Urteilskopf

105 V 21

6. Auszug aus dem Urteil vom 2. Februar 1979 i.S. Krissler gegen Ausgleichskasse des Kantons Aargau und Obergericht des Kantons Aargau
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Erwägungen ab Seite 21

BGE 105 V 21 S. 21

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
a) Nach Art. 13 Abs. 1
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 13 Anspruch auf medizinische Massnahmen zur Behandlung von Geburtsgebrechen - 1 Versicherte haben bis zum vollendeten 20. Altersjahr Anspruch auf medizinische Massnahmen zur Behandlung von Geburtsgebrechen (Art. 3 Abs. 2 ATSG114).
1    Versicherte haben bis zum vollendeten 20. Altersjahr Anspruch auf medizinische Massnahmen zur Behandlung von Geburtsgebrechen (Art. 3 Abs. 2 ATSG114).
2    Medizinische Massnahmen nach Absatz 1 werden gewährt für die Behandlung angeborener Missbildungen, genetischer Krankheiten sowie prä- und perinatal aufgetretener Leiden, die:
a  fachärztlich diagnostiziert sind;
b  die Gesundheit beeinträchtigen;
c  einen bestimmten Schweregrad aufweisen;
d  eine langdauernde oder komplexe Behandlung erfordern; und
e  mit medizinischen Massnahmen nach Artikel 14 behandelbar sind.
3    Für medizinische Massnahmen zur Behandlung der Trisomie 21 gilt Absatz 2 Buchstabe e nicht.
IVG haben minderjährige Versicherte Anspruch auf die zur Behandlung von Geburtsgebrechen notwendigen Massnahmen. Als Geburtsgebrechen gelten solche, die bei vollendeter Geburt bestehen und in der Liste gemäss Art. 2
SR 831.232.21 Verordnung vom 9. Dezember 1985 über Geburtsgebrechen (GgV)
GgV Art. 2 Beginn und Umfang des Anspruchs
1    Der Anspruch beginnt mit der Einleitung von medizinischen Massnahmen, frü­he­s­tens jedoch nach vollendeter Geburt.
2    Wird die Behandlung eines Geburtsgebrechens nur übernommen, weil eine im Anhang festgelegte Therapie notwendig ist, so beginnt der Anspruch mit der Ein­lei­tung dieser Massnahme; er umfasst alle medizinischen Massnahmen, die in der Folge zur Behandlung des Geburtsgebrechens notwendig sind.
3    Als medizinische Massnahmen, die für die Behandlung eines Geburtsgebrechens notwendig sind, gelten sämtliche Vorkehren, die nach bewährter Erkenntnis der medizinischen Wissenschaft angezeigt sind und den therapeutischen Erfolg in ein­­facher und zweckmässiger Weise anstreben.
GgV (Verordnung über die Geburtsgebrechen) enthalten sind oder gemäss Art. 3 Abs. 2
SR 831.232.21 Verordnung vom 9. Dezember 1985 über Geburtsgebrechen (GgV)
GgV Art. 3 Ende des Anspruchs - Der Anspruch auf Behandlung eines Geburtsgebrechens erlischt am Ende des Monats, in dem der Versicherte das 20. Altersjahr zurückgelegt hat, selbst wenn eine vor diesem Zeitpunkt begonnene Massnahme fortgeführt wird.
GgV vom Eidgenössischen Departement des Innern neu als solche bezeichnet werden (vgl. Art. 1
SR 831.232.21 Verordnung vom 9. Dezember 1985 über Geburtsgebrechen (GgV)
GgV Art. 1 Begriff
1    Als Geburtsgebrechen im Sinne von Artikel 13 IVG gelten Gebrechen, die bei vollendeter Geburt bestehen. Die blosse Veranlagung zu einem Leiden gilt nicht als Geburtsgebrechen. Der Zeitpunkt, in dem ein Geburtsgebrechen als solches er­kannt wird, ist unerheblich.
2    Die Geburtsgebrechen sind in der Liste im Anhang aufgeführt. Das Eidgenössische Departement des Innern kann die Liste jährlich anpassen, sofern die Mehrausgaben einer solchen Anpassung für die Versicherung insgesamt drei Millionen Franken pro Jahr nicht übersteigen.2
GgV). Laut Ziffer 404 GgV (in der Fassung gemäss Novelle vom 29. November 1976, in Kraft seit 1. Januar 1977) geben kongenitale Hirnstörungen einen Anspruch auf die zur Behandlung notwendigen medizinischen Massnahmen, sofern sie mit bereits gestellter Diagnose als solche vor Vollendung des neunten Altersjahrs behandelt worden sind. Demgegenüber
BGE 105 V 21 S. 22

musste nach der bis 31. Dezember 1976 gültigen Fassung von Ziffer 404 GgV dieses Gebrechen bis zum vollendeten 8. Lebensjahr manifest geworden sein. b) In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird die Auffassung vertreten, die in Ziffer 404 GgV festgesetzte Altersgrenze widerspreche klarem Recht, da sie mit Art. 13 Abs. 1
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 13 Anspruch auf medizinische Massnahmen zur Behandlung von Geburtsgebrechen - 1 Versicherte haben bis zum vollendeten 20. Altersjahr Anspruch auf medizinische Massnahmen zur Behandlung von Geburtsgebrechen (Art. 3 Abs. 2 ATSG114).
1    Versicherte haben bis zum vollendeten 20. Altersjahr Anspruch auf medizinische Massnahmen zur Behandlung von Geburtsgebrechen (Art. 3 Abs. 2 ATSG114).
2    Medizinische Massnahmen nach Absatz 1 werden gewährt für die Behandlung angeborener Missbildungen, genetischer Krankheiten sowie prä- und perinatal aufgetretener Leiden, die:
a  fachärztlich diagnostiziert sind;
b  die Gesundheit beeinträchtigen;
c  einen bestimmten Schweregrad aufweisen;
d  eine langdauernde oder komplexe Behandlung erfordern; und
e  mit medizinischen Massnahmen nach Artikel 14 behandelbar sind.
3    Für medizinische Massnahmen zur Behandlung der Trisomie 21 gilt Absatz 2 Buchstabe e nicht.
IVG unvereinbar sei. Bei dieser Behauptung wird indes übersehen, dass in Art. 13 Abs. 2
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 13 Anspruch auf medizinische Massnahmen zur Behandlung von Geburtsgebrechen - 1 Versicherte haben bis zum vollendeten 20. Altersjahr Anspruch auf medizinische Massnahmen zur Behandlung von Geburtsgebrechen (Art. 3 Abs. 2 ATSG114).
1    Versicherte haben bis zum vollendeten 20. Altersjahr Anspruch auf medizinische Massnahmen zur Behandlung von Geburtsgebrechen (Art. 3 Abs. 2 ATSG114).
2    Medizinische Massnahmen nach Absatz 1 werden gewährt für die Behandlung angeborener Missbildungen, genetischer Krankheiten sowie prä- und perinatal aufgetretener Leiden, die:
a  fachärztlich diagnostiziert sind;
b  die Gesundheit beeinträchtigen;
c  einen bestimmten Schweregrad aufweisen;
d  eine langdauernde oder komplexe Behandlung erfordern; und
e  mit medizinischen Massnahmen nach Artikel 14 behandelbar sind.
3    Für medizinische Massnahmen zur Behandlung der Trisomie 21 gilt Absatz 2 Buchstabe e nicht.
Satz 1 IVG dem Bundesrat eine umfassende Kompetenz erteilt wurde, aus der Gesamtheit der Geburtsgebrechen im medizinischen Sinne jene Gebrechen auszuwählen, für welche die Massnahmen nach Art. 13
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 13 Anspruch auf medizinische Massnahmen zur Behandlung von Geburtsgebrechen - 1 Versicherte haben bis zum vollendeten 20. Altersjahr Anspruch auf medizinische Massnahmen zur Behandlung von Geburtsgebrechen (Art. 3 Abs. 2 ATSG114).
1    Versicherte haben bis zum vollendeten 20. Altersjahr Anspruch auf medizinische Massnahmen zur Behandlung von Geburtsgebrechen (Art. 3 Abs. 2 ATSG114).
2    Medizinische Massnahmen nach Absatz 1 werden gewährt für die Behandlung angeborener Missbildungen, genetischer Krankheiten sowie prä- und perinatal aufgetretener Leiden, die:
a  fachärztlich diagnostiziert sind;
b  die Gesundheit beeinträchtigen;
c  einen bestimmten Schweregrad aufweisen;
d  eine langdauernde oder komplexe Behandlung erfordern; und
e  mit medizinischen Massnahmen nach Artikel 14 behandelbar sind.
3    Für medizinische Massnahmen zur Behandlung der Trisomie 21 gilt Absatz 2 Buchstabe e nicht.
IVG zu gewähren sind (Geburtsgebrechen im Rechtssinne des IVG). Soweit die gesetzliche Delegationsnorm dem Bundesrat einen Spielraum des Ermessens lässt, hat sich der Richter, da er nicht sein Ermessen an die Stelle desjenigen des Bundesrates treten lassen kann, auf die Prüfung zu beschränken, ob die Verordnungsvorschriften offensichtlich aus dem Rahmen der delegierten Kompetenz herausfallen (BGE 88 I 308, nicht veröffentlichtes Urteil i.S. Gelzer vom 4. August 1977). Der Bundesrat durfte daher sowohl die generelle Regel von Art. 1
SR 831.232.21 Verordnung vom 9. Dezember 1985 über Geburtsgebrechen (GgV)
GgV Art. 1 Begriff
1    Als Geburtsgebrechen im Sinne von Artikel 13 IVG gelten Gebrechen, die bei vollendeter Geburt bestehen. Die blosse Veranlagung zu einem Leiden gilt nicht als Geburtsgebrechen. Der Zeitpunkt, in dem ein Geburtsgebrechen als solches er­kannt wird, ist unerheblich.
2    Die Geburtsgebrechen sind in der Liste im Anhang aufgeführt. Das Eidgenössische Departement des Innern kann die Liste jährlich anpassen, sofern die Mehrausgaben einer solchen Anpassung für die Versicherung insgesamt drei Millionen Franken pro Jahr nicht übersteigen.2
GgV als auch die speziellen Voraussetzungen in einzelnen GgV-Ziffern aufstellen, wobei er auch Zwecke der Praktikabilität berücksichtigen konnte. Bei verschiedenen Geburtsgebrechen ergeben sich Abgrenzungsschwierigkeiten bezüglich der Frage, ob diese Gebrechen bei vollendeter Geburt bestanden (Art. 1
SR 831.232.21 Verordnung vom 9. Dezember 1985 über Geburtsgebrechen (GgV)
GgV Art. 1 Begriff
1    Als Geburtsgebrechen im Sinne von Artikel 13 IVG gelten Gebrechen, die bei vollendeter Geburt bestehen. Die blosse Veranlagung zu einem Leiden gilt nicht als Geburtsgebrechen. Der Zeitpunkt, in dem ein Geburtsgebrechen als solches er­kannt wird, ist unerheblich.
2    Die Geburtsgebrechen sind in der Liste im Anhang aufgeführt. Das Eidgenössische Departement des Innern kann die Liste jährlich anpassen, sofern die Mehrausgaben einer solchen Anpassung für die Versicherung insgesamt drei Millionen Franken pro Jahr nicht übersteigen.2
GgV) oder erst später eingetreten sind. Aus Gründen der praktikabilität wurde in Ziffer 404 GgV die Abgrenzung in der medizinisch begründeten Annahme gefunden, dass das Gebrechen vor Vollendung des 9. Altersjahres diagnostiziert und behandelt worden wäre, wenn es angeboren gewesen wäre. Eine solche Abgrenzung ist durchaus berechtigt. Es kann keine Rede davon sein, dass die Umschreibung in Ziffer 404 GgV den Rahmen der delegierten Kompetenz offensichtlich sprenge. c) In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird sodann eingewendet, dass eine Diagnose nicht von den Eltern gesteuert werden könne. Wenn Eltern von den Ärzten abgewiesen würden, weil diese die kongenitale Hirnstörung nicht rechtzeitig erkannt hätten, dürfe daraus nicht eine rechtserhebliche Tatsache abgeleitet werden. Allenfalls sei eine Expertise anzuordnen zur Frage, ob die Hirnstörungen nicht schon vor der Vollendung des 9. Altersjahres hätten diagnostiziert werden können und
BGE 105 V 21 S. 23

demzufolge schon vor diesem Zeitpunkt vorhanden gewesen seien. Da es nach Ziffer 404 GgV jedoch einzig darauf ankommt, ob die Diagnose vor Vollendung des 9. Altersjahres "bereits gestellt" war, ist die Frage, ob sie hätte gestellt werden können, irrelevant. Es bedarf daher auch keiner weiteren Abklärung mehr.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 105 V 21
Datum : 02. Februar 1979
Publiziert : 31. Dezember 1980
Quelle : Bundesgericht
Status : 105 V 21
Sachgebiet : BGE - Sozialversicherungsrecht (bis 2006: EVG)
Gegenstand : Anspruchsbegründende Geburtsgebrechen. In Art. 13 Abs. 2, Satz 1, IVG wird dem Bundesrat eine umfassende Kompetenz erteilt,


Gesetzesregister
GgV: 1 
SR 831.232.21 Verordnung vom 9. Dezember 1985 über Geburtsgebrechen (GgV)
GgV Art. 1 Begriff
1    Als Geburtsgebrechen im Sinne von Artikel 13 IVG gelten Gebrechen, die bei vollendeter Geburt bestehen. Die blosse Veranlagung zu einem Leiden gilt nicht als Geburtsgebrechen. Der Zeitpunkt, in dem ein Geburtsgebrechen als solches er­kannt wird, ist unerheblich.
2    Die Geburtsgebrechen sind in der Liste im Anhang aufgeführt. Das Eidgenössische Departement des Innern kann die Liste jährlich anpassen, sofern die Mehrausgaben einer solchen Anpassung für die Versicherung insgesamt drei Millionen Franken pro Jahr nicht übersteigen.2
2 
SR 831.232.21 Verordnung vom 9. Dezember 1985 über Geburtsgebrechen (GgV)
GgV Art. 2 Beginn und Umfang des Anspruchs
1    Der Anspruch beginnt mit der Einleitung von medizinischen Massnahmen, frü­he­s­tens jedoch nach vollendeter Geburt.
2    Wird die Behandlung eines Geburtsgebrechens nur übernommen, weil eine im Anhang festgelegte Therapie notwendig ist, so beginnt der Anspruch mit der Ein­lei­tung dieser Massnahme; er umfasst alle medizinischen Massnahmen, die in der Folge zur Behandlung des Geburtsgebrechens notwendig sind.
3    Als medizinische Massnahmen, die für die Behandlung eines Geburtsgebrechens notwendig sind, gelten sämtliche Vorkehren, die nach bewährter Erkenntnis der medizinischen Wissenschaft angezeigt sind und den therapeutischen Erfolg in ein­­facher und zweckmässiger Weise anstreben.
3
SR 831.232.21 Verordnung vom 9. Dezember 1985 über Geburtsgebrechen (GgV)
GgV Art. 3 Ende des Anspruchs - Der Anspruch auf Behandlung eines Geburtsgebrechens erlischt am Ende des Monats, in dem der Versicherte das 20. Altersjahr zurückgelegt hat, selbst wenn eine vor diesem Zeitpunkt begonnene Massnahme fortgeführt wird.
IVG: 13
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 13 Anspruch auf medizinische Massnahmen zur Behandlung von Geburtsgebrechen - 1 Versicherte haben bis zum vollendeten 20. Altersjahr Anspruch auf medizinische Massnahmen zur Behandlung von Geburtsgebrechen (Art. 3 Abs. 2 ATSG114).
1    Versicherte haben bis zum vollendeten 20. Altersjahr Anspruch auf medizinische Massnahmen zur Behandlung von Geburtsgebrechen (Art. 3 Abs. 2 ATSG114).
2    Medizinische Massnahmen nach Absatz 1 werden gewährt für die Behandlung angeborener Missbildungen, genetischer Krankheiten sowie prä- und perinatal aufgetretener Leiden, die:
a  fachärztlich diagnostiziert sind;
b  die Gesundheit beeinträchtigen;
c  einen bestimmten Schweregrad aufweisen;
d  eine langdauernde oder komplexe Behandlung erfordern; und
e  mit medizinischen Massnahmen nach Artikel 14 behandelbar sind.
3    Für medizinische Massnahmen zur Behandlung der Trisomie 21 gilt Absatz 2 Buchstabe e nicht.
BGE Register
105-V-21 • 88-I-303
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
geburtsgebrechen • bundesrat • diagnose • frage • delegierter • ermessen • aargau • bedürfnis • weiler • eidgenössisches departement • stelle • altersgrenze