105 III 88
21. Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 28. März 1979 i.S. Amtsersparniskasse T. und Mitbeteiligte (Rekurs)
Regeste (de):
- Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung; Abschlagsverteilung.
- Bei Abschlagsverteilungen ist der auf streitige Forderungen entfallende Betrag zurückzubehalten und zinstragend anzulegen. Der Zinsertrag kommt anteilsmässig denjenigen Gläubigern zugute, deren Forderung zu Unrecht bestritten wurde und die deshalb an der Abschlagsverteilung nicht teilnehmen durften.
Regeste (fr):
- Concordat par abandon d'actif; répartition provisoire.
- En cas de répartitions provisoires, le dividende afférent aux créances litigieuses doit être retenu et mis en dépôt de façon à produire intérêt. Le produit des intérêts revient proportionnellement aux créanciers dont les créances ont été contestées à tort et qui, de ce fait, n'ont pas pu prendre part à la répartition provisoire.
Regesto (it):
- Concordato con abbandono dell'attivo; ripartizione provvisoria.
- In caso di ripartizione provvisoria, il dividendo concernente i crediti litigiosi dev'essere trattenuto e depositato in modo fruttifero. L'ammontare degli interessi spetta proporzionalmente ai creditori i cui crediti siano stati contestati a torto e che non sono stati quindi in grado di partecipare alla ripartizione provvisoria.
Sachverhalt ab Seite 88
BGE 105 III 88 S. 88
A.- Im Nachlassverfahren mit Vermögensabtretung über die B. & Co. meldeten verschiedene Banken unter anderem Erstklassforderungen im Gesamtbetrag von Fr. 163'339.75 an. Die Liquidatorin wies diese Forderungen in dem am 12. Mai 1977 aufgelegten Kollokationsplan zur Hauptsache ab. Gegen diese Kollokationsverfügung erhoben die betroffenen Banken Kollokationsklage, die vom Appellationshof des Kantons Bern mit Urteil vom 27. Juni 1978 gutgeheissen wurde. Inzwischen hatte die Liquidatorin auf Grund einer provisorischen Verteilungsliste am 26. Oktober 1977 an die übrigen Erstklassgläubiger Abschlagszahlungen im Gesamtbetrag von Fr. 97'233.50 ausgerichtet, wodurch sämtliche nicht streitigen Erstklassforderungen getilgt werden konnten. Am 27. Dezember 1978 legte die Liquidatorin unter Berücksichtigung des Ergebnisses des Kollokationsprozesses die definitive Verteilungsliste auf. Gemäss dieser Liste sind auch die vorerst abgewiesenen Erstklassforderungen gedeckt.
B.- Gegen die definitive Verteilungsliste führten die genannten Banken bei der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern Beschwerde. Sie verlangten,
BGE 105 III 88 S. 89
ihre Erstklassforderungen seien vom 26. Oktober 1977 an, als die übrigen Erstklassgläubiger befriedigt wurden, bis zum Zeitpunkt ihrer Tilgung in gerichtlich zu bestimmender Höhe zu verzinsen. Mit Entscheid vom 5. Februar 1979 wies die Aufsichtsbehörde die Beschwerde ab.
C.- Mit dem vorliegenden Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts beantragen die Banken, der Entscheid der bernischen Aufsichtsbehörde sei aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an diese zurückzuweisen; eventuell sei die definitive Verteilungsliste in dem Sinne abzuändern, dass ihre Erstklassforderungen vom 26. Oktober 1977 an in gerichtlich zu bestimmender Höhe zu verzinsen seien. Die Liquidatorin beantragt in ihrer Vernehmlassung die Abweisung des Rekurses.
Erwägungen
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
1. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz beanspruchen die Rekurrentinnen nicht vertragliche Zinsen auf ihren Erstklassforderungen. Sie machen nicht geltend, Art. 209
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 209 - 1 Mit der Eröffnung des Konkurses hört gegenüber dem Schuldner der Zinsenlauf auf. |
|
1 | Mit der Eröffnung des Konkurses hört gegenüber dem Schuldner der Zinsenlauf auf. |
2 | Für pfandgesicherte Forderungen läuft jedoch der Zins bis zur Verwertung weiter, soweit der Pfanderlös den Betrag der Forderung und des bis zur Konkurseröffnung aufgelaufenen Zinses übersteigt. |
2. Abschlagsverteilungen dürfen nur vorgenommen werden, wenn feststeht, dass aus dem Netto-Endergebnis der Liquidation
BGE 105 III 88 S. 90
- also nach Deckung der gesamten Liquidationskosten und sonstigen Masseverbindlichkeiten - alle vorgehenden Gläubiger volle Deckung erhalten und allen gleichrangigen Gläubigern gleichviel wird ausbezahlt werden können, wie die Abschlagsverteilungen ausmachen. Grundsätzlich haben sämtliche Gläubiger im gleichen Rang Anspruch auf die gleichen Abschlagszahlungen (JAEGER, N. 1 Abs. 2 zu Art. 266
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 266 - 1 Abschlagsverteilungen können vorgenommen werden, sobald die Frist zur Anfechtung des Kollokationsplanes abgelaufen ist. |
|
1 | Abschlagsverteilungen können vorgenommen werden, sobald die Frist zur Anfechtung des Kollokationsplanes abgelaufen ist. |
2 | Artikel 263 gilt sinngemäss.466 |
SR 281.32 Verordnung vom 13. Juli 1911 über die Geschäftsführung der Konkursämter (KOV) KOV Art. 82 - 1 Bevor Abschlagsverteilungen vorgenommen werden (Art. 237 Abs. 3 Ziff. 5 und 266 SchKG), ist eine provisorische Verteilungsliste aufzustellen, welche unter Mitteilung an die Gläubiger während zehn Tagen beim Konkursamt aufzulegen ist (Art. 263 SchKG). |
|
1 | Bevor Abschlagsverteilungen vorgenommen werden (Art. 237 Abs. 3 Ziff. 5 und 266 SchKG), ist eine provisorische Verteilungsliste aufzustellen, welche unter Mitteilung an die Gläubiger während zehn Tagen beim Konkursamt aufzulegen ist (Art. 263 SchKG). |
2 | Teilbeträge, die auf streitige Forderungen, auf Forderungen unter aufschiebender Bedingung oder mit ungewisser Verfallzeit (Art. 264 Abs. 3 SchKG), auf Sicherheitsansprüche sowie auf solche Forderungen entfallen, welche verspätet, jedoch noch vor der Abschlagsverteilung angemeldet wurden (Art. 251 Abs. 3 SchKG), sind zurückzubehalten. |
In BGE 63 III 157 ff. hat das Bundesgericht freilich entschieden, ein Gläubiger, der erst nachträglich kolloziert und dessen Treffnis deshalb erst mit Verspätung ausgerichtet worden sei, habe keinen Anspruch auf Zinsen. Es prüfte die Frage indessen ausschliesslich unter dem Gesichtspunkt des Verzugszinses. Von einem Verzug kann in der Tat nicht die Rede sein, wenn die Liquidatorin gestützt auf Art. 82 Abs. 2
SR 281.32 Verordnung vom 13. Juli 1911 über die Geschäftsführung der Konkursämter (KOV) KOV Art. 82 - 1 Bevor Abschlagsverteilungen vorgenommen werden (Art. 237 Abs. 3 Ziff. 5 und 266 SchKG), ist eine provisorische Verteilungsliste aufzustellen, welche unter Mitteilung an die Gläubiger während zehn Tagen beim Konkursamt aufzulegen ist (Art. 263 SchKG). |
|
1 | Bevor Abschlagsverteilungen vorgenommen werden (Art. 237 Abs. 3 Ziff. 5 und 266 SchKG), ist eine provisorische Verteilungsliste aufzustellen, welche unter Mitteilung an die Gläubiger während zehn Tagen beim Konkursamt aufzulegen ist (Art. 263 SchKG). |
2 | Teilbeträge, die auf streitige Forderungen, auf Forderungen unter aufschiebender Bedingung oder mit ungewisser Verfallzeit (Art. 264 Abs. 3 SchKG), auf Sicherheitsansprüche sowie auf solche Forderungen entfallen, welche verspätet, jedoch noch vor der Abschlagsverteilung angemeldet wurden (Art. 251 Abs. 3 SchKG), sind zurückzubehalten. |
BGE 105 III 88 S. 91
Nachteil des betreffenden Gläubigers "bereichert" hätte, da entsprechende Bezüge nicht dargetan waren.
3. Im vorliegenden Fall scheint festzustehen, dass die Liquidatorin flüssige Mittel in einem höheren Betrag, als sie für die Befriedigung der privilegierten Forderungen der Rekurrentinnen erforderlich gewesen wären, in der Zeit zwischen dem 26. Oktober 1977 (Abschlagsverteilung an die übrigen Erstklassgläubiger) und der definitiven Verteilung stets zinstragend angelegt hatte. Auf den der Liquidationsmasse gutgeschriebenen Zins haben die Rekurrentinnen nach dem Gesagten im Umfang ihrer schliesslich als privilegiert zugelassenen Forderungen Anspruch. Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Zinserträge reichten nicht einmal für die Deckung der Liquidationskosten aus; denn bei Vornahme der Abschlagsverteilung an die Erstklassgläubiger mussten ja, wie oben ausgeführt, neben den Liquidationskosten genügend Mittel flüssig sein, damit auch noch die streitigen weiteren Erstklassforderungen gedeckt werden konnten. Die darauf auflaufenden Zinserträge kämen somit, würde man sie den Erstklassgläubigern vorenthalten, nicht den Liquidationskosten, sondern den Gläubigern nachgehender Ränge zugute.
Aus diesen Gründen ist der Rekurs gutzuheissen und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese wird abzuklären haben, ob es zutrifft, dass die Liquidationsmasse während der Zeit zwischen dem 26. Oktober 1977 und der definitiven Verteilung Gelder in einem höheren Betrag, als die Erstklassforderungen der Rekurrentinnen ausmachen, zinstragend angelegt hatte. Sollte dies der Fall sein, so sind den Rekurrentinnen die von der Masse effektiv bezogenen Zinserträge, soweit sie auf die ihnen zustehenden Forderungen entfallen, gutzuschreiben, allenfalls verhältnismässig, sofern zeitweise nicht volle Deckung bestand. Gestützt auf die Erhebungen der Vorinstanz wird die Liquidatorin eine neue Verteilungsliste zu erstellen haben.