106 Ib 141
23. Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 24. September 1980 i.S. Schweiz. Bund für Naturschutz gegen Regionaler Jagdschiessverein Illgraben, Leuk, und Staatsrat des Kantons Wallis (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste (de):
- Art. 50 Abs. 2
FPolG; Art. 1 Abs. 2
FPolV; Art. 25bis Abs. 1 lit. a
und Abs. 4 FPolV.
- 1. Mitteilung von Rodungsbewilligungsentscheiden an beschwerdeberechtigte Organisationen (E. 2).
- 2. Waldqualität einer unbestockten Fläche innerhalb des Waldes; deren Überbauung bedarf einer Rodungsbewilligung, auch wenn keine Bäume gefällt werden müssen (E. 4).
- 3. Bemessung der Rodungsfläche; Zuständigkeit zum Entscheid über das Rodungsgesuch (E. 5).
Regeste (fr):
- Art. 50 al. 2 LFor; art. 1 al. 2, 25bis al. 1 let. a et al. 4 OFor.
- 1. Communication des décisions autorisant le défrichement aux organisations ayant le droit de recours (consid. 2).
- 2. Nature forestière d'une surface non boisée à l'intérieur d'une forêt; le fait d'y élever une construction nécessite une autorisation de défricher, quand bien même il n'y a lieu d'abattre aucun arbre (consid. 4).
- 3. Calcul de la surface à défricher; compétence pour statuer sur la demande de défrichement (consid. 5).
Regesto (it):
- Art. 50 cpv. 2 LVPF; art. 1 cpv 2, art. 25bis cpv. 1 lett. a e cpv. 4 OVPF.
- 1. Comunicazione delle decisioni che autorizzano un dissodamento alle associazioni legittimate a ricorrere (consid. 2).
- 2. Natura boschiva di una superficie nuda all'interno di un bosco; l'edificazione su di essa presuppone un permesso di dissodamento anche se non debba essere eliminato alcun albero (consid. 4).
- 3. Calcolo della superficie da dissodare; competenza per decidere su una domanda di dissodamento (consid. 5).
Sachverhalt ab Seite 141
BGE 106 Ib 141 S. 141
Der regionale Jagdschiessverein Illgraben, Leuk, beabsichtigt den Bau einer Jagdschiessanlage am Illgraben zwischen Pulligen und Güetji. Diese besteht aus einem Jagdschiessstand auf 150 m Distanz, einem Tontaubenstand und einem Hasenstand. Ausserdem sind entlang der Strasse von Pletschen nach Güetji Parkplätze für 130 und 80 Standplätze vorgesehen. Die kantonale Baukommission erteilte aufgrund eines Rekursentscheides des Staatsrates vom 15. Dezember 1976 am 17. Januar 1977 die Baubewilligung für die Anlage, verfügte jedoch in der Folge auf Intervention des Kantonsforstinspektors am 16. März 1977, dass - da sich das Baugelände im Waldareal befinde - "ohne ein bewilligtes Rodungsgesuch keine Bäume gefällt werden und auch kein Waldgebiet für einen Bau
BGE 106 Ib 141 S. 142
beansprucht werden" dürfen. Mit Entscheid vom 6. September 1978 wies der Staatsrat das Rodungsgesuch ab, doch zog er diesen Entscheid auf Gesuch des Jagdschiessvereins hin in Wiedererwägung, hob ihn auf und erteilte die Rodungsbewilligung am 31. Oktober 1979. Hiegegen ergriff der Schweizerische Bund für Naturschutz Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Nach Durchführung eines Augenscheins am 29. Mai 1980 heisst das Bundesgericht die Beschwerde gut und hebt die erteilte Rodungsbewilligung auf, aus folgenden
Erwägungen
Erwägungen:
1. ... (Formelles).
2. Der Beschwerdeführer rügt die verspätete Zustellung des Staatsratsentscheides über die Rodungsbewilligung. Gemäss dem Vermerk auf der den Akten beigegebenen Ausfertigung wurde der Entscheid durch die Staatskanzlei am 9. November 1979 eröffnet, offensichtlich jedoch nur an den regionalen Jagdschiessverein Illgraben. Die Mitteilung an das Bundesamt für Forstwesen sowie an die nach Art. 12
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SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG) NHG Art. 12 - 1 Gegen Verfügungen der kantonalen Behörden oder der Bundesbehörden steht das Beschwerderecht zu: |
|
1 | Gegen Verfügungen der kantonalen Behörden oder der Bundesbehörden steht das Beschwerderecht zu: |
a | den Gemeinden; |
b | den Organisationen, die sich dem Naturschutz, dem Heimatschutz, der Denkmalpflege oder verwandten Zielen widmen, unter folgenden Voraussetzungen: |
b1 | die Organisation ist gesamtschweizerisch tätig, |
b2 | sie verfolgt rein ideelle Zwecke; allfällige wirtschaftliche Tätigkeiten müssen der Erreichung der ideellen Zwecke dienen. |
2 | Das Beschwerderecht steht den Organisationen nur für Rügen in Rechtsbereichen zu, die seit mindestens zehn Jahren Gegenstand ihres statutarischen Zwecks bilden. |
3 | Der Bundesrat bezeichnet die zur Beschwerde berechtigten Organisationen. |
4 | Zuständig für die Beschwerdeerhebung ist das oberste Exekutivorgan der Organisation. |
5 | Die Organisationen können ihre rechtlich selbständigen kantonalen und überkantonalen Unterorganisationen für deren örtliches Tätigkeitsgebiet generell zur Erhebung von Einsprachen und im Einzelfall zur Erhebung von Beschwerden ermächtigen. |
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SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG) NHG Art. 12 - 1 Gegen Verfügungen der kantonalen Behörden oder der Bundesbehörden steht das Beschwerderecht zu: |
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1 | Gegen Verfügungen der kantonalen Behörden oder der Bundesbehörden steht das Beschwerderecht zu: |
a | den Gemeinden; |
b | den Organisationen, die sich dem Naturschutz, dem Heimatschutz, der Denkmalpflege oder verwandten Zielen widmen, unter folgenden Voraussetzungen: |
b1 | die Organisation ist gesamtschweizerisch tätig, |
b2 | sie verfolgt rein ideelle Zwecke; allfällige wirtschaftliche Tätigkeiten müssen der Erreichung der ideellen Zwecke dienen. |
2 | Das Beschwerderecht steht den Organisationen nur für Rügen in Rechtsbereichen zu, die seit mindestens zehn Jahren Gegenstand ihres statutarischen Zwecks bilden. |
3 | Der Bundesrat bezeichnet die zur Beschwerde berechtigten Organisationen. |
4 | Zuständig für die Beschwerdeerhebung ist das oberste Exekutivorgan der Organisation. |
5 | Die Organisationen können ihre rechtlich selbständigen kantonalen und überkantonalen Unterorganisationen für deren örtliches Tätigkeitsgebiet generell zur Erhebung von Einsprachen und im Einzelfall zur Erhebung von Beschwerden ermächtigen. |
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SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG) NHG Art. 12 - 1 Gegen Verfügungen der kantonalen Behörden oder der Bundesbehörden steht das Beschwerderecht zu: |
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1 | Gegen Verfügungen der kantonalen Behörden oder der Bundesbehörden steht das Beschwerderecht zu: |
a | den Gemeinden; |
b | den Organisationen, die sich dem Naturschutz, dem Heimatschutz, der Denkmalpflege oder verwandten Zielen widmen, unter folgenden Voraussetzungen: |
b1 | die Organisation ist gesamtschweizerisch tätig, |
b2 | sie verfolgt rein ideelle Zwecke; allfällige wirtschaftliche Tätigkeiten müssen der Erreichung der ideellen Zwecke dienen. |
2 | Das Beschwerderecht steht den Organisationen nur für Rügen in Rechtsbereichen zu, die seit mindestens zehn Jahren Gegenstand ihres statutarischen Zwecks bilden. |
3 | Der Bundesrat bezeichnet die zur Beschwerde berechtigten Organisationen. |
4 | Zuständig für die Beschwerdeerhebung ist das oberste Exekutivorgan der Organisation. |
5 | Die Organisationen können ihre rechtlich selbständigen kantonalen und überkantonalen Unterorganisationen für deren örtliches Tätigkeitsgebiet generell zur Erhebung von Einsprachen und im Einzelfall zur Erhebung von Beschwerden ermächtigen. |
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SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG) NHG Art. 12 - 1 Gegen Verfügungen der kantonalen Behörden oder der Bundesbehörden steht das Beschwerderecht zu: |
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1 | Gegen Verfügungen der kantonalen Behörden oder der Bundesbehörden steht das Beschwerderecht zu: |
a | den Gemeinden; |
b | den Organisationen, die sich dem Naturschutz, dem Heimatschutz, der Denkmalpflege oder verwandten Zielen widmen, unter folgenden Voraussetzungen: |
b1 | die Organisation ist gesamtschweizerisch tätig, |
b2 | sie verfolgt rein ideelle Zwecke; allfällige wirtschaftliche Tätigkeiten müssen der Erreichung der ideellen Zwecke dienen. |
2 | Das Beschwerderecht steht den Organisationen nur für Rügen in Rechtsbereichen zu, die seit mindestens zehn Jahren Gegenstand ihres statutarischen Zwecks bilden. |
3 | Der Bundesrat bezeichnet die zur Beschwerde berechtigten Organisationen. |
4 | Zuständig für die Beschwerdeerhebung ist das oberste Exekutivorgan der Organisation. |
5 | Die Organisationen können ihre rechtlich selbständigen kantonalen und überkantonalen Unterorganisationen für deren örtliches Tätigkeitsgebiet generell zur Erhebung von Einsprachen und im Einzelfall zur Erhebung von Beschwerden ermächtigen. |
3. Dem angefochtenen Wiedererwägungsentscheid liegt das von der Burgergemeinde Leuk und vom Präsidenten der
BGE 106 Ib 141 S. 143
Verwaltungskommission des regionalen Jagdschiessvereins Illgraben unterzeichnete Rodungsgesuch vom 12. Juli 1978 zugrunde. In diesem Gesuch wird die Fläche der Rodung mit 600 m2 angegeben und vermerkt, dass die Burgergemeinde als Landeigentümerin die nicht überbaute Fläche als Zwischendeponie für Holz aus Holzschlägen beanspruche. Als Zweck der Rodung wird der Bau einer regionalen Jagdschiessanlage angegeben, wobei beigefügt wird, dass keine Bäume gefällt, sondern lediglich Aufräumungsarbeiten vorgenommen werden müssten. Da sich jedoch die Anlage in einem Waldareal befinde, benötige es dieses Gesuch. Beigefügt wird, dass der regionale Jagdschiessverein Illgraben aus 22 Mitgliedern bestehe; doch werde mit vielen Anmeldungen gerechnet. Aus diesem Rodungsgesuche ergibt sich unmissverständlich, dass sowohl von der Burgergemeinde Leuk als Grundeigentümerin als auch vom Jagdschiessverein Illgraben das in Frage stehende Areal als Waldareal betrachtet wurde, obschon für die Verwirklichung der Jagdschiessanlage keine Bäume gefällt werden müssen. Auch dem ersten Staatsratsentscheid vom 6. September 1978, in dem unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Rodungsgesuch vom 12. Juli 1978 die Rodungsbewilligung verweigert wurde, liegt diese Auffassung zugrunde. Es überzeugt daher nicht, wenn im angefochtenen Wiedererwägungsentscheid vom 31. Oktober 1979 ausgeführt wird, der Staatsrat sei irrtümlicherweise davon ausgegangen, es müssten Bäume gefällt werden. Das Rodungsgesuch wie auch die vom kantonalen Forstdienst getroffene Feststellung, es handle sich bei dem Areal um unbestockten Niederwald, lassen keinen Zweifel darüber offen, dass die Bewilligung für eine Zweckentfremdung von nicht oder nur teilweise bestocktem Waldboden verlangt wurde. Hätte sodann der Staatsrat im Wiedererwägungsentscheid mit der Feststellung, es sei zufolge der Grösse der Lichtung "geradezu unzulässig, noch von Wald zu sprechen", den Waldcharakter verneinen wollen, so hätte er richtigerweise feststellen müssen, eine Rodungsbewilligung sei nicht erforderlich. Indem er jedoch in Wiedererwägung seines Entscheides vom 6. September 1978 die Rodungsbewilligung erteilte, ging er in Wirklichkeit wie bei seinem Entscheid vom 6. September 1978 davon aus, es handle sich bei dem für die Jagdschiessanlage benötigten Areal um Waldboden im Sinne der eidgenössischen Forstgesetzgebung.
BGE 106 Ib 141 S. 144
4. Diese Auffassung ist - wie der Augenschein bestätigt hat - zutreffend. Das Forstpolizeirecht versteht unter den seinem Schutz unterstehenden Waldungen nicht nur die mit einem zusammenhängenden Baumbestand bestockten Flächen, sondern auch die Weidwaldungen (Art. 2 Abs. 2
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SR 451 Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG) NHG Art. 12 - 1 Gegen Verfügungen der kantonalen Behörden oder der Bundesbehörden steht das Beschwerderecht zu: |
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1 | Gegen Verfügungen der kantonalen Behörden oder der Bundesbehörden steht das Beschwerderecht zu: |
a | den Gemeinden; |
b | den Organisationen, die sich dem Naturschutz, dem Heimatschutz, der Denkmalpflege oder verwandten Zielen widmen, unter folgenden Voraussetzungen: |
b1 | die Organisation ist gesamtschweizerisch tätig, |
b2 | sie verfolgt rein ideelle Zwecke; allfällige wirtschaftliche Tätigkeiten müssen der Erreichung der ideellen Zwecke dienen. |
2 | Das Beschwerderecht steht den Organisationen nur für Rügen in Rechtsbereichen zu, die seit mindestens zehn Jahren Gegenstand ihres statutarischen Zwecks bilden. |
3 | Der Bundesrat bezeichnet die zur Beschwerde berechtigten Organisationen. |
4 | Zuständig für die Beschwerdeerhebung ist das oberste Exekutivorgan der Organisation. |
5 | Die Organisationen können ihre rechtlich selbständigen kantonalen und überkantonalen Unterorganisationen für deren örtliches Tätigkeitsgebiet generell zur Erhebung von Einsprachen und im Einzelfall zur Erhebung von Beschwerden ermächtigen. |
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5. Handelt es sich bei dem für die Jagdschiessanlage vorgesehenen Areal um Waldboden, so muss, wie auch die Burgergemeinde Leuk und der Jagdschiessverein zutreffend angenommen haben, ein Rodungsgesuch gestellt und die Anlage darf nur verwirklicht werden, wenn die Rodung durch die hiefür zuständige Instanz bewilligt wird (HANS DUBS, Rechtsfragen der Waldrodung, Schweiz. Zschft. für Forstwesen 1974, S. 281). Dabei haben sich Gesuch und Bewilligung auf die ganze Fläche des Waldbodens, der seinem Zweck entfremdet wird, zu beziehen. Hiezu zählt jedenfalls die Fläche, deren Umzäunung vorgesehen ist, da im entsprechenden Bereich das für Wald und Weide gewährleistete freie Zutrittsrecht (Art. 699
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 699 - 1 Das Betreten von Wald und Weide und die Aneignung wildwachsender Beeren, Pilze u. dgl. sind in ortsüblichem Umfange jedermann gestattet, soweit nicht im Interesse der Kulturen seitens der zuständigen Behörde einzelne bestimmt umgrenzte Verbote erlassen werden. |
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1 | Das Betreten von Wald und Weide und die Aneignung wildwachsender Beeren, Pilze u. dgl. sind in ortsüblichem Umfange jedermann gestattet, soweit nicht im Interesse der Kulturen seitens der zuständigen Behörde einzelne bestimmt umgrenzte Verbote erlassen werden. |
2 | Über das Betreten fremden Eigentums zur Ausübung von Jagd und Fischerei kann das kantonale Recht nähere Vorschriften aufstellen. |
BGE 106 Ib 141 S. 145
beanspruchte Areal. Gemäss dem bewilligten Baugesuch, für welches das Rodungsgesuch eingereicht wurde, handelt es sich um eine Fläche, welche das Mass von 30 a wesentlich übersteigt. Zur Erteilung der Rodungsbewilligung ist daher nicht der Staatsrat zuständig, sondern das Bundesamt für Forstwesen (Art. 50 Abs. 2
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