BGE-105-IV-225
Urteilskopf
105 IV 225
59. Urteil des Kassationshofes vom 12. Oktober 1979 i.S. E. gegen Polizeiinspektorat Basel-Stadt (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):
- 1. Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn:
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
- 2. Art. 3 Ziff. 1 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 3 - 1 Diesem Gesetz ist unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
Regeste (fr):
- 1. Art. 41 ch. 1 al. 1 et 63 CP. Prise en considération d'une peine prononcée antérieurement à l'étranger (consid. 2).
- 2. Art. 3 ch. 1 al. 2 CP. Une peine prononcée à l'étranger pour la même infraction ne doit être imputée de celle infligée en Suisse que si elle a été purgée ou s'il s'agit d'une amende, payée. L'imputation d'une amende sur une peine d'emprisonnement se fait selon l'appréciation du juge (consid. 3 et 4).
Regesto (it):
- 1. Art. 41 n. 1 cpv. 1, art. 63 CP. Rilevanza delle pene pronunciate anteriormente all'estero (consid. 2).
- 2. Art. 3 n. 1 cpv. 2 CP. Una pena pronunciata all'estero per gli stessi fatti dev'essere computata soltanto e nella misura in cui essa sia stata scontata, o, trattandosi di una multa, pagata. Il computo di una multa in una pena di detenzione va effettuato secondo l'apprezzamento del giudice (consid. 3, 4).
Sachverhalt ab Seite 225
BGE 105 IV 225 S. 225
A.- Der in Lörrach wohnhafte deutsche Staatsangehörige E. begab sich am Morgen des 2. Mai 1978, nachdem er erheblich Alkohol getrunken hatte, nach Basel, wo er auf einer kurzen Strecke einen Personenwagen führte. Die Blutprobe ergab einen Blutalkoholwert von 1,8 0/00. Ausserdem besass E. keinen Führerausweis, weil ihm die Fahrerlaubnis durch Urteil des Amtsgerichts Lörrach vom 9. Februar 1978 für 13 Monate entzogen worden war.
BGE 105 IV 225 S. 226
B.- Gegen den Strafbefehl vom 9. Oktober 1978, mit dem der Polizeigerichtspräsident von Basel-Stadt gegen den Verzeigten wegen Widerhandlung gegen Art. 91 Abs. 1

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer: |

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 95 - 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
C.- Der Polizeigerichtspräsident des Kantons Basel-Stadt sprach darauf E. mit Urteil vom 2. März 1979 erneut des Fahrens in angetrunkenem Zustand und des Fahrens trotz Entzug des Führerausweises schuldig, rechnete ihm aber gemäss Art. 3 Ziff. 1 Abs. 2

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 3 - 1 Diesem Gesetz ist unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen oder Vergehen begeht. |
Der Ausschuss des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt betätigte am 30. Mai 1979 das Urteil des Polizeigerichtspräsidenten.
D.- E. führt gegen den Entscheid des Appellationsgerichts Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt sinngemäss die Aufhebung des Urteils.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand und Fahrens trotz Entzug des Führerausweises ergangene Schuldspruch ist unbestritten. Mit der Nichtigkeitsbeschwerde wird einzig die ausgefällte Reststrafe von 14 Tagen Gefängnis angefochten.
2. Der Beschwerdeführer beanstandet, dass er trotz seiner erstmaligen Straffälligkeit in der Schweiz nicht als "Ersttäter" behandelt worden sei; seine in Deutschland wegen Verkehrsdelikten erlittenen Vorstrafen hätten nicht berücksichtigt werden dürfen. Die Rüge geht fehl. Im Ausland begangene Straftaten und dort verbüsste Strafen bilden ebenso wie im Inland erlittene Vorstrafen Bestandteil des Vorlebens des Täters, das nach Art. 63

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn: |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
BGE 105 IV 225 S. 227
ist. Dass das StGB ausländische Vorstrafen berücksichtigt wissen will, ergibt sich auch aus der Vorschrift des Art. 41 Ziff. 1 Abs. 2

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
3. Der Beschwerdeführer macht sodann geltend, völkerrechtlich dürfe er nicht zweimal wegen der gleichen Sache bestraft werden. Der Einwand ist nicht begründet. Da jeder Staat den Geltungsbereich seines Strafgesetzes und den Umfang seiner Gerichtsbarkeit selber bestimmt, kommt es immer wieder vor, dass zwei Staaten die Gerichtsbarkeit für den gleichen Sachverhalt in Anspruch nehmen. Das trifft immer dann zu, wenn ausser dem Staat des Begehungsortes, der nach dem allgemein anerkannten Territorialprinzip in erster Linie die Beurteilungskompetenz beansprucht, noch ein weiterer Staat aufgrund eines andern Anknüpfungsmomentes sich zur Ahndung des Deliktes als zuständig erachtet. Das Völkerrecht kennt keinen Grundsatz, der die Beurteilung ein und derselben Tat durch die Strafbehörden zweier Staaten verbieten würde; es schliesst also eine Kumulation der strafrechtlichen Zuständigkeit nicht aus. Eine ungerechte Häufung von Strafen suchen die nationalen Gesetze durch bestimmte Regeln zu vermeiden (so durch das Anrechnungsprinzip oder durch das Erledigungsprinzip). Polizeigerichtspräsident und Appellationsgericht haben deshalb weder Bundesrecht verletzt, noch gegen ein anerkanntes völkerrechtliches Prinzip verstossen, wenn sie sich zur Beurteilung der vom Beschwerdeführer in Basel begangenen Tat für zuständig betrachteten.
4. Im weitern rügt der Beschwerdeführer, die in der Bundesrepublik Deutschland ausgesprochene Strafe sei in der Schweiz nicht voll angerechnet worden. a) Art. 3 Ziff. 1 Abs. 2

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 3 - 1 Diesem Gesetz ist unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen oder Vergehen begeht. |
BGE 105 IV 225 S. 228
ist gleichbedeutend mit Vollstreckung im Strafvollzug. Solange eine bedingt aufgeschobene Strafe nicht vollzogen wird, ist sie weder ganz noch teilweise verbüsst. Die in Deutschland verhängte viermonatige Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt und bis heute nicht vollzogen wurde, ist daher zu Recht nicht angerechnet worden. Auch das deutsche Recht sieht die Anrechnung einer für dieselbe Tat ausgefüllten ausländischen Strafe nur vor, soweit sie bereits vollstreckt ist (§ 51 Abs. 3 StGB); eine zur Bewährung ausgesetzte oder erlassene Strafe gilt nicht als vollstreckt und wird nicht angerechnet (SCHÖNKE/SCHRÖDER, 18. Aufl., N 31 zu § 51 StGB). b) Anzurechnen ist hingegen die in Monatsraten zahlbare Geldbusse vom DM 3'000.-, soweit sie bis zum Sachurteil bezahlt war. Der Polizeigerichtspräsident hat die ganze Busse, auch den noch nicht bezahlten Teil, angerechnet, und zwar in der Weise, dass er die nach Art. 95 Ziff. 2

SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 95 - 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 3 - 1 Diesem Gesetz ist unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen oder Vergehen begeht. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 49 - 1 Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 3 - 1 Diesem Gesetz ist unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen oder Vergehen begeht. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 3 - 1 Diesem Gesetz ist unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen oder Vergehen begeht. |
BGE 105 IV 225 S. 229
Tatumstände, des Vorlebens und der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers, insbesondere seiner 1975 erfolgten Verurteilung wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand, auch diese Entscheidung nicht bundesrechtswidrig.
5. Das Bundesgericht kann in das kantonale Verfahren, das dem kantonalen Prozessrecht untersteht, nicht eingreifen, sondern hat in diesem Verfahren nur zu prüfen, ob das angefochtene Urteil eidgenössisches Recht verletze. Das ist nicht der Fall, so dass die Beschwerde abzuweisen ist.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
Gesetzesregister
SVG 91
SVG 95
StGB 3
StGB 41
StGB 49
StGB 63
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer: |
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 95 - 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 3 - 1 Diesem Gesetz ist unterworfen, wer in der Schweiz ein Verbrechen oder Vergehen begeht. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 49 - 1 Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn: |
BGE Register