106 Ib 34
7. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 29. Februar 1980 i.S. Genossenschaft Getreidesammelstelle Thalheim gegen EGV, Bachmann u. Kons. und Eidg. Getreidekommission (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste (de):
- Ermächtigung zum Betrieb einer regionalen Sammelstelle für Inlandgetreide. Art. 99 lit. d
OG.
- 1. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wegen Verweigerung einer Ermächtigung zum Betrieb einer Sammelstelle im Sinne von Art. 10bis der V 1 zum Getreidegesetz (SR 916.111.01). Rechtsnatur der Ermächtigung (E. 1).
- 2. Voraussetzungen und Bedingungen der Bewilligung im Sinne von Art. 10bis der V 1 zum Getreidegesetz.
- a) Wesen der Ermächtigung zum Betrieb einer Sammelstelle (E. 2 lit. a und b).
- b) Abgrenzung des Einzugsgebietes einer Sammelstelle (E. 2 lit. c).
- c) Anstatt das Einzugsgebiet abzugrenzen, kann die Getreideverwaltung auch die Übernahmekapazität der Sammelstelle beschränken (E. 2 lit. d).
Regeste (fr):
- Autorisation d'exploiter un centre régional de conditionnement du blé indigène. Art. 99 lit. d OJ.
- 1. Recevabilité du recours de droit administratif dirigé contre le refus d'autoriser l'exploitation d'un centre de conditionnement au sens de l'art. 10bis de l'ordonnance 1 concernant la loi sur le blé (RS 916.111.01). Nature juridique de cette autorisation (consid. 1).
- 2. Hypothèses et conditions auxquelles est soumise l'autorisation prévue à l'art. 10bis précité.
- a) Nature de l'autorisation d'exploiter un centre de conditionnement (consid. 2 lit. a et b).
- b) Délimitation du rayon d'activité d'un centre de conditionnement (consid. 2 lit. c).
- c) Au lieu de délimiter le rayon d'activité du centre de conditionnement, l'Administration fédérale des blés peut aussi restreindre sa capacité de prise en charge (consid. 2 lit. d).
Regesto (it):
- Autorizzazione ai gestire un centro regionale di raccolta di cereali indigeni. Art. 99 lett. d
OG.
- 1. Ammissibilità del ricorso di diritto amministrativo contro il diniego dell'autorizzazione di gestire un centro di raccolta ai sensi dell'art. 10bis dell'ordinanza 1 concernente la legge sui cereali (RS 916.111.01). Natura giuridica di questa autorizzazione (consid. 1).
- 2. Presupposti e condizioni dell'autorizzazione prevista dall'art. 10bis della predetta ordinanza.
- a) Natura dell'autorizzazione di gestire un centro di raccolta (consid. 2 let. a e b).
- b) Delimitazione del raggio d'azione di un centro di raccolta (consid. 2 let. c).
- c) Anziché delimitare il raggio d'azione di un centro di raccolta, l'Amministrazione federale dei cereali può restringere la capacità di tale centro di farsi carico dei cereali indigeni (consid. 2 let. d).
Erwägungen ab Seite 35
BGE 106 Ib 34 S. 35
Aus den Erwägungen:
1. Gemäss Art. 99 lit. d






BGE 106 Ib 34 S. 36
Produzenten sind folgedessen nicht verpflichtet, ihr Korn dem Bund abzuliefern (vgl. Art. 9



BGE 106 Ib 34 S. 37
dem nur unterstellt ist, wer einen öffentlichen Dienst besorgt (Art. 19

SR 170.32 Bundesgesetz vom 14. März 1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördemitglieder und Beamten (Verantwortlichkeitsgesetz, VG) - Verantwortlichkeitsgesetz VG Art. 19 - 1 Fügt ein Organ oder ein Angestellter einer mit öffentlichrechtlichen Aufgaben des Bundes betrauten und ausserhalb der ordentlichen Bundesverwaltung stehenden Organisation in Ausübung der mit diesen Aufgaben verbundenen Tätigkeit Dritten oder dem Bund widerrechtlich Schaden zu, so sind folgende Bestimmungen anwendbar: |
|
1 | Fügt ein Organ oder ein Angestellter einer mit öffentlichrechtlichen Aufgaben des Bundes betrauten und ausserhalb der ordentlichen Bundesverwaltung stehenden Organisation in Ausübung der mit diesen Aufgaben verbundenen Tätigkeit Dritten oder dem Bund widerrechtlich Schaden zu, so sind folgende Bestimmungen anwendbar: |
a | Für den einem Dritten zugefügten Schaden haftet dem Geschädigten die Organisation nach den Artikeln 3-6. Soweit die Organisation die geschuldete Entschädigung nicht zu leisten vermag, haftet der Bund dem Geschädigten für den ungedeckten Betrag. Der Rückgriff des Bundes und der Organisation gegenüber dem fehlbaren Organ oder Angestellten richtet sich nach den Artikeln 7 und 9. |
b | Für den dem Bund zugefügten Schaden haften primär die fehlbaren Organe oder Angestellten und subsidiär die Organisation. Artikel 8 und 9 sind anwendbar. |
2 | Auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit finden die Artikel 13 ff. entsprechend Anwendung. Dies gilt nicht für Angestellte und Beauftragte konzessionierter Transportunternehmen.37 |
3 | Über streitige Ansprüche von Dritten oder des Bundes gegen die Organisation sowie der Organisation gegen fehlbare Organe oder Angestellte erlässt die Organisation eine Verfügung. Das Beschwerdeverfahren richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege.38 |

BGE 106 Ib 34 S. 38
daher nicht auf, die beiden Ermächtigungen gleich zu behandeln. Im übrigen wurde damals der Charakter der Bewilligung zur Errichtung einer Milchsammelstelle nicht im Zusammenhang mit Art. 99 lit. d


2. a) Art. 23bis

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will trotz ungünstiger tatsächlicher Verhältnisse eine Getreidewirtschaft ermöglichen und versucht daher, die Getreideproduzenten in verschiedener Hinsicht zu begünstigen. Ihr Ziel und ihre Mittel werden massgebend von der freiheitlichen Grundeinstellung der schweizerischen Verfassung mitbestimmt. Dieser ist bei wirtschaftspolitischen Entscheidungen Rechnung zu tragen und zwar auch in jenen Bereichen, in denen die Handels- und Gewerbefreiheit vom Einzelnen nicht unmittelbar angerufen werden kann. Die technische Entwicklung bedingt eine gewisse Konzentration der Annahmestellen auf leistungsfähige Betriebe, die in der Lage sind, die Nachbehandlung des geernteten Getreides fachmännisch und wirtschaftlich durchzuführen. Die erhöhten Anforderungen an die Sammelstellen ziehen grössere Investitionen nach sich und setzen zugleich einen gesicherten Kundenkreis voraus. Diese Überlegung steht hinter der Voraussetzung des Art. 10bis, dass eine Sammelstelle über ein angemessenes Einzugsgebiet verfügen muss, wenn sie zum Betrieb ermächtigt werden will, und die Standortwahl unterliegt deswegen der Genehmigung durch die Verwaltung. An sich ist es zunächst Sache des Gesuchstellers, nachzuweisen, dass die geplante Sammelstelle in einer Gegend liegt, wo ein Bedürfnis für eine weitere Sammelstelle besteht, ohne dass im Gesuch das in Betracht fallende Einzugsgebiet genau umschrieben zu sein braucht. Eine solche Bewilligungspflicht mit Bedürfnisnachweis ist im Lichte von Art. 8 Getreidegesetz gesetzmässig. Diese Bestimmung wurde 1964 neu gefasst, um den schon 1963 erlassenen Art. 10bis der V 1 auf eine entsprechende gesetzliche Grundlage zu stellen (Botschaft des Bundesrates vom 3. Juli 1964, BBl 1964 II 66). Genügen die bestehenden Ortsgetreidestellen und Sammelstellen im Hinblick auf eine möglichst zweckmässige und kostensparende Ablieferung des Brotgetreides, so kann demnach die Eröffnung einer neuen Sammelstelle verweigert werden; die Getreideverwaltung darf und soll in diesem Zusammenhang Strukturpolitik treiben.
c) Gemäss Art. 10bis Abs. 1 6. Satz der V 1 kann die EGV, soweit es nötig ist, das Einzugsgebiet jeder Sammelstelle festsetzen, wobei die beteiligten Kantone anzuhören sind. Wo dies geschieht, dürfen die Sammelstellen nur noch Brotgetreide aus dem ihnen zugewiesenen Einzugsgebiet abnehmen.
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Die EGV hat die Einzugsgebiete so abzugrenzen, dass den beteiligten Sammelstellen eine hinreichende Existenzgrundlage erhalten bleibt bzw. verschafft wird. Die Gebietsabgrenzung muss daher auf die bisherige Tätigkeit der bereits bestehenden Sammelstellen Rücksicht nehmen, damit sie lebensfähig bleiben. Es würde dem Sinn der Regelung widersprechen, wenn neuen Sammelstellen ein angemessenes Einzugsgebiet zugewiesen würde, mit der Folge, dass bereits bestehende Sammelstellen ihr existenzsicherndes Einzugsgebiet einbüssen. Das bedeutet nicht, dass ein einmal abgegrenztes Gebiet nicht mehr zum Nachteil einer Sammelstelle verändert werden darf; diese hat auch keinen Anspruch darauf, dass in ihrer Nähe keine neuen Sammelstellen bewilligt werden. Es ist jedoch den Interessen der betroffenen Sammelstellen ausreichend Rechnung zu tragen, es ist insbesondere ihre Wirtschaftlichkeit zu erhalten und dabei auf die getätigten Investitionen Rücksicht zu nehmen. Änderungen müssen sachlich gerechtfertigt und vom Bestreben geleitet sein, eine zweckmässige und kostensparende Übernahme des Getreides zu ermöglichen. Das hat zur Folge, dass auch geographische und topographische Gegebenheiten bei der Abgrenzung zu berücksichtigen sind. Die Festsetzung des Einzugsgebiets durch die Verwaltung kann erst aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung erfolgen und wird grundsätzlich die Ausnahme bilden. Gemäss dem Antrag des Finanz- und Zolldepartementes an den Bundesrat vom 25. Juni 1963 auf Erlass von Art. 10bis sah man die behördliche Festsetzung des Einzugsgebietes nur für Fälle vor, in denen sich aus der Konkurrenz von Sammelstellen Schwierigkeiten oder Streitigkeiten ergeben oder zu befürchten sind. d) Anstelle der Festsetzung des Einzugsgebietes kann die Getreideverwaltung unter gewissen Umständen auch die Kapazität einer Sammelstelle beschränken, obwohl dies in der V 1 zum Getreidegesetz nicht ausdrücklich erwähnt wird. Das Bundesgericht hat schon in seinem unveröffentlichten Urteil Suter vom 21. Dezember 1979 ausgeführt, es könnten infolge der Möglichkeit der Sammelstellen, ihre Tätigkeit frei zu entfalten, Verhältnisse entstehen, welche die Abgrenzung eines Einzugsgebietes im Sinne von Art. 10bis der V 1 für neue Sammelstellen jedenfalls ohne gleichzeitige Neuumschreibung der Einzugsgebiete bestehender Sammelstellen ausserordentlich erschweren oder praktisch verunmöglichen. Eine Beschränkung
BGE 106 Ib 34 S. 41
der Aufnahmekapazität der neuen Sammelstelle oder der neuen Filiale vermeidet unter Umständen die schweren Eingriffe in bestehende Geschäftsbeziehungen, die sich bei einer nachträglichen Festsetzung des Einzugsgebietes nicht vermeiden lassen. Eine Beschränkung der Aufnahmekapazität, die noch in beschränktem Umfang einen freien Wettbewerb zulässt, dient deshalb unter Umständen ebensogut, ja besser als die Festsetzung eines Einzugsgebietes der Verwirklichung des Zwecks der Getreideordnung, lebens- und leistungsfähige Sammelstellen zu erhalten. Die Praxis der EGV, die unter Umständen das Mittel der Kapazitätsbegrenzung anstelle der Abgrenzung fester Einzugsgebiete einsetzt, ist deshalb im Hinblick auf die vom Getreidegesetz verfolgten Ziele nicht zu beanstanden. Doch müssen die Kantone bei einer Kapazitätsbegrenzung in gleicher Weise angehört werden wie bei der Festsetzung von Einzugsgebieten; dies dient der bestmöglichen Abklärung der örtlichen Verhältnisse, der Bedürfnisse der Kantone und der raumbedeutsamen Auswirkungen der zu treffenden Regelung (unveröffentlichtes Urteil i.S. Suter vom 21. Dezember 1979, E. 4).