine Urkunde im Sinne von Art. 110 Ziff. 5
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 110 - 1 Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.154 |
|
1 | Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.154 |
2 | Familiengenossen sind Personen, die in gemeinsamem Haushalt leben. |
3 | Als Beamte gelten die Beamten und Angestellten einer öffentlichen Verwaltung und der Rechtspflege sowie die Personen, die provisorisch ein Amt bekleiden oder provisorisch bei einer öffentlichen Verwaltung oder der Rechtspflege angestellt sind oder vorübergehend amtliche Funktionen ausüben. |
3bis | Stellt eine Bestimmung auf den Begriff der Sache ab, so findet sie entsprechende Anwendung auf Tiere.155 |
4 | Urkunden sind Schriften, die bestimmt und geeignet sind, oder Zeichen, die bestimmt sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Die Aufzeichnung auf Bild- und Datenträgern steht der Schriftform gleich, sofern sie demselben Zweck dient. |
5 | Öffentliche Urkunden sind Urkunden, die von Mitgliedern einer Behörde, Beamten und Personen öffentlichen Glaubens in Wahrnehmung hoheitlicher Funktionen ausgestellt werden. Nicht als öffentliche Urkunden gelten Urkunden, die von der Verwaltung der wirtschaftlichen Unternehmungen und Monopolbetriebe des Staates oder anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Anstalten in zivilrechtlichen Geschäften ausgestellt werden. |
6 | Der Tag hat 24 aufeinander folgende Stunden. Der Monat und das Jahr werden nach der Kalenderzeit berechnet. |
7 | Untersuchungshaft ist jede in einem Strafverfahren verhängte Haft, Untersuchungs-, Sicherheits- und Auslieferungshaft. |
2. In der Begründung der Nichtigkeitsbeschwerde wird nicht in Abrede gestellt, dass M. durch die Erstellung der inhaltlich unwahren Abrechnung die objektiven Tatbestandselemente der Falschbeurkundung erfüllt hat. Der Beschwerdeführer anerkennt die Unrechtmässigkeit der Urkunde, vertritt aber die Auffassung, weil die vom Mieter mit der unrechtmässigen Urkunde geforderten Renovationskosten nicht übersetzt gewesen seien, sei der durch die inhaltlich unwahre Urkunde angestrebte Vorteil kein unrechtmässiger; es fehle das subjektive Tatbestandselement des Art. 251 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
|
1 | Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
2 | ...330 |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
|
1 | Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
2 | ...330 |
BGE 106 IV 375 S. 377
könne unmöglich den Vorteil meinen, der schon im Beweiswert der Urkunde als solchem liege; der Vorteil müsse vielmehr ein mit Hilfe des (unrechtmässigen) Beweiswertes erstrebter sein, und wenn es insoweit um die blosse Durchsetzung bestehender Rechte oder die Abwehr von Unrecht gehe, so sei das per definitionem kein unrechtmässiger Vorteil. c) Würde man im Sinne dieser Argumentation den unrechtmässigen Beweiswert nicht als unrechtmässigen Vorteil betrachten, sondern darauf abstellen, ob der mit dem unrechtmässigen Beweis erstrebte materielle Vorteil unrechtmässig sei, so hätte dies zur Folge, dass jede noch so krasse Urkundenfälschung zur Durchsetzung eines berechtigten oder vom Täter für berechtigt gehaltenen Anspruchs straflos bleiben müsste. Die Grenze des Strafbaren könnte dabei natürlich nicht so gezogen werden, dass nur jene Fälle straflos blieben, in denen aufgrund anderer Beweise die Berechtigung des mit einer falschen Urkunde vertretenen Anspruchs bewiesen wäre, sondern der Einwand, der Täter habe mit der falschen Urkunde einen berechtigten Anspruch durchsetzen wollen und somit keinen unrechtmässigen Vorteil angestrebt, wäre stets zu hören und könnte nur mit dem Beweis widerlegt werden, dass der Täter bewusst einen materiell nicht begründeten Anspruch mit Hilfe der falschen Urkunde durchsetzen wollte. Für die Annahme, der Gesetzgeber habe mit der Formulierung von Art. 251 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 251 - 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
|
1 | Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, |
2 | ...330 |
BGE 106 IV 375 S. 378
(SCHWANDER, 2. Aufl. Nr. 700). Wo hingegen die Verwendung einer falschen Urkunde der Täuschung im Rechtsverkehr dient, muss die Strafnorm nach ihrem Sinn und Zweck eingreifen, auch wenn der Täter den nicht widerlegbaren Einwand erhebt, er habe mit der falschen Urkunde einen berechtigten Anspruch durchsetzen wollen. An der bisherigen Praxis des Bundesgerichts ist daher festzuhalten.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.