BGE-105-IV-14
Urteilskopf
105 IV 14
4. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 26. Januar 1979 i. S. S. gegen Generalprokurator des Kantons Bern (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste (de):
- Art. 49 Ziff. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 49 - 1 Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden.
- 1. Rechtsnatur des Umwandlungsentscheids.
- 2. Vollstreckungsverjährung (Art. 74
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 74 - Die Menschenwürde des Gefangenen oder des Eingewiesenen ist zu achten. Seine Rechte dürfen nur so weit beschränkt werden, als der Freiheitsentzug und das Zusammenleben in der Vollzugseinrichtung es erfordern.
Regeste (fr):
- Art. 49 ch. 3 CP. Conversion d'une amende en arrêts.
- 1. Nature juridique de la décision de conversion.
- 2. Prescription de la peine (Art. 74 CP). Elle court du jour où la condamnation à l'amende, et non de celui où la décision de conversion, est exécutoire.
Regesto (it):
- Art. 49 n. 3 CP. Commutazione di una multa in arresto.
- 1. Natura giuridica della decisione di commutazione.
- 2. Prescrizione della pena (art. 74 CP). Essa inizia il giorno in cui la decisione di condanna alla multa, e non la decisione di commutazione, diviene esecutiva.
Sachverhalt ab Seite 15
BGE 105 IV 14 S. 15
A.- Am 26. Februar 1975 verurteilte der Gerichtspräsident von Laufen S. wegen Verletzung von Verkehrsvorschriften (Führen eines nichtbetriebssicheren Motorfahrzeugs und Fahren mit übersetzter Geschwindigkeit) zu Fr. 220.-- Busse. Das Urteil erwuchs in Rechtskraft. Am 5. Oktober 1976 beantragte die Amtsschaffnerei Delsberg dem Richteramt Laufen die Umwandlung der Busse in Haft, weil sie wegen unbekannten Aufenthalts des S. nicht eingetrieben werden konnte. Nachdem S. durch Publikation im Amtsblatt des Kantons Bern vom 20. Oktober 1976 erfolglos Gelegenheit zur Vernehmlassung gegeben worden war, verfügte der Gerichtspräsident von Laufen am 16. November 1976 die Umwandlung der Busse in acht Tage Haft. Dieser Entscheid wurde im Amtsblatt vom 27. November 1976 veröffentlicht. Zuvor, am 18. November 1976, hatte der Regierungsstatthalter von Laufen als Vollstreckungsbehörde S. zum Vollzug der Haftstrafe im Fahndungsblatt ausschreiben lassen, worauf dieser am 11. Oktober 1978 verhaftet wurde. Auf Einsprache der S. erklärte das Obergericht des Kantons Bern mit Beschluss vom 24. November 1978 die vom Gerichtspräsidenten von Laufen ausgesprochene Umwandlung der Busse von Fr. 220.-- als nicht verjährt.
B.- S. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, den Beschluss des Obergerichtes aufzuheben. Der Generalprokurator des Kantons Bern beantragt Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. Die Vorinstanz geht zutreffend davon aus, dass bei Übertretungen, wie sie dem Beschwerdeführer vorgeworfen wurden, die absolute Vollstreckungsverjährung nach drei Jahren eintritt (Art. 75 Ziff. 2 Abs. 2

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 75 - 1 Der Strafvollzug hat das soziale Verhalten des Gefangenen zu fördern, insbesondere die Fähigkeit, straffrei zu leben. Der Strafvollzug hat den allgemeinen Lebensverhältnissen so weit als möglich zu entsprechen, die Betreuung des Gefangenen zu gewährleisten, schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs entgegenzuwirken und dem Schutz der Allgemeinheit, des Vollzugspersonals und der Mitgefangenen angemessen Rechnung zu tragen. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 109 - Die Strafverfolgung und die Strafe verjähren in drei Jahren. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 74 - Die Menschenwürde des Gefangenen oder des Eingewiesenen ist zu achten. Seine Rechte dürfen nur so weit beschränkt werden, als der Freiheitsentzug und das Zusammenleben in der Vollzugseinrichtung es erfordern. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 74 - Die Menschenwürde des Gefangenen oder des Eingewiesenen ist zu achten. Seine Rechte dürfen nur so weit beschränkt werden, als der Freiheitsentzug und das Zusammenleben in der Vollzugseinrichtung es erfordern. |
BGE 105 IV 14 S. 16
zugunsten einer Massnahme die Vollstreckungsverjährung auch nicht bereits mit dem Datum des Haupturteils beginne, sondern erst mit dem Tag, an dem der nachträgliche Vollzug der Strafe angeordnet werde. Anderseits folge aus BGE 74 IV 60, dass die Umwandlung einer Busse in Haft keine blosse Vollzugsmassnahme, sondern ein selbständiger materieller Entscheid sei. Im vorliegenden Fall sei die Verjährung der am 16. November 1976 ausgesprochenen Strafe von acht Tagen Haft erstmals am 18. November 1976 und ein weiteres Mal am 11. Oktober 1978 unterbrochen worden. Die absolute Verjährung würde deshalb erst am 16. November 1979 eintreten. Demgegenüber macht der Beschwerdeführer geltend, die Vollstreckungsverjährung habe mit der rechtskräftigen Ausfällung der Busse begonnen und sei deshalb vor dem obergerichtlichen Entscheid endgültig abgelaufen.
2. Wie schon in BGE 63 I 189 und BGE 64 I 64 erkannt wurde, ist der Umwandlungsentscheid eine Ergänzung des Bussenentscheides und bezweckt, diesen in anderer Form vollziehbar zu machen, damit er nicht überhaupt unvollzogen bleibt. Die Umwandlungsstrafe ist nur Ersatz für die eigentlich zu leistende Geldstrafe (BGE 103 Ib 190). Deshalb muss der Vollzug der Umwandlungsstrafe entfallen, wenn ihm eine nachträgliche Zahlung der Busse zuvorkommt, denn mit der Geldleistung ist das Bussenurteil erfüllt und bedarf keines Ersatzes mehr (BGE 69 IV 155, BGE 64 I 65). Den behelfsmässigen Charakter der Umwandlungsstrafe und ihre Abhängigkeit vom Bussenentscheid zeigt auch der Umstand, dass der Richter ihre auf drei Monate begrenzte Dauer nach der Höhe der Busse zu bestimmen hat (Art. 49 Ziff. 3 Abs. 3

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 49 - 1 Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn: |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 74 - Die Menschenwürde des Gefangenen oder des Eingewiesenen ist zu achten. Seine Rechte dürfen nur so weit beschränkt werden, als der Freiheitsentzug und das Zusammenleben in der Vollzugseinrichtung es erfordern. |
BGE 105 IV 14 S. 17
und des Aufschubs der Strafe zugunsten einer Massnahme vorgesehene abweichende Ordnung kann nicht analog auf den Fall der Umwandlung einer Busse in Haft angewendet werden. Das Gesetz enthält hier eine ausdrücklich auf diese beiden Fälle beschränkte Ausnahme von der Regel (vgl. zum alten Art. 74

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 74 - Die Menschenwürde des Gefangenen oder des Eingewiesenen ist zu achten. Seine Rechte dürfen nur so weit beschränkt werden, als der Freiheitsentzug und das Zusammenleben in der Vollzugseinrichtung es erfordern. |
3. Begann aber die Vollstreckungsverjährung nicht erst mit dem Umwandlungsentscheid, sondern bereits mit der nach kantonalem Prozessrecht zu bestimmenden (Schultz, a.a.O.) rechtlichen Vollstreckbarkeit des Bussenurteils, so war die Busse schon im Zeitpunkt des obergerichtlichen Entscheides vom 24. November 1978 absolut verjährt, und zwar selbst dann, wenn man neben der Appellationsfrist von 10 Tagen (Art. 298 Abs. 3 bern. StrV), die am 26. Februar 1975 mit der mündlichen Eröffnung des Urteils begann, noch die in Art. 361 bern. StrV für die Mitteilung des Strafurteils an die Vollstreckungsbehörden vorgeschriebene Höchstfrist von fünf Tagen einbezieht.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen und der Beschluss der II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern vom 24. November 1978 aufgehoben.
Gesetzesregister
StGB 49
StGB 63
StGB 74
StGB 75
StGB 109
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 49 - 1 Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn: |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 74 - Die Menschenwürde des Gefangenen oder des Eingewiesenen ist zu achten. Seine Rechte dürfen nur so weit beschränkt werden, als der Freiheitsentzug und das Zusammenleben in der Vollzugseinrichtung es erfordern. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 75 - 1 Der Strafvollzug hat das soziale Verhalten des Gefangenen zu fördern, insbesondere die Fähigkeit, straffrei zu leben. Der Strafvollzug hat den allgemeinen Lebensverhältnissen so weit als möglich zu entsprechen, die Betreuung des Gefangenen zu gewährleisten, schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs entgegenzuwirken und dem Schutz der Allgemeinheit, des Vollzugspersonals und der Mitgefangenen angemessen Rechnung zu tragen. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 109 - Die Strafverfolgung und die Strafe verjähren in drei Jahren. |