105 IV 18
5. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 16. März 1979 i.S. G. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):
- Art. 18 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 18 - 1 Wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um sich oder eine andere Person aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leib, Leben, Freiheit, Ehre, Vermögen oder andere hochwertige Güter zu retten, wird milder bestraft, wenn ihm zuzumuten war, das gefährdete Gut preiszugeben.
1 Wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um sich oder eine andere Person aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leib, Leben, Freiheit, Ehre, Vermögen oder andere hochwertige Güter zu retten, wird milder bestraft, wenn ihm zuzumuten war, das gefährdete Gut preiszugeben. 2 War dem Täter nicht zuzumuten, das gefährdete Gut preiszugeben, so handelt er nicht schuldhaft. SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 117 - Wer fahrlässig den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
- Bei fahrlässigen Erfolgsdelikten wie der fahrlässigen Tötung ist der Erfolg dem Täter nur dann zuzurechnen, wenn er bei Anwendung pflichtgemässer Vorsicht mit hoher Wahrscheinlichkeit vermieden worden wäre (E. 3).
Regeste (fr):
- Art. 18 al. 3, art. 117 CP.
- Dans les infractions commises par négligence, punies en raison du résultat, tel que l'homicide par négligence, ce n'est que lorsqu'il apparaît avec un haut degré de vraisemblance que le résultat aurait été évité si l'auteur avait fait preuve de la prudence que l'on pouvait attendre de lui, que ce résultat peut être imputé à l'auteur (consid. 3).
Regesto (it):
- Art. 18 cpv. 3, art. 117 CP.
- Nei reati commessi per negligenza e puniti in ragione dell'evento, quale l'omicidio colposo, l'evento può essere imputato all'agente soltanto laddove esso non si sarebbe prodotto, secondo un alto grado di verosimiglianza, se l'agente avesse fatto uso della prudenza che si poteva da lui ragionevolmente pretendere (consid. 3).
Sachverhalt ab Seite 18
BGE 105 IV 18 S. 18
A.- Am 27. Oktober 1977, um 18.05 Uhr, fuhr G. mit einem Kleinbus auf der 7 m breiten, gut beleuchteten, nassen Kantonsstrasse mit einer Geschwindigkeit von ca. 40 km/h durch die Ortschaft Mörel in Richtung Brig. 7,5 m vor einem die Strasse querenden Fussgängerstreifen überfuhr er den Fussgänger E., der im Begriffe war, die Strasse von links nach rechts zu überqueren. E. wurde schwer verletzt und starb unmittelbar nach seiner Einlieferung ins Spital. Eine ihm zwei Stunden nach dem Unfall entnommene Blutprobe ergab eine Alkoholkonzentration von 1,26 bzw. 1,21 Gewichtspromille im Blut.
B.- Das Kreisgericht Oberwallis verurteilte G. am 30. Mai 1978 wegen fahrlässiger Tötung zu einer bedingt vorzeitig löschbaren Busse von Fr. 400.-- bei einer Probezeit von 2 Jahren. Das Kantonsgericht des Kantons Wallis bestätigte mit Urteil vom 14. Dezember 1978 den Schuldspruch, setzte jedoch die Busse auf Fr. 200.-- herab.
C.- G. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Kantonsgerichts sei aufzuheben und er sei von Schuld und Strafe freizusprechen. Der Staatsanwalt für das Oberwallis beantragt sinngemäss, die Beschwerde sei abzuweisen.
BGE 105 IV 18 S. 19
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3. Die Vorinstanz hat den natürlichen wie den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem pflichtwidrigen Verhalten des Beschwerdeführers und dem Tod des Fussgängers bejaht. Demgegenüber macht G. geltend, die Vorinstanz habe nicht abgeklärt, ob er bei pflichtgemässem Verhalten überhaupt in der Lage gewesen wäre, noch vor dem Fussgänger anzuhalten und den Unfall zu vermeiden. Wenn nämlich der eingetretene Erfolg auch bei sofortiger und zweckmässiger Reaktion nicht zu vermeiden gewesen wäre, müsste der Beschwerdeführer freigesprochen werden. Sollte der Fussgänger beispielsweise im Schrittempo die Strasse überquert haben, hätte G. reagieren müssen, als der Fussgänger die Mitte der Strasse verliess, da keine Anzeichen eines verkehrswidrigen Verhaltens in einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hätten. In diesem Falle hätte ein Zusammenstoss nicht vermieden werden können. Gehe man aber davon aus, dass der Fussgänger die Strasse laufend überquerte, so hätte der Beschwerdeführer reagieren müssen, als jener den Strassenrand verliess. Vom Strassenrand bis zur Kollisionsstelle seien es 3,50 m. Der Fussgänger habe diese in zwei Sekunden durchlaufen. Da der Beschwerdeführer im Augenblick, da E. den Strassenrand verlassen habe, 22 m von der Kollisionsstelle entfernt gewesen sei und der Bremsweg bei einer Geschwindigkeit von 40 km/h auf nasser Strasse 27,5 m betrug, hätte der Zusammenstoss auch in diesem Fall nicht vermieden werden können. a) Die damit zur Entscheidung gestellte Frage berührt nach der neueren Rechtsprechung des Kassationshofes nicht den adäquaten, sondern den natürlichen Kausalzusammenhang (BGE 103 IV 291, BGE 102 IV 101 f., BGE 101 IV 31, 152). Diese Betrachtungsweise hat der Kritik gerufen, indem geltend gemacht wurde, bei Unterlassungsdelikten gebe es keine natürliche Kausalität (SCHULTZ, ZBJV 112/1976 S. 416; 113/1977 S. 534), bzw. es könne höchstens im übertragenen Sinne von Kausalität die Rede sein (SCHULTZ, AT, Bd I, 3. Aufl., S. 118). Tatsächlich kann bei Unterlassungsdelikten nicht im gleichen Sinn von Kausalität gesprochen werden wie bei positiven Handlungen. Bei Unterlassungen kann es nur um eine Kausalität der nicht erfolgten Handlungen gehen, die hypothetisch zum eingetretenen
BGE 105 IV 18 S. 20
Erfolg in Beziehung gesetzt werden (SCHÖNKE/SCHRÖDER, Strafgesetzbuch, 19. Auflage, N. 61 zu § 13 und N. 163 zu § 15 mit Verweisungen). Dass aber eine solche Ursachenfolge bei Erfolgsdelikten vom Gesetz selber gefordert wird, erhellt schon aus dem Wortlaut von Art. 18 Abs. 3
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 18 - 1 Wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um sich oder eine andere Person aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leib, Leben, Freiheit, Ehre, Vermögen oder andere hochwertige Güter zu retten, wird milder bestraft, wenn ihm zuzumuten war, das gefährdete Gut preiszugeben. |
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1 | Wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um sich oder eine andere Person aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leib, Leben, Freiheit, Ehre, Vermögen oder andere hochwertige Güter zu retten, wird milder bestraft, wenn ihm zuzumuten war, das gefährdete Gut preiszugeben. |
2 | War dem Täter nicht zuzumuten, das gefährdete Gut preiszugeben, so handelt er nicht schuldhaft. |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 18 - 1 Wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um sich oder eine andere Person aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leib, Leben, Freiheit, Ehre, Vermögen oder andere hochwertige Güter zu retten, wird milder bestraft, wenn ihm zuzumuten war, das gefährdete Gut preiszugeben. |
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1 | Wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um sich oder eine andere Person aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leib, Leben, Freiheit, Ehre, Vermögen oder andere hochwertige Güter zu retten, wird milder bestraft, wenn ihm zuzumuten war, das gefährdete Gut preiszugeben. |
2 | War dem Täter nicht zuzumuten, das gefährdete Gut preiszugeben, so handelt er nicht schuldhaft. |
BGE 105 IV 18 S. 21
vermieden werden können, wäre G. nur wegen Übertretung von Art. 31
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SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 31 - 1 Der Führer muss das Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann. |
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1 | Der Führer muss das Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann. |
2 | Wer wegen Alkohol-, Betäubungsmittel- oder Arzneimitteleinfluss oder aus anderen Gründen nicht über die erforderliche körperliche und geistige Leistungsfähigkeit verfügt, gilt während dieser Zeit als fahrunfähig und darf kein Fahrzeug führen.103 |
2bis | Der Bundesrat kann folgenden Personengruppen das Fahren unter Alkoholeinfluss verbieten: |
a | Personen, die den konzessionierten oder den grenzüberschreitenden Personenverkehr auf der Strasse durchführen (Art. 8 Abs. 2 des Personenbeförderungsgesetzes vom 20. März 2009104 sowie Art. 3 Abs. 1 des BG vom 20. März 2009105 über die Zulassung als Strassentransportunternehmen); |
b | Personen, die berufsmässig Personentransporte oder mit schweren Motorwagen Gütertransporte durchführen oder die gefährliche Güter transportieren; |
c | Fahrlehrern; |
d | Inhabern des Lernfahrausweises; |
e | Personen, die Lernfahrten begleiten; |
f | Inhabern des Führerausweises auf Probe.106 |
2ter | Der Bundesrat legt fest, ab welcher Atemalkohol- und Blutalkoholkonzentration Fahren unter Alkoholeinfluss vorliegt.107 |
3 | Der Führer hat dafür zu sorgen, dass er weder durch die Ladung noch auf andere Weise behindert wird. Mitfahrende dürfen ihn nicht behindern oder stören. |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 125 - 1 Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe183 bestraft. |
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1 | Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe183 bestraft. |
2 | Ist die Schädigung schwer, so wird der Täter von Amtes wegen verfolgt. |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 125 - 1 Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe183 bestraft. |
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1 | Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe183 bestraft. |
2 | Ist die Schädigung schwer, so wird der Täter von Amtes wegen verfolgt. |